

Auf seine eigene Beerdigung wäre George Best vermutlich nur zu gerne gegangen. Zehntausende Menschen tummelten sich am 3. Dezember 2005 auf den Straßen der nordirischen Hauptstadt Belfast. Wie Mauern standen seine Fans auf den Bürgersteigen. Ihr Held war tot, doch die Menge feierte, klatschte und grölte. Nie wieder würden sie ihm zujubeln können, doch sie warfen Schals, Blumen und Fotos auf die Haube des vorbeischleichenden schwarzen Trauerwagens, in dem - hinter Glas und in einem Holzsarg - der tote George Best lag. Bests Beerdigung war keine Trauerfeier, es war eine Trauerparty - und mehr als 100.000 Gäste waren gekommen.
Mit großen Partys kannte George Best sich aus. Über sich selbst sagte er einmal: "Ich habe viel von meinem Geld für Alkohol, Weiber und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest habe ich verprasst." 2000 erlitt Best seinen ersten schweren Leberschaden, 2002 musste ihm ein neues Organ eingepflanzt werden, er trank weiter, drei Jahre später war Best tot. Niereninfektion und innere Blutungen.
Bis heute gilt der Spielmacher aus Nordirland als die erste Stil-Ikone der europäischen Fußballgeschichte, eine Art Hybrid aus Spitzensportler und Spitzenmodel, Fußballer und Frauenheld, Playboy und Popstar. Fans und Journalisten tauften Best wegen seiner dunklen Pilzfrisur "den fünften Beatle".
Thomas Lötz und Reinaldo Coddou H. - der eine Sportjournalist, der andere Fotograf und Mitbegründer des Fußballmagazins "11 Freunde" - haben Best und anderen Popstars der Fußballgeschichte nun ein Denkmal gesetzt. In "Football Styler" erzählt Lötz Anekdoten, Skandale, Exzesse und Eskapaden der stil- und ballsichersten Charakter-Fußballer der vergangenen Jahrzehnte. Das Urteil seiner Bilderreise: Guter Fußball ist immer auch eine Frage des guten Stils.
Es ist schwierig zu sagen, wann genau aus einem Fußballer ein Idol der Popkultur, wann aus einem gut angezogenen Spieler eine Stil-Ikone wird - und was zuerst da war: Die Aufmerksamkeit für einen außergewöhnlichen Leistungssportler - oder die für eine außergewöhnliche Type. "Football Styler" erhebt daher auch "keinen Wert auf Vollständigkeit (...), geschweige denn große Erklärungen". Die Kapitel tragen Namen wie "Rauchen", "Mode", "Haare" oder "Autos". Einzig George Best, Günter Netzer, David Beckham und Cristiano Ronaldo wurden ganze Kapitel gewidmet. "Sie alle haben auf und abseits des Platzes etwas Eigenes geschaffen, das nachfolgende Stil-Generationen kopiert haben - oder zumindest als Grundlage genutzt haben", erklärt Thomas Lötz.
Günter Netzer, der erste deutsche Fußball-Popstar, war beispielsweise nicht nur auf dem Platz als "Mittelfeldmotor" berüchtigt: Netzer liebte schnelle Autos. Das Geld für seinen ersten Porsche, einen 911er Coupé, kratzte er eben so zusammen, weil er parallel Versicherungen verscherbelte und die Stadionzeitung herausgab. Als er dann 1971 in Mönchengladbach auch noch seine eigene Disco - die Lovers' Lane - eröffnete, soll sein Trainer damals gesagt haben: "Das ist das Ende."
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19.04.2021 12.49 Uhr
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Doch das Ende kam für Netzer so schnell nicht: Der "Schlappe", wie er genannt wurde, schoss in den folgenden zwei Jahren jeweils das "Tor des Jahres", 1973 wurde er mit der "Fohlen-Elf" Deutscher Pokalsieger, 1974 holte er mit der Nationalmannschaft die Weltmeisterschaft. 1973 zog es Netzer nach Spanien zu Real Madrid, wo auch nach ihm immer wieder Stil-Ikonen wie David Beckham und Cristiano Ronaldo anheuerten.
Mit einem Unterschied, wie Netzer 2012 in einem Interview erklärte: "In meiner Zeit gab es für Popstars keine Akzeptanz", sagte er. "David Beckham hatte es einfacher als ich."
