
Die Fürstin und der Fotograf Grandiose, graziöse Grace

Gülcan hat's probiert, Sarah Connor auch. Vertanes Geld, vergebliche Liebesmüh. Diana und Charles kamen der Sache schon bedeutend näher, damals, Ende Juli 1981 in der Saint Paul's Cathedral in London. Doch an das Top-Ereignis, das sich am 19. April vor über einem halben Jahrhundert ereignete, reichte selbst das britische Paar nicht heran.
Die Rede ist von der Märchenhochzeit zwischen Grace Kelly und Fürst Rainier III. von Monaco, erste medial perfekt inszenierte Hochzeit der Fernsehgeschichte. 30 Millionen Zuschauer in neun Ländern verfolgten die tränenreiche Zeremonie live am Bildschirm, viele mit einem Anflug von Neid.
Marilyn zum Beispiel. Was die Monroe ihrer Kollegin kurz vor dem großen Tag mit auf die Reise gab, wirft kein gutes Licht auf das Arbeitsklima in Hollywood. "Freut mich, dass du den Weg aus diesem Business gefunden hast", schrieb die Schauspielerin der verliebten Grace Kelly, kurz bevor diese ihre Koffer packte und die "USS Constitution" in New York bestieg, um in ihr neues Leben zu schippern. Ihr Leben als Gracia Patrizia.
Mit der Traumhochzeit schlüpfte die Schönheit in eine Rolle, die sie zeit ihres Lebens nicht mehr abschütteln würde: Die vielversprechende Jungschauspielerin gab ihren Job auf, um zur Fürstengattin eines Zwergstaates in Europa zu avancieren. 26 Jahre lang, bis zu ihrem - noch immer rätselhaften - Tod, würde sie mit dem Mann zusammenbleiben, der ihr die Flausen von der Schauspielerei bereits bei der Verlobung gründlich austrieb.
Legendärer "Pas de Deux"
Als Schauspielerin zu arbeiten ist nichts, was einer Fürstin ansteht, befand Rainier - und Gracia hielt sich daran. Obwohl sie noch im März 1955, ein gutes Jahr vor ihrer Hochzeit, betont hatte, dass ihr die Karriere wichtiger sei als die Ehe. "Wenn ich jetzt aufhöre", soll sie gesagt haben, "dann würde ich mich womöglich mein Leben lang mit dem Gedanken quälen, welch große Schauspielerin ich hätte werden können." Nun in den starken Armen von Rainier, schien Grace ihre guten Vorsätze vergessen zu haben.
Nur ein Mann begleitete Grace noch länger auf ihrem Lebensweg als der gestrenge Fürst: Howell Conant. 27 Jahre lichtete der amerikanische Starfotograf die Frau ab, die als Fürstin der Herzen Furore machte - vom Zenith ihres Hollywood-Ruhmes bis zu ihrem tragischen Unfalltod im Jahr 1982. Beim Baden, Küssen, Babyschaukeln, beim Schlemmen und Faxenmachen.
Howell war der einzige Fotograf, den die Schönheit selbst in ihren intimsten Momenten um sich duldete. Die bis dahin unveröffentlichten Fotografien Conants sind 2007 bei Schirmer/Mosel unter dem Titel "Grace. Ein Hollywood-Star wird Prinzessin" erschienen.
Wenn alle anderen ihre Blitzlichter längst eingepackt hatten, durfte er den Auslöser drücken. Was sich zwischen der "langstieligen Rose aus Philadelphia" und dem Fotografen abspielte, hat Conant als legendären "Pas de Deux" umschrieben: eine Übereinkunft ohne Worte, harmonisch, lebendig spontan. "In Trance" seien die beiden beim Fotografieren geraten, fügte er hinzu - zudem spornte die ehrgeizige Frau den Künstler durch ihre klar definierten Ansprüche zu Höchstleistungen an: "Ich will ein Bild nicht einfach mit meinem Gesicht aufpeppen", sagte sie und forderte Qualität ein - ebenso wie sie sich strikt dagegen verwahrte, als dummes Blondchen in irgendwelchen B-Schmonzetten mitzuspielen.
Eiskönigin und amouröse Pythonschlange
So gelang es Conant wie keinem anderen, das einzufangen, was als "natürlicher Glamour" als ihr Markenzeichen in die Geschichte einging. Eiskönigin, aber auch lodernde Feuer, Sexappeal, aber auch Stil, Rühr-mich-nicht-an, aber auch "amouröse Pythonschlange", wie ein Ex-Lover bekannte. Kurz: Kellys einzigartige Synthese von Gegensätzen, die ihr glühender Verehrer Alfred Hitchcock einmal als "sexuelle Eleganz" definierte.
