Unbekannte in Popsongs Das Rätsel der männlichen Musen

Es sind süße, verächtliche, bewundernde Zeilen. Aber wem gelten sie eigentlich? In vielen Popsongs werden Typen besungen, aber nicht verraten, um wen es sich handelt. einestages hat die mysteriösen Unbekannten versammelt - und verrät, wer gemeint ist.
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Carla Bruni, "Le Pingouin" (2013)

Eigentlich wollte die Frau des französischen Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy mit Politik nichts mehr zu tun haben. Ganz ohne die Mächtigen kommt die Sängerin aber nicht aus: Ihr aktuelles Lied "Le Pingouin" handelt von einem aufgeblasenen Vogel, der nicht nur ungezogen, sondern auch unbeliebt ist. "T'as l'air tout seul dans ton jardin", singt Carla: "Du siehst in deinem Garten ganz allein aus".

Diese Zeilen erinnern verdächtig an...

Foto: ? Brendan McDermid / Reuters/ REUTERS
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...das offizielle Foto des Präsidenten François Hollande, auf dem der französische Staatschef ganz allein auf der grünen Wiese des Élysée-Palasts posiert. Weiter heißt es im Text: "Er spielt sich als Herrscher auf, aber ich kenne ihn, den Pinguin, er hat kein ritterliches Auftreten."

Foto: AP
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Carly Simon, "You're so vain" (1972)

Es ist der Meta-Song aller Männerlieder: "Du bist so eitel", sang die damals 27-jährige Carly Simon und fügte clever hinzu: "Ich wette, du denkst, dieser Song handelt von dir." Um den genauen Adressaten dieser scharfzüngigen Botschaft macht sie seit der Veröffentlichung des Liedes ein Geheimnis.

Tatsächlich kommen dafür gleich mehrere Männer in Frage,...

Foto: CORBIS
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...wie etwa Musikproduzent David Geffen. Hoch gehandelt werden auch Schauspieler Warren Beatty und Rolling-Stones Frontmann Mick Jagger. Letzterer hatte eine Affäre mit Simon und ist auf der ersten Fassung des Songs im Hintergrund zu hören. Auch der Schauspieler Nick Nolte erkannte sich teilweise im Liedtext wieder, weil er gerne aprikotfarbene Seidenschals trug. Bis heute hat Carly Simon zwar ordentlich die Gerüchteküche befeuert, das Rätsel um ihren Protagonisten aber nie aufgelöst.

Von oben links im Uhrzeigersinn: Warren Beatty 1972, David Geffen 1973, Nick Nolte 1979 und Mick Jagger 1973

Foto: Corbis/AP/Getty Images
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The Beatles, "A Day in the Life" (1967)

"I read the news today, oh boy": Es war eine Nachricht in der Zeitung, die John Lennon zu "A Day in the life" inspirierte. Ein tödlicher Unfall eines jungen Mannes, den die Beatles gut gekannt hatten. "Er löschte sein Bewusstsein in einem Auto aus, er hatte nicht gesehen, dass die Ampellichter gewechselt haben", heißt es in dem Song. "Ein Haufen Leute standen rum und gafften, sie hatten sein Gesicht schon mal gesehen. Niemand war wirklich sicher, ob er aus dem House of Lords kam."

Bei dem Verunglückten handelte es sich um...

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...den Lebemann Tara Browne. Der Sohn aus aristokratischer Familie war bekannt für seinen Hang zu Drogenexzessen und wilden Partys im hippen London der sechziger Jahre. Er kannte die Rolling Stones ebenso wie die Beatles und soll Paul McCartney zum seinem ersten LSD-Trip verholfen haben. Am 18. Dezember 1966 krachte der 21-Jährige mit seinem türkisfarbenen Sportwagen mit einem anderen Wagen zusammen und war sofort tot. Die Beifahrerin, das Model Suki Potier, überlebte den Unfall unverletzt.

Foto: Schwarzkopf & Schwarzkopf / Mirrorpix
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Lady Gaga, "Speechless" (2009)

Lady Gaga alias Stefani Germanotta trägt Fleischkleider, macht auf der Bühne obszöne Bewegungen und singt schrille Lieder voller Lust, Laster und Männer. Auch in ihrem Song "Speechless" geht es um einen Mann: "Ich kann es kaum glauben, wie du mich ansahst, mit deinen glänzenden James-Dean-Augen. Mit deinen engen Jeans und deinem langen Haar, deinen von Zigaretten befleckten Lügen. Oh boy you've left me speechless."

Der Mann, der die exzentrische Pop-Ikone so sprachlos machte...