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Sie waren berühmt, begehrt - und tranken, was da war: Klicken Sie sich mit einestages durch die Jahrzehnte und erinnern Sie sich an die beliebtesten Stil-Ikonen der Fußballgeschichte - und ihre größten Momente auf und abseits des Platzes.
Fußball-Frauenschwarm George Best relaxt 1972 an einem Pool in Marbella und nimmt einen Schluck aus seiner Bierflasche.
Der Archetyp des Pop-Fußballers
Name: George Best
Hat Kicken gelernt bei: Manchester United
Besondere Merkmale auf dem Platz: beidfüßiger Dribbelkönig, brandgefährlicher Siebener
Raucher: ja
Trinkfest: ja
Garage: Jaguar E-Type, Lotus Europa, Mercedes 300SE
Spitznamen: Fünfter Beatle, Georgie, Van Morrison des Rasens
Wo er war, konnten die Drinks und die Frauen nicht weit sein. Schon früh begann für George Best das Leben in Saus und Braus: Mit 17 wurde er Profi, mit 22 Pokalsieger mit Manchester und Europas "Fußballer des Jahres". Für sein zweites ManU-Spiel schloss Best mit dem Verein angeblich einen Deal. Der Club würde ihn aus seinem Weihnachtsurlaub in Belfast nach Manchester und später wieder zurück nach Nordirland fliegen - und Best würde im Gegenzug auf dem Spielfeld erscheinen. United akzeptierte und gewann die Partie mit 5:1. Mit auf der Torschützenliste: George Best.
Die Mähne
Name: Günter Netzer
Hat Kicken gelernt bei: Borussia Mönchengladbach
Besondere Merkmale auf dem Platz: Mittelfeldmotor; kommt plötzlich aus der Tiefe des Raums
Raucher: nein
Trinkfest: ja
Garage: Porsche 911, diverse Ferraris
Spitzname: Der Schlappe
Dass Günter Netzer es in den Siebzigern unter die Stil-Ikonen geschafft hat, hat er vor allem den Frauen zu verdanken. Dem Fußball-Magazin "11 Freunde" verriet Netzer neulich: "Ich hatte damals eine Freundin, sie war Künstlerin, hörte die Rolling Stones. Sie sagte zu mir: 'Dein Fassonschnitt, der sieht doch bescheuert aus!' Also ließ ich wachsen." Bis heute berate ihn seine Frau in Modefragen. Liebe Frau Netzer: Hoffentlich sehen wir ihren Mann bald wieder in solchen Outfits!
Günter Netzer 1971 in seinem Lokal La Laque
Das Raubtier
Name: Harald Schumacher
Hat Kicken gelernt bei: 1. FC Köln
Besondere Merkmale auf dem Platz: Vorsicht, wild!
Raucher: nein
Trinkfest: nein
Garage: Opel Kadett Irmscher
Spitzname: Toni
Toni Schumachers autogenes Training ging so: "Du bist der beste Torwart der Welt. Du wirst jeden Ball halten. Du bist ein Raubtier." So beschrieb es der Ausnahmetorhüter in seiner Enthüllungsbiografie "Anpfiff".
An das Raubtier Schumacher werden sich seine Fans vor allem wegen eines Spiels erinnern, das als "Nacht von Sevilla" in die Geschichte eingehen sollte: WM 1982, Deutschland traf im Halbfinale auf Frankreich, der gerade eingewechselte Patrick Battiston lief allein auf Schumachers Tor zu, der Keeper erreichte den Ball nicht mehr - und rannte seinen Gegenspieler im Flug brutal um. Battiston verlor seine Zähne, Schumacher sagte: "Wenn es nur die Jacketkronen sind, die bezahle ich ihm gerne."
Die französische Presse empörte sich über die "Schumacher SS" und "Toni Schumacher, Beruf Unmensch". Am Ende ging für Schumacher doch noch alles gut aus: Deutschland bezwang die Franzosen im ersten Elfmeterschießen einer WM. Und Battiston? Lud Schumacher zu seiner Hochzeit ein.
