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Frauen bei Olympia »Die weiblichen Unterleibsorgane verwelken«

Rudernde Sportpionierin: Alice Milliat

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Einen ungewöhnlichen Anblick bestaunte die feine Gesellschaft am 24. März 1921 in Monte Carlo: Statt in wadenlangen Kleidern und mit Hut in der Frühlingssonne an der französischen Riviera zu flanieren, saßen Frauen in T-Shirts und kurzen Hosen auf dem Rasen im Garten des Spielcasinos. Mehr noch: Sie sprinteten um die Wette, sprangen über Hürden, betrieben Speerwurf und sogar Kugelstoßen.
Rund 100 Athletinnen aus fünf Ländern hatten sich zu den »Jeux Olympiques Féminins« eingefunden, den ersten Olympischen Spielen für Frauen. Bis zum 31. März traten die Sportlerinnen aus Frankreich, Großbritannien, Italien, Norwegen und Schweden in zehn Leichtathletik-Disziplinen an. Zusätzlich zeigten sie ihr Talent im Basketball, in Gymnastik und rhythmischer Gymnastik sowie im Pushball: einem Spiel, bei dem zwei Teams eine menschengroße Kugel ins gegnerische Feld manövrieren mussten.
Rudernde Sportpionierin: Alice Milliat
Die Wettkämpfe waren ein solcher Erfolg, dass sie 1922 gleich erneut ausgetragen wurden. Bis 1934 liefen insgesamt sieben internationale Sportwettbewerbe für Frauen, zunächst als »Olympia für Frauen«, später als »Frauen-Weltspiele«. Der Kopf hinter den Wettbewerben: die Französin Alice Milliat.
»Durch die unerschrockenen Anstrengungen dieser Frau und ihrer Gefährtinnen waren Olympia-Offizielle gezwungen anzuerkennen, dass Frauen im internationalen Sport genauso gegeneinander antreten und ihre Länder vertreten wollten wie die Männer bei den Olympischen Spielen«, schreiben Mary H. Leigh und Thérèse Bonin in einem Forschungsbeitrag zur Rolle der Frauensport-Pionierinnen um Milliat.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) legte zunächst wenig Wert auf Frauensport. Die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit 1896 in Athen waren, wie schon in der Antike, reine Männersache. Vier Jahre später durften Frauen im Golf und Tennis starten, 1904 im Bogenschießen, 1908 im Eiskunstlauf. Und 1912 feierten sie ihr Debüt im Schwimmen.
Von der Leichtathletik aber blieben sie ausgeschlossen. IOC-Präsident Pierre de Coubertin soll in England schon vom Anblick schwitzender Rodlerinnen entsetzt gewesen sein. Frauen sollten nur aus gesundheitlichen Gründen Sport treiben, und das möglichst im Privaten. »Coubertins Einstellung entsprach dem Sittenbild der damaligen Zeit, in seinen Überzeugungen stimmte er mit den meisten IOC-Mitgliedern überein«, erklärt Ansgar Molzberger, der am Institut für Sportgeschichte der Kölner Sporthochschule forscht.
Die Mitglieder des IOC gehörten der Oberschicht an – und dort fand Frauensport nur in Golf- und Tennisklubs statt: Sportlerinnen traten in bodenlangen Kleidern und anfangs mit Hut auf dem Tenniscourt an. »So kann man ein Spiel nicht athletisch ausüben. In diesem Fall hat das gesellschaftliche Sittenbild mit seinen Kleidungsvorschriften die Entwicklung der Frauen in der Sportart gebremst«, sagt Molzberger. Mediziner hatten Frauensport für gefährlich erklärt. Noch 1931 argumentierte der Leipziger Gynäkologe Hugo Sellheim: »Durch zu viel Sport nach männlichem Muster [wird] der Frauenkörper direkt vermännlicht, die weiblichen Unterleibsorgane verwelken.«
Die Sportpionierinnen ließen sich nicht aufhalten. Während in Deutschland mit seiner Turntradition Anfang des 20. Jahrhunderts noch Skepsis überwog, entwickelte sich in Frankreich eine Sportszene für Frauen. Der Pariser Klub »Fémina Sport« machte ab 1912 Frauenfußball bekannt, sogar mit einer ersten Meisterschaft. Klubmitglieder konnten auch Leichtathletik, Basketball, Feldhockey, Rudern oder Radfahren ausüben. Nachdem Alice Milliat im Klub eingangs ruderte, wurde sie 1915 Präsidentin.
