Kitschpostkarten im Kaiserreich Herzschmerz aus dem Briefkasten

Um 1900 regierte in deutschen Briefkästen der Kitsch. Verliebte schickten sich Milliarden Postkarten mit überzogenen Romantik-Motiven zu. Hier durfte man zeigen, was sonst verpönt war: Gefühle.
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Rauchen verbindet: Als Gentleman gibt dieser Herr seiner Angebeteten natürlich Feuer und erntet dafür einen verliebten Blick. Der Fotograf arrangierte das Pärchen in einem Herz aus Qualm.

Foto: Fritz Franz Vogel / Böhlau Verlag
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Gefangene der Liebe: Gerne entführten die Kitschkarten ihre Betrachter in vergangene, romantisch verklärte Zeiten.

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Gruß der Spinnenfrau: Eine Liebesfalle der besonderen Art stellt diese Dame der Männerwelt. In ihrer Botschaft sind die Kitsch-Karten selten subtil.

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Vierbeiniger Freund: Frau und Pferd gehören auf den Kitschpostkarten zusammen. Das Pferd galt in der Vorstellungswelt als treuer Freund, der ein naturverbundenes kitsch-verklärtes Leben suggerierte.

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Freudenfest: Genauso wie die Liebesangelegenheiten wurden auch die Feiertage kitschig verfremdet. In grellen Farben wird auf dieser Karte Christi Geburt zelebriert.

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Rauchender Schlot: Immer wieder wurde auf den Karten die Trennung von einer geliebten Person beschworen. Dieser junge Herr etwa sieht bereits in den Rauchschwaden seiner Zigarette das Antlitz seiner entfernten Angebeteten.

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Wachsamer Blick: Immer wieder wurden Kinder in Darstellungen mit Schutzengeln als besonders schutzbedürftig dargestellt

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Freudenfest: Gerne wurden Motive retuschiert - wie etwa die hier hineinmontierten überdimensionierten Küken vor der eierigen Kutsche.

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Zwei in einem Boot: Romantische Motive ergänzten die Hersteller durch polternde Reime wie "Im Herzen die Liebe, umspült von der Flut: Um uns das Wasser, - und in uns die Glut!".

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Schluckspecht: Besonders goldig erschien es offenbar vielen Käufern, wenn Kinder in die Rollen Erwachsener schlüpften - auch wenn die Motive aus heutiger Sicht fragwürdig erscheinen. Wie bei diesem Alkohol trinkenden Kind.

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Vertauschte Rollen: Die herrschende Geschlechterordnung wurde zumindest auf manchen Kitschpostkarten auf den Kopf gestellt. In der "modernen Ehe" wird in dieser Darstellung ausnahmsweise der Mann unterdrückt. Tatsächlich machten sich Karten dieser Art natürlich gönnerhaft über die Forderungen der Frau nach Gleichberechtigung lustig.

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Botschaft vom Schatz: Um 1900 waren Postkarten das Kommunikationsmittel der Zeit, um schnelle, kurze Botschaften auszutauschen. Die Karten waren billig, zudem ließen sich mit ihnen gesellschaftlich akzeptiert auch in dieser sittenstrengen Zeit gefühlvolle Botschaften austauschen.

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Frohes Neues!: Viele Symbole unterstreichen den Charakter des Festes, das auf der Karte dargestellt wird. Hier sitzt ein kleiner Glückspilz auf einem Neujahrsgruß.

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Wie die Alten: Zwei Minderjährige mit Glimmstängeln im Mund? Herzerweichend! So empfanden es vermutlich um die Jahrhundertwende viele Käufer derartiger Kitschpostkarten.

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Modische Verirrung: Brachialhumor sollte die Kauflust der Menschen wecken. In anderen Ausführungen dieser Karte steckt der Mann bereits unter dem Hut seiner Angebeteten. Natürlich bereit zum Küssen.

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"Nicht anders ging's als links": In ihren Ateliers arrangierten die Fotografen ständig neue Kulissen für ihre Aufnahmen, die später als Postkarte in den Druck gingen. Hier schwingt ein Pärchen das Tanzbein, auch ein mehr oder weniger flotter Spruch ist auf der Karte untergebracht.

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Goldig!: Der junge Mann auf dieser Karte erinnert mit Hilfe von Seifenblasen an das neue Jahr.

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Hampelmann: Männer hatten auf vielen Karten wenig zu lachen - wenngleich sich dahinter kaum eine ernsthafte Geschlechterrollenkritik verbarg. Ein immer wiederkehrendes Motiv war die Frau, die die Männerwelt wie einen Hampelmann nach ihrer Nase tanzen ließ.

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Hefte raus, Klassenarbeit!: Die Freude ihrer Klassenkameradinnen scheint das Mädchen links außen auf dieser Karte nicht zu teilen

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Bühnenbild: In den Ateliers standen den Fotografen zahlreiche Requisiten und Kostüme für ihre Modelle zur Verfügung.

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Schreibhilfe: Die wirklichkeitsfremde Darstellung der Requisiten, hier in Form eines überdimensionalen Füllers und eines Tintenfasses, sind ein typisches Merkmal der Bromsilberpostkarten zur Jahrhundertwende.

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Meister Adebar: Auf Glückwunschkarten zur Geburt wurde der Nachwuchs oft zusammen mit dem Klapperstorch abgebildet.

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Zu alt?: Allerdings ist zumindest dieses Kind wohl doch ein wenig älter als ein Neugeborenes.

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Farbenfroh: Die nachträgliche Kolorierung der eigentlich schwarzweiß gedruckten Karten sorgte dafür, dass nicht nur die Motive, sondern auch deren Farben adäquat kitschig waren.

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Aus Klein wird Groß: Auch in Erwachsenenberufen wurden Kinder für Kartenmotive gerne abgebildet - wie etwa dieser doch sehr klein geratene "Schuster".

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Rollenklischee: Schon von Kindesbeinen an macht sich diese "Hausfrau" mit den ihr zugedachten Aufgaben im späteren Leben vertraut.

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Sportlich: Kinder dienten auf den Karten als mehr oder weniger vergnügliche Erinnerung an die gesunde Wirkung des Sports.

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Katze an der Leine: Rührend überbringt dieser kleine Gratulant auf einer Bromsilberkarte einen Geburtstagsgruß.

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Piep, piep, piep: Diese Karte diente offenbar als freundlicher Hinweis darauf, dass der Adressat wohl einen Fehler gemacht hat.

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Himmelreich auf Erden: Neben der überzogenen Kitschigkeit sind die Postkarten vor allem ein Spiegelbild der wilhelminischen Gesellschaft. Wie es auf dieser Karte heißt: Ein "braves Weib" und ein "herzig Kind" sind für den Mann der "Himmel auf Erden". In den Zwanzigerjahren endete allerdings die Zeit der Kitschpostkarten.

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