Kunst am Bau An Land, zu Wasser und in der Luft

Operation Luftschloss: In den Sechzigern traten in Japan junge Architekten an, um der Baukunst neues Leben einzuhauchen. Gefeiert wie Popstars, nahmen sich die Metabolisten die Natur zum Vorbild. Die Bio-Baumeister entwarfen Wohngiganten, schwimmende Städte - und sogar die erste Disko des Landes.
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Individualisierung: 1972 vollendete Kisho Kurokawa eine der Ikonen des Metabolismus, seinen Nakagin Capsule Tower in Tokio. In nur 30 Tagen wurden 144 Kapseln, die in einer Fabrik für Schiffscontainer hergestellt worden waren, an zwei Kerneinheiten befestigt und so zu einem Turm zusammengesetzt.

Foto: Corbis
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Stadt in der Stadt: 1964 entwarf Kenji Ekuan mit seiner Dwelling City ein für die Zeit völlig neues urbanes Wohnkonzept. Er stellte sich mehrere dieser Strukturen vor, die in einem Cluster zusammenstehen und so eine Stadt in der Stadt formen sollten. Jede der Strukturen sollte dabei...

Foto: Kenji Ekuan/Taschen Verlag
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...aus zwei pyramidenförmigen Teilen, die an der Unterseite aufeinanderstehen, aufgebaut sein. An der Oberfläche des Entwurfs befinden sich Kapseln, die als Wohneinheiten dienen sollen, während das hohle Innere der Struktur als öffentlicher Raum genutzt werden sollte.

Foto: Kenji Ekuan/Taschen Verlag
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Das Stratiform-Projekt: Um einer wachsenden Bevölkerung mehr Platz bieten zu können, rief das japanische Handels- und Industrieministerium in den frühen siebziger Jahren ein Projekt mit dem Titel Stratiform Structure Module (SSM) ins Leben. Leiter des Teams war der Architekt Kiyonori Kikutake.

Das Ergebnis war eine Stahlkonstruktion, in die terrassenförmig Betonplatten eingefügt wurden. Darauf konnte dann jeweils ein Haus mit Garten stehen.

Foto: Kiyonori Kikutake/Taschen Verlag
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Ein Wald für Kinder: 1968 entwarf Kiyonori Kikutake diese entfernt an Tannen erinnernden Wohnstrukturen.

Er ließ sich dafür durch eine Studie inspirieren. Laut dieser würden Kinder, die oberhalb des fünften Stockwerks wohnen, nicht hinunter in den Park zu anderen spielenden Kindern gehen, sondern diese nur beobachten. Daher bestehen diese Strukturen aus jeweils fünf Stockwerken, von denen aus man auf ein Atrium und einen innenliegenden Park blickt.

Aufeinandergestapelt ergeben die Elemente eine baumartige Form, die dem Architekten ganz besonders gut gefiel. Er stellte sich vor, wie viele dieser Strukturen zusammenstehen und so harmonisch und wie ein Wald wirken würden.

Foto: Kiyonori Kikutake/Taschen Verlag
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Die Schildkröte: Ein ähnliches Konzept wie das "pumpkin House" Ekuans ist das "Tortoise House", das allerdings von Anfang an eher für eine Familie geplant wurde. Es besteht aus rechtwinkligen, bewohnbaren Einheiten, die in sich geschlossen, aber...

Foto: Kenji Ekuan/Taschen Verlag
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...doch miteinander verbunden sind. Somit wird ausreichend Privatsphäre, aber auch ein gemeinschaftliches Zusammenleben gewährleistet. Auch dieses Konzept ist eine flexible Struktur. An dem Rahmen können neue Einheiten angebracht werden.

Foto: Kenji Ekuan/Taschen Verlag
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Die Megastadt der Zukunft: Acht Jahre nachdem das Magazin "Nature" erstmals ein Doppelhelixmodell der DNS veröffentlicht hatte, entwarf Kisho Kurokawas 1962 mit "Helix City" seine erste Megastruktur.

Jede der Spiralen bietet Platz für etwa 10.000 Menschen. Zusätzlich gibt es verschiedene Transportmittel innerhalb der Strukturen. Kurokawa stellte sich seine "Helix City" als Konzept für Tokio vor, in dem mehrere dieser Strukturen mit einem neuen Schnellstraßensystem verbunden sein würden.

