
Bundesrepublik spielerisch: Willkommen im Neuschwanstein-Land!
Bundesrepublik spielerisch Willkommen im Neuschwanstein-Land!
Fragen gibt's, die sollte man vielleicht besser nicht beantworten.
"Was ist Deutschland?" ist eine davon.
Aber in einer kleinen Stadt tief im Süden des Landes gibt es Leute, die haben eine Antwort gefunden, weil sie eine finden mussten. Sie arbeiten in Ravensburg und stellen Spiele her, unter anderem Memorys, unter anderem das Deutschland-Memory.104 Kärtchen, 52 Bilder, ein Land: Deutschland. Wie sieht es aus? Was ist deutsch? Zu sehen sind, zum Beispiel, die Würzburger Residenz und das Schweriner Schloss, das Segelschiff "Gorch Fock" und ein ICE 3, reife Dornfelder Weintrauben und eine ausladende Eiche, der Eulenspiegel-Brunnen in Mölln und das Leipziger Bach-Denkmal.
Alle Motive sind einleuchtend, aber keines davon ist zwingend.
Für Lothar Hemme, den Redakteur dieses Spiels, war die Auswahl eine Knobelarbeit. Er wollte Bauwerke und Kultur, Industrie und auch Lebensart zeigen und viele Regionen berücksichtigen. "Das erste Raster war Nord/Süd, Ost/West", sagt Hemme. Sein Deutschland wurde am Ende mehr Provinz als Metropole. Er hat sich für die Lüneburger Heide und die Sächsische Schweiz entschieden; aber die Frankfurter Skyline oder der Hamburger Hafen kommen nicht vor.
Nur zwei Motive waren für Hemme "gesetzt": Schloss Neuschwanstein und das Brandenburger Tor. So also sieht das Land aus, wenn man es auf zwei Bilder reduzieren muss: ein klassizistisches preußisches Stadttor aus dem 18. Jahrhundert, das zum Symbol für Teilung und Wiedervereinigung wurde.
Und ein romantisches Märchenschloss aus dem 19. Jahrhundert, das unvollendet über das Voralpenland ragt und für 172 Tage Wohnsitz des bayerischen Königs Ludwig II. war. Deutschland, das ist feierliche Strenge und ein bisschen Wahnsinn.
Das von Lothar Hemme gestaltete Spiel ist die Version 3.0, es kam 2006 auf den Markt. 1985 war das erste Deutschland-Memory erschienen, sieben Jahre später brachte der Verlag eine modernisierte Fassung heraus.
In der Version 3.0 ist nur weniges noch so wie Mitte der achtziger oder Anfang der neunziger Jahre. Von Ravensburg aus gesehen, hat die Republik sich gewaltig verändert.
Verschwunden sind, logischerweise, das Fünf-Mark-Stück und die DDR-Briefmarke. Aber auch der Gartenzwerg und der Nussknacker fehlen im aktuellen Bilderreigen, ebenso der grünberockte Polizeiwachtmeister und der Schornsteinfeger, die Käthe-Kruse-Puppe und das Porzellan-Sparschwein.
Nur sechs Motive haben die Jahrzehnte überdauert: die Wartburg, der Schäferhund, die alemannische Fastnachtsmaske, das frisch gezapfte Glas Bier, das Reetdachhaus und Neuschwanstein. Ein Heimatmuseum in sechs Bildern.
Das Brandenburger Tor fehlte 1985 noch. Im Kalten Krieg, sagt Hemme, war das Bauwerk, das auf Ost-Berliner Boden stand, "politisch problematisch".