Die Freundschaft zwischen der Schönen und dem Fotografen begann im Frühjahr 1955 bei Aufnahmen für das Filmstar-Magazin "Photoplay", kurz darauf durfte Howell die Schauspielerin beim Plantschen auf Jamaika ablichten, wo sie sich von dem gewaltigen Arbeitspensum erholte - immerhin hatte sie in knapp einem Jahr sechs Filme abgedreht. Grace, wie sie mit ihren tiefblauen Augen aus dem klaren Karibikwasser auftaucht, Grace, wie sie versucht, mit Würde eine Orange aufzuessen - frischer, lebendiger und faszinierender geht's kaum.
Schon bald bombardierten Schönheiten aller Couleur den Fotografen mit Aufträgen. Elizabeth Taylor, Audrey Hepburn, Janet Leigh, aber auch Doris Day und Natalie Wood. Sie bettelten um die "Kelly-Behandlung", die der Fotograf Grace angedeihen ließ: Filmstars, Freunde, Firmen - von Revlon über Ford bis hin zu Helena Rubinstein und Eastman Kodak -, alle gierten sie danach, einen Fitzel dieses natürlichen Glamours zu erhaschen, mit dem Grace Kelly ganz Hollywood in Trance versetzte.
Monaco, Macao, Marokko, Monte Carlo?
Dann, auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, schmiss die vielversprechende Schauspielerin plötzlich hin. Der Grund: ein "hergelaufener und bankrotter Fürst, der meiner Tochter gerade bis zum Busen reicht", wie Vater Kelly zunächst polterte. Auch die Mutter, die Monaco abwechselnd mit Macao, Monte Carlo und Marokko verwechselte, zeigte sich anfangs skeptisch - doch um Grace war es geschehen. "Ich habe noch kein Pärchen gesehen, das dermaßen verliebt war", sagte Conant später - dem Fotografen war es vergönnt, die ersten privaten Aufnahmen der Liebenden im New Yorker Apartment von Grace zu machen.
Er war es auch, der bei der Überfahrt von Grace nach Europa als einziger Fotograf einen Zugang zur Kabine der künftigen Prinzessin besaß, fotografierte sie bei Scharade-Abenden, Diners und beim Tragen alberner Partyhüte. Am 12. April um 10 Uhr morgens erreichte die "USS Constitution" bei trübem Wetter den winzigen Hafen von Monaco, und der Vorhang fiel für immer. Mit markigem Händedruck - der Mann hasste Vertraulichkeiten in der Öffentlichkeit - nahm Fürst Rainier III. seine künftige Gattin in Empfang. Nachdenklich wirkt die von Conant abgelichtete Schönheit plötzlich, als ahne sie bereits, dass das Leben in der Bonsai-Monarchie nicht nur traumhaft sein würde.
Akribisch dokumentierte der Fotograf das, was nun binnen einer Woche, quasi im Zeitraffer, geschehen sollte: die Metamorphose von der Schauspielerin zur Fürstin. Nur einen Fototermin schenkte er sich. Der Trauung des Paares in der Kathedrale Saint-Nicolas am 19. April, zu der illustre Persönlichkeiten wie Aristoteles Onassis, Cary Grant, der Aga Khan, Ava Gardner und König Farouk ins ehemalige Piratennest reisten, blieb er fern.
Als das von MGM, dem Filmstudio der einstigen Schauspielerin, glamourös inszenierte Medienspektakel stattfand, blieb Conant im Palast zurück, um die Brautjungfern und Blumenmädchen, die sechsstöckige Hochzeitstorte - und die am Abend sichtlich erschöpfte Braut in ihrem 7200-Dollar-Traum-in-Weiß abzulichten.
Trost bei Martinis und gepressten Blumen
Nach der Jahrhunderthochzeit wurde es ruhiger um die Fürstin. Perfekt gab Gracia Patricia die neue Landesmutter, organisierte Rotkreuzbälle, lockte Jet-Set, Glanz und Glamour ins Mini-Reich und bekam drei Kinder. Ein letzter Versuch, doch noch mal zur Schauspielerei zurückzukehren, blieb ihr verwehrt. Kaum hatte Hitchcock ihr 1962 die Hauptrolle in "Marnie" angetragen, brauste ein Sturm der Empörung durch den Operettenstaat.
Nicht auszudenken, dass ihre Fürstin Sean Connery küssen würde! Auch Rainier tobte - und wieder fügte sich Grace und versuchte, die in ihr aufkeimende innere Leere mit Martinis, aber auch mit Blumenpressen zu bekämpfen, "der wohl deprimierendsten Kunstform, die das Menschengeschlecht je erfunden hat", wie die New Yorker Wochenzeitung "Village Voice" schimpfte.
