

Timo Boll gibt Tischtennis-Tipps »Ich versuche, den Gegner zu zermürben«
Schon bevor dieser ganze Mist mit dem Virus losging, hatten sich junge Menschen zu wenig bewegt. Doch die Pandemie machte es noch schlimmer: Kinder saßen zu Hause rum und starrten auf Bildschirme. Während des zweiten Lockdowns verbrachten sie so im Durchschnitt 222 Minuten pro Tag. Das Problem ist: Wer sich zu wenig bewegt, wird schneller krank und fühlt sich öfter mal unglücklich.
Wie Kinder in verschiedenen Sportarten besser werden können und warum sie jetzt unbedingt diese eine Sportart ausprobieren sollten, erzählen ihnen in der neuen Ausgabe von »Dein SPIEGEL« 14 Profis. Hier spricht Timo Boll.

Timo Boll, 41, führte zeitweise die Weltrangliste im Tischtennis an, nahm an sechs Olympischen Spielen teil und ist mehrmaliger Europameister sowie deutscher Meister
Foto: Gaby Gerster / Dein SPIEGELDein SPIEGEL: Man sagt über den Tischtennis-Sport: Es ist so, als würde man ein 100-Meter-Rennen laufen und gleichzeitig eine Partie Schach spielen. Was hat Tischtennis mit Schach zu tun?
Boll: Tischtennis ist eine sehr strategische Sportart. Man sollte sehr viele Spielzüge im Kopf haben, um in jeder Situation zu wissen: Wo spiele ich hin, damit ich im Vorteil bin? Zudem wappne ich mich im Voraus für die Züge meines Gegners, damit ich nicht überrascht bin. Ich rechne immer mit drei oder vier möglichen Reaktionen meines Gegners, und das zwei Züge im Voraus.
Dein SPIEGEL: Wie gelingt einem das?
Boll: Man muss in den Geist des Gegners eindringen und überlegen: Was ist das für ein Typ? Ist das ein Risikospieler, der öfter Überraschendes probiert? Oder ist das eher einer, der das Risiko scheut?
Dein SPIEGEL: Welcher Typ bist du?
Boll: Ich bin mehr so ein Sicherheitsdenker. Ich versuche, den Gegner eher zu zermürben.

Dein SPIEGEL
Es gibt Freundschaften, die so innig sind, dass sie Jahrzehnte überdauern oder sogar ein ganzes Leben lang anhalten. Normal ist das aber nicht: Laut Forschenden findet nach rund sieben Jahren jede zweite Freundschaft ihr Ende. In der Titelgeschichte von »Dein SPIEGEL«, dem Nachrichten-Magazin für Kinder, geht es darum, was wahre Freundschaft ausmacht und wie sie sich auch in schwierigen Zeiten erhalten lässt. Das Magazin gibt es am Kiosk, ausgewählte Artikel online. Erwachsene können das Heft auch hier kaufen:
Dein SPIEGEL: Wie viel Beinarbeit braucht es beim Tischtennis? Auf dem Schulhof stehen viele Tischtennisspieler eher an der Platte, als dass sie sich bewegen ...
Boll: Das ist ja das Schöne an diesem Sport – dass man ihn auch so niedrigschwellig ausführen kann. Bei mir ist es so: Ich bin nach anderthalb Stunden Tischtennis-Training genauso erschöpft wie nach anderthalb Stunden Radfahren. Das liegt unter anderem daran, dass wir Profis sehr, sehr tief in die Hocke gehen oder zum Ball springen. Meine Gegner platzieren den Ball natürlich auch immer so, dass ich mich sehr viel bewegen muss. Das Ziel ist es schließlich, den Gegner ein bisschen aus dem Gleichgewicht zu bringen. Und um einen 140 Stundenkilometer schnellen Schmetterball zu schlagen, muss man auch sehr viel Kraft aufwenden.
Dein SPIEGEL: Wie reagierst du auf so einen schnellen Schlag?
Boll: In einem Test wurde einmal festgestellt, dass ich Dinge, die sich bewegen, etwa dreimal so scharf sehen kann wie andere Menschen. Die Augenmuskeln werden sehr stark trainiert, wenn man den Ball immer genau beobachtet. Ich schaue beim Aufschlag des Gegners auf den Hersteller-Stempel, der auf dem Ball zu sehen ist. Daran kann ich erkennen, wie sich der Ball in der Luft dreht, und kann entsprechend auf diesen Spin reagieren.
Dein SPIEGEL: Welchen Schläger empfiehlst du Anfängern?
Boll: Einen langsamen, das heißt, einen, der aus weicherem Holz gefertigt ist. Damit ist der Aufprall nicht ganz so stark wie zum Beispiel mit einem Carbon-Schläger. So lässt sich der Ball etwas besser kontrollieren. Am Anfang ist es erst mal wichtig, den Ball sicher im Spiel zu halten.
Zur Orientierung haben wir alle 14 für unsere Titelgeschichte interviewten Sport-Profis auch gefragt: Auf einer Skala von 1 bis 10 – wie viel Kraft, Konzentration, Mut, Ausdauer und Kreativität brauchst du für deine Sportart? So hat Timo Boll geantwortet.

Illustration: Rahel Süßkind
Was brauchst du?
Kraft: 8
Konzentration: 10
Mut: 2
Ausdauer: 6
Kreativität: 8
Dein SPIEGEL: Worauf muss man bei den Belägen achten?
Boll: Es gibt dünnere und dickere Beläge. Am Anfang würde ich einen dünneren wählen, der verursacht weniger Spin. Je mehr man die Drehung des Balls in der Luft versteht, desto eher kann man dickere Beläge wählen, mit denen sich schöne Top-Spins ziehen lassen. Da kann man als Amateur ein bisschen tüfteln. Das ist wie in der Formel 1, wenn die den richtigen Reifengrip suchen.
Dein SPIEGEL: Und was muss man für den perfekten Aufschlag wissen?
Boll: Mit einem guten Aufschlag kann man viele einfache Punkte machen. Schon als Schüler habe ich deshalb jeden Tag eine halbe Stunde nur den Aufschlag geübt. Anfänger sollten zum Beispiel trainieren, den Ball so hochzuwerfen, dass er immer an der gleichen Position nach unten fällt. Mein Tipp: den Ball nicht zu weit weg vom Körper und nicht zu hoch werfen, gerade mal so knapp über den Kopf, damit der Ball schön vorm Gesicht herunterfällt und damit man ihn nah am Körper treffen kann. Den Ball dabei immer im Auge behalten! Ich fokussiere mich komplett darauf.

Tipp für den perfekten Aufschlag: Den Ball im Auge behalten
Foto: Gaby Gerster / Dein SPIEGELAm Anfang würde ich erst mal versuchen, einen sicheren Aufschlag hinzubekommen. Mit der Zeit kommt dann das Gefühl dafür, wie man den Ball für den Gegner möglichst schwierig serviert, nicht zu hoch, nicht zu lang. Wenn man das drinhat, kann man versuchen, dem Ball Schnitt zu geben, ihn ein bisschen seitlicher zu treffen. So ein Aufschlag kann eine echte Waffe sein.
Dieses Interview erschien in »Dein SPIEGEL« 06/2022.

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