
Patrick Mariathasan für den SPIEGEL
Briefe
Nationalistische Muskelspiele
Heft 6/2022 Das Olympia-Theater und der gefährliche Hochmut einer Supermacht
Glückwunsch zu diesem informativen Artikel. Er beschreibt die Situation in China aus Sicht der Chinesen und nicht wie üblich aus der der Menschenrechtler des Westens. Ob es wirklich funktionieren kann, durch strikte Quarantäne das Virus auszurotten, sei dahingestellt. Im Umgang mit dem Virus zeigt sich aber die generelle Geisteshaltung der Chinesen: Teamgeist ist wichtiger als die Optimierung der Interessen des Einzelnen. Dass diese Einstellung am Ende die besseren Ergebnisse liefert, wird Ihnen jede Führungskraft bestätigen. Das gilt auch für das Verhalten der Regierenden. Die Chinesen wissen, was Sache ist und welche Konsequenzen ein Fehlverhalten hat. Dadurch können sie sich nach den Vorgaben richten. In Deutschland verwirklicht sich die Führung jedes Bundeslands selbst, anstatt gemeinsam im Team Deutschland zu spielen.
Guido Hasel, Sindelfingen (Bad.-Württ.)Ich weiß nicht, ob Sie sich noch an die Olympischen Sommerspiele in Moskau erinnern können. Damals war zumindest ein Großteil der Nationen der vernünftigen Meinung, nicht teilnehmen zu wollen und die Spiele zu boykottieren. Damals wie heute hatte die Teilnahme mit dem »olympischen Geist« wenig zu tun, und man hat richtig entschieden. Die Entscheidungsträger von heute haben schon bei der Vergabe der Winterspiele 2022 nach Peking alle Bedenken über Bord geworfen. Die Politiker, das Internationale Olympische Komitee, die Nationalen Olympischen Komitees, die Sportverbände und nicht zuletzt die Sportler selbst. Es regten sich praktisch keine Bedenken und sehr wenig Widerstand, obwohl man wissen konnte, was in China abgehen wird. Corona tat freilich ein Übriges. Vielleicht ist es den Chinesen durchaus recht, wenn sie unter dem Deckmantel Corona alles abschotten, kontrollieren und überwachen können. Das passt doch genau ins System. Einen Gefallen hat sich die olympische Idee da also sicher nicht getan. Die Olympischen Spiele führen sich selbst ad absurdum.
Wilfried Hübner, Schönau am Königssee (Bayern)Deutschland hat kräftig dabei mitgeholfen, China zu einer Großmacht werden zu lassen. Über Jahrzehnte hinweg wurden mit naiver Wirtschaftspolitik modernste Technologien an China quasi verschenkt. Jetzt brauchen unsere Industrien den chinesischen Markt, aber China braucht uns nicht und bleibt auch ohne Deutschland eine Supermacht. Die neue Strategie einer wertebasierten Kooperation ist ein kläglicher Versuch der Ampelregierung, die chinesische Politik nach westlichen Maßstäben zu verändern. Das ist wiederum völlig naiv und wird deshalb zum Rohrkrepierer.
Dr. Hubert Hofmann, Immenstaad (Bad.-Württ.)Der China gegenüber skeptische SPIEGEL Titel hat leider seine Berechtigung. Hochmut kommt vor dem Fall – wobei vor allem das Überlegenheitsgefühl gegenüber dem Westen in eine nicht ungefährliche Richtung wie etwa in Deutschland im 19. Jahrhundert führt, da auch eine ökonomische Supermacht immer auf ein gutes und von gegenseitigem Respekt gekennzeichnetes Verhältnis zu ihren Handelspartnern angewiesen sein wird. Deshalb zeugen die insbesondere unter Xi Jinping deutlich ausgeweiteten nationalistischen Muskelspiele sowie die digitalen Überwachungspraktiken eher von politischer Schwäche, da man ein Land auf Dauer nur mit Tugenden wie Gerechtigkeit befriedet und zusammenhält – was im Übrigen schon in den überlieferten Lehren des Philosophen Konfuzius deutlich zum Ausdruck kommt.
Rasmus Ph. Helt, Hamburg
Ein erbärmliches Signal
Heft 5/2022 Deutschlands Zaudern macht den Krieg wahrscheinlicher
Da wird ein Land in Europa mit einem Krieg bedroht, den es nicht will und nicht beginnen wird. Und alles, was unserer stolzen und alten Demokratie einfällt, ist, ein paar Helme zu schicken? Es wäre zum Lachen, wäre es nicht so traurig! Es ist nicht richtig, Waffen in Kriegsgebiete zu liefern. Aber bedeutet das auch, dass sich ein Land nicht verteidigen darf, wenn es angegriffen wird? Lassen wir die Ukraine jetzt untergehen, oder machen wir es so wie immer – hoffen wir, dass es ein anderer regelt? Denn andere Länder scheinen nicht unsere moralischen Hemmungen zu haben.
