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Artikel 70 / 71

Patrick Mariathasan für den SPIEGEL

Briefe

Ukrainekrieg, Wunschkind, Lufthansa sowie Wissenschaft und Fortschritt – das waren die Themen, zu denen wir in der vergangenen Woche die meisten Zuschriften erhalten haben.
aus DER SPIEGEL 16/2022
  • Die russische Geschichte wird Putin als jemanden einordnen, der nicht nur dem »Brudervolk« Ukra­ine Tod gebracht hat, sondern auch den eigenen Soldat*innen – und seinem Volk viele materielle Einbußen. Ob die verbliebenen »Freunde« wie etwa Nordkorea, Syrien, Belarus oder Eri­trea helfen können, darf bezweifelt werden. Und China wird seine Kapazitäten auf den ökonomischen Wettstreit mit dem Westen konzentrieren wollen. Für Deutschland, Europa und die Uno werden nach dem hoffentlich bald beendeten Krieg die Scherben zu sortieren sein. Dabei sollte Deutschland sich erinnern, wie ihm nach 1945 geholfen wurde, wieder auf die Beine zu kommen.
    Johannes Bartelt, Osnabrück

  • Das hat schon etwas, das Schweigen der Unschuldslämmer! Sorry, ich kann den Beteuerungen unseres Bundespräsidenten nichts
    abgewinnen. Viel heiße Luft, wie immer von ihm. Und von eigener Schuld nichts zu hören. Sein Glück war, dass die Wahl zum Bundespräsidenten bereits Geschichte ist. Und Angela Merkel hat wie immer alles richtig gemacht. Nastrovje! Da müssen wir dankbar sein, dass sie keinen Einfluss mehr hat. Somit bleibt uns auch ein weiteres »Wir schaffen das« erspart. Dass vom obersten »Gasableser« Schröder nichts kommt, ist nicht verwunderlich. Der war schon immer Gerd mit der gespaltenen Zunge.
    Knut Kriegsmann, Ulm

  • Das Interview atmet vom ersten bis zum letzten Satz bei Steinmeier den Geist der Überzeugung, dass bei ihm keine zu große Nähe zu Putin und Lawrow bestanden habe. Immer verwendet er »wir« statt »ich«, wenn es darum geht, Fehler einzugestehen. Als ob er an der Russlandpolitik nur am Rande beteiligt und nicht eine treibende Kraft gewesen wäre. Ausgerechnet der Politiker, der dem Volk als Bundespräsident die wertebasierte Richtung weisen und moralischer Kompass sein sollte, hat die größte politische Fehleinschätzung in der Geschichte der Bundesrepublik mitzuverantworten. Steinmeier ist untragbar geworden mit seiner Weigerung, seine Verantwortung für die gescheiterte Russlandpolitik klar zu artikulieren und die Hintergründe preiszugeben.
    Josef Geier, Eging am See (Bayern)

  • Was sollen die unsinnigen Fragen im Nachhinein? Wenn man stets im Vorhinein wüsste, was richtig ist, gäbe es keine Fehlentscheidungen. Hätte Putin sich anders entwickelt, würde den damals Handelnden auf die Schulter geklopft. Es gibt aus dem Nachhinein keine objektive Bewertung vergangener Entscheidungen.
    Alexander Reiter, Kirchzarten (Bad.-Württ.)

  • Was waren das noch für beschauliche Zeiten, als wir einen Bundespräsidenten hatten, der sich für ein paar Tage Urlaub auf Sylt oder einen geschenkten Bobbycar rechtfertigen musste. Unser heutiger Bundespräsident ist da schon von ganz anderem Kaliber. Er sagt im Interview, dass es ein Fehler war, auch nach 2014 noch an Nord Stream 2 festzuhalten. Wenn ich ihn richtig verstehe, meint er damit nach Putins völkerrechtswidriger Besetzung der Krim, dem grauenhaften Bombardement von Aleppo und mehreren Mordanschlägen auf Systemkritiker. Für sein naives Katzbuckeln – womöglich im Auftrag der deutschen Industrie – gegenüber einem Despoten wie Putin gebührt Steinmeier der »Neville-Chamberlain-Gedächtnispreis«.
    Wolfgang Quakernack, Detmold (NRW)

