
Deutsche Agenten auf USA-Reise Wenn Spione Urlaub machen


Heinz Felfe, Doppelagent auf USA-Reise
Foto: Fotoalbum Erich KutschkeDer Spätsommer in Washington war feucht und heiß. 30 Grad, 90 Prozent Luftfeuchtigkeit - aber das war es nicht, was Heinz Felfe am 13. September 1956 zum Schwitzen brachte.
Es war ein Lügendetektor, den ein CIA-Mitarbeiter seinen acht westdeutschen Kollegen vom BND, allesamt Experten der Spionage-Abwehr und Gegenspionage, in einem Seminar vorstellen wollte. Solche Polygrafen hatte der deutsche Auslandsnachrichtendienst noch nie eingesetzt. Ob man den Detektor testen wolle, gleich hier? Freiwillige vor! Wie wäre es mit Ihnen, Herr Felfe?
Ein Zufallstreffer. Ausgerechnet Heinz Felfe. Der einstige SS-Obersturmführer und Spionage-Spezialist im "Dritten Reich" war dank alter SS-Seilschaften 1949 erst zum sowjetischen Geheimdienst gekommen und dann als Maulwurf in die Organisation Gehlen geschleust worden, Vorgänger des BND. Dessen Chef Reinhard Gehlen nannte Felfe einmal sein "Nachrichten-As", dem nun die plötzliche Enttarnung als Doppelagent drohte - falls der Lügendetektor funktionierte.
Doch Felfe flog nicht auf. Er wehrte sich geschickt gegen den Test, erinnerte sich Jahrzehnte später ein BND-Ermittler. Felfe selbst notierte damals nur knapp: "Polygraphy". Um nicht aufzufallen, pries er später Gehlen die Vorzüge eines Lügendetektors an.
Tricksen und täuschen - und das auf einer Reise, die als entspannte Fortbildung gedacht war: Fast drei Wochen lang sollte die BND-Delegation auf Einladung der CIA Tausende Kilometer durch die USA reisen, von Washington über Kalifornien und Arizona bis nach New York, von dort per Luxusschiff zurück.
Die Reise unter dem CIA-Codenamen "UJDRACO VII" verfolgte ein doppeltes Ziel: Sie sollte Zusammenarbeit und Freundschaft der Geheimdienste vertiefen. Und den BND-Agenten die Überlegenheit der USA vor Augen führen, sie für Land, Technik und Kultur begeistern. So wollte die CIA die Spitzel immun machen gegen KGB-Anwerbeversuche - dabei war einer ihrer Gäste längst infiziert.
Sechs solcher Reisen gab es ab 1951. Die siebte war eine historische, weil die von den USA geführte Organisation Gehlen 1956 zum BND wurde: Die Bundesrepublik hatte nun einen unabhängigen Geheimdienst. Zur wenig bekannten Klassenfahrt der deutschen Agenten hat BND-Chefhistoriker Bodo V. Hechelhammer bisher unveröffentlichte Fotos und Dokumente ausgewertet ("Doppelagent Heinz Felfe entdeckt Amerika"); das Spionagemuseum Berlin zeigt ab dem 5. Oktober 2017 einige Aufnahmen in einer Sonderausstellung.
Auf den ersten Blick wirken die manchmal verwackelten Bilder wie Schnappschüsse gewöhnlicher USA-Touristen: Kapitol und Golden Gate Bridge, Sunset Boulevard, eine verlassene Goldgräbermine, Cowboys und Rinderherden, dazu Fotos von luxuriösen Hotelburgen und breiten Autobahnen.
Und doch sind die Fotos besonders, weil sie dokumentieren, was nie öffentlich zu sehen ist: Top-Spione, manchmal klischeehaft mit Schlapphut und Sonnenbrille, im Urlaub. Sie entspannen am Strand und Pool, erklimmen Berge, posieren neben Kakteen oder in Cowboy-Kluft.
Die Banalität aber täuscht. Da ist etwa dieses Foto von Heinz Felfe, wie er selbst gerade filmt. Missmutig und überrascht wirkt er da. Fühlte er sich ertappt? Schließlich war er als Einziger ständig im Dienst und sammelte alles Wissenswerte für Moskau.