Foto: REUTERS
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...ist ihr Vater. Joseph Germanotta war bereits viele Jahre herzkrank, als seine Tochter das Lied schrieb. "Ich wusste 15 Jahre lang von der Krankheit meines Vaters", sagte Lady Gaga in einem Interview. Doch er habe stets zu ihr gesagt: "Was passiert, passiert." Aus Hilflosigkeit über diesen leichtfertigen Umgang mit seiner Gesundheit forderte sie ihn durch den Song auf, ärztliche Hilfe anzunehmen. Joseph willigte schließlich ein und ließ sich von seiner Tochter eine Herz-OP bezahlen.

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Michael Jackson, "Ben" (1972)

Michael Jackson ist gerade einmal 13 Jahre alt, als er die herzergreifende Ballade "Ben" singt. Der Song aus dem gleichnamigen Film war Jacksons erster Solo-Nummer-Eins-Hit in den USA. Ben muss ein richtiger Freund gewesen sein - zumindest suggerieren das Zeilen wie diese: "Ben, wir beide haben gefunden, was wir suchten. Mit einem Freund an meiner Seite werde ich nie mehr alleine sein. Und du, mein Freund, wirst sehen: Du hast auch einen Freund in mir."

Wirklich geschätzt haben dürfte besagter Ben diese Liebeserklärung allerdings nicht, denn...

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...er war eine Ratte. In dem Film freundet sich ein kleiner Junge namens Danny Garrison mit dem gleichnamigen Tier an. Ben ist eigentlich der Anführer eines Schwarms übler Killerratten, beschützt aber seinen kleinen Kumpel aus reiner Sympathie. Als die Polizei Ben anschießt, rollen dicke Tränen der Verzweiflung über Dannys Wangen. Während er versucht, seinen Rattenfreund zu verarzten, erklingt im Hintergrund Michael Jacksons herzzerreißende Ballade: "Ben, most people would turn you away, I don't listen to a word they say."

Die Rattenbande aus dem Film "Ben" von Phil Karlson, 1971

Foto: ddp images
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Sting, "Englishman in New York" (1987)

Ein Fremder in der großen Stadt: "I'm an alien I'm a legal alien, I'm an Englishman in New York", singt Sting und erzählt die Geschichte eines Engländers in den Staaten. Nur die wenigsten wissen, dass sein Protagonist gleich auf zwei Arten "alien", also ein "Fremdling" ist.

Denn dabei handelt es sich um...

Foto: Getty Images
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...den homosexuellen Quentin Crisp. Der für seinen exzentrischen Kleidungsstil bekannte Engländer zog 1980 im Alter von 72 Jahren nach New York. Er empfand die neue Stadt als eine Befreiung, auch wenn die in den Achtzigern noch längst nicht so freizügig war wie heute - liberaler als England war es allemal. Crisp, der seine Sexualität offen auslebte, wurde in New York zur Ikone der Homosexuellenbewegung. Schließlich folgte er dem Motto: "Be yourself, no matter what they say."

Foto: Corbis
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The Beatles, "Hey Jude" (1968)

Es einer der einfühlsamsten und schönsten Songs der Beatles: "Und immer, wenn du den Schmerz fühlst, hey Jude, halte dich zurück. Lade dir nicht die Last der ganzen Welt auf deine Schultern. Du weißt genau, ein Trottel ist der, der cool tut und dabei die Welt ein bisschen kälter macht."

Paul McCartney schrieb den Song für...

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...den fünfjährigen Julian Lennon. Er sollte ihn trösten, während sein Vater John und seine Mutter Cynthia sich einen erbitterten Scheidungskampf lieferten. Julian war in der stürmischen Beziehung, die bereits vor dem großen Ruhm der Beatles begonnen hatte, zum "vergessenen" Sohn geworden. Nie hatte er eine so enge Beziehung zu seinem Vater wie sein Halbbruder Sean.

Paul McCartney, der den Song ursprünglich "Hey Jules" genannt hatte, ihn dann aber wegen besserer Singbarkeit änderte, kümmerte sich während der Scheidung wie ein Onkel um Julian. Erst Jahre später erzählte McCartney Lennons Sohn, was es mit dem Song auf sich hatte. "Es berührt mich noch immer", sagte Julian später in einem Interview.

Foto: Getty Images
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Tom Waits, "Poor Edward" (2002)

"Habt ihr schon von Edward gehört?", fragt Tom Waits mit dunkler Stimme. "Am Hinterkopf hatte er ein zweites Gesicht." Die düstere Ballade vom "armen Edward" erzählt die Geschichte eines Mannes, der wegen seiner körperlichen Anomalie dazu verdammt ist, abgeschieden von der Gesellschaft zu leben.

