Stimmen über Preußen "Steif, heuchlerisch und scheinheilig"

Friedrich der Große (1712-1786; hier auf einem SPIEGEL-Titelbild von 1991):
- "In meinem Staate kann jeder nach seiner Fasson selig werden."
- "Preußen wird sich zum ersten Staate Deutschlands, vielleicht Europas emporentwickeln."
- "Ich lebe hier in einem Lande, wo man die Physik der Metaphysik vorzieht." (Brief an Voltaire)

Honoré Gabriel du Riqueti, Graf von Mirabeau (1749-1791), französischer Staatsmann und Publizist:
- "Andere Staaten besitzen eine Armee. Preußen ist eine Armee, die einen Staat besitzt."
- "Preußen ist in einer Kanonenkugel geboren worden. Das Lebensgesetz Preußens ist der Krieg."

Heinrich Heine (1797-1856): "Widerwärtig, tief widerwärtig war mir dieses Preußen, dieses steife, heuchlerische und scheinheilige Preußen, dieser Tartuffe unter den Staaten."

Otto von Bismarck (1815-1898):
- "Preußen ist wie eine neue Wolljacke: Es kratzt ein bisschen, hält aber warm."
- "Revolutionen machen in Preußen nur die Könige."

Theodor Fontane (1819-1898): "Von Potsdam aus wurde Preußen aufgebaut, von Sanssouci aus durchleuchtet. Die Havel darf sich einreihen in die Zahl deutscher Kulturströme."

Konrad Adenauer (1876-1967): "Wer Berlin zur neuen Hauptstadt macht, schafft geistig ein neues Preußen."

Golo Mann (1909-1994): "Eine romantische Verherrlichung des Krieges lag den Königen von Preußen nicht; sie waren mit Kriegen so sparsam wie mit allem anderen."

Marion Gräfin Dönhoff (1909-2002): "Für Preußen - das alte Preußen - hatte der Staat stets etwas mit Metaphysik zu tun. So war es im 18. Jahrhundert mit der Staatsräson, und so war es zu Beginn des 19. Jahrhunderts bei den Reformern. Fast könnte man meinen, bei diesem Preußen, das durch Maßhalten und geistige Konzentration charakterisiert ist, sei es in erster Linie um die Verwirklichung einer Idee gegangen und nicht so sehr um das Gemeinwesen."

Michel Tournier (*1924): "Preußen dauerte 246 Jahre, einen Monat und eine Woche. Es ist leicht, die Fakten der Anklage gegen die Preußen, die Geschichte machten, zusammenzustellen. Man kann aber auch, und das ist gerechter, diesen Staat lobpreisen. Er brachte den uneigennützig dienenden Beamten hervor. Und man weiß, daß sich die Idee des Pflichtbewusstseins in Kants Moral und im Begriff des kategorischen Imperativs niederschlug. Es gibt viel Grund und reichlich Stoff für eine 'preußische Bilanz'."

Johannes Rau (1931-2006): "Preußen - dafür steht der Schlesier Gerhard Hauptmann genauso wie der Rheinländer Heinrich Heine, der Märker Otto von Bismarck wie der Kölner August Bebel, die Königsbergerin Käthe Kollwitz wie die Wuppertalerin Else Lasker-Schüler, der Berliner Max Liebermann wie der Märker Theodor Fontane, der Westpreuße Kurt Schumacher wie der Kölner Konrad Adenauer, die Ostpreußin Marion Gräfin Dönhoff wie der Berliner Sebastian Haffner."

Marcel Reich-Ranicki (*1920): "Ich war Schüler eines preußischen Gymnasiums, und ich bedauere dies nicht. Preußen, das bedeutet für mich Kleist, Schinkel und Fontane, Kant und Hegel, Mommsen und Ranke. Aber dazu gehören auch die Juden, von Moses Mendelssohn und Rahel Varnhagen bis zu Max Liebermann, Alfred Döblin und, man wird sich wundern, auch Kurt Tucholsky. Daraus geht ja schon hervor, dass Preußen für mich in viel höherem Maße ein geistiger Begriff ist und kein geographischer, kein territorialer."

Ralph Giordano (*1923): "Preußen steht für Tugenden und aufklärerische Ideen, aber spielt auch in der Geschichte des deutschen Imperialismus eine unrühmliche Rolle."