Das "Spezial-Versandhaus" Aufklärung und Eheratgeber

Sauberfrau: Um in den eher prüden fünfziger Jahren Erfolg zu haben und nicht in die Schmuddel-Ecke verbannt zu werden, präsentierte sich Beate Uhse ihren Kunden gegenüber als tatkräftige Sauberfrau, der vor allem an der Rettung der Institution Ehe gelegen war.
Deshalb verschanzte sie sich nicht hinter einem Pseudonym, sondern stellte sich im Katalog als "glückliche Ehefrau und Mutter von vier Kindern" vor und lieh der Marke "Beate Uhse" von Anfang an ihr Gesicht.

"Atmosphäre der Reinlichkeit und Frische": Nachdem Beate Uhse zunächst mit Aufklärungsbroschüren an den Markt gegangen war, nahm sie Ende der vierziger Jahre erstmals Kondome mit ins Programm: eine nach dem Zweiten Weltkrieg begehrte Mangelware. Bald gab es die Präservative in den unterschiedlichsten Formen, etwa ...

mit Kämmen, Kronen, Noppen, Igelspitzen und Zacken. Doch auch einen "Era-Trockenspanner" führte Beate Uhse in ihrem Sortiment, beworben als "ein kleines Gerät, das sicheres Reinigen, rasches Trocknen" und somit "wiederholtes Benutzen der Spezialausführungen" erleichtert.

"Mitternacht an der Seine": Mit zunehmender Nachfrage stellte Beate Uhse eine eigene Dessous-Fachkraft ein. Das Modell-Wäsche-Atelier "Frau Cotelli" entwarf immer neue Büstenhalter, Hänger und Negligés, wie etwa dieses "Luxus-Korsettchen" namens "Marilyn", das "Tanzkostümchen Charleston" oder aber "Paola", das "prickelnde Show-Kostümchen" mit einem BH "von der Form aufgeblühter Seerosen".

Sorgenfrei: Als Lösung des Problems Impotenz pries der Versandhandel diese "elastische Vollprothese" an, bestellbar inklusive Umschnallgurt und "Steriloform-Gleitkrem". Die ersten Kunst-Penisse aus dem Hause Beate Uhse trugen züchtige Namen wie "K.G." (für "Kunstglied"), "Sorgenfrei" oder auch

"Era". Diese "pneumatische Teilprothese" gab es im Leder-Etui mit praktischer Handpumpe.
Im Katalog, der die frühen Dildos bewarb, erläuterte Beate Uhse, dass das Männerproblem vor allem auf Krieg und Unterernährung zurückzuführen sei: "Im Ersten und Zweiten Weltkrieg gerieten in Europa Millionen Männer in Gefangenschaft. Durch die eiweißarme Ernährung der Betroffenen und durch die mangelhafte Nahrung der Nachkriegsjahre erreichte die Anzahl der völlig impotenten Männer ein noch nie dagewesenes Ausmaß."

"Was ist nur mit Renate?": Diese Schrift, Anfang der fünfziger Jahre erstmals versandt, klärte die Frauen über Verhütungsmethoden auf.
Andere aus dieser Zeit stammende Flugblätter und Werbebroschüren trugen Titel wie "Rund um die Zauberwelt der Erotik" (1950/51), "Gewisse Dinge gibt es, die niemand gern in einem Ladengeschäft verlangt" (1951) oder auch

"Stimmt in unserer Ehe alles?" Hierin beruft sich Beate Uhse auf den Amerikaner Dr. Paul Popenoe, der drei Hauptgründe für eine gut gehende Ehe benannte: "1. Sexuelle Harmonie", "2. Übereinstimmung über die Anwendung der Freizeit" und "3. Gesicherte Einkommensverhältnisse".
Mit ihren Schriften versuchte Beate Uhse, die Sexualität von ihrem sündigen Ruch zu befreien - und sich einen soliden Kundenstamm aufzubauen. Dabei rührte sie auch an handfesten Tabus

wie etwa der männlichen Impotenz: "Mit Herrn Krüger stimmt was nicht!" taufte sie ihr "ärztliches Beratungsheft", das nicht nur das Problem beim Namen nannte, sondern gleichzeitig Produkte bewarb, die Abhilfe schaffen sollten.

"Orgas-Muse": So lautete einer der Spitznamen, den die Presse Beate Uhse gab. Das Bild stammt aus dem Jahr 1962. In diesem Jahr, kurz vor Weihnachten, eröffnete die Geschäftsfrau in Flensburg ein "Fachgeschäft für Ehehygiene". Der in den Medien als "erster Sex-Shop der Welt" gefeierte Laden fand weltweit Beachtung, selbst Zeitungen wie die "New York Times" schrieben über das bahnbrechende Geschäft.

Pralinen gegen Sexfrust: Mit Präparaten wie den "Hona-6-Bonbons", "Amortin" und "Nous Deux Spezial-Pralinen" versuchte Beate Uhse, Antriebsarmut und sexuelles Desinteresse vieler Paare aus den deutschen Betten zu vertreiben.

"Goldige Jugend:" Von circa 1958 stammt diese Werbung für "Akt-Fotografie". Damals waren die erotischen Bilder ein heikler Artikel, den die Staatsanwaltschaft in Flensburg mit besonderer Hartnäckigkeit prüfte, wie Beate Uhse in ihrer Autobiographie schreibt: Nackte mit "lockendem Lächeln" etwa seien strafbar gewesen, weil sie den Tatbestand der "Aufforderung zur Unzucht" erfüllten, so die Unternehmerin.
Dabei trugen die Fotoserien trugen eher unschuldige Namen wie "Renate im Wald", "Wilde Ariadne", "Goldige Jugend" oder "In Wald und Heide". Zehn Farbdias konnten für 19,50 D-Mark bestellt werden.

