DFB-Blamagen Die schlimmsten Schlappen der deutschen Nationalelf

Autsch! 938 Spiele hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft absolviert, davon 548 gewonnen, sie wurde viermal Welt- und dreimal Europameister. Eine grandiose Bilanz. Aber mit manchen Auftritten (vorn hier die Sportsfreunde Andreas Brehme und Bodo Ilgner 1992, links Jürgen Klinsmann) hat sie sich auch unsterblich blamiert - eine kleine Zeitreise.
0:9 anno 09: Zeitsprung weit zurück - die deftigste von bis heute 200 Länderspiel-Niederlagen setzte es für die DFB-Auswahl in den Kindertagen der "Fußlümmelei", im vierten DFB-Länderspiel am 16. März 1909 in Oxford. Gegen England traf Mittelstürmer Adolf Jäger für Deutschland (gestreifte Jerseys) immerhin einmal das Torgebälk. Und im deutschen Kasten musste Adolf "Adsch" Werner dafür sorgen, dass das Resultat einstellig blieb. Mit seinen sehenswerten Paraden wurde der "Gummimann" von Holstein Kiel zum Publikumsliebling und bekam als Geste der Anerkennung den Spielball geschenkt - nach dem Abpfiff trugen seine englischen Gegenspieler ihn unter dem Jubel der 6000 auf den Schultern vom Platz.

Norwegische Kaperfahrt vor den Augen der Nazis: Als selbsternannter Gold-Favorit unterlag Deutschland im Olympia-Zwischenrundenspiel am 7. August 1936 sensationell Norwegen mit 0:2. 55.000 Zuschauer verfolgten die Blamage, darunter Adolf Hitler, der sich zum ersten Mal in seinem Leben ein Fußballspiel ansah, sowie die Nazi-Führungsriege mit Goebbels, Göring, Frick, Rust, Hess, von Tschammer. Wütend verließ Hitler vorzeitig das Berliner Poststadion. Wäre er doch zum Polo gegangen, wie es sein Programm vorsah. Oder zum Rudern, wie er es ursprünglich wollte. Die Niederlage war der Anfang vom Ende für Reichstrainer Otto Nerz, der als Sündenbock herhalten musste - und der Karrierestart von Sepp Herberger als oberster deutscher Fußballlehrer.

Großdeutsches Debakel: Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich, die Annexion des Nachbarn, sollte Trainer Sepp Herberger bei der WM 1938 in Frankreich nach dem Willen der NS-Sportfunktionäre aus beiden Mannschaften eine neue zusammenleimen, mit mindestens fünf Spielern pro Land. Sie waren vom Spielstil her sehr unterschiedlich - hier Österreichs "Scheiberl"-Artisten, dort die deutschen Tempofußballer. Das scheiterte krachend schon im ersten Duell, dem Achtelfinale gegen die Schweiz - so früh flog eine DFB-Auswahl nie zuvor und nie wieder danach aus einem WM-Turnier. Auf dem Foto feiern Schweizer Fans am 9. Juni 1938 in Paris den 4:2-Triumph ihrer "Nati" im Wiederholungspiel; die erste Partie fünf Tage zuvor hatte 1:1 geendet.

Die Klatsche von Basel (vor dem Wunder von Bern): Satte acht Mal musste der Dortmunder Torwart Heinrich Kwiatkowski (Nr. 22) bei seinem Länderspiel-Debüt am 20. Juni den Ball aus dem Netz klauben. Das 3:8 gegen Ungarn im WM-Vorrundenspiel gegen Ungarn 1954 war die bis heute höchste Pflichtspiel-Niederlage einer DFB-Elf überhaupt - und ein von Sepp Herberger bewusst einkalkuliertes Debakel. Der Taktikfuchs schonte in dieser Partie gegen die favorisierten Ungarn einige wichtige Spieler für das Entscheidungsspiel drei Tage später gegen die Türkei. Nach zwei Wochen traf man in Bestbesetzung erneut auf Ungarn - diesmal im legendären Finale im Berner Wankdorfstadion: "Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen..." Er schoss, und Deutschland war erstmals Weltmeister.

