

AYSE TASCI
Telekom-Chef im Kinder-Interview "5G wird alles miteinander vernetzen"
Dein SPIEGEL: War das Netz während des Lockdowns kurz vor dem Zusammenbruch?
Timotheus Höttges: Nein. Wir waren zwar auch besorgt, weil wir teilweise doppelt so viel Last auf unserem Netz hatten wie vor Corona. Plötzlich fanden bis zu 60.000 Videokonferenzen gleichzeitig statt. Die Leute haben auch mehr auf Netflix oder Disney+ geguckt. Aber unser Netz war unheimlich robust. Wir hatten nicht einen einzigen größeren Störfall.
Dein SPIEGEL: Wie wird man eigentlich Chef?
Timotheus Höttges: Erstens hat Chef-Werden viel mit Glück zu tun. Man muss die richtigen Leute am richtigen Ort treffen und dann wissen: Das ist eine Chance, hier kann ich erfolgreich sein. Und zweitens muss man immer neugierig bleiben. Ich habe am Anfang alle drei Jahre und später alle fünf Jahre eine neue Aufgabe übernommen. So habe ich vielseitige Erfahrungen gesammelt und mich dadurch für die komplizierteste Aufgabe im Unternehmen qualifiziert.
Dein SPIEGEL: Warum gibt es in so einem fortschrittlichen Land wie Deutschland immer noch Regionen, die weder Netz noch schnelles Internet haben?
Timotheus Höttges: Also, erst mal muss man sagen: Im Vergleich zu unseren beiden Wettbewerbern schneiden wir von der Telekom viel besser ab bei der Netzabdeckung. Bei allen Tests sind wir immer der Klassenbeste. Deutschland ist aber ein großes Land. Hier gibt es viele ländliche Gebiete, in denen nicht so viele Menschen wohnen. Für uns ist es sehr teuer, dort eine Antenne aufzustellen, weil die Auslastung so niedrig ist. Ihr müsst euch das wie ein Flugzeug vorstellen, in dem von 100 Sitzen nur 10 besetzt sind. Damit kann man kein Geld verdienen. Deswegen werden wir in Zukunft in ländlichen Gebieten gemeinsam mit unseren Wettbewerbern Antennen aufstellen. Das sorgt für eine höhere Auslastung, und dann lohnt sich der Netzausbau für alle.

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Dein SPIEGEL: Was bedeutet eigentlich 5G?
Timotheus Höttges: 5G ist die fünfte Generation der Mobilfunk-netze. Früher, bei der ersten Generation, konnte man über Mobilfunknetze nur telefonieren. Da gab es noch kein Internet auf dem Handy. Das änderte sich mit der zweiten Generation. Doch die Datenübertragung war am Anfang noch sehr niedrig. Mit 3G und 4G nahmen die Datenmengen und die Übertragungsgeschwindigkeiten immer weiter zu. Mit 5G machen wir nun noch mal einen großen Sprung. Das ist so, als würden wir aus einer zweispurigen Autobahn eine zehnspurige machen. 5G wird alles miteinander vernetzen, was sich vernetzen lässt: Uhren, Autos, die Maschinen in den Fabriken, die Container auf den Weltmeeren. Damit wissen wir immer, wo alles ist, und so können wir zum Beispiel die Wirtschaft und den Verkehr optimieren. Bis zum Ende dieses Jahres soll die Hälfte der deutschen Bevölkerung damit versorgt sein, bis 2025 fast die gesamte Bevölkerung.