Katze auf der Haube
Name: Josef Dieter Maier
Hat Kicken gelernt bei: FC Bayern München
Besondere Merkmale auf dem Platz: katzenartige Sprungeinlagen, Rekordtorhüter
Raucher: nein
Trinkfest: Maier ist Niederbayer
Garage: Jaguar XJ
Spitznamen: Der Sepp, Katze von Anzing
Mit den heutigen Bundesliga-Stars würde Sepp Maier vermutlich nur ungern tauschen: "Wir konnten mit Bayern München zu Bundesliga-Spielen nach Frankfurt mit der Bahn fahren und wurden in Ruhe gelassen." Und die Medien erst: furchtbar! "Uns haben drei Journalisten begleitet."
Auch über seine magere Gage von monatlich 1800 Mark wollte Maier nie wirklich meckern: "Ein sehr gutes Gehalt, wenn man bedenkt, dass die Semmel nur ein paar Pfennig gekostet hat und der Liter Bier 25 Pfennig."
Die Marke
Name: Cristiano Ronaldo
Hat Kicken gelernt bei: Manchester United
Aktueller Verein: Real Madrid
Besondere Merkmale auf dem Platz: beidfüßig treffsicher
Raucher: nein
Trinkfest: nein
Garage: Maserati GranCabrio, Ferrari 599 GTO, Lamborghini Aventador
Spitznamen: CR7, CR9
Das Leben Cristiano Ronaldos ist ein ziemlich gut laufendes Geschäft. Ronaldo gibt es als Action-Figur zum Zusammenklappen, als Werbemaskottchen für Computerspiele, Schuhe und Edel-Unterwäsche, seine Initialen und Trikotnummern "CR7" und "CR9" sind schon lange eingetragene Markenzeichen. Laut "Forbes" hat er allein im vergangenen Jahr 42,5 Millionen US-Dollar verdient - sein Fußballer-Gehalt eingerechnet.
Seit mehr als fünf Jahren betreibt Ronaldo zwei "CR7"-Modegeschäfte, eines auf der Blumeninsel Madeira, ein anderes in Lissabon. Dieses Jahr ist außerdem eine Ronaldo-App erschienen - die das Leben des Stürmers wahlweise auf dem Platz, beim Angeln oder auf Cocktail-Galas verfolgt.
Der Scharfschütze
Name: Ashley Cole
Hat Kicken gelernt bei: Arsenal London
Aktueller Verein: Chelsea FC
Besondere Merkmale auf dem Platz: der wahrscheinlich offensivste Verteidiger der Welt
Raucher: ja
Trinkfest: ja
Garage: Mercedes-Benz SL63 AMG, Rolls Royce
Spitzname: Cashley
Für seine Kraftschüsse auf Tore ist Ashley Cole ja bekannt, im Februar 2011 sollte ein Chelsea-Praktikant aber auch Coles Scharfschützenqualitäten am eigenen Leib zu spüren bekommen: Mit einem Luftgewehr Kaliber 22, der stärksten frei verkäuflichen Waffe in England, schoss Cole damals den 21-jährigen Tom Cowan an, die junge Aushilfskraft musste ins Krankenhaus. Coles Entschuldigung: "Ich dachte, das Gewehr wäre nicht geladen" - vielleicht doch besser beim Fußball bleiben.
Ashley Cole posiert 2006 mit seiner damaligen Gattin Cheryl vor einem Rolls Royce.
Der Metro
Name: David Beckham
Hat Kicken gelernt bei: Manchester United, Real Madrid
Besondere Merkmale auf dem Platz: Bälle, die meterweit flllooooogeeen!
Raucher: ab und zu - trotz Asthma
Trinkfest: nicht besonders
Garage: Lamborghini Gallardo, Jeep Wrangler, Caddilac Escalade
Spitznamen: Becks
Er hat die heutige Generation gutaussehender Fußballer geprägt wie kein anderer - und seit 2002 hat David Beckhams Eitelkeit auch einen Namen: "Metrosexuell". Auch wenn der Autor Mark Simpson den Begriff genau genommen schon acht Jahre vorher einmal benutzt hatte, war plötzlich ein neuer Typus Mann geboren: "Der typische Metrosexuelle ist ein junger Mann mit viel Geld, der in oder in der Nähe einer Metropole lebt - weil es dort die besten Klamottenläden, Clubs, Fitnessstudios und Frisöre gibt." Zuletzt jettete Becks mit seiner Spice-Girl-Gattin Victoria nach Los Angeles, Mailand und Paris, wo er kickte - und sie Mode machte. Mittlerweile ist Beckham 38, sieht immernoch aus wie 28 und hat seine aktive Fußballerkarriere an den Nagel gehängt.
