Foto: Marvin Ruppert / Dein SPIEGEL

E.on-Chef im Kinder-Interview »Wenn der nächste Winter kalt wird, kann es wieder schwierig werden«

Leonhard Birnbaum erzählt den Kinderreportern von »Dein SPIEGEL«, warum er glaubt, dass die Energiekrise noch nicht überstanden ist. Und was er von der Abschaltung der Atomkraftwerke hält.
Redaktionelle Begleitung: Pelle Kohrs

Dein SPIEGEL: E.on ist der größte Energieversorger in Deutschland. Wir haben gelesen, dass E.on seine verkaufte Energie aber gar nicht selbst erzeugt. Warum nicht?

Birnbaum: Weil wir die Energie nicht nur verkaufen, sondern auch dafür sorgen, dass sie in den Wohnungen und Häusern der Menschen ankommt. Wir kümmern uns also um ein riesiges Strom- und Gasnetz. Dafür allein brauchen wir so viel Geld, dass keins mehr dafür übrig ist, auch noch die Energie selber zu erzeugen.

Dein SPIEGEL: Woher kommt die Energie dann?

Birnbaum: Wir kaufen sie über Marktplätze bei anderen Unternehmen ein. Und das nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Es gibt viele Firmen, die darauf spezialisiert sind, nach Gas zu bohren oder Strom in Kraftwerken zu erzeugen.

Dein SPIEGEL: Warum Freundschaften so wichtig sind
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Es gibt Freundschaften, die so innig sind, dass sie Jahrzehnte überdauern oder sogar ein ganzes Leben lang anhalten. Normal ist das aber nicht: Laut Forschenden findet nach rund sieben Jahren jede zweite Freundschaft ihr Ende. In der Titelgeschichte von »Dein SPIEGEL«, dem Nachrichten-Magazin für Kinder, geht es darum, was wahre Freundschaft ausmacht und wie sie sich auch in schwierigen Zeiten erhalten lässt. Das Magazin gibt es am Kiosk, ausgewählte Artikel online. Erwachsene können das Heft auch hier kaufen:

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Dein SPIEGEL: Wie kommt der Strom von dort bis zu uns nach Hause?

Birnbaum: Über ein großes Netz an Leitungen. Das von E.on ist in Deutschland mit insgesamt 700.000 Kilometern das weitreichendste. Man kann sich das vorstellen wie im Straßenverkehr: Es gibt Höchstspannungsleitungen, die wie Autobahnen sind und den Strom über weite Entfernungen transportieren. Von ihnen zweigen sich wie Bundes- und Landstraßen etwas kleinere Leitungen ab. Und davon wiederum führen Niederspannungsleitungen wie Dorfstraßen bis zu euch nach Hause.

Dein SPIEGEL: Woran liegt es, dass die Strom- und Gaspreise in letzter Zeit so stark gestiegen sind?

Birnbaum: Einerseits daran, dass Russland wegen des Krieges in der Ukraine kein Gas mehr nach Deutschland liefert. Andererseits hat Frankreich seit vorigem Jahr Probleme mit seinen Kernkraftwerken, die dort einen großen Teil der Stromproduktion ausmachen. Deutschland hat dann mehr Strom in Gaskraftwerken produziert und ihn nach Frankreich geliefert, um seinem Nachbarland zu helfen. Vor allem dadurch sind Strom und Gas bei uns knapper geworden. Und wenn etwas knapp ist, wird es teurer.

Dein SPIEGEL: Viele Menschen leiden unter den hohen Energiepreisen. Bekommen Sie das mit?

Birnbaum: Ja, das tue ich. Ich bekomme viele E-Mails von Kunden, die mir erzählen, wie schlecht es ihnen damit geht. Außerdem rufen sehr viele Menschen auch bei E.on an, weil sie Fragen zu der Energiekrise haben. Wir haben 500 Mitarbeiter nur dafür neu eingestellt, diese Anrufe beantworten zu können.

Dein SPIEGEL: Stellt E.on den Menschen den Strom ab, wenn sie die Rechnungen nicht mehr bezahlen können?

Birnbaum: Ja, dann wird nach einer bestimmten Zeit leider der Netzanschluss gesperrt. Das passiert nicht nur bei uns, sondern auch bei allen anderen Energieversorgern in Deutschland. Wir versuchen aber immer, das zu vermeiden, indem wir gemeinsam mit den Kunden nach einer Lösung suchen.

Luise und Leo, beide 13, im Gespräch mit Leonhard Birnbaum. Die Kinderreporter haben den E.on-Chef in Essen getroffen, wo der Energiekonzern seinen Hauptsitz hat.

Luise und Leo, beide 13, im Gespräch mit Leonhard Birnbaum. Die Kinderreporter haben den E.on-Chef in Essen getroffen, wo der Energiekonzern seinen Hauptsitz hat.

Foto: Marvin Ruppert / Dein SPIEGEL

Dein SPIEGEL: E.on hat im vergangenen Jahr acht Milliarden Euro Gewinn gemacht. Wieso nutzen Sie das Geld nicht, um die Preise zu senken?