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»Fémina Sport« gründete mit dem Pariser Sportklub »En Avant« die Dachorganisation für französischen Frauensport FSFSF und richtete Wettbewerbe aus. Milliat war bei der FSFSF erst Schatzmeisterin, ab 1919 dann Präsidentin und wandte sich mit der Bitte an das IOC, Frauen in der Leichtathletik bei Olympia 1924 zuzulassen. Die Antwort: Nein.
Die Französinnen entschieden deshalb, selbst einen internationalen Wettkampf auszurichten. Camille Blanc unterstützte sie: Der Sohn des Spielbank-Gründers François Blanc und Präsident des Internationalen Sportklubs von Monaco stellte ihnen den Casino-Garten zur Verfügung.
Engländerinnen und Französinnen dominierten die ersten Olympischen Spiele der Frauen. Violette Morris holte Gold im Speerwurf und im Kugelstoßen. Die Französin probierte sich auch sonst in jedem Sport aus – Schwimmen, Boxen, Wrestling, Autorennen. Ihr Motto: »Alles, was ein Mann kann, kann auch Violette.« Die Britin Mary Lines gewann 1921 Gold im 60-Meter-Lauf und im 250-Meter-Lauf, ein Jahr später holte sie einen Weltrekord beim Staffellauf.
Milliats Bemühungen gaben dem Frauensport eine Bühne, als sich das Bild der Frauen in der Gesellschaft gerade wandelte: Im Ersten Weltkrieg hatten sie die Arbeit von Männern übernommen; nach dem Krieg erkämpften sie sich in England, Deutschland und den USA das Wahlrecht.
Die Frauen-Spiele schreckten die Bewahrer des Männersports auf. Das IOC, so Molzberger, »ärgerte sich, dass durch die Verwendung des Titels ›olympisch‹ an seinem Monopol gekratzt wurde« – und dass die Veranstaltung jährlich statt im olympischen Turnus von vier Jahren laufen sollte.
Daher hieß sie 1922 »Frauen-Weltspiele«, ausgerichtet von der Internationalen Frauen-Sport-Föderation (FSFI) in Paris mit rund 20.000 Zuschauern. Die Wettkämpfe vier Jahre später in Göteborg eröffnete Schwedens König Gustav V. Als einzige japanische Athletin trat Kinue Hitomi in sechs von zwölf Disziplinen an, inklusive Weltrekord im Weitsprung, und sicherte Japan im Alleingang Platz fünf unter neun teilnehmenden Ländern.
Weil Frauensport an Popularität gewann, ließ das IOC Frauen bei den Olympischen Spielen 1928 in Amsterdam versuchsweise in fünf Leichtathletik-Disziplinen zu: über 100 und 800 Meter, in der 4x100-Meter-Staffel, in Hochsprung und Diskuswerfen. Beim 800-Meter-Lauf fiel eine Athletin im Ziel, als sie eine Konkurrentin einzuholen versuchte.
Ein New Yorker Klatschblatt behauptete, mehrere Sportlerinnen seien in Ohnmacht gefallen. Die »New York Times« schrieb: »Das Finale des 800-Meter-Laufs der Frauen, in dem Frau Lina Radke aus Deutschland einen Weltrekord aufstellte, demonstrierte deutlich, dass sogar diese Distanz der weiblichen Stärke zu viel abverlangt.« Prompt strich man den 800-Meter-Lauf für Frauen wieder – und das sogar bis 1960.
Nach der Enttäuschung von Amsterdam organisierte die FSFI 1930 Frauen-Weltspiele in Prag, 1934 in London. Als 1936 die Föderation bereits 30 Mitgliedsländer hatte, zog das IOC die Kontrolle über die Frauenwettkämpfe der Leichtathletik an sich. Bei den Spielen in Berlin 1936 traten Frauen in sechs Disziplinen an, bevor der Zweite Weltkrieg eine Pause erzwang. Erst 1948 fanden erneut Olympische Spiele statt; Frauen waren erstmals im 200-Meter-Lauf, im Kugelstoßen und im Weitsprung zugelassen.