David und Victoria Beckham bei den MTV Movie Awards 2003 in Los Angeles
Darling der Medien
Name: Iker Casillas (der mit der "1" auf dem Rücken)
Hat Kicken gelernt bei: Real Madrid
Besondere Merkmale auf dem Platz: glänzende Reflexe auf der Linie und im Eins-gegen-Eins
Raucher: nein
Trinkfest: nein
Garage: Audi A6
Spitznamen: Topor
Häufig sind sie die eigentlichen Strippenzieherinnen im Hintergrund, die englische Regenbogenpresse hat ihrem Kollektiv längst die anonyme Abkürzung "Wags" - Wives and Girlfriends - verpasst, und doch geht jede Spielerfrau oder -freundin anders mit Ruhm und Blitzlichtgewittern um. Für die WM 2010 hat sich Sara Carbonero, Freundin des spanischen Spitzentorwarts Iker Casillas, eine ganz offensive Strategie überlegt: Die TV-Journalistin interviewte ihren Liebsten konsequent nach jedem Spiel. Nachdem Spanien am Ende die Weltmeisterschaft gewann, küsste Casillas seine Reporter-Freundin sogar vor laufender Kamera. Auch wenn objektive Berichterstattung anders aussieht: Die fast 15 Millionen Spanier, die an dem Abend "Telecinco" einschalteten, haben den Turteltauben nur zu gern beim Knutschen zugeschaut.
Der Engel
Name: Bernd Schuster
Hat Kicken gelernt bei: SV Hammerschmiede Augsburg, 1. FC Köln
Besondere Merkmale auf dem Platz: war seinen Gegnern mitunter drei Spielzüge voraus
Raucher: nein
Trinkfest: nein
Garage: unbekannt
Spitznamen: Der blonde Engel, Pantoffelheld
Er gewann 1980 die Europameisterschaft und spielte beim FC Barcelona, sie stand ihm stets zur Seite und verhalf ihm zu seinen Jobs in den Spitzenteams. Gaby Schuster darf sich rühmen, den Beruf der Spielerfrau in den Achtzigern quasi erfunden zu haben.
Schon früh überließ Bernd Schuster seiner Gattin das Geschäftliche, ohne seine Gaby sagte er lange Zeit gar nichts. Das brachte ihm später bei Bayer Leverkusen zwar den Spottnamen "Pantoffelheld", aber auch so manches stolze Sümmchen ein. Managerlegende Reiner Calmund sagte über Gaby Schuster einmal: "Ich hatte noch nie einen so harten Verhandlungspartner."
Bei seinen jetzigen Trainerengagements muss allerdings seine Lebensgefährtin Elena Bernd Schuster beraten. Der Fußballstar trennte sich 2011 von seiner Gaby.
Die Trainer-Ikone
Name: Joachim Löw
Hat Kicken gelernt bei: SC Freiburg
Besondere Merkmale auf dem Platz: rudert wild am Rand mit den Armen
Raucher: ja, aber nur in VIP-Lounges
Trinkfest: ja
Garage: Mercedes S 400 BlueHybrid
Spitzname: Jogi
90. Minute, das Hemd sitzt: Neben Taktieren und Delegieren kann Jogi Löw vom Spielfeldrand aus vor allem eins: gut aussehen.
Dabei hätte man zu Spielerzeiten nicht unbedingt vermutet, dass aus Löw einmal eine stilsichere Trainer-Ikone wird: Der Bundescoach kam Zeit seiner aktiven Profikarriere nie so richtig vom Zweitligisten SC Freiburg weg. Auch als es ihn für eine Saison nach Karlsruhe zog, wechselte Löw im Anschluss gleich wieder zurück in den Breisgau - und die zweite Liga.
Der Suchtbolzen
Name: Jack Charlton
Hat Kicken gelernt bei: Leeds United
Besondere Merkmale auf dem Platz: hechel, hechel!
Raucher: ja
Trinkfest: ja
Garage: unbekannt
Spitzname: Die Giraffe
Ach, was waren das für Zeiten! Während sich heute Bundestrainer zum Rauchen im VIP-Bereich verschanzen müssen, hat Jack Charlton in seinen Spielerjahren noch öffentlich jede Pause für ein paar Züge genutzt. Berühmt wurde dieses Bild des Engländers, auf dem Charlton - während des Trainings! - genüsslich vor sich hinqualmt.