  • Ja, das tut weh, wenn man so behäbige Rechtfertigungen für das jahrelange Versagen führender deutscher Politiker lesen muss, die begründete Warnungen aller benachbarten Länder in den Wind geschlagen haben – welche genau vor dem gewarnt hatten, was jetzt passiert.
    Heide Barsiek, Magdeburg

  • Wie wär’s denn mal mit Interviews zum Zeitgeschehen auch mit Unionspolitikern, die damals in der Verantwortung standen – zum Beispiel Angela Merkel oder dem Schwarze-Null-Magier Schäuble. Kohl geht ja leider nicht mehr. Ich habe den Eindruck, als wären die bis vor Kurzem Verantwortlichen in einem Zeugenschutzprogramm abgetaucht. Steinmeier hat wenigstens den Mut und stellt sich der Konfrontation.
    Eric Breuer, Hagen im Bremischen (Nieders.)

  • Zwischen den Zeilen von Steinmeiers relativierenden Aussagen erkennt man unschwer seine Anlehnung an Schröders Denkstruktur. Warum haben Sie ihn nicht zu Schröders Russlandverständnis befragt? Haben Sie sich nicht getraut?
    Jürgen Neunaber, Oldenburg

Unerträglicher Zynismus

Heft 14/2022 SPIEGEL-Gespräch mit Architekt Wolf Prix, der noch immer in Russland baut 

  • Als Leser bin ich überrascht, hinter dem Urheber international renommierter Architektur einen eitlen, selbstgefälligen und wenig reflektierten Dialogpartner vorzufinden. »Wenn ich es nicht mache, tun es andere«, war schon immer das Credo moralischer Grenzgänger. Das abgegriffene Gütesiegel »antiautoritäre Architektur«, das ihm Ihre Redakteurinnen anheften, lässt Prix sich umgehend in seltsame Vergleiche von Bücherverbrennung und Zensur russischer Klassiker versteigen. Und dann natürlich die Klage über die »betrügerische Bauindustrie« und die »Geschmacksathleten« in den öffentlichen Gremien, unter denen er leidet. Ärgernisse, die man mit Despoten anscheinend nicht hat.
    Detlef Drescher, Karlsruhe

  • Man merkt Herrn Prix eine gewisse Faszination für Putin an. Der würde doch für den auch ein stylisches Internierungslager bauen. Diktatoren sind immer die besten Kunden für Architekten, da sie auf demokratische Entscheidungsprozesse verzichten.
    Erik Guder, Küstriner Vorland (Brandenb.)

  • Herr Prix ist ein eitler, skrupelloser Opportunist. Hauptsache, seine Kasse stimmt. Seine objektive Nähe zu Putin sucht er mit Ausflüchten zur deutschen Rüstungsindustrie und mit höhnischer Missachtung des vermeintlich unsinnigen Überlebenskampfes der Ukrainer zu verdecken. Seine moralisierende Achtundsechzigerattitüde und seine enge Verbundenheit mit dem Putin-Regime mit all seinen fanatischen Verehrern entspringt doch eher seiner willfährigen Ideologie. Solche Zeitgenossen sind die Ersten, die dem Aggressor ihr Land überlassen, anstatt es zu verteidigen.
    Peter Schmitz, Waldshut (Bad.-Württ.)