In der Geschichte der Olympischen Spiele »mussten sich Frauen ihr Startrecht über einen langen Zeitraum Sportart für Sportart erkämpfen«, sagt Molzberger. Fußball und Boxen wurden auf olympischer Ebene erst 1996 und 2012 für Frauen geöffnet, Skispringen erst 2014.
Noch jahrzehntelang hielt sich bei Sportfunktionären die Auffassung, Frauen seien zu körperlichen Höchstleistungen gar nicht imstande. Ihnen könne etwa »beim Laufen die Gebärmutter herausfallen« – von solchen Mythen erzählte etwa Kathrine Switzer. Die amerikanische Läuferin schrieb Sportgeschichte, weil sie 1967 als erste Frau den Boston-Marathon mit offizieller Startnummer absolvierte. Als der zornige Rennchef versuchte, sie von der Strecke zu rempeln, wurde er selbst weggerempelt: von Switzers Freund, einem Hammerwerfer.
Olympisch wurde der Marathon für Frauen erst 1984. Mit einem Zwischenfall, der großes Aufsehen erregte: Die Schweizerin Gabriela Andersen-Schiess hatte die letzte Wasserstation vor dem Ziel verpasst und lief schwer dehydriert ins Stadion in Los Angeles ein. Mental war die Schweizerin fit, allein ihre Muskeln gehorchten ihr nicht: Den Körper zur Seite geneigt, schlingerte die Läuferin von einer Seite der Bahn zur anderen. Als ein Arzt ihr zu Hilfe eilen wollte, scheuchte sie ihn fort: Hätte er sie berührt oder gestützt, wäre sie disqualifiziert worden.
Erst nachdem sie die Ziellinie überquert hatte, fiel sie dem medizinischen Personal erschöpft in die Arme, wurde mit nassen Handtüchern gekühlt. »Ich erinnere mich genau an den Jubel und den Lärm. Es war unglaublich, so laut. Ich hatte das nicht erwartet«, sagt Andersen-Schiess später. Das Publikum beklatschte den unbändigen Willen der Frau mit stehenden Ovationen.
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Sport an der Riviera: In Monte Carlo überspringen die britischen Athletinnen Daisy Wright (links) und Hilda Hatt (rechts) Hürden. Nach dem Erfolg der Olympischen Spiele für Frauen 1921 wurden die Wettkämpfe auch in den beiden Folgejahren ausgetragen.
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Vorkämpferin: Die Französin Alice Milliat ruderte mit Begeisterung und war eine Befürworterin des Frauensports. Als Präsidentin des französischen und dann des internationalen Frauensportverbands kämpfte sie für die Öffnung der olympischen Leichtathletikdisziplinen für Frauen. Als das IOC ablehnte, organisierte sie Olympische Spiele für Frauen – und ebnete ihnen so den Weg auf die internationale Sportbühne.
Das Ziel fest im Blick, war die Devise der Sportpionierinnen. Die männlichen Tradiitonswahrer hielten es eher mit dem Funktionärsmotto: Aber den Bogen nicht überspannen. Diese Aufnahme zeigt die Britin Queenie Newall bei den Olympischen Spielen 1908. Frauen wurden bei den Spielen in London erstmals im Bogenschießen zugelassen. 37 der insgesamt 2008 Teilnehmenden bei Olympia 1908 waren Frauen.
Olympisches Debüt: Die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit fanden 1896 noch ganz ohne Sportlerinnen statt. Etwas später ließ das IOC Frauen in einzelnen Sportarten zu. So durften sie 1912 in Stockholm zum ersten Mal im Schwimmen antreten. Das britische Team gewann bei den Spielen Gold in der Staffel.
Zu viel für Frauenkörper? 1928 konnten Frauen bei Olympia in Amsterdam erstmals am 800-Meter-Lauf teilnehmen. Die deutsche Athletin Lina Radke (vorn links) stellte einen Weltrekord auf, doch eine der neun Teilnehmerinnen fiel im Zieleinlauf. Die Presse sprach fälschlicherweise vom Kreislaufkollaps – der 800-Meter-Lauf wurde wieder gestrichen und blieb es bis 1960.
One-Woman-Show: Kinue Hitomi (hier bei Olympia 1928) reiste 1926 als einzige japanische Athletin mit der transsibirischen Eisenbahn zu den Frauen-Weltspielen in Schweden. Dort stellte sie einen Weltrekord im Weitsprung auf, trat in sechs von zwölf Disziplinen an und sicherte so Japan im Alleingang Rang fünf von neun Ländern im Medaillenspiegel.
