Comic-Bestseller 2019 Von "Anne Frank" bis "Lady Mechanika"

Sie sind das Lesevolk: Auf Anspruch und Kritikergeschmack ist gepfiffen, diesmal schlägt Kommerz die krude Kunst - und nur der Verkaufserfolg bestimmt, was vorgestellt wird.
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"Das Tagebuch der Anne Frank"
Ari Folman und David Polonsky haben zweifellos gut gearbeitet, trotzdem: Ein Comic (wie auch ein Film) verarbeitet Selbsterzähltes zu etwas Nacherzähltem. Man kriegt also Anne Franks Geschichte, aber eben nicht mehr die Authentizität des Tagebuchs, denn Comic-Zeichnerin war sie nun mal nicht.


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S. Fischer Verlag; 160 Seiten; 20 Euro.
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"Your Name"
Eine Bodyswitch-Geschichte: Auf seltsame Weise finden sich ein Junge und ein Mädchen immer wieder im Körper des anderen. Dazu gibts Mystery und Romantik - nicht neu, aber schön gemischt. Resultat: ein Anime-Filmhit. Egmont bietet hier die naheliegende Manga-Adaption. Gedruckt ist "Your Name" oft arg hölzern, dem Leser wird jede Einsicht in Zeitlupe vorgekaut, und zwar mehrfach.


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Egmont Manga; Band 1-3; je 7,50 Euro
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"Unerschrocken 1+2"
Frauenthemen sind angesagt, siehe Liv Strömquist. In "Unerschrocken" präsentiert Pénélope Bagieu einen Reigen Mut machender Frauenschicksale, jeweils in strenger Panel-Anordnung, fast durchgängig mit ironisierenden Pointen. Das verwundert mitunter, weil diese Form zu Frauen, die morden oder vergewaltigt werden, nicht recht passt. Auch die stets chronologische Aufarbeitung (wurde geboren, machte was, starb) ist auf Dauer fad. Doch die Auswahl ist prima: Ich verdanke "Unerschrocken" etwa die Entdeckung der Band The Shaggs oder der Sängerin Betty Davis.


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Reprodukt; Band 1 + 2; je 24,00 Euro
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"Largo Winch"
Über 20 Bände hat die Abenteurerreihe. Das Rezept: Die Szenarien kommen daher wie 007 anno Roger Moore, als hätte die "Bourne"-Reihe nie existiert. Schnelle Autos, fast nackte Frauen, exotische Orte, oft sehr zweckfreie Brutalität - um das zu mögen, muss man sich die Perspektive eines 15-jährigen "Zack"-Lesers bewahrt haben.


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Schreiber & Leser; Band 1-21; ab 12,95 Euro.
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"Druuna"
Paolo Eleuteri Serpieris "Druuna" ist wie Enki Bilals fantastische Welten - mit Horrorsplatter und zehnfachem Erotik-Anteil. Man sollte jedoch vorher eine Flasche Wodka leeren, um die haarsträubende Story, sowie Serpieris Hang zu plattem Gewaltporno und endlos-redundanten Dialogen auszuhalten. Wer "Druuna" durchblättert wie eine Illustrierte, erhält ansehnliche, auch gruselige Momente, aber: Kann man dem Mann keinen Szenaristen spendieren?


Anzeige Paolo Eleuteri Serpieri: "Druuna"
Schreiber & Leser; Band 1-5; ab 12,95 Euro.
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"The Umbrella Academy"
Der Überhammer, hört man. Netflix habe daher eine Serie draus gemacht. Sorry, ich fand: nur ein Hämmerchen. "Umbrella Academy" eiert unentschlossen zwischen Drama und Parodie. Fürs Drama bringen Gerard Way und Gabriel Bá dem Leser die Charaktere nicht annähernd so nahe wie "Black Hammer". Für eine Parodie fehlen die Pointen. Ich will nicht ausschließen, dass Netflix was Besseres draus macht, aber der Comic ist eher dröge.