Wir gegen uns: Am 22. Juni 1974 kam es in der WM-Vorrunde in der Bundesrepublik zum einzigen A-Länderspiel zwischen beiden Deutschlands. Die DDR gewann den "Systemvergleich" im Hamburger Volksparkstadion durch Jürgen Sparwassers Tor mit 1:0. "Wenn auf meinem Grabstein später nur 'Hamburg 1974' stehen würde, wüsste jeder, wer darunter liegt", kommentierte der Magdeburger Schütze seinen historischen Treffer später. Eine heilsame Niederlage für die DFB-Auswahl, die als Tabellenzweiter die leichtere Zwischenrunden-Gruppe erwischte. Zudem veränderte Bundestrainer Schön nach der Pleite erfolgreich die Aufstellung. Am Ende stand der der 2:1-Finaltriumph über die Niederlande.

Die Schmach von Córdoba: Bei der WM in Argentinien war Österreich bereits ausgeschieden. Und kickte am 21. Juni 1978 im letzten Gruppenspiel der zweiten Finalrunde Titelverteidiger Deutschland durch einen 3:2-Sieg aus dem Turnier (Foto: Hans Krankls Treffer zum 2:1 gegen Torwart Sepp Maier und Verteidiger Rolf Rüssmann). ORF-Reporter Edi Finger erlangte Kultstatus mit dem berühmt gewordenen Ausruf "I wer' narrisch!" und minutenlangen Tor-Schreien. DFB-Verteidiger Manfred Kaltz lästerte später Richtung Alpen: "Die träumen doch heute noch davon. Sie haben ein Spiel gewonnen. Und was hat es ihnen gebracht? Gar nichts! Ich glaube, sie haben das Spiel nie verkraftet."

Grottenkick auf Malta: Im EM-Qualifikationsspiel am 25. Februar 1979 erreichte Deutschland auf dem Hartplatz des Stadions in La Valetta nur ein 0:0 gegen die Amateurkicker von der Mittelmeerinsel. Kaum Chancen, wenig Spielfluss - Neu-Bundestrainer Jupp "Silberlocke" Derwall schimpfte auf die schlechten Platzverhältnisse: "Das ist doch dasselbe, als müsste Picasso seine Gemälde auf Tapete malen."

Die Pleite von Gijon: Auftaktspiel der WM 1982 in Spanien - völlig überraschend verlor Europameister und Mitfavorit Deutschland am 16. Juni gegen den krassen Außenseiter Algerien. DFB-Kapitän Karl-Heinz Rummenigge hatte die Führung der Nordafrikaner durch Rabah Madjer ausgeglichen. Doch dann erzielte Lakhdar Belloumi, Afrikas Fußballer des Jahres, postwendend den 2:1-Siegtreffer (Foto, gegen Torwart Toni Schumacher und Verteidiger Karlheinz Förster).

Die Schande von Gijon: Die Blamage neun Tage war noch schlimmer. Das letzte Vorrunden-Duell gegen Österreich ging als Skandalspiel in die WM-Geschichte ein. Tags zuvor hatte Algerien 3:2 gegen Chile gewonnen. Nun reichte beiden Mannschaften eine knappe österreichische Niederlage zum gemeinsamen Weiterkommen. Früh erzielte Horst Hrubesch das Führungstor, schon war das "Wunschergebnis" erreicht. Es folgten 80 quälend lange Minuten beschämenden Ballgeschiebes. Durch diesen Nichtangriffspakt schied das algerische Team aus, die Anhänger winkten auf den Tribünen verbittert mit Geldscheinen als Zeichen für ein gekauftes Match.

