

Plötzlich war sie brandgefährlich: "Wanted: Betty Lou - bis an die Zähne bewaffnet" prangte es 1992 auf den deutschen Filmplakaten dieser belanglosen Krimi-Komödie. Wer kurz zuvor zufällig die US-Originalversion gesehen hatte, konnte sich nur wundern - oder laut loslachen. Dort hieß der Film: "The Gun in Betty Lou's Handbag". Im Originaltitel also nur mit einer Pistole in ihrer Handtasche bewaffnet, wurde Betty Lou in Deutschland zur wandelnden Kampfmaschine. Als der Film ins Fernsehen kam, waren sich die Werbetexter ihrer Sache dann offenbar nicht mehr so sicher. Und so lief der Film teilweise unter dem nichtssagenden Titel: "Betty Lou: Der ganz normale Wahnsinn."
Für viele Film-Aficionados hat dieser Filmtitel schon seit Jahrzehnten Symbolcharakter: Sie ärgern sich über verkorkste Filmtitelübersetzungen, die vor Fehlern strotzen, irreführen, albern klingen, mit dem Plot nichts mehr zu tun haben - oder unendlich lang sind. Beispiele für hanebüchene Fehlinterpretationen gibt es dabei genug. So wurde aus dem Familiendrama "Dangerous Intentions" in Deutschland: "Ich war seine Frau - und wurde sein Opfer". Aus dem schlichten "Deliverance" texteten die Übersetzer "Beim Sterben ist jeder der Erste". Lost in Translation, möchte man da nur sagen.
Die Gewissensentscheidung, vor der die deutschen Verleiher regelmäßig stehen, ist dabei fast so alt wie der Film selbst: Sollen sie den Originaltitel einfach übernehmen? Englisch klingt schließlich weitaus cooler. Aber kann man dem durchschnittlichen deutschen Kinogänger drei Wörter Englisch zutrauen? Also doch lieber übersetzen? Nicht selten enden solche Überlegungen dann in einem absurden Kompromiss - der deutsche Film bekommt einfach ein Anhängsel, damit es auch der Letzte versteht. So lief der Actionfilm "Corruptor" in Deutschland als "Corruptor - Im Zeichen der Korruption". Doch manche Zusätze ergeben auf den ersten Blick gar keinen Sinn - oder warum hat Nick Hornbys Verfilmung von "About a Boy" im Deutschen den albernen Zusatz: "Tag der toten Ente"? Wer das Buch nicht kennt, bleibt ratlos zurück.
Bizarre Stilblüten, hanebüchene Fehler
Mitunter entstehen aus der Angst vor zu schwierigem Englisch völlig bizarre Stilblüten. 2005 kam in den USA die Babysitter-Komödie "The Pacifier" in die Kinos. Doch in Deutschland wollte man dem Publikum das Wortspiel aus "Pacifier" (was gleichzeitig "Schnuller" und "Friedensstifter" heißen kann) nicht zumuten. Verständlich, dass die Werbetexter den Film nicht als "Der Schnuller" laufen lassen wollten, doch ihre Lösung klang nicht weniger absurd: Man taufte den Film einfach "Der Babynator". Klar, das Wort "Baby" gibt es ja auch im Deutschen - und "Terminator" hat ja wohl jeder Mal gesehen. Mit der Idee des Friedensstifters hatte diese martialische Variante aber nur noch wenig zu tun.
Bei manchen Übersetzungen merkt man dagegen sofort, dass Texter ihre künstlerische Freiheit einfach gewaltig überdehnt haben. Den langweiligen Titel der Teenager-Komödie "Accepted" wollte in Deutschland wohl niemand so übernehmen. Die Lösung der Kreativen war zwar nicht langweilig - klang aber ziemlich lächerlich: "S.H.I.T. - Die Highschool GmbH". Andere Übersetzer wiederum klammern sich krampfhaft ans englische Original - statt es gleich zu übernehmen. So wurde aus "Me, myself & Irene" in Deutschland "Ich, Beide & Sie" und aus "Mo' Money" schnell "Meh' Geld".
Manchmal kreieren die deutschen Texter aber auch phantasievolle Titel, die sogar besser als das Original sind: "Und täglich grüßt das Murmeltier" hieß auf Englisch "Groundhog Day", benannt nach einem Volksfest in den USA, bei dem Murmeltiere aus ihrem Bau gelockt werden - was in Deutschland wohl kaum ein Kinogänger gewusst hätte. Auch der deutsche Titel der britischen Gangsterkomödie "Bube, Dame, König, grAs" liest sich besser als "Lock, Stock and two smoking Barrels".
Ganz selten schaffen es sogar die Deutschen, kurz und bündig zu texten: Aus dem italienische Endlostitel eines Sophia-Loren-Films von 1978 ("Un Fatto di sangue nel commune die Sculiana fra due uomini per causa di una vedova si sospetano moventi politici. Amore-Morte-Shimmy. Lugano belle. Tarantelle. Taralluci é vino") machten sie schlicht und einfach: "Blutfehde".
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Langweilig, aber eingängig war der Name der Teenagerkomödie im Original: "Accepted".
In Deutschland wollte das niemand mit "Angenommen" oder "Akzeptiert" übersetzen. Aber musste es denn gleich "S.H.I.T. - Die Highschool Gmbh" sein?
