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Bud Spencer: Mampfen, prügeln, schlechte Witze

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Das Bud-Spencer-Experiment Der Backpfeifen-Picasso

Er prägte ganze Generationen: mampfte, rülpste und verteilte Backpfeifen. Seine Biografie ist ein Beststeller. Aber was können wir von Bud Spencer lernen? Zwei einestages-Redakteure nahmen sich eine DVD-Box mit den Filmen des Haudraufs und wagten ein Experiment - eine Zeitreise in die Jugend.

Am Erwachsenwerden schmerzt eines besonders: Mit jedem Jahr, das ins Land zieht, verlieren die Helden der Kindheit ihren Glanz. David Hasselhoff wird zum Gegenteil von Cool, Alf extrem unlustig, und Columbo langweilig. Wen wir früher vergötterten, finden wir heute einfach nur noch peinlich.

Nur einem konnten die Jahre nichts anhaben: Bud Spencer. Er boxte, mampfte, nuschelte sich durch unsere Kindheit und hockt seitdem in unserer Erinnerung als hungrigster Fatalist der Filmgeschichte, der es mit allen aufnehmen kann - Banditen im wilden Westen, Rauschgifthändlern in Afrika und Schlägergangs in Miami. Ein paar Backpfeifen, ein Faustschlag auf den Kopf, und die Welt war wieder in Ordnung.

Du, Bud, hast uns gezeigt, wie das geht, Probleme zu lösen. Zumindest dachten wir das.

Denn nach der Lektüre deines Buches, das jüngst erschienen ist, machte sich Ernüchterung breit. Du hast ein Leben als Schwimmstar, Olympionike, Haudrauf gelebt, hast Bauarbeiter-Einsätze am Amazonas, ein Jura-Studium, den Sieg über einen bösartigen Tumor hinter dir, außerdem mehr als 50 Jahren Ehe mit derselben Frau und dann hast du, Bud der Große, gerade mal zwei Ratschläge, die du uns mit auf den Weg gibst?

Niemals, schreibst Du, sollen wir gleich nach dem Essen baden gehen. Und wir sollen keine Hunde aussetzen. Das klingt mehr nach Großmutter als nach Dampfhammer.

Aber wenn wir eins gelernt haben von Bud, dann ist es: nicht aufgeben. Wir nehmen die Dinge selbst in die Hand. Also unternehmen wir eine Expedition zurück, in die Zeit, als sie in Filmen noch "Rauschgift" sagten statt Drogen und "Stoßzeit" statt Rushhour: Welche Lektionen fürs Leben lassen sich aus den Filmen destillieren, die wir als Jungs so geliebt haben?

Wir starten das Bud-Spencer-Experiment: zwei DVD-Boxen, zwölf Bier, zwei Redakteure außer Rand und Band, ein Abend vor dem Beamer.

20.00 Uhr, erstes Bier, erster Film, klar: "Zwei außer Rand und Band" von 1977

Ein Gabelstapler fährt ins Bild, Bud steht breibeinig auf den Gabeln, die linke Hand in der Hosentasche, in der rechten ein Käsebrot. Er und Terence Hill suchen einen Job am Hafen, legen sich mit einem Gangster-Syndikat an, werden aus Versehen Polizisten, zertrümmern unzählige Autos. Lektion eins? Vielleicht: Es kommt nicht darauf an, was Du tust. Es kommt darauf an, dass Du es tust.

Buds längster Monolog: "Wenn ich nicht anständig futtere, kann ich auch nicht anständig aufs Klosett. Und wenn ich nicht aufs Klosett kann, dann bin ich kein richtiger Mensch mehr. Und mit Liebe ist dann auch nichts. Ist klar?" Das Wort Synchronisation kannten wir als Kinder noch nicht, jetzt fällt auf, dass Buds Stimme viel mehr Silben spricht als Buds Lippen auf dem Schirm.

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Bud Spencer: Mampfen, prügeln, schlechte Witze

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Zwei "scharfe Bienen", wie Terence Hill sagt, sollen die Helden in die Falle locken. Durchschaubar. Doch in Bud-Spencer-Filmen fließt nicht nur nie Blut, es gibt auch keinen Sex. Bud ist der softeste Macho der Filmgeschichte. Deshalb trinkt er die beiden Girls einfach unter den Tisch. Ein schlauer Schachzug? Nicht unbedingt. Aber Bud weiß: "Man muss die Mädchen feiern wie sie fallen." Anders gesagt, und das ahnten wir bereits: Es gibt die Waffen der Frau, doch der Alkohol schlägt sie.

