

Die drei dunkelhäutigen Frauen tragen Glitzerkostüme und viel Schminke. Vor ihnen auf der Bühne stehen Mikrofone, die Frauen lächeln, sie bewegen sich sparsam und synchron zur Musik. Sie singen: "What about it Daddy Cool". Immer wieder. Links außen steht noch ein Mikrofonständer. Dahinter dreht sich ein Mann immer wieder um die eigene Achse, er krümmt sich, seine Arme machen Wellenbewegungen und sein Körper auch. Der Mann trägt eine weiße Hose und eine weiße Weste, um seinen Hals baumelt eine Kette. Dann zieht er die Weste aus.
Die Gruppe, die dort auf einer Fernsehbühne auftritt, ist Boney M. Mit ihrem Song "Daddy Cool" hat sie 1976 die britischen Charts gestürmt und in Deutschland zwölf Wochen Platz eins belegt. Boney M. sind Superstars der Disco-Ära - und ein perfekt geplanter Coup. Zusammengestellt wurde die Band vom Deutschen Frank Farian, der die Hits schreibt und produziert. Sein geniales Konzept: Drei lächelnde Karibikschönheiten, von denen nur Liz Mitchell wirklich singen kann. Und ein ekstatisch tanzender Mann, der seinen Körper zur Musik bewegen kann wie ein Artist - Bobby Farrell. Singen kann auch er nicht.
Dass die tiefe Stimme bei den Welthits wie "Daddy Cool", "Ma Baker" oder "Rivers of Babylon" in Wahrheit Frank Farian gehört und Farrell auf der Bühne lediglich seine Lippen bewegte, wird erst 2003 vom deutschen Produzenten öffentlich bestätigt. Es ist kein großer Skandal, Farian galt inoffiziell ohnehin als fünftes Bandmitglied. Und Boney M. ist zu dieser Zeit auch schon längst Geschichte, die Bandmitglieder sind zerstritten und auf eigene Rechnung unter verschiedenen Namen unterwegs. "Boney M. feat. Liz Mitchell" heißt eine, "Boney M. feat. Maizie Williams" eine andere.
"Wir waren eine richtige Einheit", sagt der Produzent
Farrell, der auf der Karibik-Insel Aruba geboren wurde, nennt seine Gruppe "Boney M. feat. Bobby Farrell". Er tourt ab 1992 mit dem Namen der Gruppe, die ihn berühmt gemacht hat, aber die Zeiten sind nicht gut für den Mann ohne eigene Stimme. Er verliert einen Gerichtsstreit mit Frank Farian, der ihm verbieten will, unter dem Namen Boney M. aufzutreten. Doch Farian gibt sich milde und lässt Farrell schließlich doch gewähren - wohl auch aus Dankbarkeit.
"Er hat meine Stimme auf der Bühne so interpretiert, dass man gar nicht glauben konnte, dass das eigentlich Frank Farian ist. Wir waren eine richtige Einheit", sagte Farian im Interview mit SPIEGEL ONLINE, in dem er auch auf die Zeit mit Boney M. zurückblickte. Farrell habe immer gesagt: "Meine Beine und deine Stimme, das ist unschlagbar", so Farian.
Zwei Tage vor Silvester tritt Bobby Farrell mit seiner Boney-M.-Kopie in einem Club in Sankt Petersburg auf. Er klagt über Schmerzen in der Brust, aber er sagt die Show nicht ab. Drei Frauen stehen auf der Bühne und singen, Bobby Farrell tanzt. Das letzte Mal in seinem Leben. Am nächsten Morgen findet man ihn in seinem Hotelzimmer, gestorben mit 61 Jahren.
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Bobby Farrell: Der Tänzer und Sänger Bobby Farrell starb am Morgen des 30. Dezember 2010 in seinem Hotelzimmer in Sankt Petersburg. Der Mann, in den siebziger Jahren Tänzer der Disco-Gruppe Boney M., wurde 61 Jahre alt.
Erstes Album: Boney M. feierte in den siebziger und achtziger Jahren riesige Charterfolge. Das Cover ihres ersten Albums "Take the Heat off Me" von 1976 sorgte aufgrund der leicht bekleideten Bandmitglieder Marcia Barrett, Liz Mitchell und Maizie Williams für Furore.
Boney M.: Die von Frank Farian produzierte Disco-Band Boney M. posiert am 1. Mai 1977 vor dem Eiffel-Turm in Paris. Ein Jahr zuvor hatte die Gruppe mit "Daddy Cool" ihren ersten Mehahit gelandet - die Single war die meistverkaufte in Deutschland und stand zwölf Wochen auf Platz eins.
Skandal-Album: 1977 veröffentlichte Boney M. um den Tänzer Bobby Farrell ihr zweites Album mit dem Titel "Love for Sale". Das Cover löste erneut einen Skandal aus: Dem nur mit einem String bekleideten Farrell liegen die drei nackten und mit Ketten gefesselten Sängerinnen Marcia Barrett, Liz Mitchell und Maizie Williams zu Füßen.
Picknick mit Schampus: Boney M. am 15. August 1978 auf einer Wiese am Straßenrand in Monte Carlo, Monaco.
Gesangsschauspiel: Bobby Farrell bei einem Auftritt am 18. Dezember 1978 in London. Er wurde durch seine ausgefallenen Tanzeinlagen bekannt. Die männlichen Vocals der Band sang jedoch Produzent Frank Farian, was dieser 2003 auch öffentlich bestätigte. Bei Konzerten kam Farians Stimme vom Band.
Disco auf Tour: Boney M. posieren am 15. August 1978 in Monte Carlo, Monaco, für die Fotografen.
Boney M.: Das Disco-Quartett Boney M. in schrillen Kostümen bei einem Auftritt, circa 1978.
Disco-Quartett: Boney M. auf einer Studioaufnahme vom April 1981. Ein Jahr später verließ Farrell die Band, angeblich aufgrund seiner großen Unzufriedenheit darüber, nur auf die Tanzeinlagen reduziert zu werden. 1984 kehrte Farrell zurück.
Extravagante Auftritte: Bobby Farrell während eines Auftritts am 14. Mai 2005 auf dem Flughafen Kloten in der Schweiz. Seit 1992 war Farrell mit seiner Boney M.-Kopie "Boney M. feat. Bobby Farrell" auf Tour.
Bobby Farrell: Farrel bei einem Auftritt am 4. Februar 2005 auf der spanischen Ferieninsel Gran Canaria.
Grimasse: Farrell während eines Auftritts am 3. August 2006.
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