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Für das Publikum in Uniform: Stars und Sternchen an der Front

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Amerikas Truppenunterhalter Sexbomben und Spaßkanonen

An der Front wurde gestorben, im Camp wartete der Glamour. Anfang der vierziger Jahre wurde die Uso gegründet. Marilyn Monroe, John Wayne, Bruce Willis - hunderte Stars wurden von der Entertainment-Organisation in Kriegsgebiete geschickt, um die Truppenmoral zu heben. einestages zeigt die legendärsten Auftritte.

Der Bräutigam war nicht angetan von den Plänen seiner Braut. Sie wollte für eine spontane Einladung zu ein paar Shows die Flitterwochen unterbrechen, er wollte in Tokio bleiben. Sie wollte ihrer Heimat einen patriotischen Dienst erweisen, er fand das zu gefährlich. Sie setzte sich durch, und so flog die glamouröseste Ehefrau ihrer Zeit am 16. Februar 1954 in ein Land, das vom Krieg gezeichnet und geteilt war: Korea.

Als Marilyn Monroe an diesem kalten Wintertag in Seoul landete, wartete schon ein Helikopter, um sie ins Landesinnere zu bringen. Die Schauspielerin und Sängerin, 27 Jahre alt und frisch verheiratet mit der Baseball-Legende Joe DiMaggio, wollte in den kommenden drei Tagen vor US-Soldaten auftreten, die im Koreakrieg gekämpft hatten. Doch der spontane Abstecher wurde zu einem Wendepunkt in ihrem Leben: Monroe wurde zum ersten Mal klar, wie berühmt sie wirklich war. "Ich dachte nie, ich könnte auf Menschen Eindruck machen - bis ich nach Korea kam", gab sie später zu. Die zehn Shows sollten sich so in Monroes Gedächtnis brennen, dass sie immer wieder davon schwärmte. Den Soldaten GIng es nicht anders.

Feldwebel Herb Helpingstine erinnerte sich noch Jahrzehnte später an einen der Auftritte. Tausende Soldaten hätten die blonde Frau einfach nur angestarrt, erzählt Helpingstine, der damals 20 Jahre alt war, in einem Interview. "Stellen Sie sich lauter junge Männer vor, die seit Monaten keine Frau gesehen haben. Und dann kommt diese wunderschöne, dralle Blondine auf die Bühne." Die Absperrseile gaben unter dem Druck der Männer nach, die alle nach vorne drängten. "Wir schauten sie an und träumten", berichtete Helpingstine. 100.000 Soldaten hatten die Monroe am Ende gesehen - und ihr Kurztrip nach Korea wurde zum berühmtesten Truppenbesuch in der Geschichte.

30.000 freiwillige Helfer

Ein Star, ein bisschen Heimat, Sehnsucht, eine schöne Frau, das alles verkörperte Marilyn Monroe für die GIs. Und genau aus diesem Grund war sie auch eingeladen worden - von der United Service Organisation (Uso), die für das GI-Unterhaltungsprogramm verantwortlich war. Das hatte vor Monroe schon mit Marlene Dietrich wunderbar funktioniert, die im Zweiten Weltkrieg "Lili Marleen" trällerte und damit die US-Boys ausflippen ließ. Heimatgefühl in der Fremde, das war der Auftrag der Uso, und natürlich, "die Moral der amerikanischen Truppen zu heben", wie es US-Präsident Franklin D. Roosevelt bei der Gründung vor genau 70 Jahren forderte.

Roosevelt hatte in Folge des Zweiten Weltkriegs unter dem Dach der Uso sechs zivile Organisationen zusammengebracht, darunter die Heilsarmee, den Christlichen Verein junger Männer (YMCA) und das Jüdische Wohlfahrtsamt. Sie sollten Spenden sammeln, um die moralische Aufbauarbeit zu finanzieren. Diese fand bald in immer mehr Uso-Zentren und Clubs statt, die den GIs eine "Heimat außerhalb der Heimat" sein sollten. Allein in den Jahren zwischen 1941 und 1947 fanden 428.521 Shows mit mehr als 7000 Unterhaltern statt. Und noch heute leisten jedes Jahr 30.000 freiwillige Helfer Dienst für die Uso, die Einnahmen für 2009 bezifferte die Organisation auf fast 250 Millionen US-Dollar.