Birnbaum: Den Großteil der Gewinne brauchen wir für eine erfolgreiche Energiewende. Wir müssen pro Jahr sechs bis sieben Milliarden Euro für den Ausbau unseres Strom- und Gasnetzes in ganz Europa investieren, um die Energiewende voranzutreiben und den Klimawandel einzudämmen. Ohne Gewinne gibt es keine Investitionen. Wenn wir jedem unserer Kunden einen Rabatt geben würden, hätten wir am Ende aber Geld verloren.

Dein SPIEGEL: Im Winter gab es die Sorge, in vielen Haushalten könnten Strom und Heizung ausfallen. So schlimm war es am Ende aber nicht. Und jetzt kommt der Sommer. Ist die Energiekrise überstanden?

Birnbaum: Nein, leider nicht. Der Winter war sehr warm, deswegen war die Situation besser als erwartet. Wenn der nächste Winter aber kalt wird, kann es wieder schwierig werden. Außerdem sind die Preise für Strom und Gas immer noch doppelt so hoch wie vor zwei Jahren. Die Krise ist erst vorbei, wenn wir – egal wie das Wetter wird – gut mit Strom und Gas versorgt sind. Deswegen ist es wichtig, dass wir zu Hause Energie sparen.

Dein SPIEGEL: Wie können wir das tun?

Birnbaum: Es reicht schon, etwas weniger zu heizen. Zum Beispiel auf 21 statt auf 22 Grad. Oder man könnte beim Händewaschen aufs warme Wasser verzichten, auch das spart Energie. Am Ende muss jeder Haushalt selbst entscheiden, was am besten ist. Deswegen ist es für den Anfang gut, das Thema innerhalb der Familie zu besprechen.

Dein SPIEGEL: Wie sparen Sie Energie?

Birnbaum: Vor allem heize ich weniger. Außerdem habe ich mir eine Solaranlage auf die Garage bauen lassen, durch die ich viel Strom spare.

Dein SPIEGEL: Was glauben Sie, welche Stromquelle ist am besten für die Zukunft geeignet?

Birnbaum: Zurzeit steigt unser Strombedarf deutlich an, weil wir zum Beispiel unsere Autos auf Strom umstellen. Diesen höheren Verbrauch decken wir vor allem mit erneuerbaren Energien ab, also mit Strom, der aus Wind und Sonne gewonnen wird. Ich glaube aber, dass das allein nicht reichen wird. Denn nachts scheint keine Sonne, und an manchen Tagen weht auch kein Wind. Deswegen müssen wir auf eine Kombination aus verschiedenen Stromquellen und Speichern setzen. Aber erneuerbare Energien werden in absehbarer Zukunft vermutlich die wichtigste Quelle sein.

Leo: Bei mir in der Gegend stehen unheimlich viele Windräder. An anderen Orten gibt es hingegen gar keine. Ich finde, das ist schlecht aufgeteilt. Was denken Sie darüber?

Birnbaum: Genau das ist eine Herausforderung bei erneuerbaren Energien: Sie sind zwar besser für das Klima, benötigen allerdings sehr viel Platz. Es sind ungefähr 1500 Windräder nötig, um so viel Strom zu erzeugen, wie es ein Kernkraftwerk schaffen kann. Und diese ganzen Windräder müssen nun mal irgendwo stehen. Wir müssen also akzeptieren, dass sich unsere Landschaft stark verändern wird. Und es stimmt – der Zubau an Windrädern ist bisher sehr unterschiedlich über Deutschland verteilt.

Dein SPIEGEL: E.on betreibt in Bayern das Atomkraftwerk »Isar 2«. Im April wurde es abgeschaltet, weil Deutschland aus der Atomenergie ausgestiegen ist. Was halten Sie davon?

Birnbaum: Ich bin darüber traurig. »Isar 2« ist eines der besten Kernkraftwerke der Welt, und die Menschen, die dort arbeiten, machen einen ausgezeichneten Job. Hinter der Abschaltung steckt ein politischer Beschluss, das akzeptiere ich, aber schade finde ich es trotzdem.

Aus dem Kühlturm des Atomkraftwerks »Isar 2« steigt Dampf auf. Mittlerweile ist die Anlage abgeschaltet.

Aus dem Kühlturm des Atomkraftwerks »Isar 2« steigt Dampf auf. Mittlerweile ist die Anlage abgeschaltet.

Foto: Armin Weigel / picture alliance / dpa

Dein SPIEGEL: Aber Atomkraftwerke können doch sehr gefährlich sein. Zum Beispiel wenn sie kaputtgehen.

Birnbaum: Die deutschen Kernkraftwerke sind aber sehr sicher. In Belgien und Frankreich gibt es mehr Probleme mit den Kernkraftwerken. Die dürfen aber weiterlaufen, während die sicheren Kraftwerke bei uns abgestellt werden. Das finde ich schwierig.

Dein SPIEGEL: Was passiert jetzt mit dem abgeschalteten Kraftwerk?

Birnbaum: Es kommt weg. Aber es wird nicht einfach abgerissen, sondern Stück für Stück auseinandergenommen, das nennt man Rückbau. So etwas ist sehr kompliziert und braucht viel Zeit. Erst im Jahr 2040 soll dort, wo jetzt das Kraftwerk steht, nichts mehr davon zu sehen sein.

Dieses Interview erschien in »Dein SPIEGEL« 6/2023.

»Dein SPIEGEL« – Das Nachrichten-Magazin für Kinder
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