Aus den Anfängen der Bildbearbeitung Lincolns Kopf und Calhouns Körper

Im Digitalzeitalter geben Fotos keineswegs immer die Wirklichkeit wieder. Doch auch schon kurz nach Erfindung der Fotografie wurde kräftig manipuliert - indem man Köpfe und Körper austauschte oder sogar Hinrichtungsszenen mit Schauspielern nachstellte.
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Gestellte Szenen: Mord und Totschlag mutete der Fotograf Eugène Appert den Betrachtern seiner Bildserie "Verbrechen der Commune" zu. Allerdings sind die Szenen von Schauspielern nachgestellt und von Appert anschließend zusammengesetzt worden. Die Gesichter der Statisten ersetzte er durch die von Anhängern der Kommune. Das von Regierungstruppen an Kommunarden 1871 verübte Massaker setzte er dagegen nicht in Szene.

Foto: Joyce F. Menschel Photography Library Fund
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Hoch zu Ross: Stolz blickt General Ulysses S. Grant vom Pferderücken in die Kamera. Die Aufnahme zeigt den späteren US-Präsidenten während des amerikanischen Bürgerkriegs bei der Belagerung von Petersburg in Virginia, die im Juni 1864 begann. Allerdings hat niemals ein Fotograf Grant in dieser majestätischen Pose abgelichtet. Das Foto ist eine Montage aus drei verschiedenen Aufnahmen.

Foto: Library of Congress
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Grants Kopf stammt von dieser Fotografie, der menschliche Körper...

Foto: Library of Congress
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...und das Pferd gehören eigentlich General Alexander McDowell McCook. Der dramatische Hintergrund...

Foto: Library of Congress
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...wiederum entstammt dieser Fotografie. Das Bild zeigt gefangene Soldaten der Konföderation bei der Schlacht von Fisher's Hill im Shenandoah Valley im September 1864. Grant hatte mit dieser Kampfhandlung nichts zu tun.

Foto: Library of Congress
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Gruppenbild ohne Reiter: Drei Pferde bevorzugte General Grant zum angeblichen Aufnahmezeitpunkt des Ursprungsfotos: Egypt, Cincinnati und Jeff Davis (von links nach rechts). Keiner der drei Vierbeiner stimmt allerdings vollkommen mit dem Reittier überein, auf dem der General auf seinem heroischen Foto Platz genommen hat.

Foto: Library of Congress
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Stolze Pose: Auf diesem Bild posiert der amerikanische Präsident Abraham Lincoln in staatsmännischer Haltung. Leider ist nur Lincolns Kopf authentisch. Die restliche Szene...

Foto: Library of Congress
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...zeigt in Wirklichkeit den Politiker John C. Calhoun, der mehr als zehn Jahre vor Lincolns erster Präsidentschaft starb. Wahrscheinlich entstand die Fälschung nach Lincolns Ermordung 1865 im Zuge der Glorifizierung des ermordeten Staatsoberhaupts. Als Ironie der Geschichte montierte man den Kopf des Sklavenbefreiers Lincoln ausgerechnet auf den Körper des Sklavereibefürworters Calhoun.

Foto: Library of Congress
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Termin verpasst: Um 1865 versammelte Bürgerkriegsgeneral William T. Sherman seine Befehlshaber zum Gruppenfoto. Abwesend war General Francis P. Blair, doch später war er doch auf dem berühmten Foto zu finden. Kurzerhand...

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...montierte ein Fotograf den General ganz rechts sitzend dazu.

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Familienaufmarsch: An jedem Neujahrstag absolvierte die kaiserliche Familie das gleiche Ritual. In einer Linie marschierte Kaiser Wilhelm II. mit seinen Söhnen zum Zeughaus in Berlin zur Ausgabe der Neujahrsparole. Doch 1906 reihte sich die Kaiserin Auguste Victoria in die Familienformation ein. Scheinbar, denn...

Foto: ullstein bild
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...das Original zeigt, dass die Herren unter sich waren. Auguste Victoria war in Wirklichkeit nicht dabei. Warum die Kaiserin in das Bild montiert wurde, ist unbekannt.

Foto: ullstein bild
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Lügen in Zeiten des Krieges: Retusche und falsche Bildbeschreibungen sind ein häufig angewandtes Propagandamittel in Kriegszeiten. Das obige Originalfoto zeigt inhaftierte Zivilpersonen aus Russland und Frankreich im deutschen Döberitz zu Beginn des Ersten Weltkriegs. In der britischen Presse erhielt das Foto eine ganz andere Bedeutung: "Die deutschen Arbeiter spüren den Druck." Franzosen und Russen waren nun plötzlich Deutsche, die um streng rationiertes Essen anstanden. Die Wellblech-Baracken im Hintergrund wurden entfernt.

Foto: Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz / Kunstbibliothek, SMB, Photothek/ Willy Römer
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Trotzki muss gehen: 1920 feierten Lenin und Leo Trotzki, der Organisator der Roten Armee, noch den zweiten Jahrestag der Revolution. Trotzki, in Uniform und die rechte Hand zum militärischen Gruß erhoben, fiel allerdings bald in Ungnade. Nach Lenins Tod botete...

