Endloskonflikt in der Ukraine Die Vergessenen vom Donbass

Vier Mal reiste Fotojournalist Till Mayer in den Donbass. Dort entstanden verstörende Bilder der Zerstörung.

Vor 100 Jahren endete der Erste Weltkrieg. Heute ziehen sich wieder Schützengräben eines Stellungskriegs durch Europa. Doch der Konflikt im Osten der Ukraine scheint weitgehend vergessen zu sein.

Ende Oktober führte ihn seine vierte Reise in die Stellungen von Luhansk. Die Soldaten haben sich dort eingegraben. Der Konflikt war 2014 ausgebrochen, als Russland die ukrainische Halbinsel Krim annektierte. Wenig später standen sich ukrainische Soldaten und prorussische Milizen im Osten des Landes gegenüber. Vor allem die Donbass-Region ist umkämpft. Bisher wurden mehr als 10.000 Menschen getötet

Der Herbst bringt Kälte, Regen und eine regelrechte Schlammschlacht für die Soldaten. Der Panzer wirft gewaltige Erdbrocken in die Luft, wenn die Fahrt startet.

Die Wolken reißen auf, die Sonnenstrahlen scheinen auf ein beklemmendes Szenario.

Ein Soldat in seinem Schützengraben: Vor allem nachts wird geschossen, dann bellen die Maschinengewehre.

Viele Soldaten halten Katzen in ihren Unterkünften. Die Tiere sind Maskottchen, helfen gegen Ratten und lenken die Kämpfer ein wenig vom tristen und bedrohlichen Kriegsalltag ab.

Bisweilen wirken die Fotos auch bizarr: Der Soldat hält eine Schaufensterpuppe ohne Unterleib im Arm. Ein Kugelfang, der feindliche Scharfschützen täuschen soll.

Olesya wurde im Sommer für eine Reportage interviewt. Die junge Soldatin hatte einen Plan für die Zeit nach dem Krieg, wollte studieren. Im Herbst hat ein Granateneinschlag sie getötet. Olesya wurde 19 Jahre alt.

Mehrere Tage verbringt Till Mayer im Januar im Frontabschnitt Promka. Die Soldaten müssen Temperaturen von bis zu minus 20 Grad ertragen.

Versteinerte Gesichter: Erst 21 Jahre ist dieser Soldat alt. Trotzdem kämpft er schon seit drei Jahren. Die Veteranen wieder in das zivile Leben zu integrieren, wird eine gewaltige Herausforderung für die ukrainische Gesellschaft.

Auch das Leiden der Zivilbevölkerung dokumentiert Till Mayer. Ein Gemüsekeller dient in dem Dorf Kamyanka als Bunker, wenn Granaten von der nahen Front einschlagen. Fast nur noch alte Menschen leben in dem Dorf, die Jungen sind geflohen.

Ein Psychologenteam des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz hilft den alten Menschen in Kamyanka, wieder ein wenig Mut zu finden.

Die Hälfte der Bewohner der Stadt Awdijiwka ist vor dem Konflikt geflohen. In den Vororten wird trotz Waffenstillstand fast täglich gekämpft. Die Bewohner sind den Lärm des Kriegs gewohnt. Die Blocks der Kombinatsstadt werfen ein Echo, wenn Granaten vor der Stadt detonieren.

In Butovka, einer Stellung der Ukrainischen Armee nahe Donezk, haben die Kämpfe eine ehemalige Kohlemine völlig zerstört.

Viele der Aufnahmen wirken wie aus einer anderen Welt. Dabei ist die Ukraine ein Nachbarland der Europäischen Union.

In "Dunkle Reisen" hat Till Mayer seine Eindrücke und Aufnahmen gesammelt. Das Buch ist im Erich-Weiß-Verlag erschienen.