Heinz Felfe, Doppelagent auf USA-Reise
Foto: Fotoalbum Erich KutschkeUnd auch die scheinbare Harmonie der BND-Delegation bröckelte während der Reise. Felfe, oft ein Einzelgänger, empfand den Kollegen Ernst Pickel als "unsympathisch". Er selbst galt anderen als zu aufdringlich und neugierig. Delegationsleiter Ulrich Bauer schrieb in der dritten Woche an seine Frau: "Es ist ein guter Teamgeist vorhanden, aber kein so menschliches Näherkommen."
Die Stimmung war ausgelassener, als die Gruppe am 8. September 1956 in einem luxuriösen Doppeldecker ihre Reise startete. Felfe lobte das hervorragende Essen bei der Zwischenlandung in London ("Wassermelone, Fischfilet, Steak mit Pommes Frites") und die bordeigene Lounge. Dort stimmten sich die Männer auf die USA ein: "Ausgiebige Benutzung der Bar!", notierte Felfe.
Auch das Kalkül der CIA, die BND-Männer für Land und Leute zu begeistern, ging schnell auf. Ulrich Bauer berichtete in zahlreichen Briefen über ein Land voller Wunder: Hotelzimmer mit Fernsehern! Die CIA-Kollegen besäßen Spül- und Waschmaschinen! Und alles sei so riesig: "Steaks von Überlebensgröße" und "unwahrscheinliche Autostraßen mit 2 x 4 Bahnen".
Auch die amerikanische Mentalität gefiel den BND-Männern. Bauer schwärmte von "überschwänglicher Gastfreundschaft", dem "Fehlen autoritärer Chefs" und "relaxter, natürlicher Männlichkeit". Allerdings empfand er Los Angeles als "erdrückend und so unwirklich", den zur Schau getragenen Reichtum mancher Amerikaner als "widerlich".
Doppelagent Felfe schickte eine ganz andere Botschaft in die Heimat. Per Postkarte informierte er den BND-Kollegen Hans Clemens, der ebenfalls für den KGB spionierte, über seine Ankunft in den USA - was Clemens gleich an seinen KGB-Verbindungsführer "Alfred" weitergab.
In den ersten Tagen in Washington referierten CIA-Mitarbeiter über den "internationalen Kommunismus", "Satellitenspionage", "Abhörmaßnahmen" und moderne Datenbanken. Einige CIA-Männer lernte Felfe auch privat kennen und notierte eifrig alle Dienst- und Klarnamen, Wohnsitze sowie Organisationsstrukturen der Behörde.
"Ich wollte in den Augen der Sowjets dastehen wie eine Eins", sagte Heinz Felfe später stolz nach seiner Enttarnung, als der Richter ihn auf seine Akribie ansprach. Das gelang ihm auch bei der USA-Reise 1956. Am Ende aber erkrankte er an einer Gesichtsallergie. Bekam ihm das Klima Arizonas nicht? Oder stand er zu sehr unter Stress? Später mutmaßte der BND, dass Felfes häufige Allergien "mit Höhepunkten der Verratstätigkeiten koinzidierten".
Zunehmend sonderte sich der Doppelspion nun ab: "Allein-Bummel durch den Hafen und zurück", notierte er am 25. September 1956 in New York und kehrte schließlich Tage früher als geplant in die Heimat zurück. "Ich denke, dass er (eine) frische Brise ( ...) brauchte", schrieb Bauer verwundert. Verdacht schöpfte niemand, obwohl es seit Langem Hinweise auf einen möglichen Maulwurf gab.
Felfe mimte danach den Amerika-Fan, kaufte sich einen Ford Taunus, umgarnte einen seiner neu gewonnenen CIA-Kontakte: "Ich denke sehr oft an diese Reise und bin tief beeindruckt", schrieb er 1957. Sehr gern würde er in die USA zurückkehren, "um vielleicht 1 Jahr bei Ihnen zu bleiben".
Vier Jahre später flog Felfe doch noch auf - auch wegen der USA-Reise: Ein polnischer Doppelagent, Deckname "Sniper", hatte der CIA 1959 berichtet, zwei Teilnehmer der BND-Delegation hätten für den KGB gearbeitet. Felfe wurde schnell der Hauptverdächtige der CIA. Ab 1961 ermittelte auch der BND, Felfe hatte ein auffällig teures Haus gekauft. Im November 1961 wurden er und Mit-Spion Hans Clemens überführt.