So sieht eine Antenne für das 5G-Funknetz aus.
Foto: Peter Klaunzer / DPADein SPIEGEL: Wie werden wir in Zukunft miteinander telefonieren?
Timotheus Höttges: Ich glaube, wir werden viel mehr per Video miteinander sprechen. Die reine Sprachtelefonie wird weniger werden, das sehen wir heute schon. Außerdem wird es nicht mehr so sein, dass ich eine Nummer wähle, sondern ich werde sagen: "Ruf Tim an." Und dann wird das System in dem Moment die Nummer von Tim wählen und die Verbindung herstellen. Alles wird sprachbasierter und mobiler. Den klassischen Festnetzanschluss wird es in 20 Jahren nicht mehr geben.
Dein SPIEGEL: Was denken Sie über die Digitalisierung an deutschen Schulen?
Timotheus Höttges: Wie lief denn der Unterricht in der Corona-Zeit bei euch ab?
Dein SPIEGEL: Wir haben vieles per E-Mail besprochen. Etwa vier- bis fünfmal gab es eine Zoom-Konferenz.
Timotheus Höttges: Also, ich finde es nicht gut, wie das in Deutschland gelaufen ist. Viele Schulen waren auf die Coronakrise nicht vorbereitet. Video-Konferenzen, Online-Klausuren, eine gemeinsame Cloud – all diese Sachen müssten auch in Deutschland schon längst funktionieren.

Eduard, 13, geht in die 7. Klasse des Gymnasiums Remigianum in Borken. Er spielt Fußball und Tuba. Seine Handy-Nutzung ist beschränkt. In Corona-Zeiten war er öfter als sonst online.
Foto: AYSE TASCIDein SPIEGEL: Sie sind vor Corona sehr viel mit dem Flugzeug geflogen. Haben Sie dieses in den vergangenen Wochen sehr vermisst?
Timotheus Höttges: Zu meiner Überraschung vermisse ich das gar nicht. Normalerweise fliege ich mindestens dreimal die Woche, manchmal auch für zwei Tage nach Amerika. Das kostet viel Kraft: das Anreisen, Einchecken, Warten, Fliegen, Auschecken, Taxifahren zum Kunden. Diesen Kraftaufwand habe ich in letzter Zeit gespart. Was ich aber vermisse, sind die Menschen. Wenn ich mit meinen Kollegen über schwierige Dinge reden muss, mache ich das lieber persönlich als per Videokonferenz.
Dein SPIEGEL: Sie haben die Corona-Warn-App als "Rockstar" bezeichnet. Warum?
Timotheus Höttges: Wir haben die App innerhalb von 50 Tagen gebaut. In dieser Zeit mussten wir die Technologie so organisieren, dass sie ständig die Kontakte und die Entfernungen zu den Kontakten misst. Und wir haben die App mit Gesundheitsämtern und Laboren, die die Corona-Tests machen, verbunden. Weil uns das in so kurzer Zeit gelungen ist, habe ich die App als Rockstar bezeichnet.

Nika, 12, geht in die 7. Klasse des Gymnasiums Hochdahl in Erkrath. In ihrer Freizeit tanzt sie Jazz und Modern Dance. Sie nutzt ihr Handy sehr oft, zum Beispiel für TikTok oder WhatsApp.
Foto: AYSE TASCIDein SPIEGEL: Es gab aber auch Kritik an der App, weil sie nicht auf allen Geräten funktioniert. Können Sie die Kritik nachvollziehen?
Timotheus Höttges: Es stimmt, dass die App nicht auf alten Geräten läuft. Aber wir können Apple und Android, also Google, nicht sagen, dass sie die Software für die ganz alten Geräte so ändern, dass unsere App darauf funktioniert. Es gab auch Probleme bei neueren Geräten. Die App hat zwar immer gemessen und die App auch immer empfangen. Das heißt, sie hat immer funktioniert. Nur sie hat nicht immer den ganz aktuellen Stand angezeigt. Das liegt nicht an unserer App, sondern an der Einstellung, wie das Handy die Batterie schont. Aber deswegen die ganze App in Frage zu stellen, das finde ich unfair. Sie ist ein Baustein, wie wir Corona eindämmen können.
Eine gekürzte Fassung dieses Interviews erschien in "Dein SPIEGEL" 10/2020.

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