Schwindeleien auf Wikipedia Diese Geschichten sind ein Witz

Auch du, Flavius? Kein Hoax hielt sich länger: Acht Jahre und einen Monat war in der englischsprachigen Wikipedia zu lesen, dass ein römischer General namens Gaius Flavius Antonius an der Ermordung Julius Cäsars beteiligt gewesen war. Im Jahr 44 vor Christus soll er dafür im Auftrag Marcus Antonius' von einem männlichen Prostituierten ermordet worden sein. Historische Belege dafür, dass der General jemals gelebt hat, existieren jedoch keine.
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Das Gemälde von 1865 stammt von Karl Theodor von Piloty und zeigt Gaius Julius Cäsar im Moment vor seiner Ermordung.

Vom Studenten zum Bürgermeister: Um im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit die Schwächen von Wikipedia aufzuzeigen, ernannte sich der Harvard-Student Chen Fang am 11. Februar 2005 kurzerhand zum Bürgermeister der chinesischen Millionenmetropole Yinchuan. Mehr als sieben Jahre blieb die Täuschung unentdeckt. Noch heute warnt die Website der Eliteuniversität anhand dieses Beispiels davor, sich auf Wikipedia-Einträge zu verlassen.
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Neue Apartmenthochhäuser in Yinchuan, 18. April 2013

Deutschrock im Absturz: Schon einmal von der in Deutschland überaus beliebten Band Tillery gehört? Nicht? Kein Wunder. Denn die gab es nie. Dennoch konnte man von November 2005 bis Mai 2012 auf Wikipedia nachlesen, dass sämtliche Bandmitglieder und ihre Crew bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen seien. Laut der Internet-Enzyklopädie war die Gruppe gerade auf dem Weg zu einem Auftritt in der Lester Concert Hall in Manchester - doch auch die ist reine Fiktion.
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Symbolbild eines Flugzeugabsturzes mit einem Sanitäter im Vordergrund

Konfliktpotential: Von 1640 bis 1641 soll es im Norden Goas zu einer bewaffneten Auseinandersetzung zwischen Portugiesen und Anhängern des Marathen-Reiches gekommen sein. Wie der Wikipedia-User ShelfSkewed herausfand, basierte der umfangreiche Artikel zu dem sogenannten Bicholim-Konflikt jedoch auf Quellen, die frei erfunden waren. Im Dezember 2012 - fünf Jahre, nachdem er von Wikipedia als "guter Artikel" eingestuft worden war - wurde der Beitrag gelöscht.
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Die Karte von 1905 zeigt den indischen Subkontinent im Jahr 1760.

Propaganda und Posaunen: Fünf Jahre und zwei Monate war ein englischer Scherzartikel online, in dem vom Reichskorps der Posaunen zu lesen war. Hierbei handelte es sich angeblich um eine Gruppe parteitreuer Posaunenbläser, die unter Anleitung Joseph Goebbels für den Nationalsozialismus Wagner und Strauss aufspielten. Fiktive Musikernamen wie Ündrew Vekhars und Wilhelm VanDuzor hätten bereits früher Verdacht erregen können, jedoch brachte erst der anonyme Hinweis eines Studienfreundes der Urheber Licht ins Dunkel.
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Propagandaminister Joseph Goebbels während einer Rede am 16. August 1941.

Der Football-Star, der keiner war: Unglaublich, aber wahr: Obwohl unzählige US-Amerikaner Football über alles lieben, dauerte es mehr als vier Jahre, bis einem von ihnen auffiel, dass es sich bei dem Wikipedia-Eintrag über den Spieler Martin Coleman um reine Fiktion handelte. Der 1988 in Newark, New Jersey, geborene Coleman soll sowohl für die Clemson Tigers, die Pittsburgh Panthers als auch für die Oakland Raiders angetreten sein. Gesehen hat ihn jedoch niemand.
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Pittsburgh Panthers im Heimspiel gegen Notre Dame, 24. September 2011

Erdachter Denker: Anaxiphales, ein vorsokratischer Philosoph und Anhänger Heraklits soll sich im Jahre 337 v. Chr. viele Gedanken um die zyklische Natur der Zeit gemacht haben. Auffällig nur, dass der 2005 online gestellte Artikel davon spricht, dass Anaxiphales zeitlebens Schwierigkeiten gehabt habe, seine Theorien zu untermauern - genau wie sein Wikipedia-Eintrag, der ebenfalls vollkommen haltlos ist.
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Das Gemälde von Johann Heinrich Tischbein dem Älteren zeigt Heraklit.