Es war der größte Skandal für den jungen BND. Felfe hatte geheime Lageberichte verraten, dazu Adressen von BND-Mitarbeitern und V-Männern, ebenso CIA-Mitarbeiter. Tausende Fotos, Filme und Dokumente waren dank ihm nach Moskau gelangt. In seinem Tresor fanden Fahnder die Kopie eines BND-Berichts der USA-Reise. Felfe bestritt, ihn an den KGB geschickt zu haben. Sein Filmmaterial aus den USA gilt bis heute als verschollen.
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Keine Gewähr
1963 wurde Felfe zu 14 Jahren Haft verurteilt, konnte aber nach sechs Jahren dank eines Agentenaustauschs in die DDR übersiedeln. Die Sowjetunion belohnte ihn mit einer üppigen Rente und einer Professorenstelle in Berlin. Und das Glück blieb Felfe treu: Als der Eiserne Vorhang gefallen war, gewann er 1991 rund 700.000 D-Mark im Lotto. Die "Bild" titelte: "Sechs Richtige für den Falschen."
Der zweite Doppelagent, der 1956 laut Informant "Sniper" an der USA-Reise teilgenommen haben soll, wurde übrigens nie enttarnt. Der BND ermittelte lange - und halbherzig. Nach dem Felfe-Skandal wollte die Behörde weitere Blamagen vermeiden.
So birgt die längst vergessene USA-Reise vielleicht noch ein letztes Geheimnis.
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Spion auf dem Broadway: BND-Mann Oskar Reile schlendert entspannt durch New York. Reile geriet später in Verdacht, neben Felfe der zweite KGB-Maulwurf auf der USA-Reise gewesen zu sein. Ein polnischer Überläufer hatte dem CIA 1959 gesteckt, zwei Mitglieder der BND-Reisedelegation seien Doppelspione. Enttarnt und überführt wurde aber nur Felfe.
Vier Spione stehen im Walde: CIA- und BND-Agenten posieren im Naturschutzgebiet Marin County nördlich von San Francisco unter riesigen Küstenmammutbäumen. 1956 hatte die CIA acht BND-Mitarbeiter, allesamt Experten in Gegenspionage und Spionage-Abwehr, auf eine knapp dreiwöchige Reise durch die USA eingeladen. Sie ahnten nicht, wen sie sich da eingeladen hatten: Doppelspion Heinz Felfe - hier im weißen Leinenanzug und mit seiner Filmkamera in der Hand. Der KGB-Maulwurf nutzte den Urlaubstrip erfolgreich - und sollte doch später auf Grund dieser Reise enttarnt werden.
Ab ins Vergnügen! In Los Angeles fährt die BND-Delegation über den Santa Monica Freeway an die Pazifikküste. Aufgeregt wird schon aus dem fahrenden Auto geknipst. Dann endlich...
...sind die Agenten-Urlauber am Strand. Die BND-Männer Erich Kutschke und Hermann Hartmann entladen hier gemeinsam mit CIA-Kollegen den großen Kofferraum ihres Chevrolets 150 Sedan, der unter anderem mit einem großen Picknickkorb beladen ist.
Jetzt aber ab ins Wasser! Erich Kutschke und Heinz Felfe (rechts) nähern sich vorsichtig dem Pazifik. Doppelspion Felfe hat selbst hier noch seine Kamera mit dabei. Den Tag am Strand...
...genießen alle. Auch dieser CIA-Mitarbeiter scheint offensichtlich komplett außer Dienst zu sein. Selbst...
...Ulrich Bauer gefiel dieser Teil der "Riesenstadt" Los Angeles, "deren trockene und vom Qualm der Öl- und Reifenindustrie beißende Luft schwer zu ertragen war". Die Stadt sei "unwirklich" und habe "nichts Anziehendes" - außer eben der "Strandpartie", schrieb er seiner Frau.
Auf dem Rückweg fuhren die Agenten über den Sunset Boulevard nach Beverly Hills und begaben sich dort (wenig heimlich) auf die Spuren der Prominenz. Sie bewunderten und fotografierten einige Villen, darunter die Anwesen der Filmstars Joan Crawford und Loretta Young. Besonders dem Kino-Liebhaber Heinz Felfe gefiel dieser Ausflug; er habe die "Häuser der Stars" gesehen, notierte er begeistert in seinem Tageskalender. Wem genau das prachtvolle Anwesen auf diesem Foto gehörte, hielt aber keiner der BND-Männer fest.
Harte Kerle: Beim Besuch der Ranch eines CIA-Mitarbeiters waren die deutschen BND-Touristen begeistert von den Cowboys und den Rinderherden; links im Vordergrund Heinz Felfe.