Preisabfragezeitpunkt
21.01.2021 00.29 Uhr
Keine Gewähr
Während das Interesse der US-Medien für den nach Europa verlorenen Hollywood-Star von einst langsam abflaute, hielt Conant Gracia Patricia die Treue. Unermüdlich lichtete er die Fürstin ab, wie sie Weihnachtsgeschenke einpackte, ihre kleinen Schreihälse zu beruhigen versuchte und Kinderbücher vorlas, auf einem Trampolin rumhopste und durch die Schweizer Alpen marschierte: schön wie eh und je, aber eine Spur matter und statischer. Der strahlende Glanz, den sie nach Monaco gebracht hatte, perlte langsam von ihr ab.
Vom Traumleben zum Albtraum
Nur zu seinem letzten Termin in Monaco reiste der Fotograf ohne Kameras an: zur weltweit live übertragenen Beerdigung der Ikone im Jahr 1982. Am Montag, den 13. September, war ihr Rover 3500 in einer Haarnadelkurve ins Schleudern geraten und 40 Meter in die Tiefe gestürzt. Einen Tag später erlag Gracia Patricia ihren Verletzungen, während die 17-jährige Tochter Stéphanie schwer verletzt überlebte. Mit einem Albtraum endete das, was als traumhaftes Leben begonnen hatte.
Fürst Alberts vom bunten Blätterwald so sehnsüchtig erwartete Traumhochzeit zu fotografieren, ist Howell Conant nicht mehr vergönnt, der Fotograf verstarb 1999. Nur eines ist sicher: ob, wann und wen der Sohn der schönen Grace zu heiraten gedenkt: Die Trauung seiner Mutter vermag er nicht zu toppen. Die von Gülcan, Sarah Connor und Konsorten jedoch allemal.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Strandaufnahme: Vor der idyllischen Szenerie Jamaikas hielt der Fotograf Howell Conant 1955 die besondere Ausstrahlung Grace Kellys fest.
Grace Kelly auf ihrem Boot: Eine schönere Gallionsfigur als diese 1955 auf Jamaika urlaubende Grace ist wohl kaum noch auszudenken.
Schöne Nixe: Der Fotograf Howell Conant begleitete Grace Kelly 1955 nach Jamaika. Seine Aufnahmen zeigen die entspannte "Alltags"-Grace, die mit ihrer natürlichen Schönheit verzaubert.
Auf Zehenspitzen: Eins der meist gefeierten Aufnahmen in der Geschichte Hollywoods - die aus dem Wasser auftauchende Grace. Das Bild erschien am 24. Juni 1955 auf dem Cover von "Collier's". Was hier so spontan wirkt, war in Wirklichkeit das Ergebnis harter Arbeit, denn Howell und Grace mussten sich im Wasser auf Zehenspitzen bewegen, um nicht in Seeigel zu treten.
Ice Queen: Was Howell fraglos faszinierte, war der Kontrast zwischen den bodenlangen weißen Vorhängen und der schlichten Eleganz von Graces schwarzem Kleid mit dem raffinierten Ausschnitt. Die Aufnahmen sind nicht nur Studien über dramatische visuelle Kontraste, sie spielen auch mit Graces Image als "Ice Queen".
Adeliger Schreihals: Fürstin Gracia und Fürst Rainier III. von Monaco mit ihren beiden Kindern Caroline und Albert. Fotograf Howell Conant lichtete die Fürstin besonders gerne ab, wenn sie mit ihren Kindern zusammen war - "schon deshalb, weil sie sich manchmal so intensiv um sie kümmerte, dass sie kaum auf mich und die Kamera achtete."
Verführerische Schönheit: 1955 begleitete Howell Conant Grace Kelly nach Jamaika und fing dort auf seinen Bildern die natürliche Schönheit der Schauspielerin ein. Conant: "Grace war so kurzsichtig, dass sie keine drei Meter weit sehen konnte, deshalb hörte sie nur auf meine Stimme, die ihr Regieanweisungen gab. 'Schön', sagte ich immer wieder."
Heile Welt: Das Fürstenpaar Gracia Patricia und Rainier III. von Monaco mit ihren drei Kindern Caroline (links), Albert und Stéphanie (vorne). Grace bewahrte sich zeitlebens ihr inneres Funkeln, welches Howell Conant so oft mit seiner Kamera einfing.
Ein absoluter Profi: Grace überzeugte am Set stets durch ihre Professionalität: Sie war textsicher, wusste, wie sie sich zu bewegen hatte und manchmal erahnte sie den richtigen Kamerawinkel schon vor dem Regisseur. Diese Aufnahme machte Howell Conant zwei Wochen vor Drehbeginn zu "The Swan" im MGM Studio.
