
Mythos Schreibmaschine Klack-Klack-Klack-Klack-Bing!


Nur ein einziges "Klack" - und der verhasste Gouverneur von St. Petersburg ist erledigt. Mit einer winzigen Bewegung sprengt sich Jegor von Rasinkara selbst in die Luft. In dem Moment, in dem sein Finger den Großbuchstaben J wie "Jegor" niederdrückt, löst die präparierte Schreibmaschine die tödliche Explosion aus.
So will es der Attentäter und Revoluzzer Lju in Ricarda Huchs Erzählung "Der letzte Sommer" von 1910. Die Schreibmaschine, sie ist in der Fantasie der Schriftstellerin Huch weit mehr als nur ein schnöder, buchstabenspeiender Apparat, sondern eine Mordwaffe. Ein Instrument, das über Leben und Tod entscheidet.
Radikaler hat kaum einer die Bedeutung der Schreibmaschine überhöht - jenes heute so anachronistisch wie harmlos wirkende Gerät, das längst zum Sammlerobjekt mutiert ist: angestaubt wie Paternoster und Kassettenrekorder, Farbfilmkamera und Walkman.
2003 wurde die Schreibmaschine aus dem Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts gestrichen und damit definitiv aufs Altenteil geschoben. Schluss mit klemmenden Farbbändern, Tipp-Ex-verklebten Fingern, Klack-Klack-Klack-Klack-Ring-Getöse! Dass sie einst das Leben, Denken, Schreiben von Grund auf revolutionierte, ist längst in Vergessenheit geraten. Einer der ersten, der dies erkannte - und dabei schier über seiner Schreibmaschine verzweifelte - war Friedrich Nietzsche.
"Unser Schreibwerkzeug arbeitet mit an unseren Gedanken"
Der schwer augenkranke Philosoph, der sich selbst als "Siebenachtelblinder" bezeichnete, hoffte darauf, dass das Gerät ihm helfen würde, seine Gedanken zu Papier zu bringen. "Hurra! Die Maschine ist eben in meine Wohnung eingezogen", schrieb er am 11. Februar 1882 voller Euphorie. Als Schreibmaschine diente Nietzsche die "Skrivekugle" des dänischen Pastors Rasmus Malling-Hansen.
Die erste weltweit in Serie hergestellte Schreibmaschine der Welt sah aus wie ein überdimensionierter, eiserner Käseigel, kostete Nietzsche mit 400 Mark das Doppelte seiner Professorenpension - und faszinierte den Philosophen ungemein. "Sie haben recht", schrieb Nietzsche in einem Brief an seinen Freund und Sekretär Heinrich Köselitz, "unser Schreibwerkzeug arbeitet mit an unseren Gedanken. Wann werde ich es über meine Finger bringen, einen langen Satz zu drucken!"
Die neue Technologie, prophezeite der Philosoph, beeinflusse fundamental die Art und Weise, wie der Mensch denkt. Allerdings hatte Nietzsche nicht den nötigen Nerv, sich mit der neuen Technik anzufreunden. Lieber beschwerte er sich permanent darüber, wie anfällig seine Schreibkugel war. Sie sei "delicat wie ein kleiner Hund", mache "viel Noth", habe "ihren Knacks weg", meckerte Nietzsche resigniert.
Sechs Wochen, 15 Briefe und 33.610 Anschläge später gab der schnauzbärtige Grübler auf und griff wieder zur Stahlfeder. Etwa zur gleichen Zeit trat die Schreibmaschine jenseits des großen Teichs ihren Siegeszug an: Ab 1874 brachte der US-Waffen- und Nähmaschinenhersteller Remington industriell gefertigte Schreibmaschinen auf den Markt.
"Tut gut und regt an"
Nach dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs war die Firma auf der Suche nach einem neuen Standbein und biss an, als Schreibmaschinen-Pionier Christopher Latham Sholes bei Remington für seine Innovation warb. Fremdelten die Menschen zunächst mit der neuen Technologie, erfreuten sich die "Typewriter" seit Ende des 19. Jahrhunderts immer größerer Beliebtheit: 1890 verkaufte Remington von seinen "Diskursmaschinengewehren" (so der Medientheoretiker Friedrich Kittler) bereits 65.000 Geräte.
