Fotograf in Auschwitz Die Bilder der Toten

Wilhelm Brasse überlebte Auschwitz, indem er seine Mithäftlinge fotografierte. Rund 38.000 Bilder des Lagerfotografen konnten bei der Befreiung des KZ im Januar 1945 gerettet werden.
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Der Fotograf von Auschwitz: Das Foto zeigt Wilhelm Brasse im Jahr 2009 im Alter von 91 Jahren. Brasse präsentiert seine Fotos in seinem Haus im südpolnischen Zywiec. 38.000 seiner Aufnahmen als Lagerfotograf konnten bei der Befreiung des KZ für die Nachwelt gerettet werden. Am 23. Oktober 2012 starb Wilhelm Brasse. Zeit seines Lebens fühlte er sich dem Thema Erinnerung verpflichtet.

Foto: BARTEK WRZESNIOWSKI/ AFP
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Unvergessen: An die erst vierzehnjährige Polin Czeslawa Kwoka erinnerte sich Brasse noch genau. Sie habe bei der Aufnahme in seinem Studio noch gar nicht recht begriffen gehabt, wo sie angekommen sei. Eine Aufseherin schlug sie unmittelbar vor dem Foto mit einem Stock, ihre Lippe blutete. Trotzdem spiegeln ihre Augen noch Stolz und Unglauben.

Foto: AP/ Auschwitz Museum
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Hochzeit in Auschwitz: Wilhelm Brasse nahm im Lager auch eine Hochzeitsfotografie im Auftrag der Nazis auf. Am 18. März 1944 heirateten der Funktionshäftling Rudolf Friemel und Margarita Ferrer im Lager Auschwitz-Birkenau. In der Mitte ist ihr kleiner Sohn "Edi", Edouard, zu sehen. Die Hochzeitsnacht durfte das Paar gemeinsam im Lager verbringen. Anschließend reiste Margarita Ferrer zurück nach Wien. Er blieb in der Funktion eines "Ober-Kapo" in Auschwitz zurück.

Foto: AP/ Auschwitz Museum
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Nervöser Mörder: Maximilian Grabner war ein gefürchteter SS-Mann. Er war Chef der politischen Abteilung. Als Brasse ihn porträtierte, wusste er genau, wen er da vor sich hatte und dass es ein gutes Foto werden musste. Brasse sprach mit ihm, wie mit dem Kunden eines Fotostudios: "Bitte nehmen Sie Platz, und bitte, seien Sie doch nicht so nervös." Sein Chef der Oberscharführer Walter soll dabei vor Angst gezittert haben. Denn das Leben seines Fotografen war in Gefahr. Brasse rät Grabner, an die Alpen zu denken, seine Heimat. Der Fotograf später: "Auf diesem Bild sieht er menschlich aus, seine Augen haben einen anderen Ausdruck als auf den Bildern, die wir kennen, auf denen man die harten Augen eines Mörders sieht, der er ja wirklich war."

Foto: AP/ Auschwitz Museum
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Keine Namen, nur Nummern: Nicht alle Häftlinge, deren Fotos erhalten blieben, sind namentlich bekannt. Zum Lagererkennungsdienst, der sie von vorne, im Profil und von der Seite ablichtete, kamen sie nur mit einer Nummer.

Foto: AP/Auschwitz Museum
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Freiwillig im KZ: Unter den Häftlingen, die Brasse für den Lagererkennungsdienst fotografierte, war auch Witold Pilecki. Pilecki war Mitbegründer der geheimen polnischen Armee. Er hatte den Plan, sich nach Auschwitz einschleusen zu lassen und aus dem Inneren einen Widerstand zu organisieren. So ließ er sich von den Deutschen festnehmen. Es gelang ihm, Nachrichten aus dem Lager zu schleusen. Doch als er merkte, dass die Alliierten nicht wie erhofft halfen, entschied er sich zur Flucht. Diese glückte und ging in die Lagergeschichte von Auschwitz-Birkenau ein. Es gelang Pilecki, Dokumente der Deutschen zu entwenden. Draußen spielte er die Informationen über das Lager der Heimatarmee und den Alliierten zu.