Insel im Nichts: Auch wer die Internet-Enzyklopädie dazu verwendet, seinen Urlaub zu planen, sollte vorsichtig sein. Die Beschreibung der indonesischen Insel Bunaka verheißt ein Paradies auf Erden: Dort soll es Fischerdörfer geben, es wird nach Perlen getaucht, und seltene exotische Vögel fliegen durch die Lüfte. Misstrauisch wurden Wikipedia-Benutzer jedoch angesichts der für ihre geografische Lage ungewöhnlichen Schwankungen der Wassertemperatur von -15 bis 35 Grad Celsius. Und sie hatten recht: Bunaka gibt es nicht.
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Foto von der Bucht auf St. John, Virgin Islands

Zum Esel gemacht: Ein Videospiel, in dem man die Rolle eines Esels übernimmt, der sich auf die Suche nach seiner Herkunft begibt? Klingt charmant. Leider ist der Titel "Wander Donkey" für den Nintendo DS niemals erschienen. Wie ein anonymer Anrufer beim IdleThumbs-Podcast gestand, handelte es sich dabei um nichts als ein Gedankenspiel, dem er aus Spaß einen Wikipedia-Artikel gewidmet hatte. Noch heute finden sich auf mehreren Gaming-Websites Einträge zu der fiktiven Esel-Simulation.
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Das Bild ist eine Fotomontage.

Der Fall Yuri Gadyukin: Um ihrer Pseudodokumentation über den erfundenen sowjetischen Regisseur Juri Gadjukin mehr Glaubhaftigkeit zu verleihen, verfassten zwei britische Filmemacher 2009 einen Wikipedia-Artikel, der Leben und Werk Gadyukins beschrieb - bis hin zu seiner Ermordung im November 1960. Auch eine Website, ein gestelltes YouTube-Video und ein Wikipedia-Eintrag zu einem ebenfalls erfundenen Bukarester Filmfestival sollten den Eindruck von Authentizität verstärken. Wikipedia-Autor Jaroslav Blanter kam den beiden jedoch auf die Schliche. Der Eintrag verschwand im März 2013.
Den Wikipedia-Eintrag zu Juri Gadjukin können Sie
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nachlesen und das gestellte YouTube-Video sehen Sie
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Das Foto zeigt die Hoax-Website
yurigadyukin.com
über den erfundenen Filmemacher.

Höhlenforschung: Wer sich auf die Suche nach den angeblich im Ashdown Forest in Sussex verborgen liegenden Höhlen von Crowborough begibt, wird enttäuscht werden. Obwohl die Website www.crowborough-caves.org.uk sie als beliebte Touristenattraktion anpreist und sogar mit Bildern von uralten Wandmalereien lockt, sind die Höhlen nirgends zu finden. Der Wikipedia-Artikel hielt sich immerhin ein Jahr und drei Monate.

Haarige Angelegenheit: Wer hat Ende des 19. Jahrhunderts die Brennschere zum Glätten widerspenstiger Haare erfunden? Je nachdem, welcher Quelle man Glauben schenkt, war es entweder Erica Feldman oder Ian Gutgold. Beides stimmt nicht. In einem Wikipedia-Eintrag, der die wahre Urheberin Madam C. J. Walker aufführte, wurde ihr Name 2006 zunächst durch Erica Feldman und später durch Ian Gutgold ersetzt. In beiden Fällen handelte es sich um einen Schülerstreich. Die Falschinformation fand ihren Weg in zahlreiche weitere Nachschlagewerke im Internet, darunter Yahoo Answers.

Sprachfehler: Eine vom Aussterben bedrohte Sprache, die nur noch von 20 Menschen gesprochen wird? Und das ausgerechnet in Newport Beach, einer der wohlhabendsten Städte Kaliforniens? So unwahrscheinlich das klingen mag: Ein entsprechender Eintrag zur nicht existierenden Sprache Balboa Creole French war beinahe zweieinhalb Jahre in der englischen Wikipedia zu lesen. Ein Blog-Artikel listet sie noch heute als äußerst seltene Sprache auf.