Was sich anhört wie eine mysteriöse Legende, ist die womöglich wahre Geschichte...

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...des englischen Adligen Edward Mordake. Sein Fall von "Doppelköpfigkeit" wird 1896 im Buch "Anomalien und Kuriositäten der Medizin" erwähnt. Weil ihm die Stimme des "Dämonenkopfes" ständig "teuflische Verse" zuflüsterte, soll Edward seine Ärzte angefleht haben, ihn zu entfernen. Doch er fand kein Gehör: Im Alter von 23 Jahren nahm er sich das Leben.

Zwar fehlen Beweise für Edwards Leiden, jedoch sind bisher rund ein Dutzend Fälle der Krankheit Craniopagus parasiticus dokumentiert. Viele Fans sehen in Tom Waits' Song auch eine Parabel über die tragischen Folgen von unerkannter Schizophrenie.

Das Foto zeigt eine Wachsnachbildung, die lange nach Mordakes Tod gefertigt wurde.

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Amy Winehouse, "Back to black" ( 2006)

"Back to black" ist ein Song über die Qualen einer ziemlich ungesunden Beziehung, die in die Brüche gegangen ist. "Er ließ mir keine Zeit, es zu bedauern", singt Amy Winehouse, bekannt für ihren ausgefallenen Look und ihren Soul in der Stimme. "Er trieb es direkt wieder mit derjenigen, zu der er immer gehen konnte."

Die britische Skandalsängerin trauert...

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...der Beziehung mit ihrem damaligen Ex-Freund Blake Fielder-Civil hinterher. Sie hatte den Produktionsassistenten 2005 kennengelernt und war danach sofort den Drogen verfallen. Die On-Off-Beziehung inspirierte die meisten Songs auf Winehouses "Back to Black"-Album. Die Anziehung zwischen dem Skandalpaar schwand nicht: Im Mai 2007 heirateten die beiden.

Foto: Getty Images
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Lou Reed, "Walk on the Wild Side" (1972)

Schon 1971 hatte man Lou Reed gebeten, Musik für die Bühnenfassung zu Nelson Algrens Roman "Walk on the Wild Side" zu schreiben, doch das Stück wurde nie aufgeführt. Reed schrieb den ursprünglichen Text deshalb um - und schuf seinen kontroversten und wohl bekanntesten Hit. Bald gab es eine jugendfreie und eine unzensierte Fassung des Songs, der so beginnt: "Holly kam aus Miami, Florida, trampte durch die USA, zupfte sich auf dem Weg die Augenbrauen, rasierte sich die Beine und aus 'ihm' wurde 'sie'." Und dann sind da noch Candy, Little Joe, Sugar Plum Fairy und Jackie.

Die Figuren mit den märchenhaften Namen...

Foto: Getty Images
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...gab es wirklich: Holly Woodlawn, Candy Darling, Joe Dallesandro, Joe Campbell und Jackie Curtis waren Drag Queens aus der Szene um Andy Warhol und spielten in dessen Film "Women in Revolt" (1971) mit.

Lou Reed verrät in seinem Song die jeweiligen Vorlieben der Travestie-Stars: Candy etwa war im Hinterzimmer "Everybody's Darling" und Jackie "hielt sich für James Dean". Der Musiker hatte nach der Veröffentlichung des Songs Angst vor den Reaktionen seiner Protagonisten: "Ich dachte, sie würden mir alle die Augen auskratzen, wenn ich wieder in New York wäre", sagte er in einem Interview. Stattdessen hatten alle den Text auswendig gelernt.

Oben: Andy Warhol (links) und Candy Darling
Unten links: Joe Dallesandro, rechts: Holly Woodlawn

Foto: AP / Corbis
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Eric Clapton, "Tears in Heaven" (1991)

Es sind die wohl traurigsten und zugleich trostreichsten Zeilen der Musikgeschichte: "Würdest du mich wieder erkennen, wenn ich dich im Himmel sehen würde?" fragt Eric Clapton in seinem zeitlosen Gitarrenstück. "Ich muss stark sein und weitermachen, denn ich weiß, dass ich nicht hier in den Himmel gehöre."

In dem Lied geht es um...

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...Eric Claptons vierjährigen Sohn Conor (hier mit seiner Mutter Lory Del Santo). Der kleine Junge war beim Versteckspielen aus dem Fenster des 53. Stockwerks gefallen. Der Song wurde zu Claptons öffentlicher Form von Trauerarbeit. Im Jahr 2004 hatte er schließlich das Gefühl, seinen Schmerz überwunden zu haben, und hörte auf, ihn zu spielen.