Foto: AP
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Wiedererkannt: Brasse versuchte, wenigstens die kurze Zeit, die sich die verängstigten Häftlinge in seinem Studio aufhielten, für sie mit Würde zu gestalten. Diese Fotos zeigen Rozalia Kowalczyk. Ihre Aufnahme wurde später von Überlebenden identifiziert.

Foto: Auschwitz Museum
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Drei Minuten: Zwischen 40.000 und 50.000 "polizeiliche Aufnahmen" anderer Häftlinge musste Brasse für die Nazis fotografieren. Für die drei Aufnahmen jedes Häftlings - frontal, im Profil und mit Kopfbedeckung - hatte er drei Minuten Zeit.

Foto: AP/Auschwitz Museum
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Risiko: Manchmal konnte Brasse einem Häftling ein beruhigendes Wort sagen, aber jede Hilfe war für ihn selbst mit Todesgefahr verbunden, wenn die "Kapos", die beaufsichtigenden Funktionshäftlinge, auf ihn aufmerksam wurden.

Foto: AP/Auschwitz Museum
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Kleine Gesten: Manchmal konnte Brasse jemandem eine Zigarette zustecken - die Männer, die im Fotostudio arbeiteten, genossen Privilegien.

Foto: Auschwitz Museum
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Sadist mit freundlichem Lächeln: Die Fotografie zeigt SS-Oberscharführer Wilhelm Boger. Nach Boger war im KZ Auschwitz ein Folterinstrument benannt, die sogenannte Bogerschaukel. Boger nannte sie die "Sprechmaschine". Der Häftling wird beim Verhör kopfüber und in den Kniekehlen baumelnd an der Stange aufgehängt. Diese Aufnahme machte einer von Brasses Kollegen.

Foto: KURT STRUMPF/ Associated Press
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"Höflich" und "liebenswürdig": Ein Porträt des deutschen Arztes Josef Mengele, das Wilhelm Brasse aufgenommen hat. Der junge Humangenetiker Mengele experimentierte mit Zwillingen, Kleinwüchsigen, Sinti und Roma. Wilhelm Brasse musste ihn fotografieren. Dabei fiel ihm auf, wie höflich, ja geradezu freundlich der Arzt mit dem Gesicht eines Buben zu ihm war.

Foto: AP
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Der Lagerkommandant von Auschwitz: Das Foto zeigt den SS-Mann Richard Baer, Kommandant in Auschwitz ab Mai 1944. Auch er wurde von Wilhelm Brasse porträtiert. Der Fotograf betonte dessen scharfe Gesichtszüge, indem er starke Lampen aufstellte. Baer war mit seinem Porträtfoto zufrieden. Brasse hatte es auch retuschiert, um ein gefälliges Ergebnis zu erzielen.

Foto: AP
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Vor dem Krieg: Der Fotograf Wilhelm Brasse im Selbstporträt von 1938. Der politische Häftling des Lagers Auschwitz-Birkenau wurde Fotograf des Lagererkennungsdienstes. Durch seinen Beruf überlebt er das Lager.

Foto: Auschwitz Museum
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Tor zur Hölle: Das Lagertor des Konzentrationslagers Auschwitz. Den gusseisernen Spruch hat ein Häftling geschmiedet, einer, dessen Beruf den Nazis nützlich erschien - wie bei Brasse.

Foto: epa pap Jacek Bednarczy/ dpa
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Ankunft am Ende: Neu angekommene Häftlinge müssen auf der Todesrampe von Auschwitz Aufstellung nehmen - links Frauen und Kinder, rechts Männer. Der Fotograf dieser Aufnahme, die Ende Mai 1944 entstand, war der SS-Mann Bernhard Walter.

Foto: dpa
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An der Rampe: Eine Gruppe von Häftlinge bewegt sich auf dieser undatierten Aufnahme zum Krematorium im KZ Auschwitz, nachdem sie an der Todesrampe hatte Aufstellung nehmen müssen.

Foto: dpa
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