Den Hut nicht verlieren: Die Französin Suzanne Lenglen bei einem olympischen Tennismatch 1920. Die ersten Sportarten, in denen Frauen im olympischen Rahmen antreten durften, hatten Kleidungsvorschriften: Frauen sollten sich sittsam (nach den damals gängigen Vorstellungen) in langen Kleidern und sogar mit Kopfbedeckung zeigen – verschwitzte und zerzauste Sportlerinnen waren in der Öffentlichkeit noch tabu.
Bereit zum Sprint: Die Sportlerinnen bei den ersten Olympischen Spielen für Frauen 1921 in Monte Carlo kurz vor dem Startschuss. 1921 traten die Frauen unter anderem im 60-Meter-Lauf und im 250-Meter-Lauf an. Die Distanzen der Disziplinen waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch nicht so einheitlich geregelt wie heute.
Sportlicher Tausendsassa: Violette Morris gewann Medaillen im Diskus- und Speerwurf, probierte sich aber auch in Sportarten wie Boxen, Wrestling und Autorennen aus. Um besser Sport treiben zu können, ließ sie sich später sogar die Brüste operativ entfernen – und wurde deshalb von den Organisatoren von Wettkämpfen ausgeschlossen.
Bereit zum großen Wurf: Die Schweizerin Francesca Pianzola als Speerwerferin bei den Frauen-Weltspielen 1922 in Paris. Damals wurde mit der rechten und mit der linken Hand geworfen, und damit ein Bestwert ermittelt. Im Vorjahr hatte Pianzola bei den ersten Olympischen Spielen für Frauen die Silbermedaille gewonnen.
Sport hinterm Spielcasino: Die britische Athletin Hilda Hatt am 26. März 1921 bei den Weitsprungwettkämpfen der ersten Olympischen Spiele für Frauen. Der französische Unternehmer Camille Blanc hatte den Sportlerinnen den Garten des Spielcasinos von Monte Carlo bereitgestellt.
Frühe Fußballgöttinnen: Im Pariser Frauenklub »Fémina Sport« konnten Frauen schon früh Fußball spielen (hier ein Match 1934). Der Klub wurde 1912 gegründet, machte Frauenfußball in Frankreich bekannt und richtete sogar die erste nationale Meisterschaft aus. »Fémina Sport« war in den Zwanzigerjahren die erfolgreichste Frauenmannschaft in Frankreich.
Bitte recht unauffällig: Frauen wurden 1908 erstmals bei den offiziellen Olympischen Spielen im Eiskunstlauf zugelassen. Heute prägen hautenge, glitzernde Kostüme den Sport – das Outfit ist wichtiger Teil der Performance. Damals trugen Eiskunstläuferinnen wie hier die Deutsche Liesbeth Brockhoefft kurze Hosen unter dem Kleid, um »unsittliche« Anblicke zu vermeiden.
Männer als Zaungäste: Auch beim Kugelstoßen traten die Athletinnen bei den ersten Olympischen Spielen für Frauen 1921 in Monaco an. Männer fungierten bei den Wettkämpfen nur als Kampfrichter und Zuschauer.
Neue Höhen im Frauensport: Auch bei den Olympischen Winterspielen erkämpfen sich die Frauen noch immer ihre Teilnahme in Sportarten. 2014 wurden Athletinnen bei den Winterspielen in Sotschi erstmals zum Skispringen zugelassen. Die Amerikanerin Sarah Hendrickson eröffnete das Event.
In die Männerbastion gekämpft: Boxen war bei Olympia lange reine Männersache. Frauen durften erst bei den Olympischen Spielen 2012 in London erstmals in den Boxring steigen und um Medaillen kämpfen. Die 17-jährige Amerikanerin Claressa Shields (rechts) besiegte damals die Russin Nadezhda Torlopova im Mittelgewicht.
Verwelkende Unterleibsorgane: Krude medizinische Überzeugungen sollten Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom Sport fernhalten. Man warnte, ihr Uterus könne beim Rennen herausfallen. Auch der Leipziger Sportgynäkologe Hugo Sellheim sorgte sich um die weibliche Gebärfähigkeit und tat die Sorge kund, die »weiblichen Unterleibsorgane« könnten beim Sport »verwelken«.