Selbst mit dem Ende seiner aktiven Spielerkarriere riss Charltons Genusslust nicht ab: Ab Mitte der Achtziger trainierte der Engländer die irische Nationalmannschaft. Wie eine Doku aus dem Jahr 2009 enthüllt, betrank sich die Charlton-Elf regelmäßig vor wichtigen Spielen. Trotzdem führte der Trainer Irland 1990 erstmals zu einer Weltmeisterschaft. Na dann: Prost!
Der Dressman
Name: Franz Beckenbauer
Hat Kicken gelernt bei: FC Bayern München
Besondere Merkmale auf dem Platz: egal ob Libero oder Linksaußen - Beckenbauer konnte es
Raucher: ein Zigarrchen oder zwei
Trinkfest: ja
Garage: früher BMW 2800 CS, heute eher Mercedes
Spitzname: der Kaiser
Um den "Kaiser" und seinen Spitznamen konkurrieren zwei Theorien: Die eine sagt, dass Beckenbauer den Namen verpasst bekam, nachdem er 1968 für ein Fotoshooting in Wien neben einer Büste des österreichischen Kaisers Franz I. posierte. Die andere besagt, "Bild" habe den Namen ein Jahr später geprägt, als die Zeitung Beckenbauer als den "Kaiser der Nation" titulierte - in Anlehnung an Gerd Müller, den "Bomber der Nation".
Theorie hin oder her: Kaiserlich gekleidet hat sich Beckenbauer schon immer. Nicht nur in den legendären Beckenbauer-Shorts machte der "Kaiser" eine gute Figur, wie dieses Bild beweist.
Der Tiger
Name: Stefan Effenberg
Hat Kicken gelernt bei: Borussia Mönchengladbach
Besondere Merkmale auf dem Platz: locker sitzender Mittelfinger
Raucher: ja
Trinkfest: ja
Garage: VW Passat R32
Spitznamen: Effe, Tiger
Es war im Frühjahr 1994, Stefan Effenberg verdingte sich noch bei Borussia Mönchengladbach und Thomas Gottschalk zwischenzeitlich bei RTL. Ein Herz für Wetten hatte der Showmaster aber auch damals bereits. Also schlug ihm Effe diese vor: "Wenn Leverkusen Meister wird, lass ich mir einen Tigerkopf frisieren." Zu Gottschalk: "Dann musst du dir die Haare rasieren lassen, wenn Frankfurt Meister wird." Als Gottschalk zögerte, erhöhte Effenberg: "Okay, ich lass mir den Tigerkopf frisieren, wenn Bayern, Bremen oder Leverkusen Meister werden. Du bist dran, wenn es Frankfurt wird."
Top, die Wette galt. Wer als Verlierer aus dem Deal hervorging, wissen heute noch alle Zuschauer der Bundesliga-Saison 1994/1995.
Das Haar-mäleon
Name: Christian Ziege
Hat Kicken gelernt bei: FC Bayern München
Besondere Merkmale auf dem Platz: legendäre Reingaben, mittlerweile als Christian-Ziege-Gedächtnis-Flanke bekannt
Raucher: unbekannt
Trinkfest: unbekannt
Garage: unbekannt
Spitznamen: keinen
Langhaar-Mähne, Mittelscheitel, Bundeswehrlook, Glatze: Es gibt eigentlich kaum eine Frisur, die Christian Ziege noch nicht hatte. Zum Stutzen brachte er allerdings den Teamfotografen der Deutschen Nationalmannschaft im Februar 2002, als er mit dem ungewöhnlichen Irokesenschnitt zu einem Mannschaftsfotoshooting in Frankfurt-Heusenstamm vor dem Abflug der DFB-Auswahl nach Japan erschien. Dabei hatte eigentlich bereits ein paar Monate vorher David Beckham den Fußballer-Iro salonfähig gemacht.
Der Faire
Name: Robert Moore
Hat Kicken gelernt bei: West Ham United
Besondere Merkmale auf dem Platz: so gut wie keine Fouls
Raucher: ja
Trinkfest: unbekannt
Garage: unbekannt
Spitzname: Bobby
Er führte sein Heimatland 1966 zur Weltmeisterschaft und stand auf dem Platz, als die England-Elf mit ihrem Wembley-Tor ganz Deutschland düpierte.