Schnappschuss: In Graces Gegenwart hatte Howell Conant fast immer die Kamera dabei. Und ihren Reaktionen, wenn er sie beim Essen einer Orange aufnahm, verdanken wir einige der lebhaftesten und aufschlussreichsten Momente, die wir von dieser außergewöhnlichen Frau haben. Sie ist sinnlich, lustig und ausgesprochen attraktiv - alles zugleich.
Richtige Prinzessin: "Auf der Leinwand wollte ich immer ein möglichst breites Repertoire spielen", sagte Grace, "aber im Leben akzeptierte ich es, mich auf die Rolle einer Fürstin festlegen zu lassen." Mit ihrem intuitiv hoheitsvollen, aber nie herrischen Auftreten entsprach die junge Fürstin ganz den Vorstellungen, wie eine richtige Prinzessin zu sein hatte und die Monegassen liebten sie. Und durch ihre sorgfältig ausgewählte Garderobe steigerte Grace ihren herausgehobenen Status als weltweit anerkannte Stilikone noch weiter.
Ständiger Begleiter: Graces kleiner schwarzer Pudel Oliver - ein Geschenk von Cary Grant -, den sie von Anfang an ins Herz geschlossen hatte, war ihr ständiger Begleiter.
Drehpause: In Drehpausen pflegte Grace zu stricken oder Briefe zu lesen, und manchmal überraschte Howell sie auch in einsamen, gedankenverlorenen Momenten.
Restlos erschöpft: Direkt im Anschluss an die standesamtliche Trauung am 18. April 1956 gaben Rainer und Grace eine riesige Gartenparty auf dem Palastgelände, zu der sich 3000 Gäste einfanden. Die "Hochzeit der Jahrhunderts" fand am nächsten Tag statt: Dem Hochamt in der Kathedrale Saint-Nicolas wohnten 600 Personen bei - noch am selben Abend gab das Fürstenpaar für die Einwohner von Monaco eine Gala im Opernhaus. Auf der Aufnahme stehen die beiden, sicher am Rande der Erschöpfung, an einem Palastfenster und zeigen sich noch einmal den Scharen von Gratulanten.
Ausgelassenes Paar: 1957 begleitete Howell Conant die Fürstenfamilie auf einen Urlaub in die Schweizer Alpen. Dieses Foto zeigt das ausgelassene Pärchen - Grace hat sich eine von Rainiers Mützen aufgesetzt, dieser neckt sie und versucht, seine Mütze zurück zu bekommen. Conant war auch im Palast Zeuge vieler anrührend-warmherziger Szenen des Familienlebens.
Verliebte Grace: Als Howell gebeten wurde, ein paar Verlobungsfotos von Grace Kelly zu machen, war er sofort Feuer und Flamme. "Ich eilte in ihr Apartment an der Fifth Avenue und sah eine Grace Kelly, wie ich sie noch nie erlebt hatte", sagte er. "Jamaika hatte mir die spielerische Grace präsentiert, 'The Swan' die nachdenkliche, in sich gekehrte Grace. Jetzt, Arm in Arm mit Fürst Rainer von Monaco, entdeckte ich Grace Nummer drei: eine verliebte Frau."
Über den Dächern: Grace fühlte sich eigentlich nur in New York, wo sie ein Apartment direkt gegenüber dem Metropolitan Museum of Art hatte, richtig zu Hause - so sehr sie die Gesellschaft ihrer Filmkollegen in Hollywood auch schätzte. Einige Aufnahmen, die der Fotograf Howell von ihr um den Drehbeginn zu "The Swan" machte, geben perfekt den Eindruck wieder, Grace stehe "...über den Dingen".
Traumhochzeit: Graces Brautkleid ist von der Designerin Helen Rose kreiert worden - es war mit 7200 Dollar das teuerste Modell, das Rose je entworfen hatte. An seiner Fertigstellung hatten drei Dutzend Näherinnen unter höchster Geheimhaltung sechs Wochen lang gearbeitet. Grace und Fürst Rainer von Monaco wurden am 19. April 1956 in der Kathedrale Saint-Nicolas in Monaco kirchlich getraut.
Mama Grace: Fürstin Gracia Patricia - wie die Hollywoodschauspielerin Grace Kelly seit ihrer Hochzeit mit Fürst Rainier III. von Monaco hieß - war ihren Kindern eine sehr liebevolle Mutter. Die Aufnahme von ihr beim Vorlesen mit dem leicht ergrauten Pudel Oliver zu Füßen zeigt, wie gerne sie diese Rolle spielte. Ihre Kinder liebten Geschichten wie "Alice im Wunderland", die Grace ihnen auf Englisch oder Französisch vorlas.
Melden Sie sich an und diskutieren Sie mit
Anmelden