BND-Kollege Erich Kutschke setzte sich für ein Erinnerungsfoto sogar wie ein echter Cowboy auf einen Hengst.
Auch einige attraktive Cowgirls zogen das Interesse der BND-Männer auf sich, wie diese Aufnahme belegt.
Pool-Geflüster: BND und CIA im privaten Gespräch am Hotelpool in Denver. Die Hotelpools waren so beliebt, dass die Reisegruppe zahlreiche Bilder davon knipste - schließlich wollte man ja festhalten, wie entspannt die Dienstreise war.
Eingecheckt: Auch von den luxuriösen Hotels war die BND-Delegation sehr angetan. Ulrich Bauer schwärmte in einem Brief von den Fernsehern, die es in den Zimmern gebe. Hier wird BND-Mann Erich Kutschke beim Umziehen im angesagten Park Lane Hotel in Denver fotografiert, das für seine Konzerte in der Lounge auf der Dachterrasse bekannt war.
Schattenmann im Schatten: Heinz Felfe schlendert unter den Palmen der Universität Arizona in Tucson. Über alte SS-Seilschaften war er 1949 zum sowjetischen Geheimdienst und dann 1951 zur Organisation Gehlen gekommen, dem BND-Vorläufer. Zehn Jahre lang schleuste Felfe zusammen mit seinem Mit-Spion Hans Clemens Tausende Dokumente, Fotos und Filme nach Moskau. Er verriet Namen und Adressen von V-Männern und BND-Residenten im Ausland. Ausgerechnet der Doppelagent Felfe wurde Leiter des Referats Gegenspionage: "Etwas Besseres konnte mir nicht passieren", sagte er später. Unbeirrt kommunizierte er noch aus der U-Haft mit dem KGB.
Gipfelstürmer: Die BND-Reisegruppe fuhr im Bundesstaat Colorado auch auf den Mount Evans. Beeindruckt beschrieb Agent Ulrich Bauer die Landschaft: "Die Farben der riesigen, aber nicht steilen Berge, des Himmels und des wunderlichen Waldes zu beschreiben, ist nicht möglich." Diese Aufnahme zeigt die Gruppe am Summit Lake, mit fast 4000 Metern einer der höchstgelegenen Seen der Vereinigten Staaten.
Größenvergleich: Heinz Felfe (links) posiert in Arizona mit Hut und Sonnenbrille zusammen mit seinem BND-Kollegen Erich Kutschke neben einem Riesenkaktus. Vielleicht bekam Felfe das trockene Klima Arizonas nicht, vielleicht stand er aber auch zu sehr unter psychischen Stress: Hier zumindest erkrankte Moskaus Maulwurf an einer Gesichtsallergie - laut CIA-Bericht ein "Nesselausschlag", die ihn offenbar so beeinträchtigte, dass er überraschend ein paar Tage früher in die Bundesrepublik heimkehrte.
Die Spion-Paparazzi: Wie andere Touristen auch fotografierten die BND-Agenten im Urlaub auch aufgeregt aus dem Flugzeug oder dem fahrenden Auto. Hier eine Aufnahme gleich zu Beginn der Tour: das Thomas Jefferson Memorial am Potomac.
Erfolgreicher Grenzgänger: Hier griff Doppelspion Heinz Felfe, der den BND später in seine größte Krise stürzen sollte, selbst zur Kamera. Er fotografierte Delegationsleiter Ulrich Bauer (links) und Hermann Hartmann an der amerikanisch-kanadischen Grenze. Schon Jahre vor der USA-Reise hatte es Hinweise von einem sowjetischen Überläufer gegeben, dass der KGB Maulwürfe in der Organisation Gehlen platziert hatte. Und doch sollte es noch bis 1961 dauern, bis Felfe und Mit-Spion Hans Clemens aufflogen.
Spione in der Warteschleife: BND- und CIA-Mitarbeiter stehen gemeinsam in einer Besucherschlange auf dem Kongresshügel in Washington. Die ersten Tage der Reise waren besonders anstrengend, weil sie neben dem Besuchsprogramm auch Arbeitsseminare und Vorträge zu den Themen Datenauswertung, Spionage und Kommunismus vorsahen. Für den Doppelspion Heinz Felfe dürfte dieser Teil der Reise der interessanteste gewesen sein. Akribisch notierte er Deck- und Klarnamen aller CIA-Mitarbeiter, die er kennenlernte.