Foto: Sammlung Megele/ SZ Photo
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...der kommende starke Mann, Josef Stalin, Trotzki systematisch aus. Und ließ ihn sogar von den offiziellen Fotos tilgen.

Foto: Sammlung Megele/ SZ Photo
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Opfer der Säuberung: 1926 marschierten sie noch Seite an Seite durch Berlin. Links im Vordergrund zeigt das Foto Ernst Thälmann, Vorsitzender der Kommunistischen Partei Deutschlands. Ihm zur rechten marschiert Willy Leow, damals zweiter Vorsitzender des Rotfrontkämpferbundes. Weil Leow aber...

Foto: ullstein bild
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...später ein Opfer der stalinistischen Säuberungen wurde, entfernte ihn die DDR von dem Foto.

Foto: ullstein bild
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Unvorteilhafte Aufnahme: Leider schloss der spanische Diktator im falschen Moment die Augen. Und verpatzte damit dem Fotografen die Aufnahme des Treffens Adolf Hitlers mit Francisco Franco. Eine kleine Manipulation bügelte...

Foto: epa efe/ picture-alliance/ dpa
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...den Fehler aus: Auf dem Original hat Franco die Augen geschlossen, auf der Fälschung sind sie geöffnet.

Foto: epa efe/ picture-alliance/ dpa
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Begrüßung am Zug: Das Treffen zwischen Hitler und Franco erforderte nicht nur eine Bildmanipulation. Während sich die beiden Diktatoren auf diesem Bild bereits im Gespräch befinden,...

Foto: epa efe/ picture-alliance/ dpa
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...herrscht auf dem Bahnsteig im Originalfoto gähnende Leere.

Foto: epa efe/ picture-alliance/ dpa
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Lächeln vergangen: Noch lächelt Joseph Goebbels auf dieser Aufnahme aus dem Jahr 1937, die unter anderem Adolf Hitler und Leni Riefenstahl zeigt. Das Lachen sollte dem Propagandaminister allerdings...

Foto: Scherl/ SZ Photo
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...bald vergehen. Der Diktator ließ Goebbels aus dem Bild entfernen. Gerüchten zufolge stellte Goebbels Leni Riefenstahl nach. Der Propagandaminister trug wegen seiner zahlreichen Verhältnisse den Spitznamen "Bock von Babelsberg".

Foto: SZ Photo/ Scherl
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Mann zu viel: Der "Führer" posiert inmitten seiner Getreuen auf dieser Fotografie. An der bedingungslosen Loyalität des Mannes in der Mitte zwischen Hitler und Göring hegte Hitler allerdings 1934 ernste Zweifel. Er beseitigte den SA-Führer Ernst Röhm und dessen Führungsspitze...

Foto: ullstein bild
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...zunächst in der als "Röhm-Putsch" bezeichneten Mordaktion, um anschließend Röhms Kopf vom Foto zu tilgen.

Foto: ullstein bild
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Noch ein Mann zu viel: So gerade eben lässt sich sein Gesicht rechts hinter dem Vorhang erkennen. Rudolf Heß, der Sekretär des "Führers", durfte seinem Idol Adolf Hitler am 30. Januar 1933, dem Tag der "Machtergreifung", ganz nahe sein. Ein paar Jahre später...

Foto: ullstein bild
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...sah die Situation allerdings ganz anders aus. Heß flog mitten im Krieg nach Großbritannien, um über Frieden "zu verhandeln". Die NS-Propaganda war schockiert - und ließ Heß vom Foto tilgen.

Foto: SZ Photo/ Scherl
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Notorischer Lügner: Gerade aus der Landsberger Haft in die Freiheit entlassen, inszenierte Adolf Hitler bereits 1924 eine fotografische Lüge. Das Foto zeigt den zukünftigen Diktator in vermeintlich siegesgewisser Pose vor dem Tor seines Gefängnisses. Doch wurde Hitler an diesem Tag keineswegs vor dem ...

Foto: Hulton Archive/ Getty Images
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... Gefängnistor abgelichtet. Es handelte sich vielmehr um das Landsberger Stadttor, weil der Leiter Aufnahmen auf dem Gelände seiner Anstalt untersagt hatte. Stattdessen gab Hitler den Auftrag, die vorherige Aufnahme zu retuschieren, um sich als aus der Haft entlassenen Helden zu stilisieren.

Foto: Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz/ Heinrich Hoffmann
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Vorgetäuschter Tod: 1839 lieferten sich zwei Erfinder ein Rennen um die Patentierung ihres Fotografieverfahrens. Hippolyte Bayard und Louis Daguerre, der schließlich als erster ein Patent von der französischen Regierung erhalten sollte. Bayard protestierte mit seiner fotografischen Fälschung "Selbstporträt eines Ertrunkenen" und inszenierte sich als leblose Leiche, gewissermaßen ersäuft von seinem Konkurrenten. Mit diesem Schauspiel avancierte Bayard zumindest zum ersten "Fotofälscher" in der Geschichte der Fotografie.

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