Foto: Kisho Kurokawa/Taschen Verlag
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Baumhaus: Das Shizuoka Press and Broadcasting Building in Tokio (Mitte) wurde von Kenzo Tange entworfen. Das 1972 fertiggestellte Bürogebäude besteht aus einem zylindrischen Mittelteil, an den 13 eckige Bürokapseln angebracht sind. Im Gegensatz zu den umstehenden starren und unveränderbaren Gebäuden entspricht dieses durch seine flexible und erweiterbare Struktur dem metabolistischen Konzept.

Foto: Charlie Koolhaas/Taschen Verlag
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Internationale Verbindungen: Kisho Kurokawa begann nach seinem Abschluss in Architektur noch ein Philosophiestudium, das er allerdings bald abbrach. Er war 1960 einer der Mitbegründer des Metabolismus.

Hier präsentiert der damals 28-Jährige 1962 seine metabolistischen Arbeiten bei einem Treffen des "Team 10" im Abaye Royaumont bei Paris. Diese Gruppe junger rebellischer Architekten aus Europa und den USA hatte sich 1953 gegründet, um die dogmatischen Vertreter der klassischen Moderne, in erster Linie Le Corbusier, zu kritisieren.

Foto: Kisho Kurokawa Architect & Associates/Taschen Verlag
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Ausdehnung der Stadt: Nach seinen Entwürfen für Marine City, einer schwimmenden Stadt (hier im Hintergrund), mit der er das Meer als Lebensraum für den Menschen erobern wollte, strebte Kiyonori Kikutake 1958 mit seinem Entwurf für diese turmförmigen Strukturen auch in die Luft.

Jeder der Türme besteht aus einem 300 Meter in die Höhe ragenden Zylinder, an dem bis zu 1250 Wohneinheiten angedockt werden können. Sie stehen auf...

Foto: Kiyonori Kikutake/Taschen Verlag
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...riesigen Podesten, die wiederum miteinander verbunden sind. Dadurch wird im Luftraum über der Stadt eine weitere Stadt für die ständig wachsende Bevölkerung einer Metropole geschaffen. Die hier zu sehende Planung entstand für das Viertel um den Bahnhof von Tokio.

Foto: Kiyonori Kikutake/Taschen Verlag
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Wieder und Wiederaufbau: Der Ise-Schrein in der japanischen Stadt Ise in der Präfektur Mie ist das höchste Heiligtum des Landes. Das Gelände besteht aus zwei Hauptschreinen und 125 Nebenschreinen. Seit 1200 Jahren werden sämtliche Gebäude alle 20 Jahre abgerissen und neu aufgebaut. Das nächste Mal im Jahr 2013. Dieser Zyklus von Zerstörung und Aufbau diente den Metabolisten als wichtige Inspirationsquelle.

Foto: CORBIS
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Individualisierung: 1972 vollendete Kisho Kurokawa eine der Ikonen des Metabolismus, seinen Nakagin Capsule Tower in Tokio. In nur 30 Tagen wurden 144 Kapseln, die in einer Fabrik für Schiffscontainer hergestellt worden waren, an zwei Kerneinheiten befestigt und so zu einem Turm zusammengesetzt.

Kurokawa sah in der Kapsel die Zukunft des Wohnens. Die, so seine Vision, basiere nicht mehr auf familiären Strukturen, sondern vielmehr auf Individuen, die sich in ihre Kapseln zurückziehen könnten. Darin seinen sie dann geschützt vor der Außenwelt wie ein Astronaut vor den Bedrohungen des Weltalls. Da die einzelnen Kapseln mit nur jeweils vier Bolzen befestigt wurden, könnten sie theoretisch jederzeit entfernt und an einer anderen Stelle wieder angebracht werden.

Foto: Charlie Koolhaas/Taschen Verlag
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Geburtsstunde des Metabolismus: Bei dieser Diskussionsrunde der World Design Conference 1960 in Tokio treten unter anderem die Architekten Kiyonori Kikutake und Minoru Yamasaki (Vierter und Fünfter von links) auf.

Während der Konferenz wurde vor allem die zukünftige Richtung der japanischen Architektur debattiert. In diesem Zusammenhang stellte die Gruppe der Metabolisten ihre erste Streitschrift "Metabolism 1960: The proposals for a New Urbanism" vor.

