Kriegsberichterstatterin Lee Miller Die Schöne und der Krieg

Warteschlange: Am Nachmittag des 30. April 1945 ließ sich Lee Miller in Adolf Hitlers Badewanne fotografieren. Zuvor hatte sie das befreite Konzentrationslager Dachau besichtigt. Viel Zeit blieb ihr und ihrem Kollegen David E. Scherman, der sich wiederum von Miller in der Badewanne ablichten ließ, nicht für die Aufnahme. Vor der Tür wartete ungeduldig ein amerikanischer Offizier, bewaffnet mit Seife und Handtuch. Gerade erst hatten GIs Hitlers Münchener Privatwohnung besetzt. Als Beute ließ die Kriegsberichterstatterin ein Handtuch mit den Initialen des "Führers" mitgehen.
Die Bilder wurden von den
Lee Miller Archives
zur Verfügung gestellt.

Rache: Mit Schrecken schoss Lee Miller Fotos in den befreiten Konzentrationslagern Buchenwald und Dachau. Dabei lichtete sie Leichenberge aus nächster Nähe ab, um den Horror möglichst wirklichkeitsgetreu für die Nachwelt zu dokumentieren. Und nicht zuletzt, weil sie auf der Suche nach Bekannten aus der Vorkriegszeit war. Die britische "Vogue" druckte nur ein winziges Bild aus Buchenwald, um die Leserschaft nicht zu schockieren. Das Foto zeigt einen verprügelten SS-Mann des Konzentrationslagers.

Sturmreif: Als Anhalterin gelangte Lee Miller zu ihrem ersten Einsatz direkt an der Front. In Saint Malo belagerten die Amerikaner die Zitadelle, in der sich die Deutschen verschanzt hatten. Miller gelang unter anderem ein Foto, das einen der ersten Einsätze von Napalm zeigt.

Riesenparty: Im Eiltempo reiste Lee Miller Ende August 1944 Richtung Paris. Die Befreiung der Stadt von der deutschen Besatzung stand unmittelbar bevor. Sie kam gerade rechtzeitig, um die gewaltige Feier mitzuerleben. Auf ihren Fotos dokumentierte die Fotografin, wie GIs kleinen Kindern ihre Panzer und Fahrzeuge zeigten. Lee Miller bewunderte zugleich die Kaltblütigkeit anderer amerikanischer Soldaten. Diese versuchten, sich mit hübschen Französinnen zu verabreden, während deutsche Scharfschützen noch auf der Lauer lagen.

Gefahrensucherin: Am liebsten hätte Lee Miller stets direkt von der Front berichtet. Oft musste sie sich als Frau allerdings gegen die Bevormundung von Männern zur Wehr setzen. Bei vielen einfachen Soldaten hatte sich die Reporterin allerdings mit Einfühlungsvermögen Respekt erworben.

Frauenschwarm: Bereits kurz nach der Einnahme von Paris ließ die U.S.-Army Stars wie Fred Astaire in der Stadt zur Truppenunterhaltung auftreten. Hier fotografierte ihn Lee Miller im Kreise von hingerissenen Showgirls.

Blutzoll: "Unbewaffnete Krieger" hieß der erste Artikel, den Lee Miller als Kriegsberichterstatterin für die Modezeitschrift "Vogue" schrieb. Anderthalb Jahre hatte Lee Miller auf ihren ersten Einsatz warten müssen. Ende 1942 hatte sie die amerikanische Uniform angelegt, am 6. Juni 1944 landeten die Alliierten in der Normandie. Für ihren Bericht hatte Miller Feldlazarette besucht. Das Foto zeigt Verwundete, die von einer Piste in der Nähe des Landeabschnitts "Omaha Beach" ausgeflogen wurden.

Wiedersehensfreude: Pablo Picasso freute sich ungemein über das Wiedersehen mit seiner alten Freundin Lee Miller. Der spanische Maler war während der deutschen Besatzung in Paris geblieben. Argwöhnisch beobachtet von der Kollaborationsregierung. Hier hielt ihn Miller in seinem Atelier fest. 1937 hatte der Meister sechs Bilder von Miller gemalt.

Siesta: Drei Models bei der Erholung fotografierte Miller bald nach ihrer Ankunft in Paris 1944. Ihre Köpfe haben die Frauen auf umgedrehte Stühle gebettet, zum Schutz der edlen Kleider haben sie Decken umgeschlungen. Während der deutschen Besatzung versuchten die Pariser Modeschöpfer hartnäckig, den Ruf ihrer Stadt als Nabel der Modewelt zu verteidigen.

Engelsgesicht: 1907 wurde Lee Miller in Poughkeepsie im US-Bundesstaat New York geboren. Ein "Freund" der Familie vergewaltigte das Mädchen im Alter von sieben Jahren. Ein Therapeut impfte ihr später die Überzeugung ein, dass Sex ein rein technischer Vorgang sei.

Meisterschülerin: Ihre Ausbildung als Fotografin erhielt Lee Miller von dem berühmten Man Ray in Paris. Sie überredete ihn, sie als Schülerin anzunehmen. Kurze Zeit darauf waren die beiden auch ein Paar. Miller betrachtete ihre Beziehung allerdings nicht als exklusiv. Zeitgleich unterhielt sie auch Beziehungen zu anderen Männern. Zusammen erprobte das Paar neue Techniken, wie die starke Überbelichtung von Fotografien.

Kriegsschäden: Trotz der seelischen und körperlichen Belastungen genoss Lee Miller die Tätigkeit als Kriegskorrespondentin. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs versank sie in Depressionen und Alkoholismus. Ihr Mann bat die "Vogue", ihr keine Aufträge mehr zu erteilen. Erst viele Jahre später fand das Ex-Model eine neue Berufung. Sie kochte mit Leidenschaft. Hier ist Miller im Jahre 1950 zu sehen.

Küchengöttin: 1957 absolvierte Lee Miller einen Kochkurs in einem Pariser Edelrestaurant. Dieses Hobby gab ihr einen neuen Lebensinhalt. Die Fotografie hatte sie weitgehend aufgegeben. Selbst ihr Sohn war nach ihrem Tod 1977 überrascht, welche hervorragende Fotografin seine Mutter gewesen war. Ihre Aufnahmen hatte sie auf dem Speicher verborgen.

Glückskind: 1927 wäre Lee Miller in New York beinahe von einem Auto überfahren worden. Gerettet wurde sie von dem Verleger Condé Nast, der ihr eine Karriere als Modell anbot. Auf den Feiern der High-Society war sie ein gern gesehener Gast. Bald reichte Miller das Modeldasein allerdings nicht mehr. Sie beschloss, selbst Fotografin zu werden. Diese Aufnahme schoss Miller 1950.

Rumtreiberin: Lee Miller hielt es nie lange an einem Ort. Anfang der Dreißigerjahre trennte sie sich von Man Ray und ging zurück nach New York. Dort traf sie auf einen alten Verflossenen und zog zu ihm nach Ägypten. Einige Jahre später lernte sie ihren zukünftigen Ehemann Roland Penrose kennen. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 1939 blieb sie bei ihm in England und erlebte die deutschen Luftangriffe. Hier begann ihr Hass auf die Deutschen, der sich bei ihrer Tätigkeit als Kriegsberichterstatterin noch steigern sollte.