Hoch hinaus: Nur noch wenige Stufen für die BND-Männer bis zur Statue des legendären 16. US-Präsidenten, Abraham Lincoln
Größer, größer, größer: Die CIA wollte ihre BND-Gäste für Land, Technik und Kultur begeistern und ihnen die Stärke Amerikas vor Augen führen - um sie so immun zu machen gegen feindliche Anwerbeversuche des KGB. Das schien zu klappen. Und die Deutschen fotografierten immer wieder etwa die riesigen Straßensysteme in den Millionenstädten (hier in Detroit). "Unwahrscheinliche Autostraßen mit 2 x 4 Bahnen", schrieb BND-Delegationsleiter Ulrich Bauer in einem Brief an seine Frau.
Moskaus Trumpf: Gern zog er auch allein los und löste sich von dem Rest der Gruppe - KGB-Spion Heinz Felfe mit umgehängter Kameratasche 1956 in Denver. Einst ein strammer Nazi, war Felfe schon in jungen Jahren in die SS eingetreten, um Karriere zu machen. Wie wurde so jemand ein überzeugter Kommunist? Er sei enttäuscht gewesen über die Dinge, die er "falsch gemacht" habe, weil er sich von den Nazis habe "missbrauchen" lassen, sagte er nach seiner Enttarnung 1961 im SPIEGEL-Interview. Unter anderem die Bombardierung seiner Heimatstadt Dresden durch Briten und Amerikaner hätten ihn aber auch vom Westen entfremdet.
Bitte lächeln! Geheimdienstmitarbeiter am Fuße des Lincoln Memorial vor dem Reflecting Pool, im Hintergrund der Obelisk. Von links nach rechts: BND-Agent Oskar Reile, ein CIA-Mitarbeiter und Erich Kutschke.
USA-Highlight: Bei diesem Blick auf die Golden Gate Bridge in San Francisco drücken auch hartgesottene Agenten auf den Auslöser ihrer Kamera.
Erich Kutschke wird beim Fotografieren selbst fotografiert, vermutlich von Heinz Felfe. Kutschke erstellte nach der USA-Reise von 1956 ein Fotoalbum und tauschte dafür auch Bilder von seinen Kollegen. Die bisher unveröffentlichten Bilder sind erst jetzt von BND-Chefhistoriker Bodo V. Hechelhammer ausgewertet worden. Sie ermöglichen einen ungewohnten privaten Blick auf die westdeutschen Spionage-Experten im Jahr 1956.
Volles Programm: Die BND-Reisegruppe besucht eine ehemalige Goldmine und inspiziert hier einen Quarz-Waggon. Im Vordergrund liest ein CIA-Begleiter aufmerksam die Informationstafel. Hinter dem Wagen blickt BND-Mann Hermann Hartmann in Richtung seiner Kollegen Oskar Reile und Ulrich Bauer, die an ihrem Reisewagen, einem Chevrolet Nomad, warten.
Gut gelaunt: Das BND-Trio Erich Kutschke, Oskar Reile und Hermann Hartmann in der Eingangshalle des Coleman A. Young Municipal Centers in Detroit. Die scheinbare Harmonie täuscht: Mit zunehmender Reisedauer bröckelte der Zusammenhalt, die BND-Truppe splitterte sich immer mehr in Einzelgrüppchen auf.
Erwischt: Doppelagent Heinz Felfe wird mit seiner stets griffbereiten Kamera selbst abgelichtet und wirkt etwas missmutig und überrascht. Fühlte er sich ertappt? "Wer beim Feind arbeitet", schrieb er später einmal, "darf nicht aus der Reihe tanzen. Keine zu großen Erfolge, aber auch nicht zu wenig Erfolg." Ein Jahrzehnt gelang ihm das sehr gut - dann bescherte seine Enttarnung 1961 dem BND seinen größten und peinlichsten Skandal.
Post von den Feier-Agenten: Diese Karte zeigt den bekanntesten und ältesten Nachtklub von San Francisco, das Bimbos 365. Die Lokalität war berühmt für seine aufreizenden Revuetänzerinnen und besonders für "Dolphina", das "Mädchen im Aquarium". Sie schwamm in einem Wasserpool in einem Raum hinter der Bar, wobei ihr Abbild per Spiegel verkleinert in das Aquarium im Klubraum geworfen wurde. Solche Details verschwieg BND-Delegationsleiter Bauer seiner Ehefrau und erwähnte nur die Flasche Wein, die sie sich in einem "Nacht-Klub" gegönnt hätten.
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