Jetzt nicht aufgeben: Weil sie die letzte Wasserstation verpasst hatte, taumelte die Schweizerin Gabriela Andersen-Schiess 1984 dehydriert ins Ziel. Es war das erste Mal, das Frauen bei Olympia den Marathon laufen konnten. Andersen-Schiess war zu weit gekommen, um auf den letzten Metern aufzugeben. Die 39-Jährige kämpfte sich unter Applaus des Publikums über die Ziellinie.
Nach dem Geschmack des IOC: Wenn Frauen hübsch anzusehen waren und sich ins Gesellschaftsbild der Zeit fügten, hatte das IOC nichts gegen sportliche Betätigung – wie hier bei den Gymnastik-Wettkämpfen während der Olympischen Spiele 1928 in Amsterdam. Für die Strapazen der Leichtathletik hielt das IOC Frauen hingegen lange Zeit für ungeeignet.
Sieht ganz leicht aus: Die Britin Mary Lines beim Sprung über eine Hürde – Frauen mussten viele Hindernisse überwinden, um sich ihren Platz bei den Olympischen Spielen zu sichern.
Bühne für den Frauensport: Dank der Organisation der Internationalen Frauensport Föderation FSFI wurde Frauensport in den Zwanzigern sichtbar. Zur Eröffnung der Frauen-Weltspiele in Göteborg kam 1926 sogar Schwedens König Gustav V. Die Spiele wurden mit Eröffnungs- und Schlusszeremonien gefeiert – im Bild erhält eine britische Athletin eine Sonderauszeichnung, nachdem England bei den Weltspielen am besten abgeschnitten hatte.
Vorkämpferin: Die Französin Alice Milliat ruderte mit Begeisterung und war eine Befürworterin des Frauensports. Als Präsidentin des französischen und dann des internationalen Frauensportverbands kämpfte sie für die Öffnung der olympischen Leichtathletikdisziplinen für Frauen. Als das IOC ablehnte, organisierte sie Olympische Spiele für Frauen – und ebnete ihnen so den Weg auf die internationale Sportbühne.
Das Ziel fest im Blick, war die Devise der Sportpionierinnen. Die männlichen Tradiitonswahrer hielten es eher mit dem Funktionärsmotto: Aber den Bogen nicht überspannen. Diese Aufnahme zeigt die Britin Queenie Newall bei den Olympischen Spielen 1908. Frauen wurden bei den Spielen in London erstmals im Bogenschießen zugelassen. 37 der insgesamt 2008 Teilnehmenden bei Olympia 1908 waren Frauen.
Foto: Hulton Archive / Getty ImagesOlympisches Debüt: Die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit fanden 1896 noch ganz ohne Sportlerinnen statt. Etwas später ließ das IOC Frauen in einzelnen Sportarten zu. So durften sie 1912 in Stockholm zum ersten Mal im Schwimmen antreten. Das britische Team gewann bei den Spielen Gold in der Staffel.
Foto: United Archives International / imago imagesZu viel für Frauenkörper? 1928 konnten Frauen bei Olympia in Amsterdam erstmals am 800-Meter-Lauf teilnehmen. Die deutsche Athletin Lina Radke (vorn links) stellte einen Weltrekord auf, doch eine der neun Teilnehmerinnen fiel im Zieleinlauf. Die Presse sprach fälschlicherweise vom Kreislaufkollaps – der 800-Meter-Lauf wurde wieder gestrichen und blieb es bis 1960.
Foto: UIG / imago imagesOne-Woman-Show: Kinue Hitomi (hier bei Olympia 1928) reiste 1926 als einzige japanische Athletin mit der transsibirischen Eisenbahn zu den Frauen-Weltspielen in Schweden. Dort stellte sie einen Weltrekord im Weitsprung auf, trat in sechs von zwölf Disziplinen an und sicherte so Japan im Alleingang Rang fünf von neun Ländern im Medaillenspiegel.
Den Hut nicht verlieren: Die Französin Suzanne Lenglen bei einem olympischen Tennismatch 1920. Die ersten Sportarten, in denen Frauen im olympischen Rahmen antreten durften, hatten Kleidungsvorschriften: Frauen sollten sich sittsam (nach den damals gängigen Vorstellungen) in langen Kleidern und sogar mit Kopfbedeckung zeigen – verschwitzte und zerzauste Sportlerinnen waren in der Öffentlichkeit noch tabu.
