
Angriff der Killertomaten Gemüse ist doch nicht gesund
Das Debüt geriet gleich zum großen Wurf: 1978 drehte der US-Regisseur John de Bello "Der Angriff der Killertomaten", einen C-Movie, der praktisch vom Start weg als einer der "schlechtesten Filme aller Zeiten" galt. Dieses Prädikat war jedoch keineswegs der Untergang für De Bellos Streifen, im Gegenteil. Es war die beste Reklame, die sich der Regisseur, Drehbuchautor, Produzent und Cutter in Personalunion nur wünschen konnte - bereits nach kürzester Zeit war sein Machwerk zum Kultfilm avanciert.
De Bello, der sich schon als College-Student mit einer Super-8-Kamera an der Urfassung des Themas versucht hatte, ließ sich nicht lange bitten und drehte 1988 die "Rückkehr der Killertomaten" und 1990 "Die Killertomaten schlagen zurück". "Killer Tomatoes Eat France" kam 1991 heraus, wurde aber nicht in deutscher Sprache synchronisiert.
Was kaum jemand weiß: Einer der Darsteller von "Die Rückkehr der Killertomaten" brachte es später zu Weltruhm und füllte ganze Kinosäle. Es war Georg Clooney ("From Dusk Till Dawn", "Ocean's 11"). Und für den ersten Killertomaten-Film sang ein gewisser Matt Cameron, gerade mal 15 Jahre alt, die Schnulze "Puberty Love". Cameron sollte später Karriere als Schlagzeuger der Band Soundgarden machen.
Inflationäre Rache der Natur
Dabei war John de Bellos Killertomaten-Reihe mit ihrer Thematik nicht allein: Ähnlich wie in Deutschland kamen Umweltschutz und ökologisches Bewusstsein in den siebziger Jahren auch in den USA erstmals auf die Agenda - die Rache einer durch die Menschen ausgebeuteten Natur wurde zum Filmstoff, es gab eine regelrechte Häufung von Filmen zum Thema. Allerdings vor allem im B-Movie-Segment: "In der Gewalt der Riesenameisen" ("Empire of the Ants", 1977), "Piranha" (1978) und "Mörderspinnen" ("Kingdom of the Spiders", 1977). In diesem Film, der als einer der Besten des Genres gilt, lässt ein Schädlingsbekämpfungsmittel die Spinnen ausrasten.
Die Story vom "Angriff der Killertomaten" ist schnell erzählt: In einem geheimen Forschungslabor der Regierung mutieren völlig normale Tomaten zu riesigen, intelligenten Killertomaten. Sie drehen durch und attackieren zuerst die Bewohner einer Kleinstadt, dann das ganze Land. Ausgerechnet der stümperhafte Special Agent Mason Dixon (David Miller) und sein ebenso unfähiger Kollege Wilbur Finletter (Steve Peace) sollen das Problem lösen. Die Regierung beauftragt außerdem eine PR-Firma mit dem Namen "Meinungsmache", die Öffentlichkeit von der Gutartigkeit der Tomaten zu überzeugen. Doch am Ende hilft es alles nichts, es kommt zum obligatorischen, massiven Gegenschlag gegen das renitente Gemüse.
Wie bei vielen anderen Filmen des Genres nährt sich auch die Faszination von "Angriff der Killertomaten" aus der eher unfreiwilligen Komik. Vollkommen sinnfreie Dialoge wie: "Guck mal, eine Riesentomate... Sie hat sich den kleinen Jimmy geschnappt... wusste gar nicht, dass Tomaten so groß werden... armer Jimmy...", oder: "Ich konnte diese flüchtende Tomate aufhalten" und "Die Tomaten planen die letzte große Schlacht! Wir sind im Krieg" kann man einfach nur mit Humor nehmen.
Unfähigkeit als Konzept
Ein Trash-Film entsteht dann, wenn verwackelte Kamera, schlechter Ton, unmögliche Kostüme, unpassende Drehorte, mangelhafte Requisiten zusammenfügt - und um eine schlechte Story, schlechte Schauspieler und schlechte Dialoge ergänzt werden. Dabei gibt es keine feste Regel, ob diese Konstellation vorsätzlich oder unbeabsichtigt herbeigeführt werden muss - die Filmgeschichte ist voll von erfolgreichen Beispielen für beide Herangehensweisen.
Als Meister des Trash-Films gilt bis heute Ed Wood. Sein "Plan 9 from Outer Space" aus dem Jahre 1959 wurde 1980 als "schlechtester Film aller Zeiten" mit dem "Golden Turkey" ausgezeichnet. Trashig ist ganz zweifelsfrei die Vorgeschichte zu "Plan 9 from Outer Space": Der Legende nach suchte Ed Wood Geldgeber für sein Filmprojekt und fand sie in einer Baptistengemeinde. Allerdings hatte der warme Regen zwei Bedingungen: Ed Wood sollte später einen Film über die Bibel drehen - und alle an "Plan 9 from Outer Space" Mitwirkenden mussten sich gemäß des Rituals der Gemeinde taufen lassen. Bis heute ist übrigens nicht abschließend geklärt, welcher von beiden Trash-Film-Philosophien Wood angehörte. Die einen halten alle seine immerhin 16 produzierten Machwerke für die größten Unfähigkeitsunfälle der Filmgeschichte, andere erkennen darin geniale Kunstwerke.
Ganz so weit würden selbst die eingefleischtesten Fans des gefräßigen Gemüses bei "Angriff der Killer-Tomaten" nicht gehen. Zwar soll es Anhänger geben, die den Film als eine Anspielung auf die Paranoia vieler Amerikaner zur Zeit des Kalten Krieges interpretieren - die roten Rächer als Sinnbild für die Russen. Andere wiederum meinen, in dem Machwerk die erste Anklageschrift gegen genmanipuliertes Gemüse zu erkennen.
Dabei fasst doch schon der Titelsong die ganze Botschaft zusammen: "Attack of the Killer Tomatoes. Attack of the Killer Tomatoes. They'll beat you, bash you, squish you, mash you, chew you up for brunch! And finish you off for dinner or lunch." Damit ist eigentlich alles gesagt. Fast alles. Denn angeblich feilen Kent Nichols und Douglas Sarine ("Ask a Ninja") an einem Script für eine Neuauflage. Und wenn es nach ihnen ginge, wäre auch George Clooney wieder dabei.