DFB-Einzelkritik Die Zeugen Balotellis

Manuel Neuer (Torwart, FC Bayern): Der Münchner kassierte zwei Gegentore - wie gegen Griechenland. Aber diesmal erheblich folgenreicher. Bei italienischen Fernschüssen war er sicher, bei den Treffern wurde er von seiner Abwehr komplett im Stich gelassen. Es war ein gutes Turnier des Münchners. Er war an allen Gegentoren, die er kassierte, schuldlos. Es wird ihn wenig trösten.

Philipp Lahm (Abwehr, FC Bayern): Das war nicht das beste Länderspiel des Kapitäns. Beim 0:2 hob er das Abseits auf, seine Vorstöße nach vorne wurden von den clever verteidigenden Italienern frühzeitig unterbunden. Er hatte viel Platz und machte viel zu wenig daraus. Seine linke Abwehrseite hielt er jedoch weitgehend dicht. Kurz nach dem Wechsel hatte er den Anschlusstreffer auf dem Fuß.

Holger Badstuber (Abwehr, FC Bayern): Man wollte dies nach all den souveränen Vorstellungen in diesem Turnier gar nicht mehr glauben - aber die deutsche Innenverteidigung hat gegen Italien richtig Lehrgeld bezahlt. Die Stürmer Cassano und Balotelli waren an diesem Abend für den Bayern-Abwehrspieler zu abgezockt. Beim ersten Tor kam Badstuber zu spät gegen Balotelli, beim zweiten Tor war er lediglich irgendwo in der Ferne zu sehen.
Vassil Donev/ dpa

Mats Hummels (Abwehr, Borussia Dortmund): Der Dortmunder war überragend - bis zu diesem Abend. Zu Spielbeginn gewohnt bärenstark im Zweikampf. Dann ließ er sich von Cassano vor dem ersten Gegentor abkochen. Und sah plötzlich aus wie ein Novize. Man hätte nicht gedacht, dass ihm das noch passiert.

Jérôme Boateng (Abwehr, Bayern München): Er versuchte viel nach vorne, seine Flanken waren gefährlich, aber auch er hatte in der Defensive seine Schnitzer. Den Italienern war es eine Wonne, sich über seine Seite durchzuspielen. Baute in der zweiten Halbzeit noch weiter ab und wurde in der 70. Minute ausgewechselt.

Sami Khedira (Mittelfeld, Real Madrid): Der Real-Mittelfeldmotor war der beste Deutsche bei diesem Turnier. Aber auch er fiel gegen die Italiener leicht ab. Er versuchte sich als Antreiber, prüfte Italiens Keeper Gianluigi Buffon mit Distanzschüssen. Dennoch nicht so dynamisch wie im Turnierverlauf. Er traf aber auch auf ein ungeheuer massiv stehendes defensives Mittelfeld.

Bastian Schweinsteiger (Mittelfeld, Bayern München): Der Münchner sollte das Turnier schleunigst abhaken und sich um die vollständige Gesundung seines Sprunggelenks kümmern. Erneut kamen wenige Impulse von dem 27-Jährigen. Der Bundestrainer hat ihm keinen großen Gefallen getan, ihn durchgehend aufzustellen.

Toni Kroos (Mittelfeld, Bayern München): Der Münchner sollte der Überraschungscoup in Löws Taktik sein und Italiens Spiritus Rector, Andrea Pirlo, ausschalten. Man muss es ganz klar sagen: Das ging schief. Kroos gab dem deutschen Spiel keine Impulse, und Pirlo konnte trotzdem seine Pirouetten drehen. Der Bundestrainer hatte bisher alles richtig gemacht, mit Kroos traf er eine Fehlentscheidung. Mit Folgen.

Mesut Özil (Mittelfeld, Real Madrid): Die Explosion blieb aus. Özil bemühte sich, passte einige Male klug, lief viel, brachte die meisten Impulse aus dem Mittelfeld nach vorne. Es war kein schlechtes Länderspiel. Es war sogar ein gutes. Aber es war kein sehr gutes. Und das hätte es gegen diese Italiener gebraucht. Immerhin cool vom Elfmeterpunkt.

Lukas Podolski (Mittelfeld, noch 1. FC Köln): Ein schwaches Länderspiel des künftigen Arsenal-Profis. Podolski wirkte nach seiner Pause gegen die Griechen unsicher bei der Ballbehandlung, sein Linksschuss kam nicht zur Geltung, er konnte in der Offensive gar keine Akzente setzen. Löw ließ ihn in der Pause in der Kabine. Zu Recht. Podolski wird sich an das Turnier dennoch erinnern. Hier machte er sein Jubiläumsländerspiel.

Mario Gomez (Sturm, Bayern München): Kam nach der Auszeit gegen Griechenland erneut für Miroslav Klose zum Starteinsatz. Er bemühte sich, Räume zu schaffen. Aber er wirkte statisch - wie der Gomez in seinen schlechten Tagen. Blieb ohne Wirkung und ging folgerichtig nach 45 Minuten vom Platz.

Marco Reus (Mittelfeld, noch Mönchengladbach): Der Noch-Gladbacher kam in der zweiten Halbzeit für Podolski in die Partie und sorgte erst einmal für frischen Wind. Aber die Italiener sind nun mal keine Griechen. Was gegen den Viertelfinalgegner noch an Dribblings und No-look-Pässen bei ihm funktionierte, unterbanden die italienischen Defensivstrategen humorlos. Er hatte allerdings eine starke Freistoßsituation - das kennt man von Reus eigentlich gar nicht.

Miroslav Klose (Sturm, Lazio Rom): Der Italien-Profi sollte gegen die Azzurri in der zweiten Halbzeit retten, was es noch zu retten gab. Es gab aber nichts mehr zu retten. Klose bleibt auch bei seinem sechsten Turnier titellos. Wenn es um einen richtig leid tut, dann um den Römer. Er wird nicht mehr viele Chancen bekommen, seine Nationalmannschaftskarriere mit einer Trophäe zu krönen. Gegen die Italiener war er glücklos, ackerte, rannte viel, rannte sich auch viel fest.

Thomas Müller (Mittelfeld, Bayern München): Der Bayern-Spieler hat bei diesem Turnier nicht nur seinen Stammplatz eingebüßt. Seine Form hat er auch verloren. Der Torschützenkönig der WM hatte gegen die Italiener allerdings auch nur 20 Minuten Zeit, sie wiederzufinden. Das war in diesem Spiel definitiv zu kurz.