Foto: Asada Collection, Tohoku University of Art & Design, Library/Taschen Verlag
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Denkendes Gebäude: 1967 entwarf Kenzo Tange sein Yamanashi Culture Center oder auch Yamanashi Broadcasting and Press Centre im japanischen Kofu. Der auf den ersten Blick vielleicht nicht ungewöhnlich wirkende Bau beherbergt drei verschiedene Medienunternehmen (eine Zeitung, eine Radio- und eine Fernsehstation), auf deren Bedürfnisse die Architektur genau abgestimmt ist.

Innerhalb des Gebäudes arbeiten die Mitarbeiter nicht aufgeteilt nach Unternehmen, sondern nach ihren in Zonen gruppierten Funktionen. Bei Bedarf könnte das Center um weitere, bereits vorgeplante Teile, wachsen.

Foto: Charlie Koolhaas/Taschen Verlag
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Wohnen nach Maß: 1962 entwarf Kisho Kurokawa diese in Massenproduktion herstellbaren, kistenartigen Apartments. Die Konstruktion bot vier verschiedenen Typen von Wohnkapseln Platz. Diese konnten immer maßgeschneidert an die jeweiligen Bedürfnisse einer wachsenden oder auch schrumpfenden Familie angepasst werden.

Foto: Yoshio Watanabe/Taschen Verlag
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Häusleschauen im TV: 1963 präsentiert der Architekt Masato Otaka ein Modell seines Sozialbau-Projekts Sakaide Artificial Ground auf der Insel Shikoku im japanischen Fernsehen. Neben ihm sitzt sein Kollege Kisho Kurokawa (Mitte) mit einem kleinen Modell seiner Helix City.

Foto: Kisho Kurokawa Architect & Associates/Taschen Verlag
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Architektonische Rebellion: 1943 stellte Le Corbusier in seiner Charta von Athen die Doktrin auf, dass der Mensch in der Stadt getrennte Bereiche für Wohnen, Arbeit und Freizeit braucht. Mit seinem Entwurf der Wall City verstieß Kisho Kurokawa 1959 gegen diese Regel. Er schlug vor, alle Funktionen der Stadt in einem Gebäudekomplex unterzubringen.

Ein wichtiger Punkt dabei war Mobilität. Er stellte sich verschiedene Transportmittel innerhalb des Gebäudes und bewegliche Wohneinheiten, die an verschiedenen Stellen angebracht werden könnten, vor.

Foto: Kisho Kurokawa/Taschen Verlag
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Leben im Kürbis: Ebenfalls 1964 entwarf Kenji Ekuan sein "Pumpkin House". In seiner Grundform besteht es aus einem Kern ("Skelett"), um den sich einzelne Kapseln ("Organe") drehen, in denen sich die zum Leben benötigten Einheiten befinden. In der hier gezeigten Form bietet es ausreichend Platz für ein Paar. Sollte ein Kind dazukommen, kann ein weiterer Raum angebracht werden.

Foto: Kenji Ekuan/Taschen Verlag
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Organisch Wohnen: Wie auch viele der anderen Metabolisten nutzte Fumihiko Maki Metaphern aus der Biologie um seinen Stil zu beschreiben.

In diesem Entwurf übertrug er 1968 die Strukturen des Golgi-Apparats auf die Architektur. Dieser Begriff, der aus der Biologie stammt, beschreibt einen Teil der Zelle, der am Zellstoffwechsel beteiligt ist. Maki entwickelte daraus ein Cluster kegelförmiger Gebäudeteile, in denen die Privaträume der Bewohner von einem gemeinschaftlichen Raum umschlossen sind.

Foto: Fumihiko Maki/Taschen Verlag
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Dreimal vollkommen: Die kaiserliche Katsura-Villa im japanischen Kyoto, die im 17. Jahrhundert entstand, wurde über die Jahre zweimal erweitert - aus einem Landhaus wurde ein herrschaftliches Bauensemble.

Die Metabolisten faszinierte, dass der Bau zweimal vergrößert wurde und, so der Architekt Kisho Kurokawa, "in jeder Phase sagten die Menschen, er sei von vollkommener Schönheit".

Foto: CORBIS
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