Milchviehaltung in der Preiskrise Eine Kuhlturfrage

Judith Siebers auf ihrem Hof in Kleve am Niederrhein: 750 Kühe hält sie unter einem gut durchlüfteten Dach. Angesichts schwankender Milchpreise müsse der Betrieb Risikovorsorge machen. "Klagen zählt nicht", sagt sie.

2009 begann sie den Betrieb von 140 Kühen zu vergrößern und investierte mehrere Millionen Euro - unter anderem in einen riesigen Stall. Bio kam für sie dabei nicht infrage. "Ich möchte durch meine Produktqualität überzeugen und nicht, weil jemand, der seine dritte Flugreise gemacht oder das zweite Auto fährt, sein ökologisches Gewissen mit Biolebensmitteln wieder bereinigt", sagt sie.

Im mit Stroh gepolsterten Abkalbestall warten die Kühe auf die Geburt ihrer Kälber - nur danach geben die Kühe Milch. Im Hintergrund lässt sich eine Kuh von einer Bürste massieren.

Die weiblichen Kälber werden zu Milchkühen großgezogen, Bullenkälber kommen in die Mast - und liefern Kalbsfleisch.

Melkkarussell: Mit einem automatischen Gattersystem finden die Kühe nach dem Melken wieder zurück in ihre Gruppe.

Siebers mit Silage-Futter: Das Grundfutter baut die 43-Jährige selbst an, das Gros des Kraftfutters stamme aus der Region.

Ahnengalerie auf Judith Siebers Gut Endhuisen: Seit Jahrzehnten werden dort Milchkühe gezüchtet - ihre Hochleistungskühe geben rund 10.000 Kilogramm Milch pro Jahr.

Andreas und Franz-Josef Driller auf der Weide ihres Biohofs in Altenbeken: "Uns ist wichtig, dass eine große Futtermenge auf der Weide aufgenommen wird", sagt Andreas Driller. Siebers hätte dafür außerhalb des Stalls gar keinen Platz.

Angesichts des höheren Preises für Biomilch stellen Hunderte konventionelle Betriebe ihre Produktion um. Was sich dabei mehr lohnt, hängt vom Einzelfall ab.

Die Umstellung ist für die Betriebe auch ökonomisch eine zusätzliche Belastung. "Die Windkraft war eine wichtige Stütze", sagt Driller. In seine aktuell zwei 2,3 Megawatt-Anlagen investierte er rund sieben Millionen Euro.

Der Markt für Biolebensmittel wächst stärker als die Biolandwirtschaft. Mehr als ein Drittel der in Deutschland verbrauchten Biomilch muss laut Agrarmarkt Informationsgesellschaft (AMI) derzeit importiert werden.

Käse auf Drillers Hof: Nur rund zweieinhalb Prozent der in Deutschland produzierten Milch wird ökologisch hergestellt. Er vermarktet sie wie einige Ökobauern zum Teil auch selbst - etwa als Käse auf Wochenmärkten.

Melkroboter: Seit eine 3D-Kamera die Euter scannt und die Maschine die Zitzen automatisch melkt, sind die Tiere zutraulicher. Die Milch werde durch die 170.000 Euro teure Technik aber auch um zwei Cent pro Kilo teurer.

Fütterung mit frischem Kleegras: Was, falls auch der Biomilchpreis wieder schwankt? Gegen ein Überangebot Öko-Milch sei deshalb auch "ein vernünftiger konventioneller Milchpreis wichtig", sagt Franz-Josef Driller. Nur rund 2,5 Prozent der in Deutschland produzierten Milch stammt von Biohöfen.

Die Tür zur Weide steht den Tieren offen: "Ich könnte mich nicht damit anfreunden, einfach mehr Tiere zu haben", sagt Bauer Andreas Driller. Gerade im bergigen Süddeutschland fehlt hierfür vielerorts der Platz.

Wie auf dem konventionell arbeitenden Hof werden auch in Altenbeken die Kälber getrennt von ihren Mütter aufgezogen. Trotz der billigen Milch, die die Siebers und andere konventionelle Milchbauern produzieren, sieht Driller keine Konkurrenz: "Frau Siebers hat eine ganz andere Struktur in der Region als wir und ihr Weg ist dort auch nachvollziehbar."