Foto: Getty ImagesBereit zum Sprint: Die Sportlerinnen bei den ersten Olympischen Spielen für Frauen 1921 in Monte Carlo kurz vor dem Startschuss. 1921 traten die Frauen unter anderem im 60-Meter-Lauf und im 250-Meter-Lauf an. Die Distanzen der Disziplinen waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch nicht so einheitlich geregelt wie heute.
Foto: Bettmann / Getty ImagesSportlicher Tausendsassa: Violette Morris gewann Medaillen im Diskus- und Speerwurf, probierte sich aber auch in Sportarten wie Boxen, Wrestling und Autorennen aus. Um besser Sport treiben zu können, ließ sie sich später sogar die Brüste operativ entfernen – und wurde deshalb von den Organisatoren von Wettkämpfen ausgeschlossen.
Foto: Gamma-Keystone / Getty ImagesBereit zum großen Wurf: Die Schweizerin Francesca Pianzola als Speerwerferin bei den Frauen-Weltspielen 1922 in Paris. Damals wurde mit der rechten und mit der linken Hand geworfen, und damit ein Bestwert ermittelt. Im Vorjahr hatte Pianzola bei den ersten Olympischen Spielen für Frauen die Silbermedaille gewonnen.
Foto: Agence Rol / BnFFrühe Fußballgöttinnen: Im Pariser Frauenklub »Fémina Sport« konnten Frauen schon früh Fußball spielen (hier ein Match 1934). Der Klub wurde 1912 gegründet, machte Frauenfußball in Frankreich bekannt und richtete sogar die erste nationale Meisterschaft aus. »Fémina Sport« war in den Zwanzigerjahren die erfolgreichste Frauenmannschaft in Frankreich.
Foto: AFPBitte recht unauffällig: Frauen wurden 1908 erstmals bei den offiziellen Olympischen Spielen im Eiskunstlauf zugelassen. Heute prägen hautenge, glitzernde Kostüme den Sport – das Outfit ist wichtiger Teil der Performance. Damals trugen Eiskunstläuferinnen wie hier die Deutsche Liesbeth Brockhoefft kurze Hosen unter dem Kleid, um »unsittliche« Anblicke zu vermeiden.
Foto: George Rinhart / Getty ImagesNeue Höhen im Frauensport: Auch bei den Olympischen Winterspielen erkämpfen sich die Frauen noch immer ihre Teilnahme in Sportarten. 2014 wurden Athletinnen bei den Winterspielen in Sotschi erstmals zum Skispringen zugelassen. Die Amerikanerin Sarah Hendrickson eröffnete das Event.
Foto: Drew Ruiz / PCN Photography / imago imagesIn die Männerbastion gekämpft: Boxen war bei Olympia lange reine Männersache. Frauen durften erst bei den Olympischen Spielen 2012 in London erstmals in den Boxring steigen und um Medaillen kämpfen. Die 17-jährige Amerikanerin Claressa Shields (rechts) besiegte damals die Russin Nadezhda Torlopova im Mittelgewicht.
Foto: ITAR-TASS / imago imagesVerwelkende Unterleibsorgane: Krude medizinische Überzeugungen sollten Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom Sport fernhalten. Man warnte, ihr Uterus könne beim Rennen herausfallen. Auch der Leipziger Sportgynäkologe Hugo Sellheim sorgte sich um die weibliche Gebärfähigkeit und tat die Sorge kund, die »weiblichen Unterleibsorgane« könnten beim Sport »verwelken«.
Foto: Bildstelle GStA PK / Geheimes Staatsarchiv, SPK / Bildagentur für Kunst, Kultur und GeschichteJetzt nicht aufgeben: Weil sie die letzte Wasserstation verpasst hatte, taumelte die Schweizerin Gabriela Andersen-Schiess 1984 dehydriert ins Ziel. Es war das erste Mal, das Frauen bei Olympia den Marathon laufen konnten. Andersen-Schiess war zu weit gekommen, um auf den letzten Metern aufzugeben. Die 39-Jährige kämpfte sich unter Applaus des Publikums über die Ziellinie.
Foto: WEREK / imago imagesNach dem Geschmack des IOC: Wenn Frauen hübsch anzusehen waren und sich ins Gesellschaftsbild der Zeit fügten, hatte das IOC nichts gegen sportliche Betätigung – wie hier bei den Gymnastik-Wettkämpfen während der Olympischen Spiele 1928 in Amsterdam. Für die Strapazen der Leichtathletik hielt das IOC Frauen hingegen lange Zeit für ungeeignet.