Annika Stephan, Kandern (Bad.-Württ.)Ist es denn völlig abwegig, dass in Russland eine weitere Osterweiterung der Nato starke Befürchtungen auslöst? Aufgrund der deutschen Geschichte – und nicht nur deswegen – sind Waffenproduktion und -lieferung in alle Welt (mit und ohne Krise) und somit auch in die Ukraine strikt abzulehnen! Trotz des Anti-Putin-Trommelfeuers in fast allen Medien bei uns lehnt die Mehrheit der Deutschen Waffenlieferungen in die Ukraine ab und will eine Verhandlungslösung für eine friedliche Beilegung des Konflikts – statt Säbelrasseln.
Dieter Hooge, Frankfurt am MainWelch ein erbärmliches Signal zur Unterstützung der Ukraine in dieser für das Land schicksalhaften Zeit. Wäre es denn so schwierig, sich auch noch zur Lieferung von Schnürsenkeln oder Gummibärchen durchzuringen? Finanziell müsste das doch zu stemmen sein. Ich bin kein Freund von Waffenlieferungen, aber solange wir Ländern wie Ägypten Waffen im Wert von mehreren Milliarden Euro verkaufen, sollten die Verantwortlichen mal versuchen, ob sie noch ohne Schamgefühl in den Spiegel schauen können. Ich hoffe sehr, dass es eine diplomatische Lösung gibt, damit wir nicht nach diversen Prüfverfahren doch noch Waffen liefern müssen.
Hansjörg Peters, Stuttgart
Die Sphinx aus Nürtingen
Heft 5/2022 »Vieles, was heute als Belästigung gilt, hieß früher Premierenfeier«
Den Platz im SPIEGEL für ein Interview mit dem in dieser Rolle völlig überschätzten Herrn Schmidt sollten Sie lieber klügeren Zeitgenossen überlassen. Die Rhetorik des »Traumschiff«-Mitfahrers hat sich tatsächlich überlebt. Es gibt viel Gehaltvolleres als seine ewig gleich tönenden Sprüche. Als SPIEGEL-Leser sollten wir keine Profilneurosen lesen müssen!
Dr. Heide Borchers, Oyten (Nieders.)Was für ein Feuerwerk an Intelligenz, (Selbst-)Ironie und politischer Inkorrektheit! Wie ein aufgeschlagenes Etymologiewörterbuch schleudert der letzte große Late-Night-Show-Entertainer den überforderten Interviewern unzählige Zitatblitze aus seinem Gedankenpalast entgegen – er fehlt so sehr im Abendprogramm des deutschen Fernsehens. Solcher Interviews wegen kaufe ich den SPIEGEL. Bitte mehr von solchen Ausflügen in die höheren Geistessphären!
Babette Jahnke, Kronshagen (Schl.-Holst.)Können wir nicht mal damit aufhören, Menschen zu überschätzen! Harald Schmidt ist – und bleibt es wohl leider auch noch eine Weile – der Himbeertoni auf dem »Traumschiff«. Nicht viel mehr, nicht weniger.
Hanspeter Stuck, Lörrach (Bad.-Württ.)Wie genial, ich hätte nicht gedacht, dass ich ihn so vermisst habe! Lieber SPIEGEL, bitte eine Kolumne für diesen Mann, sagen wir einmal im Monat, eine Seite. Er soll ja nicht verramscht werden. Die »Zeit« sollte über den von Schmidt angeregten »Zeitspiegel« mit einsteigen.
Petra Sattler, Frankfurt am MainSchon eine Reaktion auf das Gespräch ist zu viel der Ehre. Dafür sollte sich der SPIEGEL zu schade sein. Wolfgang Höbel und Tobias Becker sollte man einen Orden verleihen, dass sie dieses Interview, hoffentlich ohne intellektuellen Schaden, geführt haben.
Hartmut Garreis, FürthHarald Schmidt ist ein Meister der Vernebelungstaktik. Er schafft es, in einem Satz seine eigenen Aussagen zu widerlegen. In dieser Uneindeutigkeit verschafft er sich Bedeutsamkeit und überlegene Distanz. Die Sphinx aus Nürtingen mit ihren kryptischen Sprüchen, der alles zu profan ist, um sich damit ernsthaft auseinanderzusetzen. Er weiß es ja sowieso immer schon besser. Dabei schimmert durch all seine Abgehobenheit aber stets die existenzielle Kränkung, nicht in der Liga eines Thomas Bernhard oder Claus Peymann mitzuspielen. Es hat halt nur zum Pausenclown im Privat-TV gereicht. Seine Auftritte im »Traumschiff« würde er natürlich auch nicht als schnöden Gelderwerb einordnen, sondern als einen kunstvollen Akt der Selbstironie.
Mia Herber, Wadgassen (Saarland)Schade um Papier und Druckerschwärze. Haben Sie nichts Besseres zu tun, als diesem Narzissten eine Bühne für sein immer gleiches Geschwätz zu geben?
