Geschichte-Podcast Partys, Drogen, sündige Shows – so wild feierte Berlin vor hundert Jahren
»Bin jetzt acht Tage in Berlin«, schrieb der französische Maler Fernand Léger, als er die Stadt in den Zwanzigerjahren besuchte, »habe nichts von der Nacht bemerkt.« Stattdessen, so Léger weiter, sehe man: »Licht um sechs Uhr, um Mitternacht, um vier Uhr, unaufhörlich Licht.«
Berlin elektrisierte damals nicht nur Lichtreklamen und Kinofassaden, Boulevards und Tanzpaläste wie keine andere Stadt Deutschlands – sondern auch die Kulturschaffenden und Vergnügungssüchtigen. Die Viermillionenmetropole galt damals nicht nur als größte Industriestadt Europas, sie war gewissermaßen Weltkulturhauptstadt.

Biegsam: »Schlangendame« in einem Berliner Gasthaus
Foto: Weltrundschau / ullstein bildBis heute wird das »Sehnsuchtsjahrzehnt« der Jahre um 1920 in Berlin gefeiert – auf Kostümpartys, mit historischen Tänzen und Musik, stilecht wie vor hundert Jahren. Mithilfe eines historischen Stadtführers entdeckte Fiona Ehlers, die selbst lange Jahre in Berlin lebte, ihre Stadt völlig neu. Allerdings, so sagt sie über die anhaltende Zwanzigerjahre-Nostalgie in der Hauptstadt: »Die Gefahr dieses Nachspürens ist, dass da auch ganz viel verherrlicht wird.«
Denn wo Licht war, waren natürlich auch Schatten: Während die einen glamourös feierten, litten viele andere Menschen bitteren Hunger und Not. Oft konnten sie sich in der grassierenden Arbeitslosigkeit nur über Wasser halten, indem sie sich prostituierten oder anderweitig illegalen Geschäften nachgingen. »Ein Nachgeschmack meiner Recherche war, wie furchtbar düster dieses Jahrzehnt auch gewesen sein muss«, sagt Fiona Ehlers.
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