Foto: Colorsport / imago imagesBühne für den Frauensport: Dank der Organisation der Internationalen Frauensport Föderation FSFI wurde Frauensport in den Zwanzigern sichtbar. Zur Eröffnung der Frauen-Weltspiele in Göteborg kam 1926 sogar Schwedens König Gustav V. Die Spiele wurden mit Eröffnungs- und Schlusszeremonien gefeiert – im Bild erhält eine britische Athletin eine Sonderauszeichnung, nachdem England bei den Weltspielen am besten abgeschnitten hatte.
Foto: Topical Press Agency / Getty ImagesVorkämpferin: Die Französin Alice Milliat ruderte mit Begeisterung und war eine Befürworterin des Frauensports. Als Präsidentin des französischen und dann des internationalen Frauensportverbands kämpfte sie für die Öffnung der olympischen Leichtathletikdisziplinen für Frauen. Als das IOC ablehnte, organisierte sie Olympische Spiele für Frauen – und ebnete ihnen so den Weg auf die internationale Sportbühne.
Das Ziel fest im Blick, war die Devise der Sportpionierinnen. Die männlichen Tradiitonswahrer hielten es eher mit dem Funktionärsmotto: Aber den Bogen nicht überspannen. Diese Aufnahme zeigt die Britin Queenie Newall bei den Olympischen Spielen 1908. Frauen wurden bei den Spielen in London erstmals im Bogenschießen zugelassen. 37 der insgesamt 2008 Teilnehmenden bei Olympia 1908 waren Frauen.
Foto: Hulton Archive / Getty ImagesOlympisches Debüt: Die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit fanden 1896 noch ganz ohne Sportlerinnen statt. Etwas später ließ das IOC Frauen in einzelnen Sportarten zu. So durften sie 1912 in Stockholm zum ersten Mal im Schwimmen antreten. Das britische Team gewann bei den Spielen Gold in der Staffel.
Foto: United Archives International / imago imagesZu viel für Frauenkörper? 1928 konnten Frauen bei Olympia in Amsterdam erstmals am 800-Meter-Lauf teilnehmen. Die deutsche Athletin Lina Radke (vorn links) stellte einen Weltrekord auf, doch eine der neun Teilnehmerinnen fiel im Zieleinlauf. Die Presse sprach fälschlicherweise vom Kreislaufkollaps – der 800-Meter-Lauf wurde wieder gestrichen und blieb es bis 1960.
Foto: UIG / imago imagesOne-Woman-Show: Kinue Hitomi (hier bei Olympia 1928) reiste 1926 als einzige japanische Athletin mit der transsibirischen Eisenbahn zu den Frauen-Weltspielen in Schweden. Dort stellte sie einen Weltrekord im Weitsprung auf, trat in sechs von zwölf Disziplinen an und sicherte so Japan im Alleingang Rang fünf von neun Ländern im Medaillenspiegel.
Den Hut nicht verlieren: Die Französin Suzanne Lenglen bei einem olympischen Tennismatch 1920. Die ersten Sportarten, in denen Frauen im olympischen Rahmen antreten durften, hatten Kleidungsvorschriften: Frauen sollten sich sittsam (nach den damals gängigen Vorstellungen) in langen Kleidern und sogar mit Kopfbedeckung zeigen – verschwitzte und zerzauste Sportlerinnen waren in der Öffentlichkeit noch tabu.
Foto: Getty ImagesBereit zum Sprint: Die Sportlerinnen bei den ersten Olympischen Spielen für Frauen 1921 in Monte Carlo kurz vor dem Startschuss. 1921 traten die Frauen unter anderem im 60-Meter-Lauf und im 250-Meter-Lauf an. Die Distanzen der Disziplinen waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch nicht so einheitlich geregelt wie heute.
Foto: Bettmann / Getty ImagesSportlicher Tausendsassa: Violette Morris gewann Medaillen im Diskus- und Speerwurf, probierte sich aber auch in Sportarten wie Boxen, Wrestling und Autorennen aus. Um besser Sport treiben zu können, ließ sie sich später sogar die Brüste operativ entfernen – und wurde deshalb von den Organisatoren von Wettkämpfen ausgeschlossen.
