Daliah aus Israel "Ich lebe in einem Kibbuz"
Die Wohnhäuser in meinem Ort bestehen aus hellem Stein und sind genau 100 Quadratmeter groß. Ohne Ausnahme. Bei uns bekommt jede Familie das gleiche Haus, egal ob sie zwei oder fünf Kinder hat. Der Ort heißt Sde Elijahu und ist ein Kibbuz im Norden Israels.
Kibbuz kommt aus dem Hebräischen und bedeutet so viel wie "Versammlung". Hier leben die Menschen gleich: Keiner ist reicher als der andere, keiner hat mehr zu sagen. Bei uns muss niemand neidisch sein, weil der Nachbar ein größeres Auto fährt. Und niemand kann mit seiner tollen Wohnung angeben. Es gibt nämlich keine Unterschiede. Das finde ich gut, und ich kann es mir auch gar nicht anders vorstellen.
In unserem Kibbuz wohnen etwa 300 Erwachsene und 500 Kinder. Ich lebe hier mit meinen Eltern und fünf Geschwistern. Mein Vater arbeitet in einer Fabrik des Kibbuz. Und meine Mutter ist Krankenschwester.
"Es macht mir nichts aus, Spielsachen mit meinen Freunden zu teilen"
Meine Eltern zahlen den größten Teil vom Lohn in eine Gemeinschaftskasse ein. Alle Erwachsenen stimmen dann darüber ab, was mit dem Geld gemacht werden soll. Sie überlegen zum Beispiel, was sie einkaufen wollen. Lebensmittel? Waschmaschinen? Autos? Die Kibbuz-Mitglieder schaffen viele Sachen zusammen an und teilen sie sich.
Zum Beispiel die Autos: Zusammen besitzen wir 30 Fahrzeuge. Wer eins braucht, kann sich im Internet in eine Liste eintragen. Falls ein Wagen frei ist, bekommt er ihn. Sonst muss man eben warten. Aber meistens nimmt einen dann doch einer der anderen Dorfbewohner mit.
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Mein Vater ärgert sich manchmal, wenn er ein Auto kriegt, in dem noch Kekskrümel auf den Sitzen sind oder Erdbrocken auf der Fußmatte. Mir machen Krümel auf dem Sitz nicht so viel aus. Das geht wahrscheinlich allen Kindern so, überall auf der Welt.
Wir Kibbuz-Kinder werden gemeinsam in Kinderhäusern erzogen. Es gibt mehrere Häuser, für Kinder in jedem Alter. Schon die ganz Kleinen kommen in eines - ins Babyhaus. Für andere Kinder klingt es vielleicht komisch, wenn sie hören, wie viel Zeit wir ohne die Familie verbringen. Aber ich finde es toll: Wir haben im Kinderhaus mehrere Räume, in denen wir Burgen bauen oder Bilder malen können. Eine Erzieherin passt auf uns auf. Außerdem sind meine Geschwister in der Nähe.
Wir basteln oft Spielzeug aus alten Materialien wie Pappe oder Alu. Es macht mir nichts aus, dass ich mir viele Spielsachen mit meinen Freunden teile. Aber meine Diddl-Maus-Sammlung gehört nur mir allein. Meine Oma hat sie mir aus Deutschland geschickt. Im Kibbuz bin ich die Einzige, die eine solche Sammlung hat. So etwas kann man hier nicht kaufen.
Auch die Kinder arbeiten ein bisschen
Nach dem Frühstück im Kinderhaus radle ich ein paar Häuser weiter zur Schule. Ich gehe in die vierte Klasse. Computer und Sport mag ich besonders. In Sprachen bin ich nicht so gut. Das ist aber nicht schlimm. In meiner Schule kann man nicht sitzenbleiben.
Mittags sehe ich meine Familie im Speisesaal. Der ist so groß, dass alle Kibbuz-Bewohner reinpassen. Wir teilen uns das Essen, nur wer etwas Besonderes will, zum Beispiel Schokolade, muss sie extra bezahlen.
Im Kibbuz arbeiten auch die Kinder. Jedenfalls ein bisschen. Ich durfte mir aussuchen, was ich machen will: Auf dem Feld oder im Garten wollte ich nicht arbeiten. Einmal in der Woche passe ich jetzt auf kleine Kinder auf. Das macht großen Spaß. Vielleicht werde ich später Erzieherin.
Abends geht meine Familie nicht in den Speisesaal, wir essen zu Hause. Dann setzen wir uns alle an den Tisch und erzählen uns der Reihe nach, was wir erlebt haben.
Es ist toll, im Kibbuz zu wohnen. Mir wird nie langweilig. Später möchte ich hier ein eigenes Haus haben - mit Eltern, Geschwistern und Freunden als Nachbarn.
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