Weltweit hielt die Schreibmaschine Einzug in den Büros - und rüttelte am Geschlechtergefüge: Noch 1870 waren von 154 US-Stenographen und Maschinenschreibern nur ganze sieben weiblich, zehn Jahre später kletterte der Frauenanteil bereits auf 40 Prozent. Und 1930 waren laut Kittler sogar 95,6 Prozent aller Schreibkräfte in den US-Büros weiblich.
Doch nicht nur die "Tippmamsells" hauten lautstark in die Tasten, auch die Dichter und Denker stiegen zunehmend auf die neue Technologie um. Nachdem er seine anfängliche Abneigung überwunden hatte, kaufte sich der Schriftsteller Hermann Hesse 1908 eine "Smith Premier No. 4" und befand: "Der Übergang von der Hacke zum Pflug, von der Feder zur Schreibmaschine tut gut und regt an. Und das Geklapper, das ich so fürchtete, stört mich jetzt gar nicht." Das metallene Hämmern geriet zum inspirierenden Dichter-und-Denker-Sound, Musiker wie Leroy Anderson setzten die Schreibmaschine gar als Musikinstrument ein.
Erika! Monica! Diana!
Kaum ein Intellektueller, der sich im Laufe des 20. Jahrhunderts nicht irgendwie zur Schreibmaschine verhalten hätte: Mäkelte der Philosoph Martin Heidegger im Winter 1942/43 kulturpessimistisch an der Innovation herum ("Die Schreibmaschine entreißt die Schrift dem Wesensbereich der Hand, und d. h. des Wortes... In der Maschinenschrift sehen alle Menschen gleich aus"), entwickelten andere ein quasi erotisches Verhältnis zu ihren Erikas, Monicas, Dianas.
Johannes Mario Simmel etwa, seiner "Gabriele"-Schreibmaschine bis zum Tod 2009 treu ergeben. Pro Schmöker soll der österreichische Bestseller-Autor ein komplettes Gerät verschlissen haben. Als das Gerücht aufkam, dass Triumph-Adler die Produktion des Modells einstellt, kaufte Simmel 20 "Gabrieles" auf Vorrat. Mechanische, versteht sich.
Dabei gab es längst elektrische Modelle: leiser, weniger kräfteraubend, bequemer in der Handhabe. Während die mechanische Schreibmaschine, wie beim "Typewriter"-Sketch des US-Komikers Jerry Lewis von 1963, zur altmodischen Witzfigur mutierte.
"Alles geht so spielend leicht"
Am 7. Mai 1957 durfte die deutsche Öffentlichkeit auf der Büromaschinen-Fachausstellung in Hannover die erste vollelektrische Schreibmaschine als Serienmodell bestaunen. "Alles geht so spielend leicht und viel, viel flinker": So bewarb etwa die Firma Grundig ihre elektrische Schreibmaschine "Matura Electric".
Die Sekretärinnen atmeten auf, weil sie sich beim Tippen endlich keine Sehnenscheidenentzündung mehr holten. Die Puristen unter den Schreibern jedoch rümpften über die E-Variante ebenso die Nase wie über die PC-Revolution, die - zumindest rein technisch - alle anderen Schreibgeräte überflüssig machte.
"Die Schreibmaschine macht meine Hände stark, vom Computer bekomme ich Schmerzen", sagte US-Autor Paul Auster 2015. Seit mehr als 40 Jahren verfasst er all seine Werke auf einer alten "Olympia" - mit dem Büchlein "Die Geschichte meiner Schreibmaschine" schuf Auster ihr ein literarisches Denkmal. Selbst seinen neuen Roman, den 1000-Seiter "4321", hat der Autor auf der kleinen, einst bei Wilhelmshaven gefertigten Reiseschreibmaschine getippt.
Doch nicht nur Schriftsteller preisen nach wie vor die Magie des Analogen: 2014 dachte sogar der NSA-Untersuchungsausschuss über den Einsatz der mechanischen Schreibmaschine nach. "Wir müssen natürlich versuchen, unsere interne Kommunikation sicher zu halten", sagte der Ausschutzvorsitzende Patrick Sensburg dem ARD-Morgenmagazin. Zu möglichen Anti-Spionage-Maßnahmen gehörten verschlüsselte E-Mails, Krypto-Handys und "nicht elektronische" Schreibmaschinen. Dies sei kein Scherz, so Sensburg.