Montana Heiss-Baumann, MainzDanke, das Beste, was ich in den letzten Monaten genießen durfte. Ich war nie sein wichtigster Fan, wenngleich mir vor vielen Jahren ein persönlicher Austausch mit ihm gefallen hat. Harald Schmidt besitzt die perfekte Mischung aus gesundem Menschenverstand, Eitelkeit, kritischem Geist, Distanz und, das Wichtigste, genau meinem Humor.
Matthias Cropp, Kronberg (Hessen)Chapeau, Harald, dreieinhalb Seiten Selbstdarstellung und keinerlei Erkenntnisgewinn, das schafft nur er.
Arnold Brauer, Buxheim (Bayern)Harald Schmidt macht sich lustig über alles und jeden, einschließlich sich selbst. Dieser Mann lässt sich vor keinen Karren spannen, sondern ist einzig seinem Intellekt verpflichtet. Mit diesem messerscharfen Werkzeug ausgestattet, hält er Journalisten erst eine Möhre hin, um sie dann selbst zu mümmeln. Hätten wir mehr von diesen Freigeistern, sähe es besser aus.
Kristina Göpel, Beelitz (Brandenb.)Ich bewundere seit Langem Ihr erfolgreiches Bemühen um redliche Berichterstattung. Im Falle des Interviews mit Harald Schmidt haben Sie auf dieses Bemühen leider verzichtet. Sonst hätten Sie das Gespräch mit dem Satz »Herr Schmidt, wir danken Ihnen für dieses Gelaber« beenden müssen.
Peter Heinrichs, München
Massives Tabu
Heft 4/2022 »Die eigene Mutter als Täterin – viele bringen das nicht zusammen«
Ich bin sehr berührt und dankbar für Ihr Gespräch mit Herrn Briken. Ich bin selbst in früher
Kindheit von unserem Kindermädchen missbraucht worden. Trotz psychologischen Studiums und Therapie zieht es sich durch mein Leben. Dieser Artikel ist für mich der erste, außer in Fachliteratur, der sich mit dem aktiven Missbrauch ausschließlich durch Frauen beschäftigt. Das ist wie #MeToo für meine Betroffenengruppe!
Michael Löbsack, DüsseldorfZu körperlicher Gewalt durch Mütter habe ich von Patienten und Patientinnen Folgendes erfahren: Mütter schlagen oftmals mit Kochlöffeln, Handfegern oder anderen Gegenständen, jedoch leise, sodass Väter und Geschwister dies über Jahre nicht mitbekommen. Auch manipulieren sie das Kind/den Jugendlichen extrem in die Scham- und Schuldecke, also ins Schweigen. Ein weiteres Tabu ist die körperliche Gewalt von Frauen gegen ihre Männer, die sich aufgrund ihrer Männerrolle nur schwer jemandem in ihrem Leid offenbaren können.
Dipl.-Päd. Astrid von Friesen, Traumatherapeutin, Publizistin, DresdenWie das Interview ergab, eint Täterinnen ein Wunsch, pädophile Tendenzen bei sich zu unterdrücken. Ein Wunsch der Schadensbegrenzung, der männlichen Tätern oft völlig entgeht. Und das nicht zuletzt, weil unsere Gesellschaft diesen Männern kein sinnvolles medikamentöses Hilfsangebot begleitend zur Therapie macht. Am Ende aber auch, weil männliche Päderastie in der öffentlichen Wahrnehmung schon fast zu einem unausweichlichen Übel geworden ist, dem wohl nicht beizukommen sei, weil Männer vielleicht nun einmal so seien … Oder haben wir es hier möglicherweise mit einem viel massiveren Tabu zu tun, das nach Jahrtausenden endlich aufgebrochen werden muss?
Anna Jordan, Bad Honnef (NRW)
Heft 5/2022 Streit um Rüstungslieferungen an die Ukraine erreicht Ampelkoalition
»Im Bett mit Putin?« – wer hat sich denn diese Überschrift ausgedacht? Zum Besuch von Frau Baerbock bei Putin finde ich das, gelinde gesagt, geschmacklos und sexistisch.
Christa Limmer, Meezen (Schl.-Holst.)
Heft 5/2022 Allianz-Ökonom Stefan Hofrichter über Kurskapriolen beim Bitcoin
Wenn Menschen ihren Job verlieren, weil Computer ihn billiger erledigen können, ist das aller Laster Anfang. Woher sollen die riesigen Strommengen kommen? Die Menschheit wird mit Muskelschwund in der selbst produzierten dicken Luft ersticken. Unsere Enkelkinder werden uns zu Recht verfluchen!
Martin Ramschulte, Schöppingen (NRW)
Heft 5/2022 Sportler befürchten Staatsspionage in Peking
Die Olympischen Spiele in China und ihr Umfeld sind in der Tat paranoid. Wie sonst ist zu erklären, dass Xi Jinping den IOC-Präsidenten Thomas Bach dessen eigene Götzenbildplastik aufstellen lässt? Es fehlt nur noch, dass sich alle Olympioniken vor ihren Wettkämpfen vor ihr verneigen müssen.
Dr. Udo Küppers, Bremen
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