21.30 Uhr, drittes Bier, zweiter Film: "Vier Fäuste für ein Halleluja" von 1971

Bud Spencer und Terence Hill mischen als vermeintliche Geheimagenten den wilden Westen auf. Gleich zu Beginn das erste Fressgelage - rülpsen, schmatzen, Hände am Hemd abwischen. Diese Orgie unverhohlener Fleischeslust würde jedem Ernährungsberater die Tränen in die Augen treiben. Auch später, im teuersten Restaurant der Stadt, in Anzug und Krawatte, stopft und schlingt Bud die Bratenscheiben herunter, ein Mahlzeiten-Vernichter, der Standesgrenzen einfach wegmampft.

Der Kollege Lukas Rilke kommt vorbei: "Vier Fäuste für ein Halleluja? Ein Klassiker!"

Im Saloon gibt es Streit, Bud Spencer knurrt: "Mach schon Platz, ich bin der Landvogt." Wieder die brummige Synchron-Stimme von Arnold Marquis. Seine schönste Drohung: "Machst du das nochmal, mach' ich aus deinen Ohren Wäschetrockner." Lektion drei: Wer selbstsicher genug auftritt, kann sagen, was er will.

Der Wirt will um Mitternacht nichts mehr ausschenken - Sperrstunde. Haue verteilt Bud zwar ausnahmsweise nicht, dafür dreht er die Zeiger der Uhr zwei Stunden zurück. In die Poesiealbum-Sprache übersetzt bedeutet das: "Lass nicht das Leben über dich entscheiden, sondern entscheide über das Leben". Lektion vier: Nehmt euch die Zeit, die ihr braucht.

Machen wir und fangen an vorzuspulen. Bud-Spencer-Experiment, fast foward!

22.30, fünftes Bier, dritter Film: "Plattfuß in Afrika" von 1978

Der erste Film des Abends ohne Terence Hill, dafür ist Bud als neapolitanischer Kommissar Plattfuß besser angezogen als sonst: dunkler Anzug, offenes Hemd. Und er kann tanzen. Körpermasse und Eleganz, kein Widerspruch. Vielleicht eine tröstliche Weisheit für's Alter.

In der, wie üblich, elendlangen Anfangssequenz taucht zum ersten Mal der Name des eigentlichen Helden des Films auf: der "Zulu-Junge Bodo", im Film aus unerfindlichen Gründen "Boto" genannt. Bud jagt Rauschgifthändler, es verschlägt ihn nach Südafrika, er trifft den Jungen, beide prügeln und futtern sich durch die Kalahari. Wir sehen vieles davon nur im Schnellvorlauf.

In seiner Biografie schreibt Bud, er habe sich über die Apartheid in Südafrika geärgert. Im Film ist davon allerdings nichts zu merken. Stattdessen typische Bud-Sätze wie dieser: "Meine Mutter wollte Zwillinge, aber dann kam ich allein." Ja, das kennen wir mittlerweile. Bud hat immer nur sich selbst gespielt - sagt er auch in jedem Interview. Bud Spencer als Fels der Verlässlichkeit, der Helmut Kohl des VHS-Zeitalters. Lektion fünf: keine Experimente.

23.30 Uhr, sechstes Bier, vierter und letzter Film: "Der Bomber" von 1982

Der Backpfeifen-Picasso Bud Spencer wird von seinem schrottreifen Schiff geworfen und heuert als Boxtrainer an. Eine seiner Methoden: Den Schützling mit Apfelsinen bewerfen, um dessen Reaktionsfähigkeit zu trainieren. Das allerdings ist auch schon das Unkonventionellste am ganzen Film.

Buds Schützling wird erst korrumpiert, dann betrogen; schließlich steigt der "Bomber" selbst in den Ring und begleicht eine alte Rechnung. Dann lässt er sich feiern. Ehre, wem Ehre gebührt. Ein Rocky-Moment, nur im XXL-Format.

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Spencer, Bud, Luca, Lorenzo De, Filippi, David De

Bud Spencer – Mein Leben, meine Filme: Der erste Teil meiner Autobiografie

Verlag: Schwarzkopf & Schwarzkopf Media
Seitenzahl: 256
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Hier kommt noch einmal alles zusammen, wofür Bud steht: Reichhaltiges Essen, fast schon stumpfes Durchhaltevermögen, Kampf für die Schwachen. Bud blickt immer nach vorne, nie zurück. Aber reicht uns das heute noch?

Als Bud seine Biografie vorstellte, verriet er auch sein Lebensmotto: "Futtettene!" Was soviel heißt wie: Scheiß drauf, wenn etwas nicht klappt!

Unser Experiment für den Abend war, aus Bud-Spencer-Filmen fürs Leben zu lernen. Kurz nach Mitternacht erinnern wir uns an Lektion fünf: keine Experimente.

Futteténne! Wir spulen vor. Gleich fährt die letzte U-Bahn.

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