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Cross Cult; Band 1-3; je 22,00 Euro.
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"Avatar"
Ja, hat was: Die Heldengeschwister Katara und Sokka kommen in ihre verschneite Heimat zurück, müssen zwischen verschiedenen Welten vermitteln und bestehen actionreiche Abenteuer mit etwas Magie. Gutherziger Charme trifft kindgerechten Witz, das erinnert (auch wegen der Manga-Optik) an "Wickie und die starken Männer" - und ist entsprechend limitiert: Oft sind Szenen so zuckersüß wie Tante Fannys Marmeladenbrote bei den "Fünf Freunden".


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Cross Cult; diverse Formate; ab 7,90 Euro.
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"Lucky Luke sattelt um"
Trotz Klassikerverbot ist Lucky Luke dabei, weil: Mawil. Der Berliner verkauft derzeit doppelt gut, sein "Kinderland" erschien jüngst als Taschenbuch, bei Comics ist das der kommerzielle Adelsschlag. Fahrradfreak Markus Witzel stürzt Luke in eine Beziehungskrise mit seinem Pferd Jolly Jumper - und eine Affäre mit einem Drahtesel. Kein Schenkelklopfer, sondern ein hübsch ausbalanciertes Spiel mit Versatzstücken (der Mann, der sein Fahrrad schneller aufpumpt als sein Schatten). Frech, aber respektvoll.


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Egmont Comic Collection; 64 Seiten; 15,00 Euro.
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"Spirou in Berlin"
Oje, diese Hommage macht mich nicht zum Flix-Fan: Wo Mawil oder Trondheim lustvoll die Klassiker variieren, geht Felix Görmann auf Nummer sicher und ahmt ehrfurchtsvoll, fast schon verschüchtert nach. Ich gebe aber zu, als Fantasio den Graf von Rummelsdorf zur Reise in die DDR drängt: "Berlin ist super. Da gibts keine Nazis mehr" - da habe ich sehr laut gelacht.


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Carlsen Verlag; 64 Seiten; 16,00 Euro.
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"Der Magnet"
Ein Architekturcomic: Student Pierre fährt für seine Abschlussarbeit nach Vals, zur kubistisch-futuristischen Therme von Peter Zumthor. Lucas Hararis Story des introvertierten Jünglings, streng in Blau- und Rottönen erzählt, kippt dann unerwartet ins Fantastisch-Unheimliche. Kühl und stilsicher komponiert - und obendrein ein guter Reisetipp: Die Schweizer Therme gibt es tatsächlich.


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Edition Moderne; 144 Seiten; 32,00 Euro.
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"Maertens"
Fladen-Beleger und Hobby-Krimiautor Maertens wird als Detektiv engagiert, erweist sich als talentlos, löst den Fall aber mit Zufallshilfe. Maximilian Hillerzeder hat hübsche grafische Einfälle und kennt seinen Nicolas Mahler. "Maertens" überzeugt optisch, leidet aber am absurden Humor, der einen kurz vorm Lachen zu oft ratlos zurücklässt.


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Jaja-Verlag; 160 Seiten; 18 Euro
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"When I Am King"
Ursprünglich ein piktografischer Webcomic von Demian 5, der aber weder am PC noch am Smartphone so übersichtlich war wie jetzt gedruckt. Es geht lang und breit um ein Königsmännchen, das oft keine Hose anhat und sich mit einem Kamel herumschlägt. Okay, getretener Quark wird breit, nicht stark - aber dieser Quark ist wenigstens schön.


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Jaja-Verlag; 132 Seiten; 16 Euro
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"Lady Mechanika"
Im bewährten Steampunk-Ambiente rächt und schützt die schwerbewaffnete Titelheldin Menschen mit Maschinenkörperteilen, weil sie selbst dazugehört. Leider quatschen alle Beteiligten endlos langweiliges Zeug. Nichts gegen Joe Benitez' Mix aus Nostalgie, Zukunft und Dekolletés, aber noch gilt das Gebot des heiligen Tuco: "When you have to shoot, shoot. Don't talk."


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Splitter Verlag; Band 1-5; je 19,80 Euro
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