  • Beim Lesen dieses Gesprächs hat es mir ebenfalls »den Kopf zerrissen«. So viel Zynismus und unverhohlene Arroganz ist in diesen Zeiten wirklich unerträglich. Der Mann ist moralisch offenbar nicht mehr zurechnungsfähig, ein alter weißer Mann in Reinform, sodass man sich schämt, selbst einer zu sein. Ich hoffe sehr, dass sich alle auftragsvergebenden Gremien in demokratischen Ländern in Zukunft an diese Haltung erinnern werden. Soll er doch den Rest seines Berufslebens weiter für Kriegsverbrecher bauen.
    Dirk Engelhardt, Göttingen

Mehr Narzissmus geht nicht

Heft 14/2022 Das Schicksal des ukrainischen Leihmutterkinds Bridget 

  • Diese SPIEGEL-Ausgabe war allein für die Reportage über das Kind Bridget ihr Geld wert. Nur durch die Fakten, nur durch die Beschreibung des Geschehenen wird der Abgrund des »Kinderproduzierens« für Wohlhabende in zahlreichen Facetten offenbar. Kein Pathos, keine Wertungen, nur die Geschichte: Das reicht. Ein großartiges Stück Journalismus. Ich verstehe nur eins nicht: Der Begriff »Leihmutter« wird allseits in den Medien, auch im SPIEGEL, immer noch verwendet, als würde er einen völlig neutralen Sachverhalt beschreiben. Tatsache ist: Wohlhabende gehen zu ärmeren Frauen, um deren Gebärmutter wie einen Ofen zu nutzen. Und wenn das Produkt nicht schmeckt, lässt man es zurückgehen. Mehr Narzissmus und kapitalistisches Konsumverhalten mit Blick auf Kinder geht nicht.
    Alexander Beck, Berlin

  • Eine unfassbare Tragödie, und eine Schande für alle Beteiligten! Dieses Ehepaar sollte sich in Grund und Boden schämen und für kein Kind Verantwortung übernehmen. Es ist verantwortlich dafür, dass mit einem Kind verfahren wurde wie bei einem Viehhandel. Hoffentlich kommt die Kleine bald in der neuen Familie gut an, einer Familie mit viel Herz. Amerikanische Behörden haben total versagt, obwohl in der Verfassung Kinder sinngemäß »heilig« sind. Leihmutterschaft sollte verboten sein. Kinder sind keine Handelsobjekte.
    Ulrike Witschaß, Holzwickede (NRW)

Im Premiumbereich nichts verloren

Heft 14/2022 Lufthansa-Chef Carsten Spohr über steigende Ticketpreise und die Hoffnung auf eine neue Reiselust 

  • Die Lufthansa hat ein erhebliches Qualitätsproblem und ist Lichtjahre von der ehemals seriösen, kundenorientierten und zuverlässigen Airline entfernt, die sie mal war. Mag sein, dass immer mehr Business- und First-Class-Tickets verkauft werden, wenn man sich dann aber in einer Economy wiederfindet, die frech zu Business-Preisen verkauft wird und leider keinen Champagner, sondern sehr mäßigen Winzersekt bekommt, gerät man ins Nachdenken. Übermäßig viel Gepäckverlust, nicht erreichbare Hotlines, spontan geänderte Abflugzeiten inklusive Verlust speziell gebuchter Zusatzleistungen, nicht stattfindende Rückerstattungen, schlecht behandeltes Personal mit entsprechendem »Spaß« an seiner Arbeit – die Liste ist lang. Der Verdacht, dass man eine sehr gute Fluggesellschaft wie Air Berlin zugunsten einer schlechten, an sich selbst und ihrem miserablen Management leidenden Staatsairline, pleitegehen ließ, um so unliebsame Konkurrenz auszuschalten, erscheint immer wahrscheinlicher. Die Lufthansa hat im Premiumbereich aktuell nichts verloren und viele Kunden merken das inzwischen. Denn merkwürdigerweise läuft trotz Corona der Service bei anderen Airlines tadellos.
    Sylva von Lorentz, Düsseldorf

Verzweifelte Flucht in die Zukunft

Heft 14/2022 SPIEGEL-Gespräch mit dem Physiker David Deutsch über die Grenzenlosigkeit des technischen Fortschritts 

