Vorher-nachher-Fotos Berlin mit und ohne Mauer
Berlin feiert sich und seine Geschichte einmal mehr: An diesem Montag ist Zirkeltag. Zirkel was?
Wie groß das Ereignis ist, machte der Sender RBB deutlich. Er zählte in einem "Zirkeltag-Countdown" die Tage herunter, als steuerten wir auf die nächste Millenniumswende zu. Auch "Zirkeltag-Gewinnspiel" und "Zirkeltag-Sondersendungen" durften auf keinen Fall fehlen.
Für alle Nicht-Berliner: Es ist heute exakt 28 Jahre, zwei Monate und 26 Tage her, dass die Mauer fiel. Und die Mauer stand exakt 28 Jahre, zwei Monate und - Sie ahnen es - 26 Tage. Sie ist also genauso lange fort, wie sie da war. Haben Sie das eigentlich mal für Ihre früheren Beziehungen durchgerechnet?
Am 13. August 1961 der Mauerbau, am 9. November 1989 die Maueröffnung, am 5. Februar 2018 der Zirkeltag. Bei den Berlinern löst das Fehlen der Mauer sicher keinen Phantomschmerz aus. Aber vergessen wird die Stadt die Wunden dieser langen Trennung wohl nie - selbst wenn Grenzen vernarbten, Stadtteile zusammenwuchsen, die meisten Mauerstücke und Wachtürme verschwanden.
Es lohnt also zu schauen, wie sich Berlin verändert hat: Schieben Sie sich auf den Doppelfotos unten durch die Geschichte - nach links, nach rechts, dann sehen Sie einen Ort mit Mauer und ohne Mauer.
Falls Sie den Zirkeltag exzessiv feiern sollten: Für den Kater muss sich niemand entschuldigen. Denn morgen wird Berlin rechnerisch einen Tag länger vereint in Freiheit sein, als es zuvor durch Steine, Stacheldraht und Selbstschussanlagen getrennt war. Ab morgen hat die Mauer verloren.


Gemalte Freiheit: Sehen konnte man an der Waldemarstraße lange nur die Spitze der Berliner Sankt-Michael-Kirche. Die traurige Realität verschönerte der Panorama-Künstler Yadegar Asisi 1986 mit einem Gemälde auf der Mauer - und prangerte sie damit gleichzeitig an. Heute ist die Sicht auf die Kirche wieder frei.


Blick auf den Todesstreifen, Blick auf Grünstreifen: Die schwarz-rot-goldene Fahne wehte damals wie heute auf dem Reichstag, doch die Perspektive und die Gebäude haben sich stark verändert.


Ein Loch in der Mauer: Am 11. November strömten Tausende DDR-Bürger durch eine Lücke, die Bulldozer in der Eberswalder Straße gerissen hatte; endlich wollten sie den Westen erkunden. Von dieser Aufbruchstimmung im wahrsten Wortsinne ist am gleichen Ort Jahrzehnte später wenig zu spüren.


Über eine Brücke musst du gehen: Einst berühmt für diverse Agentenaustausche bei Nacht und Nebel kann heute jeder über die Glienicker Brücke fahren. Ausgetauscht werden höchstens noch Dieselabgase und Feinstaub.


Zerschnitten: DDR-Bürger flanieren 1968 auf der Eberswalder Straße und der Oderberger Straße, direkt vor der Berliner Mauer. Von der West-Seite ließ sich das von der Bernauer Straße beobachten. Heute ist von der Trennung hier nichts mehr zu erkennen.


Zerstören und erinnern: Der Turm der Berliner Versöhnungskirche, die direkt hinter der Mauer in Ostberlin lag, wurde im Januar 1985 gesprengt. Dem SED-Regime war die evangelische Kirche im Weg, weil sie im Todesstreifen stand und die Bewachung der Mauer störte. Nach der Wiedervereinigung wurde an dem Ort an diese geschichtsvergessene Tat erinnert.


Die Volksparty: Unvergessen bis heute die Aufnahmen von November 1989, als sich die Deutschen aus beiden Teile Berlins auf der Mauer vor dem Brandenburger Tor in den Armen lagen; zehn Jahre später fuhren Autos durch das Tor. So gesehen wurde es an selber Stelle ziemlich trist - auch wenn das Tor für den hier noch fotografierten Straßenverkehr seit 2002 gesperrt ist.


Checkpoint Charlie: Der legendäre Übergang zwischen dem einstigen US-amerikanischen und sowjetischen Sektor der Stadt ist 28 Jahre danach noch gut zu erkennen und bis heute ein Touristenmagnet.


Wut: Die Berliner Mauer 1984 in der Nähe des Potsdamer Platzes - "BRD-Verbrecherstaat" ist da zu lesen, und "Liebe". Jahrzehnte später haben sich die Emotionen deutlich abgekühlt.


Werbung statt Warnung: Auch der ehemalige Grenzübergang an der Heinrich-Heine-Straße wirkt heute gewöhnlich. Hier wurde einst der Waren- und Postverkehr zwischen den Stadthälften kontrolliert. Traurige Berühmtheit erlangte der Kontrollpunkt bei mehreren tragischen Fluchtversuchen: So durchbrachen im April 1962 drei Männer zwar erfolgreich die Schlagbäume mit einem Lastwagen; der angeschossene Fahrer starb aber noch vor Ort.


Mal eben rübermachen: DDR-Bürger am 9. November 1989 am Kontrollpunkt Invalidenstraße, nachdem die jahrzehntelang eisern bewachte Grenze plötzlich offen war. Heute stauen sich hier nicht aufgeregte Menschen, nur Autofahrer.


Bewachtes Denkmal, freies Denkmal: Das Brandenburger Tor, Symbol Berlins und seiner Trennung, fotografiert 1987 und 2014.


Blick zum Klassenfeind: Der Checkpoint Charlie 1982 und gut zwanzig Jahre nach der Wende.


Umzingeltes Monument: Wo einst kontrolliert wurde, rollen nun die Autos - die Berliner Mauer zwischen Scheidemannstraße und Brandenburger Tor. Das alte Foto wurde kurz vor der Wende aufgenommen, die neue Aufnahme aus gleichem Blickwinkel stammt von 2014.
Auch wenn es auf vielen Aufnahmen so wirkt: Komplett verschwunden ist die Mauer bis heute nicht. Die Bagger rückten, so klagen Historiker und Denkmalschützer, nach 1989 zwar viel zu schnell an und ließen besonders von der Mauer in ihrer frühen Form wenig übrig.
Mit Fotos von AFP, dpa, Reuters

Vergessenes Berliner Mauerstück: Der Fund seines Lebens
Doch manches übersahen die Abrissteams auch. Zum Beispiel in Pankow: Lesen Sie hier, wie ein Heimatforscher 80 Meter vergessene Mauer in einem Waldstück fand.