Ansonsten ging der Frauenschwarm Moore mit seinen Gegnern in der Regel aber sehr human um: Pelé beschrieb den Außenverteidiger einmal als den wohl fairsten Spieler, gegen den er je spielen durfte.
Der Botschafter
Name: Kevin Kuranyi
Hat Kicken gelernt bei: VfB Stuttgart, FC Schalke 04
Besondere Merkmale auf dem Platz: "exzellenter Vollstrecker" (Zitat Rudi Völler)
Raucher: nein
Trinkfest: nein
Garage: unbekannt
Spitznamen: Kev
Stil ist sinnlos, wenn nichts dahintersteckt - das dachte sich vermutlich auch Kevin Kuranyi, als er 2003 eine ganz besondere Botschaft auf seinem Gesicht trug...
...ein Kinnbärtchen in Form eines Peace-Zeichens, mit dem Kuranyi auf einer Pressekonferenz der Nationalelf in Herzogenaurach erschien.
Der Zufall wollte es, dass sechs Tage vorher George W. Bush damit begonnen hatte, den Irak zu bombardieren. "Weil ich für den Frieden bin", so erklärte Kuranyi den Journalisten, habe er sein haariges Statement gemacht. Tatsächlich hatte der Stürmer sich das Demo-Bärtchen aber schon zwei Wochen zuvor gezüchtet.
Der Zopf Gottes
Name: Roberto Baggio
Hat Kicken gelernt bei: AC Florenz, Juventus Turin
Besondere Merkmale auf dem Platz: immer da, wo das Tor war
Raucher: unbekannt
Trinkfest: nein
Garage: unbekannt
Spitzname: Il Divin' Codino (das göttliche Zöpfchen)
Nicht nur seine Frisur machte Roberto Baggio in Italien berühmt. Baggio war auch bekannt für seine Torgefährlichkeit: 1993 wurde er zum Weltfußballer des Jahres gewählt, nachdem er im UEFA-Pokal im Halbfinale und Finale fünf Tore in zwei Spielen schoss. In der Saison 1997/98 erzielte der Stürmer bei Bologna außerdem 22 Tore in 30 Spielen - da war der Pferdeschwanz allerdings schon ab.
Den wohl wichtigsten Schuss seiner Karriere versemmelte Baggio aber: Im WM-Finale 1994 verschoss er den letzten Elfmeter und wurde zum Buhmann des Turniers. Bei solchen Rückschlägen half dem Spieler, den alle immer nur "Il Divin' Codino" (das göttliche Zöpfchen) nannten, aber wahrscheinlich sein innerer Frieden: 1985 konvertierte er zum Buddhismus.
Der linke Verteidiger
Name: Paul Breitner (rechts)
Hat Kicken gelernt bei: SV Kolbermoor, ESV Freilassing, FC Bayern München
Besondere Merkmale auf dem Platz: zweikampfstark, reaktionsschnell, enorm schussfreudig
Raucher: ja
Trinkfest: ja
Garage: hatte mal einen Bentley, für den er die Garage verbreitern lassen musste
Spitznamen: Paule
Nicht nur auf dem Platz galt Paul Breitner als Querkopf. Dem Offensivverteidiger, der den Großteil seiner aktiven Karriere im konservativen Bayern bei den Münchnern verbrachte, wurde nachgesagt, ein Revoluzzer, ein unbequemer Rebell, ja sogar ein Linker zu sein.
Das Image blieb, doch den Kampf gegen das Establishment scheint der heutige Sportfunktionär Breitner inzwischen aufgegeben zu haben: Zur WM 2010 unterschieb Breitner zwei Werbeverträge mit VW und McDonald's. Einem Branchenmagazin sagte er gut gelaunt: "Ich bin für diese Werbung geboren."
Der Vollausgestattete
Name: Jérôme Boateng
Hat Kicken gelernt bei: Hertha BSC
Aktueller Verein: FC Bayern München
Besondere Merkmale auf dem Platz: blitzschnell
Raucher: nein
Trinkfest: nein
Garage: Porsche Cayenne, Mercedes CLK 63 AMG, Bentley Continental GTC
Spitzname: JB17
Seine Hobbyliste klingt wie aus dem Poesiealbum: Zu Jérôme Boatengs liebsten Freizeitbeschäftigungen zählen Musik, Basketball, Kinobesuche und Shopping-Orgien. Bloß, dass der 25-Jährige sich wahrscheinlich das ein oder andere Accessoire mehr leisten kann als seine Altersgenossen. Allein seine Turnschuh-Sammlung soll 500 Paare umfassen. Bei fast 20 Millionen Euro Marktwert kann man das schon mal machen.