Einer, der vorgemacht hat, wie man Kommunikation geheim hält, war Mafioso Bernardo Provenzano. 43 Jahre lang war das einstige Oberhaupt der Cosa Nostra auf der Flucht und regierte über kodierte Zettelchen, sogenannte "biglietti", die er in tote Briefkästen stecken ließ.
Getippt hat der 2016 verstorbene Boss der Bosse seine Mordaufträge von eigener Hand - auf einer sechs Kilo schweren mechanischen "Olivetti Lettera 32".
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Uhrartiges Urvieh: 1829 konstruierte der US-Amerikaner William Austin Burt diese stark an eine Standuhr erinnernde hölzerne Maschine. Die einzelnen Buchstaben sitzen auf einem Rad, das an einem halbkreisförmigen Rahmen angebracht ist. Um einen Buchstaben auszuwählen, muss das Rad bewegt werden, dann wird der Buchstabe mittels eines Hebels auf das Papier gedrückt. 1836 brannte das Patentamt in Washington nieder - und Burts Erfindung ging in Flammen auf. Das Foto zeigt eine Replik. Die Geschichte der Schreibmaschine brachte viele aus heutiger Sicht bizarre Gerätschaften zutage.
Klavier-Kasten: Der britische Experimentalphysiker Sir Charles Wheatstone erfand nicht nur mehrere Telegrafen, das Spiegelstereoskop und ein akkordeonartiges Musikinstrument namens "Concertina", sondern konstruierte in den Fünfzigerjahren des 19. Jahrhunderts auch Schreibmaschinen. Dieses Modell von 1851 erinnert stark an ein Klavier, die Buchstaben werden über schwarze und weiße Tasten eingegeben.
Für 200 Lire zu haben: Dieses Gerät entwickelte der italienische Rechtsgelehrte Giuseppe Ravizza, der als erster das Farbband einsetzte und für seine Konstruktion Klaviertasten benutzte. Ravizza patentierte sein "Cembalo Scrivano" 1855, im Jahr darauf präsentierte er seine Erfindung auf der Industrieausstellung in Turin. Dort wurde es für 200 Lire zum Verkauf angeboten - zugegriffen haben jedoch nur wenige.
Belächeltes Gadget: Als Urvater der Schreibmaschine gilt der Südtiroler Zimmermann Peter Mitterhofer - diese wuchtige Holzkonstruktion stammt von 1864. Mitterhofer konstruierte fünf Modelle, sein viertes besaß bereits Metalltypen, eine Volltastatur mit 82 Tasten und erlaubte Groß- und Kleinschreibung auf Papier auf einer Schreibwalze. Im Jahr 1866 präsentierte der Zimmermann seine Erfindung am Hof des Kaisers Franz Joseph in Wien. Der sponserte die Erfindung zwar mit 200 Gulden, war jedoch nicht wirklich überzeugt: Selbst bei viel Übung dürfte wohl "niemals dieselbe Geschwindigkeit und Sicherheit wie beim gewöhnlichen Schreiben erreicht werden", befanden die Gutachter des Monarchen. Mitterhofer versäumte es, seine Schreibmaschinen durch Patente schützen zu lassen und starb 1893.
Nein, dies ist kein Käseigel: Sondern die sogenannte "Skrivekugle", eine der Vorläuferinnen der modernen Schreibmaschine. Entwickelt wurde sie 1865 von dem dänischen Pastor Rasmus Malling-Hansen, Leiter des Königlichen Taubstummen-Instituts in Kopenhagen. Das ursprünglich für Malling-Hansens Schützlinge konzipierte Gerät wurde zwar noch von Hand, jedoch schon in größeren Stückzahlen hergestellt und europaweit verkauft, sein berühmtester Besitzer war der Philosoph Friedrich Nietzsche. Die Typenstäbe werden von einer Halbkugelschale gehalten, statt einer Walze dient ein Halbzylinder als Träger.
"Diskursmaschinengewehr": Zeitgleich mit Mitterhofer und Malling-Hansen arbeiteten Christopher Latham Sholes, Charles Glidden und Samuel W. Soulé in den USA an einer Schreibmaschine, die Aufnahme dieses Kastens stammt von 1868. Der gelernte Buchdrucker Sholes warb bei der Kleinwaffen- und Nähmaschinenfabrik Remington für seine Erfindung - und fand Gehör: Nach dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs suchte Remington nach neuen zivilen Produktionsfeldern, ließ das Modell von Sholes überarbeiten und schickte 1874 die erste "Typewriter"-Generation in Serie. "Die Schreibmaschine wurde zum Diskursmaschinengewehr", schreibt der Medientheoretiker Friedrich Kittler.
