
Berliner Mauer: Vom Schandmal zur Ruine
Berliner Mauer Vom Schandmal zur Ruine
"Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten", diktierte der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht noch im Juni 1961 den Journalisten in die Blöcke. Kaum zwei Monate später, in den frühen Morgenstunden des 13. August 1961, riegelten DDR-Volkspolizisten die Grenze zwischen dem sowjetischen Teil Berlins und den Westsektoren ab. Bauarbeiter rissen unter Bewachung das Straßenpflaster auf, türmten Schutt-Barrikaden auf, rammten Betonpfähle in den Boden und zogen Stacheldrahtverhaue. Berlin war durch eine Mauer geteilt.
In der DDR-Propaganda hieß das Bauwerk "antifaschistischer Schutzwall" und sollte den jungen Staat vor "Abwanderung, Unterwanderung, Spionage, Sabotage, Schmuggel, Ausverkauf und Aggression aus dem Westen" schützen. Doch tatsächlich war es vor allem nach innen gerichtet, denn zehntausende Menschen hatten zuvor Monat für Monat das kleinere Deutschland verlassen. Dem "sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat" lief das Volk davon. Im Westen wurden die Grenzanlagen als "Schandmal" gebrandmarkt.
In den 28 Jahren, die sie stand, wandelte die Mauer immer wieder ihr Aussehen. 1963 ersetzten lange Betonplatten das erste Mauer-Provisorium, Anfang der siebziger Jahre wurden 3,70 Meter hohe Betonfertigteile mit aufmontiertem Rohr errichtet, die Mauer der achtziger Jahre war schließlich sogar noch einen halben Meter höher. 12.000 DDR-Soldaten bewachten sie im Osten und schossen bei Fluchtversuchen scharf aus ihren Kalaschnikow-Maschinengewehren. Im Westen pinselten Künstler und politische Aktivisten Graffitis und Parolen auf die riesigen freien Flächen mitten in der Stadt.
Meißel und Abrissbirnen
Wie viele Menschen an der Berliner Mauer starben, ist unklar, die Angaben bewegen sich zwischen 86 und mehr als 200 Mauertoten allein in Berlin. Das letzte getötete Opfer war der 20-jährige Chris Gueffroy, der im Februar 1989 am Britzer Verbindungskanal in Treptow bei einem Fluchtversuch erschossen wurde.
Das Ende der Mauer kam für fast alle Menschen dies- und jenseits der Grenzanlagen überraschend. "Die Mauer wird in 50 und auch in 100 Jahren noch bestehen bleiben", sagte der DDR-Staatsratsvorsitzende Erich Honecker noch Ende Januar 1989. Doch unter dem Druck der Massenflucht von DDR-Bürgern über Ungarn und die Tschechoslowakei in den Westen und dem Protest in der DDR öffneten die Behörden nach einer Kette von Abstimmungsproblemen am 9. November 1989 die Mauer. Der erste Schlagbaum hob sich um 23.14 Uhr an der Bornholmer Straße.
Ein Stück Mauer wurde nachgebaut
Die mächtige Berliner Mauer zerbröselte innerhalb weniger Monate. Zuerst unter den Meißeln Andenken-jagender "Mauerspechte". Dann, seit Juni 1990, planvoll und professionell unter den Abrissbirnen und Baggern von Soldaten. Bis November 1991 war sie vollständig aus Berlin und Brandenburg verschwunden.
Wer heute "original Berliner Mauer" sehen will, muss lange danach suchen. In Berlin steht allein im Ortsteil Mitte noch ein denkmalgeschützter Rest. Für die Gedenkstätte Bernauer Straße musste sogar ein Stück Mauer wieder errichtet werden.