Karriereschub: Man kann es ja mal versuchen. Um seinem trostlosen Job in einem Callcenter zu entfliehen, dichtete sich der Schotte Alan Mcilwraith eine Laufbahn beim Britischen Heer - inklusive Ritterschlag - an. Am 5. Oktober 2005 veröffentlichte er einen Wikipedia-Eintrag, der ihn als Helden feierte. Auf einem Foto war er in einer auf Ebay ersteigerten Uniform zu sehen. Nach drei Wochen flog der Schwindel auf. Eine Zeitung stellte ihn als Betrüger bloß. Mcilwraith verlor Job und Verlobte, nicht jedoch seine Freude am Identitätswechsel: 2007 gab er sich als Magier aus, 2009 als Millionär.
Den Wikipedia-Eintrag können Sie
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La-Di-Da: Laut Wikipedia-Eintrag vom Juli 2005 handelte es sich beim Ladedaism um eine noch junge Denkströmung, die zur Zeit der Jahrhundertwende aufblühte. Ihre Mitglieder, so der Artikel, fühlten sich dem Absurden verpflichtet und sahen nur wenig Sinn in der menschlichen Existenz. Als die Philosophie ein Jahr später als Fake enttarnt wurde, gab es durchaus betrübte Stimmen. Ein Twitter-User schrieb: "Ich bin so traurig [...] Ich war begeisterter Anhänger."
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Auf Sand gebaut: Auch die deutschsprachige Wikipedia ist auf einige überzeugende Täuschungen hereingefallen. Am längsten hielt sich mit beinahe sechs Jahren ein Eintrag zur Kunstfigur Kuno Krissler (1894 bis 1986), einem Architekt, dessen kühne Entwürfe sogar in einem Buch veröffentlicht wurden. Urheber dieses ausgeklügelten Hoax ist die Internationale Kuno-Krissler-Gesellschaft, die auf ihrer
Website
proklamiert: "Kuno Krissler lebt!" Erster Vorsitzender ist der Architekt Hubert Schelle, der vermutliche Zeichner der Krissler-Skizzen.
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Aus der Bahn geworfen: Für die Dauer von acht Monaten konnte man auf Wikipedia vom traurigen Schicksal des deutschen Schriftstellers Friedrich-Johann Biermann (1851 bis 1896) erfahren. Der sei angeblich ein glühender Anhänger Immanuel Kants gewesen, bis ihn eine Begegnung mit dem Philosophen Friedrich Nietzsche in tiefe Depressionen gestürzt und schließlich in den Selbstmord getrieben habe. User Gestumblindi veranlasste 2005 die Löschung des Eintrags, da außerhalb von Wikipedia kein einziger Beweis für den Leidensweg Biermanns zu finden war.
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Das Bild ist ein Zusammenschnitt zweier Fotos der Philosophen Immanuel Kant, links, und Freidrich Nietzsche.

Von der Rolle: Dreimaliger Vizemeister und einer der bekanntesten deutschen Rollhockey-Vereine der achtziger Jahre. Keine Frage, die Mitglieder des RHC Monteith Fürth allen voran Mannschaftskapitän Oliver Däumler könnten stolz auf sich sein. Wenn es sie jemals gegeben hätte! In Tabellen der Rollhockey-Ligen fehlt von dem Club jede Spur. Am 1. April 2003 online gestellt, blieb die offensichtliche Fälschung drei Jahre lang unentdeckt.
Den Wikipedia-Artikel zu RHC Monteith Fürth können Sie
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nachlesen und den Artikel über Oliver Däumler
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Einsteins unbekannter Freund: Während seines Aufenthalts in Mailand soll der junge Albert Einstein mit dem 1880 geborenen Pietro Saponaro befreundet gewesen sein. Der so sein Wikipedia-Eintrag habe bereits im Alter von acht Monaten sprechen gelernt, und sei mit fünf Jahren Meister im Drachenspiel geworden. Ein Genie wie Einstein also? Eine verwandte Seele? Mitnichten. Auch Saponaro reiht sich ein in die Reihe jener fiktiven Gestalten, die in der Wikipedia herumgeistern.
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Das Bild zeigt den späteren deutschen Physiker 1893 im Alter von 14 Jahren.

Kalter Vulkan: Auch als Vulkanforscher kann man sich auf Wikipedia nicht ohne weiteres verlassen. Zunächst erweckte dieser Eintrag über den in Mexiko gelegenen Kía Tutàcel den Eindruck von Authentizität. Erst im Dezember 2009, drei Jahre nach seiner Veröffentlichung, kam heraus, dass ein Vulkan dieses Namens nicht existiert. Ein anonymer User bekannte sich 2011 im Fake-Museum der deutschen Wikipedia dazu, den Vulkan aus einer Partylaune heraus gemeinsam mit Freunden erfunden zu haben: "Das war etwas, durch das man sich immer an den Abend erinnern konnte."
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Falscher Wilhelm: Die Redakteure von SPIEGEL ONLINE mussten am 9. Februar 2009 feststellen, wie trügerisch Wikipedia als Quelle sein kann. An diesem Tag wurde Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jakob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg als neuer Wirtschaftsminister der Regierung Merkel bekanntgegeben. Doch ein anonymer Wikipedia-Nutzer hatte zwischen die zahlreichen Vornamen noch einen "Wilhelm" geschummelt, den SPIEGEL ONLINE übernahm. Der Fehler wurde bemerkt und es folgte eine Richtigstellung.
Karl-Theodor zu Guttenberg bei einer Rede am 12. Dezember 2011 in Brüssel