Aller Anfang ist klobig: "The first typist" - "Die erste Schreibkraft" steht unter dieser Fotografie von 1872. Bei der jungen Dame hinter dem wuchtigen Klapperkasten handelt es sich um Lillian Sholes, die Tochter des Schreibmaschinenpioniers Christopher Latham Sholes. Dass diese Schreibmaschine tatsächlich die allererste war, darf bezweifelt werden, da viele Männer der Meinung waren, die Schreibmaschine erfunden zu haben: So meldete etwa der englische Wasserbau-Ingenieur Henry Mill bereits 1714 ein Patent für eine "Maschine zum Eindrücken oder Übertragen von einzelnen oder fortlaufenden Buchstaben" an. Doch davon ist weder ein Gerät noch eine Zeichnung erhalten.
Die Maschine wird weiblich: Diese Remington aus dem Jahr 1873 findet Platz auf einem Nähmaschinentisch, der Wagen wird durch ein Fußpedal transportiert. Seit den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts geriet die Schreibmaschine zum Verkaufserfolg in den USA, 1890 verkaufte Remington bereits 65.000 Schreibmaschinen. Der große Vorteil: Endlich ließen sich mehrere Durchschläge in einem Arbeitsgang erledigen. Bald war die Schreibmaschine aus den Büros nicht mehr wegzudenken - und wurde zunehmend weiblich: Gab es in den USA 1870 unter den Stenographen und Maschinenschreibern einen Frauenanteil von nur 4,5 Prozent, stieg dieser 1880 bereits auf 40 Prozent. 1910 waren 80 Prozent aller Schreibkräfte in den US-Büros weiblich und 1930 sogar 95,6 Prozent.
Dem Nachwuchs die Bauklötzchen geklaut: Hat der Erfinder dieser frühen Schreibmaschine. Der US-Amerikaner Robert Thomas Pritchard Allen meldete sein Modell "Typewriter" im Jahr 1876 zum Patent an. Die Holzquader, auf denen sich die Buchstaben befinden, soll Allen seiner Tochter Emma stibitzt haben. Auf den Markt schaffte es dieses Modell nicht.
Je kleiner die Schreibmaschine, desto cooler die Tippmamsell: Blick in ein New Yorker Büro, aufgenommen 1924. Rechts kämpft eine typische Stenotypistin der Jahrhundertwende mit einem Schreibmaschinenungetüm, links erledigt ihre rauchende Kollegin von 1924 die Arbeit mit lässiger Eleganz. Und zeigt dabei auch noch jede Menge Bein. Der über beiden thronende Kerl? Darf sich aussuchen, wer von beiden für ihn schuften muss.
Wer tippt am schnellsten? Eine ernste Sache - die Maschineschreiben-Meisterschaft in Österreich, veranstaltet 1909 in Wien vom österreichischen Reichsverein "Stenotypistenbund". In der Mitte, recht erschöpft dreinblickend: die Siegerin des Wettbewerbs.
Durch den Krieg ausgebremst: Werbeplakat für die "Mercedes Elektra", die weltweit erste elektrische und im Büro verwendbare Typenhebelmaschine. Betrieben wurde sie durch einen seitlich angeflanschten Elektromotor. Ingenieur Carl Schlüns hatte das Gerät bereits 1914 entwickelt. Wegen des Ersten Weltkriegs musste die Herstellung jedoch zurückgestellt werden, die Schreibmaschine wurde erst ab 1921 gebaut. Der US-Amerikaner George Blickensderfer hatte bereits 1902 eine elektrische Variante der Schreibmaschine entwickelt, die sich jedoch nicht durchsetzte. Ein möglicher Grund: die damals in den US-Bundesstaaten unterschiedlich genormten Stromnetze.
Mobile Maschine: Der Mann lenkt - die Frau... tippt. Diese Aufnahme eines fahrenden Büros entstand 1930 in Los Angeles.