Irre! Zwei Niederlagen gegen Nordirland: Karl-Heinz Rummenigge, Gerd Strack und Hans-Peter Briegel (Foto, von links) konnten es nicht fassen. Zum Auftakt der EM-Qualifikation hatte Deutschland am 17. November 1982 in Belfast verloren. Und verlor nun auch das Rückspiel fast auf den Tag genau ein Jahr später, am 16. November 1983 in Hamburg, mit demselben Resultat. "Derwall raus"-Rufe und Forderungen nach dem HSV begleiteten die schwache Vorstellung. Das Ticket für die EM-Endrunde 1984 in Frankreich geriet in ernsthafte Gefahr und das letzte Qualifikationsspiel vier Tage später gegen Albanien zu einer echten Zitterpartie, die erst in den Schlussminuten ihr glückliches Ende fand.

Oranje boven: Noch eine bittere Heimpleite im Hamburger Volksparkstadion. Das EM-Halbfinale vom 21. Juni 1988 war nicht wirklich ein Heimspiel für Deutschland. Oranje dominierte das Geschehen auf dem Platz, aber auch lautstark und sangesfreudig das auf den Rängen. Spielentscheidend war das Duell zwischen Marco van Basten und Jürgen Kohler. Der Stürmer holte gegen den Verteidiger zunächst den Elfmeter zum niederländischen Ausgleich heraus und war auch kurz vor Abpfiff einen Schritt schneller, als er zum 2:1-Sieg traf. Für die Niederlande war es die erfolgreiche Revanche für die Niederlage im WM-Finale 1974.

Ferienkicker besiegen Weltmeister: Bei der Europameisterschaft 1992 rückte Dänemark im letzten Moment für Jugoslawien ins Turnier. Und schaffte es unbekümmert vom Strandkorb auf den EM-Thron von Göteborg. Im Finale am 26. Juni demütigte das Team von Trainer Richard Møller Nielsen die Deutschen und zündete zwei Böller ihres unwiderstehlichen "Danish Dynamite" (Foto: Kim Vilforts Treffer zum 2:0-Endstand). Durchs Ullevi-Stadion und später auch vom Kopenhagener Rathaus-Balkon schallten die höhnischen Sprechchöre: "Deutschland, Deutschland, alles ist vorbei!"

Abflug: Icke gegen Letsche. 1,66 Meter gegen 1,86 Meter. Ein ungleiches Kopfballduell, es entschied das WM-Viertelfinale am 10. Juli 1994 in New York - hier erzielt Jordan Letschkov das 2:1 gegen Thomas Häßler. Für Titelverteidiger Deutschland war die WM vorbei. Zuvor hatte der scheidende Teamchef Franz Beckenbauer im WM-Jubel von 1990 gesagt, nach der Wiedervereinigung werde die deutsche Nationalmannschaft "über Jahre hinaus unschlagbar" sein - zu schweres Gepäck im Rucksack seines Nachfolgers Berti Vogts.

Der Anfang vom Ende in Lyon: Das WM-Viertelfinale am 4. Juli 1998 prägten verbissene Zweikämpfe, vor allem zwischen Deutschlands Verteidiger Christian Wörns (rechts) und Kroatiens Stürmer Davor Suker. In der 40. Spielminute sah Wörns Rot für einen rustikalen Vollspann-Tritt. In Unterzahl verlor die DFB-Auswahl klar mit 0:3. Das schwache Bild rundete danach Bundestrainer Berti Vogts ab und spann Verschwörungstheorien als ganz schlechter Verlierer: "Vielleicht sind wir der Fifa ja zu erfolgreich geworden!"

Zweitklassig: Fassungslosigkeit am 20. Juni 2000 in Rotterdam. Die Portugiesen hatten sich bereits vor dem letzten Gruppenspiel für die K.o.-Runde der EM qualifiziert. Ihre B-Elf verpasste den Deutschen eine Lehrstunde in Spielwitz, Tempo, Technik. Das deutsche Elend bekam einen Namen: Beim 3:0 erzielte Sérgio Conceição alle Tore (im Bild das erste, sein Kopfball gegen Oliver Kahn). Was für ein trauriges 150. und letztes Länderspiel für Rekordnationalspieler Lothar Matthäus.