  • Der forsche Physiker steht den Religionen näher als den Wissenschaften. Ist er doch beseelt von einem starken Glauben: an das »generierbare Wissen« in dem »universellen Computer« Gehirn, mit dem sich alle Irrtümer werden korrigieren lassen. Einen entscheidenden Fortschritt sähe ich darin, wenn wir die aus unserem anwachsenden Wissen resultierenden und von uns offensichtlich nicht mehr beherrschbaren Werkzeuge und Möglichkeiten einzuhegen lernten. Wenn wir endlich zur Einsicht in unsere Grenzen fähig wären. Wenn wir rational die Schlüsse aus unseren Erfahrungen zögen, für mäßigenden Einfluss auf unser Handeln und Nichthandeln. Solche Themen liebe ich im SPIEGEL besonders. Sie entführen mich vom banalen oder schlimmen Tagesgeschehen, um wiederum eine andere Sichtweise darauf anzustoßen.
    Hans Neubig, Goldkronach (Bayern)

  • Ich würde ja gern David Deutschs etwas naive und pseudophilosophische Fortschrittsfantasien teilen, aber den Fortschritt lediglich auf Technologie und Science Fiction zu reduzieren könnte man auch als eine Art verzweifelte Flucht in die Zukunft interpretieren. Fortschritt wäre beispielsweise auch endlich die Abschaffung der Sklaverei und der Todesstrafe, die es ja immer noch gibt. Die Gleichberechtigung aller Menschen, auf die wir ja noch immer warten, ein erfülltes Leben für jeden und ein friedliches Ende des selbigen – das wäre echter Fortschritt.
    Günther Baumann, Paris

  • Dass Physiker nicht alles wissen können, versteht sich. Aber als Wissenschaftler eine Stelle aus der Bibel so falsch zu interpretieren, dass es im Gedankengebäude nur so kracht, verwundert dann doch. »Es geschieht nichts Neues unter der Sonne« heißt nicht, dass alles immer gleich bleibt, sondern dass Gott als Schöpfer den großen Plan, nun ja, im Kopf hat. An dem ändert sich nichts.
    Detlev Neufert, Bernau am Chiemsee

  • Das Wissen des Menschen über die Welt wird immer unzureichend sein, und weil der Mensch nur ein vorläufiges, jederzeit vergängliches Wesen ist, ohne eine wirkliche Existenz, bleibt dieses Wissen für den Menschen sinnlos. Zwar ist das menschliche Gehirn großartig und extrem leistungsfähig. Es ist aber dazu bestimmt, das Überleben zu sichern. Nur ein geringer Anteil steht zum Spiel bereit, zum Forschen und Spekulieren. Einstein ist ein gutes Beispiel für das, was möglich ist und wo sich die Grenze menschlichen Denkens befindet. Sonst aber lebt der Mensch in der tiefsten Provinz, einfältig wie ein ungebildeter Tölpel und letztlich dumm.
    Rainer Kollewe, Laer (NRW)

Raus aus der Pandemie

Heft 14/2022 Leitartikel: Deutschland braucht eine Impfpflicht für Ältere 

  • Über Ihr flammendes Plädoyer für eine Impfpflicht ab 60 Jahren habe ich mich sehr geärgert. Warum kämpfen Sie für den Einstieg in die Altersdiskriminierung?
    Renate Schlichthörlein, Germering (Bayern)

Unser Umgang mit dem Krieg

Heft 14/2022 Essay von Armin Nassehi: Welche Chancen der Krieg bietet 

  • Warum nehmen wir Nassehis Anregungen nicht auf und ändern unser Denken und Handeln? Tempolimit auf der Autobahn und autofreie Sonntage als Zeichen unserer Solidarität mit der Ukraine, abends Lichter ausmachen und Kerzen aufstellen im Gedenken an die Opfer von Butscha.
    Dr. Klaus Steinvorth, Norderstedt (Schl.-Holst.)

»Ich war der fetteste Mensch, den ich kannte«

Heft 14/2022 Der Sänger der Band Feine Sahne Fischfilet hat ein Buch über seine Essstörung geschrieben 

  • Jan Gorkow ist schonungslos gegen sich selbst und mit klarer Haltung gegen rechts. Dieser »dicke« Fisch stinkt nicht vom Kopf her.
    Harry Klaus Schneider, Friedrichshafen (Bad.-Württ.)

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