"Für das Heim": Die Kinder spielen friedlich, während Mutti im Sessel sitzt und in aller Ruhe die Korrespondenz erledigt - Werbeplakat für die Klein-Continental Schreibmaschine der Wanderer-Werke Siegmar-Schönau (um 1935). Die tragbare Variante wurde von 1929 bis 1948 produziert - beworben hat Wanderer sein Produkt mit dem selbstbewussten Slogan: die "Vollkommenste der Neuzeit".
"Mit zehn Fingern stets zu schreiben... ...soll Dein Grundsatz sein und bleiben!" Mit solcherlei schlauen Sprüchen drangsaliert wurden die Teilnehmer von Schreibmaschinenkursen wie diesem, aufgenommen 1940 im Warthegau.
Früh übt sich: Die stark an eine Waage erinnernde Kinderschreibmaschine "Bambino", hergestellt seit circa 1950 im VEB Optima Büromaschinenwerk in Erfurt. Hierbei wird der Buchstabe per Hebel angesteuert, mit einem Druck auf die verschieden gefärbten Tasten (schwarz für Klein-, grün für Großbuchstaben, rot für Zahlen und Satzzeichen) wird das gewünschte Zeichen aufs Papier gebracht.
"Wie elektrisiert staunte jede Sekretärin... ...die zum ersten Mal mit der MATURA electric in Berührung kommt. (...) Alles geht so spielend leicht und viel, viel flinker." Mit diesen Worten pries die Firma Grundig ihre elektrische Schreibmaschine an. Am 7. Mai 1957 wurden auf der Büromaschinen-Fachausstellung der Hannover Messe erstmals in Deutschland elektrische Schreibmaschinen wie die "Matura Electric" einem größeren Publikum vorgestellt. Die neuen Geräte waren deutlich leiser als die mechanischen, zudem wurde die Arbeit leichter: Bei der elektrischen Schreibmaschine ist nur noch rund ein Siebzigstel des vorherigen Kraftaufwands nötig, da ein Motor den Papierwagen zurückzieht und den Typenhebel anschlägt.
Sekretärinnen-Traum: Diese Dame hat allen Grund zu bester Laune - schließlich darf sie an einer Kugelkopf-Schreibmaschine von IBM arbeiten. Die Kugelkopftechnik, eingeführt 1961 im "IBM Selectric typewriter", löste den Schreibwagenrücklauf herkömmlicher Maschinen ab: Ab sofort ließen sich mit einem einzigen Handgriff alle Typen gemeinsam austauschen, zudem konnten keine Typenhebel mehr verhaken.
Kultobjekt: Wunderschön anzuschauen, geht gern auf Reisen - die legendäre "Olympia Traveller de Luxe"-Schreibmaschine, aufgenommen in einem Trödelshop in Sevilla. Die mechanische Kleinschreibmaschine wurde ab 1969 bis etwa 1985 von der ehemaligen Olympia Werke AG in Roffhausen bei Wilhelmshaven hergestellt. US-Autor Paul Auster tippt seine Romane heute noch auf diesem Modell.
Tipp und Chill: Er sollte das Leben der Sekretärinnen ein wenig angenehmer machen - der Bürosessel mit integrierter Schreibmaschine. Präsentiert wurde die Kreation 1972 auf einer Ausstellung in Paris.
Aufgemotzt: Diese Dame arbeitet an einer SE 2000 - der ersten elektronischen Schreibmaschine von Triumph-Adler (Aufnahme von 1981). Als DS-Version verfügte das Gerät über ein Display - sogar ein Diskettenlaufwerk konnte angeschlossen werden.
Aufs Altenteil geschoben: Sieht fast aus wie ein Computer - eine elektronische Schreibmaschine der Marke Brother. Besitzt Fettdruckfunktion, Unterstreichautomatik und Korrekturspeicher, hat den Wettlauf gegen den Rechner aber trotzdem verloren: 2003 wurde die Schreibmaschine aus dem Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts gestrichen - und damit definitiv in Rente geschickt.
Freiluft-Autor: Der US-Autor Ernest Hemingway (1899-1961) sitzt an seiner "Underwood" und lässt sich von der Natur inspirieren (aufgenommen 1939 in Idaho). Hemingway, der unter anderem auch auf der "Royal", der "Corona" und der "Remington" tippte, soll entsetzt gewesen sein, als er das Foto sah: "So arbeite ich nicht", war sein Kommentar.