Im US-Original der Krimikomödie "The Gun in Betty Lou's Handbag" war Betty Lou noch leicht bewaffnet mit einer Pistole, die sie in ihrer Handtasche trug.
In den deutschen Kinos mutierte Betty Lou plötzlich zu einer wandelnden Kampfmaschine: "Betty Lou, bewaffnet bis an die Zähne".
Natürlich war der Originaltitel des Abenteuerfilms von 1972 kein Hit - trotzdem wurde "Deliverance" für einen Oscar nominiert, ging aber leer aus.
In Deutschland hieß der Film dann aber ziemlich martialisch: "Beim Sterben ist jeder der Erste" - obwohl die Handlung gar nicht so blutrünstig war.
Der Originaltitel dieses Klassikers ist "Il buono, il brutto, il cattivo" - schließlich handelt es sich um einen Italo-Western. Die englische Übersetzung ging noch glimpflich ab, "The Good, The Bad, The Ugly" ist dicht am Original. Bei der Übersetzung ins Deutsche jedoch wurde daraus...
..."Zwei glorreiche Halunken". Und plötzlich wirkt der eher düstere Film durch den deutschen Titel wie ein übler Klamauk.
"Shaggy Dog": So schlicht war der Titel dieses Disney-Streifens aus dem Jahr 2006.
In Deutschland traute man den Zuschauern nicht so viel Englisch zu und versah den Film mit dem Zusatz: "Hör mal, wer da bellt". Auf die gleiche Weise war aus "Home improvement" schon früher "Hör mal, wer da hämmert" geworden.
"Liar Liar" war der eingängige Titel der US-Komödie mit Jim Carrey und wurde in Deutschland...
...etwas albern zu "Der Dummschwätzer" umgetauft. Ein Erfolg war die Komödie trotzdem.
Im Original hieß die Komödie von 1992 "Mo' money".
Die Deutschen wollten sich diesmal besonders eng am Original halten und untertitelen einfach: "Meh' Geld".
"The Man who knew too little": Dieser Filmtitel einer Agentenkomödie war eine Anspielung auf Alfred Hitchcocks "The man who knew too much". So viel filmographisches Vorwissen wollte man dem deutschen Zuschauer nicht zumuten...
...und überlegte sich schnell, den Film "Agent Null Null Nix" zu taufen.
Die Babysitter-Komödie aus dem Jahr 2005 setzte in ihrem Filmtitel auf ein Wortspiel: "Pacifier" heißt gleichzeitig "Schnuller" und Friedensstifter. Der deutsche Filmtitel hatte nur noch wenig mit einem "Friedensstifter" zu tun...
...denn in Deutschland lief der Film als "Der Babynator". Was wohl ziemlich martialisch an "Terminator" erinnern sollte.
Zugegeben, viele Wortspiele funktionieren im Englischen leicht und locker, an einer Übersetzung kann man sich schon mal die Zähne ausbeißen. Doch im Fall dieser Komödie ist nicht nur der Humor anhanden gekommen, sondern auch der Verstand der Texter. Denn sie machten aus "Me, Myself & Irene"...
..."Ich, Beide und Sie". Äh, wer bitte ist jetzt gemeint?
"Taegukgi": Dieser Film aus dem Jahr 2004 handelt von zwei Brüdern, die am Koreakrieg teilnehmen. Klar, unter dem Originaltitel kann man sich alles und nichts vorstellen.
In Deutschland traute man dem Zuschauer nicht so viel Fantasie zu und entschied sich zu dem endlos langen Zusatz "Wenn Brüder aufeinander schießen müssen".
Die Formulierung "Six Degrees of Separation" beschreibt eine Theorie, nach der zwei beliebige Menschen über höchstens fünf Zwischenschritte miteinander in Verbindung gebracht werden können. Die US-Sozialsatire von 1993 spielt in ihrem Filmtitel auf diese Theorie an.
Natürlich war es für die deutschen Film-Verleiher schwierig, diesen Filmtitel zu übersetzen, ohne dass diese Anspielung verloren ging. Man hätte wohl lieber das Original behalten sollen. "Das Leben - Ein Sechserpack" klingt jedenfalls wenig nach Sozialsatire, eher nach einer billigen Mallorca-Sauf-Komödie.
2002 wurde Nick Hornbys Roman "About a boy" verfilmt - sinnigerweise unter dem Titel des Buches.
Ob auch jeder Deutsche das verstehen würde, war wohl nicht so sicher. Aber ob der Zusatztitel "Der Tag der toten Ente" wirklich geholfen hat?
"Groundhog Day" hieß der Welterfolg mit Bill Murray im Original. Eine Anspielung auf ein Volksfest in den USA, bei dem auch Murmeltiere aus ihrem Bau gelockt werden - was in Deutschland wohl kaum ein Kinogänger gewusst hätte.
Deshalb überlegten sich die deutschen Texter, den Film fantasievoll in "Und täglich grüßt das Murmeltier" umzubenennen, eines der wenigen Beispiele, in der der deutsche Titel besser als das Original klingt.
Filmplakat des US-Gruselfilms "The Haunting" von 1963; Gruselfilme mögen ja nicht Jedermanns Sache sein, aber dieser ist ein Highlight des Genres und nicht annähernd so albern wie...
...Bis das Blut gefriert" vermuten lässt.
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