Studentenproteste "Keine Stimme ohne uns"

Laut, kraftvoll aber friedlich protestierten am Dienstag mehrere Tausend Studenten aus ganz Deutschland in Leipzig gegen Studiengebühren, Zulassungsbeschränkungen und für mehr Mitsprache. Im Neuen Rathaus tagte am Montag und Dienstag die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) unter Leitung ihrer Präsidentin Margret Wintermantel. Im Vorfeld sagte sie,...

...die Studenten seien "zu ungeduldig", schließlich korrigiere man den Bachelor bereits. HRK-Chefin Wintermantel reagierte gereizt auf die Kritik der Studenten, einige seien zwar "dialogbereit", andere aber "politische Krawallmacher". Sie wiederholte das Mantra, die HRK sei die "Stimme der Hochschulen". Die Studenten sehen das anders...

...und würden lieber für sich selbst sprechen. "Keine Stimme ohne uns! Für eine demokratische Bildungspolitik" lautete das Leipziger Demo-Motto, das auf die Eigendarstellung der HRK abzielte. Die Studenten fühlen sich an ihren Unis gegängelt und zu wenig ernst genommen.

Schon am Montag erschreckten die Studenten den Leipziger Rektor Franz Häuser und das HRK-Präsidium, als sie spontan das Foyer des Rektorats besetzten. Auch am Demo-Dienstag grüßten die Besetzer tausende vorbeilaufende Kommilitonen aus dem ersten Stock.

Eine machtvolle Demonstration in München, ganz ohne Geschrei und Pfiffe, nur mit überkreuzten Hände als Zeichen für: "Da sind wir anderer Meinung." Am Montag bereiteten die Studenten der LMU dem bayerischen Wissenschaftsminister Heubisch (FDP) im besetzten Audimax einen frostigen Empfang. Immerhin: ein Minister, der hingeht, wo die Studenten sind.

Hochschulrektorenkonferenz (HRK)

Protesttag: In rund 50 Städten gingen Studenten auf die Straße, um gegen Studiengebühren und für bessere Studienbedingungen zu demonstrieren. mehr...

Eine der größten Demonstrationen fand in Berlin statt. Die Demonstranten trafen sich vor dem Roten Rathaus - nach Angaben der Veranstalter 12.000, laut Polizei 6000. Sie zogen vor die Humboldt-Universität, in der schon seit der vergangenen Woche Hörsäle besetzt sind.

In Düsseldorf gingen rund 4000 Studenten auf die Straße. Neben Forderungen nach mehr Geld für Bildung...

...durfte natürlich das symbolische Zu-Grabe-tragen derselben nicht fehlen, bei Studenten-Demos immer gern genommen.

In München waren die Protestierer etwas kreativer und rissen eine "Bildungsblockade" aus Pappkartons ein.

Am vergangenen Mittwoch waren in der bayerischen Landeshauptstadt Studenten von der benachbarten Kunsthochschule in das Audimax der LMU gezogen - und blieben dort.

In Bielefeld bewies eine Studentin bei der Demonstration am Dienstag Bastelgeschick und verkleidete sich als Roboter.

Auch in Wien, wo die Protestwelle begann, gingen am Dienstag Studenten auf die Straße.

In Wiesbaden versammelten sich Demonstranten vor dem hessischen Landtag und protestierten gegen die Bildungspolitik.

Vor berühmter Kulisse schwangen in Köln rund 5000 Studenten Banner und Plakate, um gegen Campusmaut und Bologna-Reform zu protestieren.

So ein Protest will erst mal organisiert sein: In Hamburg überlassen die Studenten nichts dem Zufall.

Die Studenten malten fleißig Plakate, sprühten Forderungen und, ganz wichtig, verabschiedeten Erklärungen.

Die Solidarität, das betonen die Studenten wo es geht, ist groß - an der Humboldt Universität Berlin offenbar besonders mit den Kommilitonen in Heidelberg.

Die Aktionsformen ähneln sich bundesweit: Die Studenten besetzen Hörsäle wie an der Uni Stuttgart, diskutieren ihre Forderungen und Ziele,...

...übernachten in der Uni,...

...organisieren Feldküchen und...

...malen Transparente wie im Audimax der Uni Marburg.

Proteste in der Hauptstadt: An der Freien Universität und an der Humboldt-Universität hielten Studenten schon vergangene Woche Hörsäle besetzt.

Und sie sind gekommen, um zu bleiben - das gleiche Bild in vielen Städten Deutschlands. Noch immer hängen an der HU in Berlin Plakate und Transparente.

Was die Studenten der HU Berlin machen, können wir schon lange - dachten sich die Kommilitonen in Duisburg und hängten ein Transparent vor die Tür.

Strrrr...ike! Die Fäuste hoch - ein Foto der Boxlegende Muhammad Ali auf einem Protestplakat in der Humbolt Universität in Berlin.

Die Proteste reichen von Nord bis Süd, von West nach Ost, von Aachen, wo eine Gruppe Studenten schon vergangene Woche einen Hörsaal besetzte, bis...

...nach Greifswald. Die Forderungen der Studenten: mehr Geld für Bildung, keine Studiengebühren, mehr inneruniversitäre Demokratie - und Solidarität mit anderen Besetzern, auch im Nachbarland Österreich. Dort hatten die Proteste vor vier Wochen in Wien begonnen.

Auch in Greifswald übernachteten 20 Studenten in der vergangenen Woche mit Schlafsäcken in der Uni.

Tief im Süden: Wie in gut 35 anderen deutschen Städten protestieren Freiburger Studenten und Schüler für bessere Studienbedingungen.

Madame Einflusslos: Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) äußerte teilweise Verständnis für das Anliegen der Studenten. "Den Punkt der Verbesserung der Lehre teile ich." Bei der Umsetzung der Hochchschulreform habe es handwerkliche Fehler gegeben. Ändern kann und wird sie indes wenig. In Bildungsfragen hat der Bund nichts zu sagen, denn die Bildung ist Ländersache. Die Länder allerdings sehen bei der Bachelor-Reform eher die Hochschulen selbst in der Pflicht - und so wandert der Schwarze Peter reihum.