Per Schaum zum Glück: Mit dieser Zeichnung einer schönen Nackten warb Beate Uhse 1958 für "Ariadne H6: das vollendete Sex-Appeal-Bad".
Die blumigen Texte zu den Artikeln schrieb die Unternehmerin in den Gründerjahren meist selbst. Den "spezifischen und belebenden" Badezusatz pries sie mit folgenden Worten an: "Im weich perlenden Schaumbad ergreift Sie ein neues, erregend umschmeichelndes Gefühl

und ein vom Alltag abgespannter Mensch verwandelt sich in eine strahlende, begehrenswerte Geliebte oder einen charmanten, vitalen Mann. Zu haben war das Wunderschaumbad "Ariadne H 6" für 6,80 D-Mark.

"Hilfe und Freude bringen": Auf 32 Seiten bewarb dieser von Beate-Uhse-Katalog von 1952 diverse "Hygiene-Artikel".
Unter der Überschrift "Hilfe und Freude bringen" verriet Beate Uhse auf der letzten Seite, wie sie zu diesem Geschäft kam: "Die zufällige Begegnung mit einem Arzt, der mir eines Tages von den ewig wiederkehrenden Sorgen berichtete, die ihm in seiner täglichen Praxis begegneten, gab mir den Anstoß, ratsuchenden Ehepaaren zu helfen."

Neue Lieferung: Mit dem Kommentar "Gerade ist eine neue Lieferung vom Drucker angekommen" ist dieses Foto von 1954 im Beate-Uhse-Firmenalbum versehen, das im Keller der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg lagert. Per Hand falteten diese beiden Frauen die Werbekataloge und packten sie in die Briefumschläge.
Um Porto zu sparen, fuhr Beate Uhse in den fünfziger Jahren zum Teil wochenlang mit ihrem Kleintransporter "Opel Blitz" durch Deutschland und gab die Broschüren bei den lokalen Postämtern auf - so fiel nur das Ortsporto von zehn Pfennig an.

Lustmacher in Tablettenform: Begehrt waren auch diese Erotin-Dragees, mit denen die von Arbeit und Alltag erschöpften Männer ihren sexuellen Appetit anregen sollten. Käuflich in der handlichen Schachtel für 7,20 D-Mark. Doch auch

Präparate wie "Erosex", "Sanursex" oder "Antipraecox", die für ein möglichst langes Liebesspiel sorgen sollten, wurden bei Beate Uhse gern bestellt.

"Perlon-Erotik": Mit dem Slogan "Pariser Charme für glückliche Nächte!" bewarb Beate Uhse das Wäschestück namens "Rebecca" - ein schwarzes Perlonkleid, das an der Seite tiefe Einblicke gewährte, während ...

das Modell "Moonlight" noch weniger der Phantasie des Mannes überließ.

Herrensilber: Einer der Beate-Uhse-Lustmacher für den Mann trug den klingenden Namen "Herrensilber", während die "Kraftbonbons" gleich beide Partner mit neuer Energie beflügeln sollten.
"Schön begonnene Stunden harmonisch zu vollenden - wünschen wir uns das nicht alle?", hieß es in der Werbung für Anregungsmittel, die, so das Versprechen, "die fehlende Bereitschaft des Partners, den Gleichklang der Sinne" herbeizuzaubern vermochten.

"Liebe ohne Furcht:" Zu beliebten Produkten der frühen Beate-Uhse-Ära zählten auch die sogenannten Aufklärungsbücher und Ehe-Ratgeber. Ein Klassiker war etwa dieses Werk des Mediziners Eustace Chesser, das den Untertitel "Psychologie und Praxis der Liebe" trug.

Dankeschön an Frau Beate: Eines der Paare, dem Beate Uhse aus der sexuellen Patsche geholfen hatte, legte seinem Dankesbrief ein Foto bei, das die Liebenden in heimelig-trauter Pose zeigt. Foto und Brief ("Dass wir aber wieder so glücklich sind, haben wir einzig und allein Ihnen zu danken") druckte Beate Uhse später als Werbung ab.

Gründerkapital? Fünf Pfund Butter! Beate Uhse, 1919 in Ostpreußen geboren, wurde als Heranwachsende von ihrer Mutter, der Landärztin Margarete Köstlin, genau aufgeklärt. Dieses Wissen gab die junge Frau nach dem Zweiten Weltkrieg weiter.
Die "Schrift X" bildete die Grundlage ihres Erfolgs. Auf die Idee für die Verhütungsbroschüre von 1946 kam Beate Uhse durch Gespräche mit verzweifelten Frauen im nordfriesischen Örtchen Braderup, in das sie nach kurzer britischer Kriegsgefangenschaft gelangt war. Die Drucklegung der "Schrift X" kostete die Jungunternehmerin fünf Pfund Butter, wie sie in ihrer Autobiografie schreibt.

Sexkatalog auf Bestellung: Ende der fünfziger Jahre wurde per Gerichtsbeschluss die unverlangte Zusendung von erotischem Werbematerial verboten: ein herber Rückschlag für Beate Uhse. Mit der Idee des Gutschein-Briefs schlug sie der Justiz ein Schnäppchen: Statt den gesamten Werbeprospekt frei Haus zu liefern, verschickte sie diese Gutscheine, bei denen ein Coupon zurückgesandt wurde - dann bekam der Kunde den Katalog.