Foto: AP
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Loudon Wainwright III., "Rufus Is A Tit Man" (1974)

Loudon Wainwright war für seinen sarkastischen Humor bekannt. Auch "Rufus Is A Tit Man" war wohl eher witzig gemeint. Darin singt der frischgebackene Vater: "Komm schon Mama, mach deine Bluse auf. Du hast, was es braucht, gib dem kleinen Jungen einen Spritzer."

In dem Song geht es um...

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...seinen Sohn Rufus. Loudon Wainwright besingt die Eifersucht auf den kleinen Jungen, der an etwas saugt, das "sweeter than wine" ist. Besonders ironisch: Ende der Achtziger wird Rufus seinen Eltern erklären, dass er sicher nie ein "Tit Man" sein werde. Rufus Wainwright ist schwul.

Foto: AP
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Patti Smith, "We three" (1970)

Kaum eine Konstellation bietet der Kunst so viel Stoff wie die Dreiecksbeziehung. Auch Patti Smiths Song "We three" handelt von der Liebe zu dritt. Dort heißt es: "Du sagst, du willst mich, ich will einen anderen. Du sagst, du träumst von mir, träumst von deinem Bruder. Und die Sterne scheinen so verdächtig, für uns drei."

Im Leben der Patti Smith gab es zur der Zeit tatsächlich zwei Männer, nämlich...

Foto: CORBIS
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...den späteren Fotografen Robert Mapplethorpe, rechts, und den schreibenden Junkie Jim Caroll.

Im Sommer 1970 lebten die drei Künstler im legendären, kommunenartigen Chelsea Hotel in New York. Als Mapplethorpe erkannte, dass er schwul war, ging er zusammen mit Smith eine Affäre mit dem Poeten Jim Caroll ein, der seinen Lebensunterhalt als Stricher verdiente. Das funktionierte für eine gewisse Zeit sogar ganz gut, immerhin spornten sich die drei gegenseitig zu kreativen Höchstleistungen an.

Foto: Corbis
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Pearl Jam, "Jeremy" (1992)

Die Single "Jeremy" ebnete der amerikanischen Rockband Pearl Jam den Weg zu internationalem Ruhm. Sie erzählt die traurige Geschichte eines hoffnungslosen Jugendlichen, dessen Verzweiflung niemandem auffällt. "Daddy bemerkte nicht, oh, dass Mama nicht aufpasste. König Jeremy, der bösartige, beherrschte seine Welt."

Es ist die wahre Geschichte von...

Foto: AP
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...dem 15-jährigen Jeremy Wade Delle. Weil seine Mitschüler ihn monatelang gemobbt hatten, schoss sich der Schüler aus einer amerikanischen Kleinstadt mit einer Pistole in den Kopf. Der Selbstmord berührte Pearl-Jam-Sänger Eddie Vedder sehr: "So etwas passiert wahrscheinlich einmal die Woche in Amerika", sagte Vedder in einem Interview. "Elterliche Vernachlässigung und Misshandlung sind die Quelle für viele Probleme."

Foto: Schwarzkopf & Schwarzkopf / Anova Image Library
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Alanis Morissette, "You oughta know" (1995)

Der Song der Kanadierin hat es in sich: Sie singt nicht nur darüber, wie sie ihrem Freund im Kino einen geblasen hat und er kurz darauf mit ihr Schluss machte, sondern lässt ihrer Wut über den Ex auch noch freien Lauf: "Es war ein Schlag ins Gesicht, wie schnell ich ersetzt wurde. Denkst du an mich, wenn du sie vögelst?"

Wie einst bei Carly Simon rief der Song heftige Spekulationen darüber hervor, wer denn nun besungen wurde. Es fanden sich...

Foto: Getty Images
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...gleich mehrere Kandidaten: Viele vermuteten hinter dem Adressaten den Schauspieler Matt LeBlanc (links im Bild, bekannt als Joey Tribbiani in "Friends"), der 1991 im Video zu Morissettes Single "Walk Away" mitgespielt hatte. Als Inspirationsquellen wurden außerdem Musikproduzent Leslie How und Eishockeyspieler Mike Peluso gehandelt.

Auch ihr Ex-Freund David Coulier (rechts), bekannt aus der Sitcom "Full House", brachte sich ins Spiel. Die Sängerin bestätigte zwar, dass es sich bei der Geschichte aus dem Song um eine wahre Begebenheit handelte, verriet aber nie den Protagonisten.

Foto: Getty Images
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