Entertainment und Erbauung, Patriotismus und Prominenz - das ist der simple Mix, mit der die privat finanzierte Bespaßungsorganisation seither jeden Krieg mit US-amerikanischer Beteiligung begleitet hat. Ob in Vietnam, Irak, Afghanistan oder eben Korea, immer sehnten sich Soldaten nach ein bisschen Abwechslung, Besinnung, nach Spaß. Und immer gab es Promis, die der Einladung der Uso folgten. Sei es, weil sie gerade einen neuen Film promoten wollten oder aus tief empfundenem Patriotismus zu den USA.

Der Witzekönig aus England

Marlene Dietrich, Tochter eines deutschen Polizisten, war angewidert vom Hitler-Regime in die Staaten emigriert - und trug stolz die Uniform Eisenhowers, als sie 1944 auf den Schlachtfeldern des Zweiten Weltkriegs vor den GIs sang. 2003 rief Bruce Willis den Soldaten auf dem US Airfield in Bagdad zu: "Wenn ihr Saddam fangt, gebt mir vier Minuten allein mit ihm!" Auch er trug als Zeichen seiner Verbundenheit eine Uniform: einen Fliegeroverall der U.S. Air Force.

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Zwischen beiden Auftritten lagen fast sechzig Jahre und Millionen Shows, die die Uso in ihren Camps für die Soldaten organisierte. Und nur ein paar Wochen vor Willis' Trip nach Bagdad war der Mann gestorben, der gefühlt die allermeisten dieser Veranstaltungen moderiert hatte: Bob Hope. Niemand prägte die Geschichte der Uso so wie der Komiker, der die Truppen schon im Zweiten Weltkrieg mit seinen Witzen unterhielt und später in Korea, Vietnam oder Kuwait auf der Bühne stand. Auch er: in Uniform.

Hope, in England geboren, war mit seinen Eltern als Fünfjähriger in die USA ausgewandert. Über seine Herkunft machte sich der Mann, der schon als Zwölfjähriger Fußgänger in Cleveland unterhielt, gern lustig: "Ich bin schnell aus England geflohen, als ich merkte, dass sie schon einen König hatten." 1932 moderierte er beim Fernsehsender CBS, berühmt wurde er aber beim Konkurrenten NBC, für den er ab 1951 Weihnachtsspecials präsentierte. Ab 1966 wurden diese auch in Vietnam aufgezeichnet.

Golfschläger als Krücke

"Ich gehe nach Vietnam, weil es das Weiße Haus so will", erklärte Hope. Präsident Lyndon B. Johnson habe gesagt, "ein Krieg ohne meine Witze ist kein richtiger Krieg". Hunderte solcher Pointen bekamen die Soldaten während einer Show der Spaßkanone zu hören, die immer dann scharf schoss, wenn die Waffen mal schwiegen. "Where there's death, there's Hope" (Ein Wortspiel: Wo Tod ist, da ist auch Hoffnung; oder eben Hope), sagte er selbst zu seiner Dauerpräsenz in den Krisengebieten der Welt.

Hopes Einsatz in Vietnam und Thailand im Januar 1966 war sein erster an der Unterhaltungsfront seit dem Zweiten Weltkrieg. Und er wurde schmerzhaft. Bei einem Auftritt in der Korat Luftbasis verstauchte er sich den Knöchel, als er von der Bühne stürzte. Doch Hope humpelte zurück, in der Hand einen Golfschläger als Krücke, und witzelte weiter. 10.000 Soldaten gröhlten, als der Komiker das Vietnam-Bombardement der US Air Force "das beste Slum-Sanierungsprojekt" nannte.

Doch in der Heimat stieß der Vietnamkrieg, der so viele GIs das Leben kostete, immer mehr auf Widerstand. Jane Fonda und Schauspielkollege Donald Sutherland reisten durch die USA, um gegen den Krieg zu mobilisieren. Die "Free the Army"-Tour wurde zum Gegenentwurf zur Uso um Bob Hope und Fondas Auftritt in der Hauptstadt Nordvietnams zum Skandal. "Hanoi-Jane" nannte die US-Soldaten Kriegsverbrecher.