Deftige Rache für Wembley: Im Hinspiel der WM-Qualifikation hatte Dietmar Hamann die Engländer mächtig geärgert. Er gab den Partyschreck, als er beim feierlichen "Final Whistle" im alten Wembley-Stadion zum 1:0-Auswärtssieg traf: letztes Tor vorm Abriss der ehrwürdigen Arena. Aber im Rückspiel am 1. September 2001 bissen die "Three Lions" kräftig zurück und gaben den Deutschen eine 1:5-Klatsche mit - höchste Heimniederlage der DFB-Auswahl seit dem zweiten Weltkrieg.

Wutrede mit ohne Weißbier: Erst dieses trostlose 0:0 am 6. September 2003 in der EM-Qualifikation auf Island. Dann auch noch kritische Sätze von Günter Netzer und Gerhard Delling im TV-Studio der ARD. Da platzte dem DFB-Teamchef der Kragen: "Ich kann diesen Käse nicht mehr hören nach jedem Spiel, in dem wir kein Tor geschossen haben, dann ist noch ein tieferer Tiefpunkt erreicht. Das ist das Allerletzte", rohrspatzte Rudi Völler sich in die Herzen vieler Zuschauer. In seinem Zorn attackierte er Moderator Waldemar Hartmann gleich mit: "Du sitzt hier locker auf deinem Stuhl, hast drei Weizenbier getrunken und bist schön locker." Völlers Ausbruch konnte "Waldi" Hartmann locker verschmerzen; anschließend kam er per Werbevertrag mit einer großen Brauerei in den Genuss einer "Privatrente".

Freud-, orientierungs- und ideenlos: Europameisterschaft 2004 - schon Ende April, kurz vor dem Turnier, hatte Deutschland Ruf und Selbstvertrauen beim desaströsen 1:5 gegen das nicht für die EM qualifizierte Rumänien ruiniert. Bei den Spielen in Portugal wurde es nicht besser. Kein Sieg, nicht einmal gegen Underdog Lettland (im Foto: Frank Baumann), erneutes Vorrunden-Aus nach einer Niederlage gegen eine B-Elf, diesmal die aus Tschechien. Danach trat Rudi Völler als DFB-Teamchef zurück.

Horrorshow vor dem Sommermärchen: Puh! Nachdenklich bis entsetzt verfolgten die DFB-Trainer Jürgen Klinsmann (2. von rechts) und Joachim Löw (Mitte) am 1. März 2006 den desolaten Auftritt ihrer Spieler beim 1:4 gegen Italien. Das Testspiel in der Toskana ließ wenig Gutes erahnen, beim DFB diskutierte man sogar über eine schnelle Ablösung des Trainerteams. Es kam dann ganz anders - begeisternder Fußball bei der WM dahoam.

Vier gewinnt... nicht! Am 16. Oktober 2012 im Berliner Olympiastadion verzeichnete das Deutsche Fußball-Bund das 868. Länderspiel, es wurde eines der spektakulärsten. Fast wie im Rausch schoss die Mannschaft in diesem WM-Qualifikationsspiel einen Vorsprung heraus, 4:0 nach 56 Minuten. Und brach dann komplett ein. Schweden schlug furios zurück und kam durch Ibrahimovic (62.), Lustig (64.), Elmander (76.) und Elm (90.+3, Foto) noch zum Ausgleich. Ein mitreißender Fußballabend.

Und natürlich das Drama von Tirana: Zum ersten, aber auch zum einzigen Mal vergeigte die deutsche Nationalelf 17. Dezember 1967 eine EM-Qualifikation. Torlos gegen Albanien, ausgeschieden, dabei hätte ein winziges Törchen genügt. Den Spielern ist dieses Debakel bis heute peinlich.