

Schulsenator im Kinder-Interview »Unterricht soll moderner werden«
Dein SPIEGEL: Herr Rabe, seit neun Jahren sind Sie Bildungssenator in Hamburg. Was dürfen Sie alles entscheiden?
Rabe: Als Bildungssenator darf ich zum Beispiel darüber entscheiden, wie viele Computer in den Schulen stehen. Oder darüber, wie gut die Schulkantinen ausgebaut sind. Und ich entscheide auch, was genau ihr SchülerInnen lernen müsst. Also wie viele Stunden Deutsch oder Mathe ihr auf dem Stundenplan habt.
Dein SPIEGEL: Warum müssen SchülerInnen Dinge lernen, für die sie sich gar nicht interessieren?
Rabe: Eines meiner Kinder mochte nicht so gern lesen. Aber Lesen ist furchtbar wichtig, das wissen wir alle. Und so ist es auch mit anderen Themen, die vielleicht nicht jedem Kind Spaß machen. Ihr sollt gut auf das spätere Leben vorbereitet sein.

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Dein SPIEGEL: Kann man im Unterricht mehr auf die Wünsche der SchülerInnen eingehen?
Rabe: Eigentlich muss das schon heute so sein. Die Lehrkräfte sollen die Wünsche der Kinder und Jugendlichen berücksichtigen. Weil in einer Schulklasse aber recht viele SchülerInnen sitzen, ist das manchmal gar nicht so einfach.
Dein SPIEGEL: Wieso werden Klassen dann nicht in kleinere Gruppen aufgeteilt? Bei uns war das in diesem Jahr oft so.
Rabe: Unterricht in kleinen Gruppen ist prima, weil SchülerInnen dann das Lernen leichter fällt. Aber während die einen in der Schule unterrichtet werden, müssen die anderen ohne Lehrkräfte zu Hause rumsitzen. Und dort können manchmal selbst die Eltern nicht helfen, wenn die Aufgaben zu schwierig sind.
Dein SPIEGEL: Und wenn Sie mehr Lehrkräfte einstellen? Dann könnten alle Kinder unterrichtet werden.
Rabe: Das würde ich gern tun. Aber dann müssten eure Eltern deutlich mehr von ihrem Einkommen abgeben, um die zusätzlichen LehrerInnen zu bezahlen. Eure Familien hätten dann also weniger Geld.

Ties Rabe (SPD), Bildungssenator in Hamburg
Foto: dpa Picture-Alliance / Markus Scholz / picture alliance / Markus ScholzDein SPIEGEL: Wir haben in den vergangenen Monaten viel digitalen Unterricht gehabt. Wird es den auch noch nach der Pandemie geben?
Rabe: Ich wünsche mir, dass es in Zukunft mehr Unterricht mit digitalen Geräten gibt. Aber ich fände es besser, wenn dieser Unterricht in der Schule stattfindet. Denn dort gibt es LehrerInnen, die sich um die SchülerInnen kümmern. Insgesamt soll der Unterricht aber moderner werden.
Dein SPIEGEL: Wie denn?
Rabe: Es gibt viel bessere Technik als noch vor einem Jahr. Aber sie ist immer noch nicht gut genug. In Zukunft sollen deswegen möglichst viele SchülerInnen Laptops oder Tablets bekommen. Außerdem soll es in mehr Klassenräumen digitale Tafeln geben. Und zum Schluss benötigen wir Lehrkräfte, die mit dieser Technik umgehen können.
Dein SPIEGEL: Und wer bezahlt das alles?
Rabe: Zum großen Teil die Bundesregierung. Schon vor einigen Jahren wurde beschlossen, dass die Schulen viel Geld von ihr bekommen sollen, um die Digitalisierung zu fördern. Umgerechnet erhält jede Schule dafür rund 120.000 Euro.
Dein SPIEGEL: War es Glück, dass es diese Einigung schon vor der Pandemie gab?
Rabe: Ja, das trifft sich natürlich gut. Wenn wir erst jetzt nach Geld gefragt hätten, wäre da bestimmt in drei Jahren noch nichts passiert. Insofern waren wir hier ausnahmsweise mal ein bisschen schneller.
Dein SPIEGEL: Wie haben Schulen die Probleme der Pandemie bisher gemeistert?
Rabe: Ich finde, das haben die Schulen bisher sehr gut gemacht. Es war für uns alle eine große Überraschung, dass sie schließen mussten. Das gab es vorher noch nie. Viele Eltern, Lehrkräfte und SchülerInnen haben sich in dieser Zeit große Mühe gegeben. Einige Dinge sind schiefgegangen, aber andere haben ganz ordentlich geklappt.
Dein SPIEGEL: Welche Dinge sind denn schiefgegangen?
Rabe: Beim Unterricht zu Hause lief nicht alles rund. Gerade jüngere Kinder können schlecht allein lernen. Und auch wer nicht so gut in der Schule ist, kann beim Heimunterricht schnell überfordert sein. Und obwohl die meisten fleißig waren, haben manche SchülerInnen und Lehrkräfte auch einfach zu wenig gemacht.
Dein SPIEGEL: Was konnten Sie daraus lernen?
Rabe: Dass wir bessere Computer für SchülerInnen brauchen. Aber vor allem haben wir gelernt, dass guter Unterricht nicht durch das Lernen zu Hause zu ersetzen ist. Schule ist besser.
Dieses Interview erschien in »Dein SPIEGEL« 01/2021.

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