Foto: Gamma-Keystone / Getty ImagesBereit zum großen Wurf: Die Schweizerin Francesca Pianzola als Speerwerferin bei den Frauen-Weltspielen 1922 in Paris. Damals wurde mit der rechten und mit der linken Hand geworfen, und damit ein Bestwert ermittelt. Im Vorjahr hatte Pianzola bei den ersten Olympischen Spielen für Frauen die Silbermedaille gewonnen.
Foto: Agence Rol / BnFFrühe Fußballgöttinnen: Im Pariser Frauenklub »Fémina Sport« konnten Frauen schon früh Fußball spielen (hier ein Match 1934). Der Klub wurde 1912 gegründet, machte Frauenfußball in Frankreich bekannt und richtete sogar die erste nationale Meisterschaft aus. »Fémina Sport« war in den Zwanzigerjahren die erfolgreichste Frauenmannschaft in Frankreich.
Foto: AFPBitte recht unauffällig: Frauen wurden 1908 erstmals bei den offiziellen Olympischen Spielen im Eiskunstlauf zugelassen. Heute prägen hautenge, glitzernde Kostüme den Sport – das Outfit ist wichtiger Teil der Performance. Damals trugen Eiskunstläuferinnen wie hier die Deutsche Liesbeth Brockhoefft kurze Hosen unter dem Kleid, um »unsittliche« Anblicke zu vermeiden.
Foto: George Rinhart / Getty ImagesNeue Höhen im Frauensport: Auch bei den Olympischen Winterspielen erkämpfen sich die Frauen noch immer ihre Teilnahme in Sportarten. 2014 wurden Athletinnen bei den Winterspielen in Sotschi erstmals zum Skispringen zugelassen. Die Amerikanerin Sarah Hendrickson eröffnete das Event.
Foto: Drew Ruiz / PCN Photography / imago imagesIn die Männerbastion gekämpft: Boxen war bei Olympia lange reine Männersache. Frauen durften erst bei den Olympischen Spielen 2012 in London erstmals in den Boxring steigen und um Medaillen kämpfen. Die 17-jährige Amerikanerin Claressa Shields (rechts) besiegte damals die Russin Nadezhda Torlopova im Mittelgewicht.
Foto: ITAR-TASS / imago imagesVerwelkende Unterleibsorgane: Krude medizinische Überzeugungen sollten Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom Sport fernhalten. Man warnte, ihr Uterus könne beim Rennen herausfallen. Auch der Leipziger Sportgynäkologe Hugo Sellheim sorgte sich um die weibliche Gebärfähigkeit und tat die Sorge kund, die »weiblichen Unterleibsorgane« könnten beim Sport »verwelken«.
Foto: Bildstelle GStA PK / Geheimes Staatsarchiv, SPK / Bildagentur für Kunst, Kultur und GeschichteJetzt nicht aufgeben: Weil sie die letzte Wasserstation verpasst hatte, taumelte die Schweizerin Gabriela Andersen-Schiess 1984 dehydriert ins Ziel. Es war das erste Mal, das Frauen bei Olympia den Marathon laufen konnten. Andersen-Schiess war zu weit gekommen, um auf den letzten Metern aufzugeben. Die 39-Jährige kämpfte sich unter Applaus des Publikums über die Ziellinie.
Foto: WEREK / imago imagesNach dem Geschmack des IOC: Wenn Frauen hübsch anzusehen waren und sich ins Gesellschaftsbild der Zeit fügten, hatte das IOC nichts gegen sportliche Betätigung – wie hier bei den Gymnastik-Wettkämpfen während der Olympischen Spiele 1928 in Amsterdam. Für die Strapazen der Leichtathletik hielt das IOC Frauen hingegen lange Zeit für ungeeignet.
Foto: Colorsport / imago imagesBühne für den Frauensport: Dank der Organisation der Internationalen Frauensport Föderation FSFI wurde Frauensport in den Zwanzigern sichtbar. Zur Eröffnung der Frauen-Weltspiele in Göteborg kam 1926 sogar Schwedens König Gustav V. Die Spiele wurden mit Eröffnungs- und Schlusszeremonien gefeiert – im Bild erhält eine britische Athletin eine Sonderauszeichnung, nachdem England bei den Weltspielen am besten abgeschnitten hatte.
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