Hollywood schickt seine größten Stars

Umso wichtiger war es, die ohnehin angeschlagenen Gemüter der Vietnam-Krieger aufzuhellen - und Stars für den Dschungel zu werben. Auch darin war Bob Hope ein Meister: Er überzeugte Jayne Mansfield, Sammy Davis Jr., Nancy Sinatra sang "These Boots are Made for Walkin'", und auch Western-Held John Wayne, der nie beim Militär gewesen war, ließ sich blicken. Neunmal trat Bob Hope an Weihnachten selbst in Vietnam auf - doch die Zahl der Uso-Shows blieb insgesamt sehr gering. Das lag vor allem an den Gefahren im Kriegsgebiet, die manchmal auch von den eigenen Leuten ausging.

Hope wollte auch eine Show auf der USS "Ticonderoga" geben. Während der Komiker und seine Crew an Bord des Flugzeugträgers waren, verfehlte eine Maschine der Navy das Landeseil und ging in Flammen auf. "Das bringt dir den Krieg nach Hause", zitierte "Newsweek" ein schockiertes Mitglied des Hope-Trosses, der eigentlich das Zuhause in den Krieg habe bringen wollen.

In der langen Geschichte der Uso bezahlten auch einige Stars ihren patriotischen Dienst mit dem Leben. So starb die Broadway-Sängerin und Schauspielerin Tamara Drasin 1943 bei einem Flugzeugabsturz vor Portugal. Ihre Kollegin Jane Froman saß in der gleichen Maschine und verletzte sich schwer. Nach zwei Jahren und 39 Operationen tourte sie erneut durch das kriegszerstörte Europa. Auf Krücken. Später heiratete sie den Co-Piloten, der ihr das Leben gerettet hatte.

Großes Kino war immer Teil der Uso, und nicht nur, weil die Geschichte der Jane Froman in den Fünfzigern von Hollywood verfilmt wurde ("With a Song from My Heart"). Seit dem Zweiten Weltkrieg hatte die US-Filmindustrie regelmäßig ihre größten Stars an die Front geschickt. Humphrey Bogart, James Stewart, Lauren Bacall oder Bette Davis machten den Anfang, in Korea folgten Monroe und Jane Russell, in Vietnam traten Ann-Margret oder John Wayne auf. Doch die Zeiten änderten sich und auch die Bereitschaft der Stars, sich in Kriegsgebiete und damit in Gefahr zu begeben.

Stars werden rar

Noch 2003 wurde in den internationalen Klatschblättern gemeldet, dass der US-Schauspieler Ben Affleck Weihnachten und Neujahr nicht mit seiner damaligen Freundin Jennifer Lopez verbringen, sondern stattdessen "US-Soldaten in der Golfregion unterhalten und ihnen seinen neuen Film 'Paycheck' präsentieren" wolle. Aber schon zwei Jahre später schrieb der englische "Guardian" ausführlich über die Verweigerungshaltung der Prominenz. Unter der Überschrift "Stars kehren US-Truppen im Irak den Rücken" war von den Schwierigkeiten der Uso zu lesen, bekannte Gesichter für ihre

Veranstaltungen zu gewinnen.

Nicht nur die Angst vor Anschlägen ist offenbar ein Grund, sondern auch die vor einer Stigmatisierung. "Die Stars wollen nicht als Kriegsbefürworter gesehen werden", wird Wayne Newton zitiert, der Nachfolger von Bob Hope als Chef der Uso-Talentsichtung. "Aber diese Männer sind dort drüben [im Irak], weil unser Land sie dort hingeschickt hat. Und es besteht die absolute Notwendigkeit, ihnen so viel Freude wie möglich zu machen."

Bob Hope hätte über die Angst der Stars wohl milde gelächelt. Gefährliche Situationen waren für den Mann, der 2003 mit 100 Jahren starb, ohnehin nur Anlass für neue Witze. Als in seinem Hotel in Saigon eine Bombe explodierte kurz bevor Hope eincheckte, kommentierte er lakonisch: "Es scheint, ich habe überall meine Kritiker." Seinen Auftritt sagte er nicht ab, er machte einfach weiter im Dienste seines Landes und der Uso.

Marilyn Monroe reiste nach ihrem Aufenthalt in Korea weiter nach Japan. Aber auch dort dachte sie nicht daran, sich in die Flitterwochen zu stürzen. Sie besuchte zunächst verwundete Soldaten.

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