Ölkrise 1973 Die Autos blieben in der Garage

Sonntag ohne Autostress: An den vier verkehrsfreien Sonntagen im November und Dezember 1973 spazierten Fußgängergruppen wie der vom Schwäbischen Alpverein (Foto) über autofreie Autobahnen. Was war das entspannt, als

Platz da, jetzt kommen wir: Auf der verkehrsfreien Königsallee in Düsseldorf tummelten sich Rollschuhfahrer.
Roland Scheidemann/ picture-alliance / dpa

Schock über die Macht der Scheichs: Der Opec-Boykott offenbarte den Europäern schlagartig ihre Abhängigkeit von Öl aus dem Nahen Osten. Magazine wie der SPIEGEL brachten Titelgeschichten.
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Haben Sie eine Fahr-Genehmigung? Polizei kontrollierte (wie hier am Autobahnkreuz Köln-Nord) die vereinzelten Fahrzeuge auf Straßen und Autobahnen, denn nur Bürger mit Sondergenehmigung durften ihre Autos benutzen, zum Beispiel Ärzte. Am 25. November erwischte die Polizei im gesamten Bundesgebiet 1300 Personen ohne Fahrberechtigung; am folgenden Sonntag waren es nur noch 222.

Autobahnen ohne Autos: So wie die Fahrbahnen am Autobahnkreuz Duisburg-Kaiserberg (Foto vom 2. Dezember, dem zweiten verkehrsfreien Sonntag) blieben die Straßen der Bundesrepublik 1973 viermal leer.

Straße frei für Radler: Am autofreien 25. November 1973 radelten die Schöneberger Sängerknaben über den Berliner Kurfürstendamm...

...bei weniger gutem Wetter an den folgenden drei Dezember-Sonntagen spazierten vor allem Fußgänger über Westberlins bekannteste Straße. Denn Radfahrer-Wetter war das nicht gerade.

Echte Pferde statt PS: In einigen Großstädten der Bundesrepublik stiegen Familien für ihren Sonntagsausflug vom Auto um in die Pferdekutsche.

Partytime: Auf einer Autobahn hatten diese Leute am autofreien Sonntag ein Zelt aufgebaut.

Straßenkünstler auf der Autobahn: Passanten auf einer Brücke bewundern Jugendliche, die ihre Graffiti mitten auf die Fahrbahn malen. So etwas war nur an den autofreien Sonntagen während der Energiekrise von 1973 möglich.

Boomzeit für Sprit-Hamsterer: Angst vor dem Ende aller Öllieferungen aus dem Nahen Osten trieb viele Autobesitzer zu Panikkäufen. Dieser Mann füllt seinen Kofferraum an einer Frankfurter Tankstelle mit Benzinkanistern.

Fatale Folgen des Ölboykotts: Etliche Tankstellen waren nach Panikkäufen trocken. Diese Freie Tankstelle in Düsseldorf warb immerhin noch für ihre Waschanlage.

Hundegespann statt Pkw: Ein Fotograf knipste an einem autofreien Sonntag in der Bundesrepublik zwei Männer, die sich wie Grönländer mittels vereinten Hundekräften fortbewegetn.

Kutschen als Alternative: Am 25. November 1973 fuhren diese Gespanne zu einer Tankstelle in Bonn. Benzin brauchten sie eher nicht, aber im Shell-Shop gab es ja auch anderes zu kaufen.

Benzin ausverkauft: Aufgrund von Benzinmangel als Folge von Hamsterkäufen mussten viele Tankstellen in der Bundesrepublik schon vor den autofreien Sonntagen schließen. Das Foto entstand in Stuttgart am 18. November 1973, eine Woche vor dem totalen Fahrverbot.

Drehen am Ölhahn: Scheichs, die einen Ölhahn zudrehen, wurde das bildliche Symbol für die Energiekrise aufgrund des Embargos der arabischen Staaten. Tatsächlich gibt es Tausende von Ölhähnen - und bei denen handelt es sich vielmehr um Räder, mit denen Rohre geöffnet oder verschlossen werden. Das Foto von 2007 zeigt einen Arbeiter aus einer Raffinerie in der Nähe von Basra (Irak) beim Öffnen einer Ölleitung.

Atomkraftwerke als Folge der Ölkrise: Um die Abhängigkeit vom Erdöl zu verringern, begann 1973 in westlichen Staaten die Suche nach alternativen Energiequellen. Die Bundesregierung verabschiedete noch im Dezember ein Sechs-Milliarden-Mark-Programm für den Bau von 40 Kernkraftwerken. Das Foto von 1977 zeigt Polizisten und Sicherheitsanlagen vor dem Bau des Schnellen Brüters in Kalkar.

Demo gegen Fahrverbot: Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) organisierte am 25. November 1973 in Essen einen Umzug gegen das am 19. November verfügte Sonntags-Fahrverbot.

Araber greifen zur Ölwaffe: Auf einer Konferenz der Erdöl exportierenden Staaten (OPEC) am 17. Oktober 1973 in Kuweit beschlossen die arabischen Länder ihre Exporte in die westliche Welt zu drosseln. Sie wollten damit die meist pro-israelisch eingestellten Staaten zwingen, im Jom-Kippur-Krieg Position für die arabische Seite zu beziehen.

Schon vor Ausbruch des Krieges im Oktober hatten die OPEC-Staaten auf ihrer Konferenz im April 1973 in Wien den Westen gewarnt, dass sie die Menge des täglich geförderten Öls verringern könnten.

Schlüsselfigur Feisal: Dass der Boykott schließlich zustande kam, lag am saudi-arabischen König Feisal (im Foto rechts, mit US-Außenminister Henry Kissinger). Der konservative Monarch hatte Embargopläne stets blockiert und galt deshalb als "Tankwart der Amerikaner". Während des Jom-Kippur-Krieg änderte Feisal seine Haltung.

Gaudi am autofreien Sonntag: Mitglieder eines westdeutschen Kegelclubs amüsieren sich am 25. November 1973 auf einer Fahrrad-Sonderanfertigung auf der verkehrsfreien Bundesstraße.

Totale Ruhe an der Grenze: Am Autobahn-Kontrollpunkt von West-Berlin zur DDR auf der Transitstrecke in die Bundesrepublik gab es am 25. November 1973 keinen Verkehr. Denn in West-Berlin wie im Bundesgebiet galt an diesem Sonntag das Fahrverbot der Bonner Regierung.

Fahrt mit einer Pferdestärke: Dieser Mann in Nürnberg verkleidete sich am autofreien Sonntag als Scheich und umging das Energiespar-Fahrverbot, indem er seinen Wagen von einem Pferd ziehen ließ.

Ölstratege Scheich Jamani: Saudi-Arabiens Ölminister Ahmed Saki el-Jamani (im Foto links, mit dem britischen Außenminister Sir Alec Douglas und mit Beland Abdessalam, Algeriens Minister für Industrie und Energie) pflegte während des sogenannten Ölkriegs freundschaftliche Kontakte zu den westlichen Staaten. Dem SPIEGEL sagte Jamani bei einem Gespräch auf dem Höhepunkt der Krise: "Es tut mir sehr leid, was gegenwärtig in Europa geschieht. Doch daran sind die Israelis schuld."

Leere Straßen, leere Brücken: Ein einsamer Radfahrer überquert an einem autofreien Sonntag 1973 die Kennedy-Brücke in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn. Autobesitzer mussten ihre Fahrzeuge zu Hause lassen.