Mussolinis Alpenwall Die "Ich-trau-dir-nicht-Linie"

Der faschistische Diktator Mussolini ließ in den Alpen heimlich ein gigantisches Verteidigungssystem bauen - gegen seinen "Freund" Hitler. Erst jetzt werden dazu die Akten geöffnet.
Von Solveig Grothe
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Panzersperre im Hochmoor bei Reschen: Italien und Hitlers Großdeutsches Reich hatten zeitweise eine gemeinsame Grenze. In Beton eingefasste Holzpfähle mit Metallspitzen sollten ihre Überquerung an dieser Stelle unmöglich machen. Die Relikte gehören zu einem bislang kaum bekannten gigantischen Verteidigungssystem aus dem Zweiten Weltkrieg.

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Italien, kurz vor der Grenze zu Österreich: Eine Panzerkuppel und Abdeckungen von Luftschächten auf einem Fels am Wegesrand - Reste des Alpenwalls.

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"Reichsgrenze": Während die beiden Diktatoren Hitler und Mussolini offiziell ihre Freundschaft beschworen, herrschte bei dem Italiener massives Misstrauen gegenüber dem "Freund" vor.

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Heimlich ließ Mussolini Hunderte Bunker errichten - getarnt im Wald, auf Obstwiesen oder unter der Erde.

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Gänge unterhöhlen das Plateau Plamort im Grenzgebiet nahe dem Reschenpass. Die Bauten gehören zum "Vallo Alpino", dem Alpenwall.

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Die Hochebene hat unvermutete Seiteneingänge - es sind Zugänge zur Verteidigungsanlage Plamort bei Reschen.

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Ein Naturparadies - so kennt man die Alpenlandschaft. Bei genauerer Betrachtung fallen Betonmauern auf: ein Verbindungsgang zwischen den Kampfständen in der Hochebene.

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Ausguck eines Unterstands: Neben Panzersperren und Bunkeranlagen gehörten zur umfangreichen Verteidigungslinie auch Gefechtsstände und ein Netz von Militärstraßen für den Nachschub.

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Die militärischen Anlagen auf dem Plamort verschmolzen mit der Landschaft. Tarnung war den Italienern wichtig.

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Zwischen Bäumen duckt sich ein grauer Hügel mit Schießscharte.

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Fels zum Aufklappen: Die Tarnung war auf kreative Weise der natürlichen Umgebung angepasst, etwa bei den Bunkern an der Etschquelle bei Reschen.

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Wegen des Abbruchs der Bauarbeiten wurde die Tarnung nicht überall vollendet. Unübersehbar thront diese graue Kuppel bei Mals im Vinschgau auf einer Wiese neben einer Apfelplantage.

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Im Inneren ist er noch weit größer, als es von außen scheint: Zweistöckig sind die Bunker meist. Im Untergeschoss waren die Soldatenunterkünfte geplant, oben die Kampfräume.

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Genutzt werden die massiven Relikte - bis auf wenige Ausnahmen - heute kaum: Ein Umbau oder auch nur das nachträgliche Schaffen von Fenstern und Türöffnungen wäre angesichts dreieinhalb Meter dicker Wände extrem aufwendig. Ein Abriss ebenso.

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Selbst in Felswänden verstecken sich Bunker. Sie sind durch Gänge miteinander verbunden, wie bei Mals im Vinschgau.

Foto: Michael Stuerzer
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Im Herbst 1942 gab Mussolini den Befehl zum Abbruch der Arbeiten. Zahlreiche Baustellen blieben unvollendet. Die massive Panzerplatte, die das Loch im Mauerwerk an dieser Stelle verschließen sollte, blieb liegen, wo sie gerade lag.

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Gespenstisch: Diese Bunkeranlage befindet sich unter der Ruine einer Burg aus dem 12. Jahrhundert. Die Tarnung war damit von Anfang an perfekt.

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Im Burgfelsen führen lange Treppen ins Untergeschoss. Im Rohbau sind die Kabelschächte erkennbar.

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Ausgebaut: Unter der Burgruine Straßberg bei Sterzing offenbart sich ein gigantisches Gewölbe.

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Echte oder falsche Felsen? Die Südtiroler Landschaft birgt zahlreiche Geheimnisse. Manchmal stößt man...

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...plötzlich auf eine Tür im Wald. Wo führt sie hin? Das Gelände bei Gossensaß erinnert an das hügelige Auenland von Mittelerde - samt Hobbit-Höhlen.

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Bunkerforscher Heimo Prünster im Wald bei Gossensaß: Der Südtiroler Architekt leitet seit Kurzem das erste Forschungsprojekt zum faschistischen Alpenwall, der im Volksmund die "Ich-trau-dir-nicht-Linie" hieß.

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Ein langer Schacht unter der Grasnarbe: Von außen wirkt der Hügel unscheinbar.

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Im Inneren ist der Bunker in hellem Gelb gestrichen und wirkt wie frisch renoviert - obwohl er schon seit Jahrzehnten im Rohbau verharrt. Die Kabelschächte blieben frei.

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Anders als in der Bunkeranlage zwischen Toblach und Innichen: Hier wurde nach dem Krieg weitergebaut. Im Szenario der Nato-Verteidigung galt das Pustertal als eine der wenigen gangbaren Routen für den befürchteten Durchmarsch der Roten Armee. Mit Unterstützung seiner Verbündeten stellte das italienische Heer diesen Teil des Alpenwalls in den Fünfzigerjahren fertig.

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Die Anlagen wurden mit einem Lüftungssystem ausgestattet. Modernisiert und bewaffnet blieben sie bis zum Ende des Kalten Kriegs gefechtsbereit.

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Anfang der Neunzigerjahre wurden die Bunker vom Militär geräumt. Die zivile Verwaltung Südtirols trennte sich rasch von ihrem Erbe und versteigerte die Objekte.

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Ein als Scheune verkleideter Bunker in Vierschach im östlichen Hochpustertal. Mit ländlicher Holzfassade fügt sich der massige Betonklotz trotz seiner Größe relativ elegant ins Ensemble mit der Pfarrkirche - Letztere ist ein Prunkstück der Tiroler Gotik.

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Das italienische Heer entwickelte differenzierte Methoden, um die markanten Bunkerbauten in der Landschaft verschwinden zu lassen - etwa mit vorgesetzter Fassade, wie hier im unvollendeten Zustand bei Toblach zu sehen.

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Die großen Fenster an der Außenfassade ließen auf ein Wohnhaus schließen - von innen sah die Sache anders aus.

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Dieser noch unverkleidete Bunker auf einem Weinberg bei Eppan ist weithin sichtbar.

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Ein anderes Exemplar tarnt sich fast vollständig zwischen Rebstöcken.

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Die Geschichte des Alpenwalls ist noch weitgehend unaufgearbeitet. Im "Bunker Mooseum" bei Moos in Passeier findet Mussolinis Geheimprojekt Erwähnung - das moderne Museum zur Landschafts- und Siedlungsgeschichte befindet sich direkt in einem Felsenbunker aus den Vierzigerjahren.

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