

Wolfgang Niedecken über seinen Vater, sich selbst und seine Kinder »Ich war sehr arrogant und selbstgerecht«
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Dieser Text erschien zuerst im September 2020 bei SPIEGEL +. Aus Anlass von Niedeckens Geburtstag – er wird am 30. März 2021 siebzig Jahre alt – veröffentlichen wir ihn erneut.
Erst waren es nur ein paar Tropfen. Sie fielen und fielen, anfangs nur kühlend, einlullend, dann ein Sturzbach, der alles wegwusch und freilegte. Dem Regen sei Dank. Eigentlich wollten wir spazieren gehen. Aber das fiel ins Wasser. Verabredet war ein Flanieren durch Berlin mit einem Gespräch über Politik, Musik, Leben und den Wandel in den vergangenen Jahrzehnten. Sänger Wolfgang Niedecken und BAP sind ja selbst so was wie historisches Inventar und Chronisten des Landes, mit 20 Studio-Alben in vier Jahrzehnten haben sie sogar die Beatles in Deutschland überrundet als die Band "mit den meisten Nr. 1 Notierungen in den deutschen Album-Charts".
Der Regen hielt uns fest in der von Niedecken gewählten Kneipe im Prenzlauer Berg. Hier auf der kleinen Kneipenbühne hatte er vor Jahrzehnten mal einen Überraschungsgig gespielt – an der Seite von Bruce Springsteen. Jetzt rückten wir zusammen am Tisch, und mit dem Regen kamen dann auch andere Erinnerungen, andere Fragen, andere Antworten als gedacht und ein viel längeres Gespräch als geplant.
Niedecken hat im zweiten Teil seiner Biografie den Song "Fragile" von Sting zitiert: "Der Regen fällt und fällt, wie Tränen vom Himmel, lass uns nie vergessen, wie zerbrechlich wir sind". Mit Sting, sagt er, verbinde ihn so einiges: "Die Prägungen einer katholischen Kindheit, ein Aufwachsen am Wasser – und beide Väter waren Milchhändler!"
Wenn Väter über ihre Väter reden, reden sie oft eigentlich über sich selbst, suchend nach dem, was vom Vorgänger in ihnen geblieben ist – und was davon sie wiederum weitergeben an die nächste Generation.
Väter bleiben immer Söhne.
Wer Kinder hat, hat was zu erzählen. Mal lustig, mal dramatisch, mal gestresst, immer liebevoll, also fast. In unserer Elternkolumne »Menschenskinder« verraten im Wechsel drei Mütter und zwei Väter, wie sie mit ihren Kindern gut durchs Leben kommen.
Für mich als Jungspund war Anfang und Mitte der Achtzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts das BAP-Lied "Verdamp lang her" eine Offenbarung. Niedeckens fiktiver Dialog mit seinem längst verstorbenen Vater gab dem Schweigen zwischen meinem Vater und mir eine Stimme, der Sehnsucht danach, das Nichtreden, Nichtverstehen könnte überbrückt werden.
Wann immer bei uns auf den dörflichen Scheunenpartys die ersten Takte von "Verdamp lang her" erklangen, strömte alles auf die Tanzfläche, bei wenigen anderen Songs wurde so intensiv getanzt, geschwitzt, gesungen, geweint. Offenbar ging es einer ganzen Generation so: Verdammt lang her, dass wir gesprochen haben.
SPIEGEL: Wann waren Sie zuletzt am Grab Ihres Vaters?
Niedecken: Das ist tatsächlich verdamp lang her, aber ich brauche auch nicht das Grab, um Nähe zu spüren. Er ist in dem Glauben gestorben, dass im Himmel jemand auf ihn wartet. Das gönne ich ihm!
SPIEGEL: Ihr Vater starb 1980 und hat den Erfolg von BAP nicht mehr miterlebt. Was bedeutet das für Sie?
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