Lost Places Die Schlachtfeld-Insel

Die attraktivere Seite: Die Kinmen-Inseln genießt heute die Freiheitsrechte des von der Militärdiktatur zur Demokratie gewandelten Taiwans. Doch Taiwan ist weit weg - anders als das kommunistische China mit seinen leuchtenden Fassaden. Als es 1949 nach dem chinesischen Bürgerkrieg zur Teilung kam, geriet Kinmen ins Zentrum des Konflikts.

Alles streng geheim: Selbst Taiwans Bevölkerung wusste lange nicht, was auf der Inselgruppe vor der Küste Chinas vor sich ging. Die Kinmen-Inseln waren jahrzehntelang militärisches Sperrgebiet.

Das Eiland des Krieges: Landungssperren aus Stahl und Beton an Kinmens Küste sollten eine Invasion aufhalten.

Wie ein Maulwurfsbau: Der größte Teil der Militäranlagen befand sich unter der Erde, erkennbar nur an Ausgucken wie diesem.

Bis zu 100.000 Soldaten waren zeitweise auf Kinmen stationiert, die große Mehrheit auf der Hauptinsel. Die meisten Camps und Tunnel hat die Armee inzwischen aufgegeben. Einige können besichtigt werden.

Chenggong-Tunnel am Südstrand: Unterirdische Gänge mit einer Gesamtlänge von 560 Metern verbanden in dieser Anlage Kommandoposten, Geschützstände, Schlafsaal, Küche und diverse Lageräume.

Versteckte Wasserstraße: Der Zhaishan-Tunnel, zwischen 1961 und 1966 an der Südküste Kinmens in den Fels geschlagen, hat die Form eines A. Kleine Militärboote konnten hineinfahren, von außen unbeobachtet be- und entladen werden und den Tunnel wieder verlassen, ohne wenden zu müssen.

Jiugong Tunnel: Einen ähnlichen versteckten Hafen gibt es auch auf Kinmens kleine Schwesterinsel Little Kinmen. Bis zu 52 Boote konnten darin anlegen. Sie lieferten Lebensmittel und militärische Güter. Im Tunnel befand sich außerdem ein Krankenhaus.

Der Feind befand sich stets in Sichtweite. Von Little Kinmen bis zur chinesischen Küste sind es nur zwei Kilometer.

Panzer in Deckung: 1958 verfügte Taiwans Armee lediglich über 55 Panzer, in den Folgejahren stieg die Zahl auf über 700. Die US-Armee lieferte, was sie nach dem Korea- und Vietnamkrieg nicht mehr brauchte.

Tarnfarbene Türmchen, Bunker und Ausgucke gibt es bis heute an fast jeder Ecke auf der Hauptinsel und der viel kleineren Schwesterinsel.

Unter Beobachtung: Meist sind sie Teil einer größeren Anlage - doch das erschließt sich oft erst auf den zweiten Blick oder nachdem man den Eingang gefunden hat.

Kaktushaube: Verlassenes Wachtürmchen am Strand

Wimmelbild: Auf den ersten Blick kaum zu erkennen - im Vorgarten verstecken sich Ausgucke und Schießscharten.

Riesenlautsprecher an der Klippe von Beishan: Mit diesem Kasten schickte Taiwan in den Siebzigerjahren täglich seine Propaganda zum Festland. Die richtige Windrichtung machte es möglich.

Gesendet wurde aus dem Inneren der drei Stockwerke hohen "Schallmauer", die aus 48 einzelnen Lautsprechern bestand.

Panzer stehen noch heute am Strand. In der Ferne sind die Hochhäuser der chinesischen Küstenstadt Xiamen zu erkennen.

Mit der technischen Entwicklung verloren die Küsteninseln ihre militärische Bedeutung. Die Armee zog sich zurück und überließ der Zivilbevölkerung ihre Festungen und Tunnel. Viele sind heute als Teil des Kinmen-Nationalparks zu besichtigen. Der Eintritt ist frei.

Die Bewohner Kinmens waren vom Wehrdienst befreit, hatten aber Aufgaben in der Zivilverteidigung. Auch für sie gab es Schutztunnel, wie hier in Qionglin. Am Eingang hängen Fotos aus dieser Zeit. Die Karte zeigt die Lage der schmetterlingsförmigen Insel vor der chinesischen Küste.

Der Zivilschutztunnel unter der Inselhauptstadt Jincheng wurde 1978 errichtet und hat eine Länge von mehr als 2,5 Kilometern. Er verbindet Geschäfte, den Busbahnhof, den Keller der Bezirksregierung, den Sitz der Kuomintang, das Gymnasium und diverse andere Einrichtungen unter der Stadt.

Bombensicher: Der 1976 erbaute 1400 Meter lange Tunnel unter Qionglin war von den Dorfbewohnern regelmäßig während der Bombardements genutzt worden. Er hatte zwölf Ein- und Ausgänge und verfügte für den Fall, dass der Aufenthalt länger dauern sollte, sogar über einen Brunnen.

Einschusslöcher in einem Haus in Beishan. Hier hatte sich 1949 ein Vorauskommando der Kommunisten verschanzt, als Maos Volksbefreiungsarmee versuchte, die Insel zu erobern. Sie scheiterte. Es blieb die einzige Invasion.

Um eine Invasion der Chinesen zu verhindern, hatte Taiwans Armee vor allem an den Stränden seiner Küsteninseln zahlreiche Landminen gelegt - zum Schaden für die einheimische Bevölkerung. Es gab zahlreiche Tote und Verletzte.

Auch die Räumung der Minen forderte Todesopfer. Ein Museum auf Little Kinmen zeigt die verschiedenen Versionen der heimtückischen Waffe.

Noch Arbeit für Jahre: Der Schmied Tseng-Dong Wu verarbeitet die Hülsen von Propaganda-Granaten - zu Küchenmessern (siehe Video im Text).

Die Idee entstand während der Kriegszeit, als es auf der Insel keinen anderen Rohstoff gab als den Munitionsstahl, den die Chinesen durch ihren Dauerbeschuss lieferten. Heute ist Wus Schauwerkstatt eine Touristenattraktion, seine Messer sind beliebte Souvenirs.