Der Ur-Schalker
Name: Olaf Thon
Hat Kicken gelernt bei: FC Schalke 04
Besondere Merkmale auf dem Platz: Libero-Mittelfeld-Allzweckwaffe
Raucher: nein
Trinkfest: nein
Garage: Mofa
Spitzname: der Professor
Es gibt Stil-Ikonen, die sich vor allem durch ihre lange Transferliste internationaler Clubs auszeichnen - und es gibt Olaf Thon: Abgesehen von einem sechsjährigen Bayern-Intermezzo, bei dem "der Professor" mal eben drei Meistertitel mitnahm, blieb Thon stets seiner Geburtsstadt Gelsenkirchen treu. Genau diese Bodenständigkeit - die sich auch in der Auswahl seiner Fortbewegungsmittel äußerte - brachte ihm während seiner Karriere viele Sympathien entgegen.
Kolumbiens Haarpracht
Name: Carlos Valderrama
Hat Kicken gelernt bei: Unión Magdalena, Deportivo Cali
Besondere Merkmale auf dem Platz: lupenreines Passspiel
Raucher: nein
Trinkfest: nein
Garage: unbekannt
Spitznamen: El Pibe (der Junge)
Bis heute gilt Carlos Valderrama als das Gesicht - und vor allem die Haarpracht - des kolumbianischen Fußballs. Dabei sah ein Großteil der Welt ihn das letzte Mal bei der WM in Frankreich vor 15 Jahren aufs Feld laufen. Dort war er vor allem für seine taktischen Pässe bekannt, die dem kompakten 74-Kilo-Mittelfeldspieler den einen oder anderen Sprint ersparten.
In den USA konnten Fans dem ewig gut gelaunten Lockenkopf noch ein paar Jahre länger beim Zaubern mit dem Ball zusehen: Bis 2002 spielte er in der amerikanischen MLS.
Der Zur-Vernunft-Gekommene
Name: Peter Neururer
Hat Kicken gelernt bei: SpVg Marl
Raucher: nicht mehr
Trinkfest: nein
Garage: Porsche Cayenne
Spitzname: Peter, der Große
Fluppe im Mund, ein tiefer Zug - so kannte man ihn lange Zeit. Und vielleicht hätte Peter Neururer auch ewig weitergeraucht, wenn nicht der 9. Juni 2012 gewesen wär. Damals erlitt der Kulttrainer auf dem Golfplatz einen Herzinfarkt. In einem Interview sagte er: "Ich hatte keinen Herzschlag mehr, war schon weg. Ja, ich war tot."
Dass er doch am Leben blieb, deutete er als Zeichen - und zog Konsequenzen: Neururer ließ nach dem Infarkt die Zigaretten weg. Das hat Stil!
Mexikos Metro
Name: Leonardo Cuéllar
Hat Kicken gelernt bei: UNAM Pumas
Spitzname: León de la Metro
Auch schon Jahre vor David Beckham gab es im Fußball einen Metro. Allerdings stach Leonardo Cuéllar - alias León de la Metro - weniger wegen seiner peniblen Körperpflege als vielmehr durch seine wohlgeformte Haarpracht ins Auge.
In seinem Heimatland Mexiko ist Cuéllar ähnlich bekannt wie Beckham in Großbritannien: Seinem Heimatverein, den UNAM Pumas aus Mexiko-Stadt, verhalf er erst zum mexikanischen Vereinspokal und schließlich zur Meisterschaft.
1975 spielte er sein erstes volles Länderspiel gegen die DDR: Die Mexiko-Elf bezwang, wenn auch nur knapp, die disziplinierten Deutschen mit 1:0. Die WM 1978, während der dieses Bild Cuéllars entstand, war hingegen für Mexiko ein Desaster. Die Mannschaft verlor jedes Spiel der Vorrunde, kassierte zwölf Tore - und schied vorzeitig aus dem Turnier aus.
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