Kinder-Schreib-Maschine: Enid Blyton (1897-1968) mit ihren Töchtern Gillian (l.) und Imogen in ihrem Haus in Beaconsfield, Buckinghamshire. Auf dem Schoß hat sie ihre "Imperial Good Companion" (Foto von 1949). Die britische Kinderbuchautorin verfasste mehr als 700 Bücher und 10.000 Kurzgeschichten. Wie sie arbeitete, erzählte Blyton in ihrer Autobiografie: "Ich sitze auf meinem Stuhl, schließe die Augen und nach ein oder zwei Minuten zeigen sich meinem 'geistigen Auge' die ersten Bilder - die Handlung beginnt. (...) Dann öffne ich meine Augen, und meine Hände beginnen über die Schreibmaschine zu fliegen."
Inspirierendes Geklapper: Der US-amerikanische Autor John Irving (hier 1990 in seinem Apartment in Toronto) benutzt lieber die "IBM Selectric" als den Computer. "Das Geräusch einer Schreibmaschine ist das Geräusch des Geschichtenerzählens", heißt es in seinem Roman "Witwe für ein Jahr".
Seiner "Gabriele" treu: Der österreichische Schriftsteller Johannes Mario Simmel (1924-2009) schwor auf das mechanische Modell "Gabriele", eine Kleinschreibmaschine mit Typenhebel aus dem Hause Triumph-Adler (Foto von 1985). Pro Buch soll er mindestens ein Gerät verschlissen haben. Im Keller bunkerte Simmel zahlreiche Exemplare der Schreibmaschine: Der "Es muss nicht immer Kaviar sein"-Autor hatte 20 davon aufgekauft, als er hörte, dass die Produktion der legendären "Gabriele" eingestellt wird.
Lieblingsbaby aus der Schweiz: Die französische Schriftstellerin Françoise Sagan (1935-2004) bevorzugte die berühmte Reiseschreibmaschine "Hermes Baby", hergestellt zwischen 1935 und 1989 vom einstigen Schweizer Feinmechanikunternehmen Paillard-Bolex. Dank des erfolgreichen "Hermes Baby" avancierte die Schweiz 1938 hinter den USA und Deutschland zum drittgrößten Exporteur für Schreibmaschinen.
Bett-Arbeiterin: Die schwedische Kinderbuchautorin Astrid Lindgren (1907-2002) in ihrem Haus an der Schreibmaschine. Hier saß die Pippi-Langstrumpf-Erfinderin nur, wenn sie ihre in Stenoschrift verfassten Manuskripte abtippte. Geschrieben hat Lindgren nämlich ausschließlich im Bett - und zwar direkt nach dem Wachwerden.
Dem Füller abgeschworen: Der Schriftsteller, Dichter und Maler Hermann Hesse (1877-1962) war nach anfänglichem Zaudern ein glühender Anhänger der Schreibmaschine. Sein erstes Modell erwarb er 1908 und befand: "Der Übergang von der Hacke zum Pflug, von der Feder zur Schreibmaschine tut gut und regt an. Und das Geklapper, das ich so fürchtete, stört mich jetzt gar nicht." Das Foto zeigt Hesse im Jahr 1954 an einer "Remington".
Mordlüstern: Krimi-Autorin Agatha Christie (1890-1976) an einer "Remington Victor T" (Foto von 1946). Als sie sich 1952 das Handgelenk brach und ihre Geschichten in ein Diktiergerät sprechen musste, vermisste die "Miss Marple"-Mutter den Schreibprozess, wie sie in ihrer Autobiografie erzählte: "Es besteht kein Zweifel daran, dass das Schreiben per Hand oder Maschine mir hilft, auf den Punkt zu kommen." Ein der Autorin zugeschriebenes Bonmot lautet: "Seit Lucrezia Borgia bin ich die Frau, die am meisten Menschen umgebracht hat, allerdings mit der Schreibmaschine."
Der 007-Erfinder: Der britische Autor Ian Fleming (1908-1964) an seinem Schreibtisch (Foto von 1962). Nachdem der James-Bond-Erfinder sein Buch "Casino Royale" abgeschlossen hatte, kaufte er sich für 174 Pfund eine vergoldete "Royal Quiet de Luxe", auf der er weitere Bond-Abenteuer verfasste. Ersteigert hat ein unbekannter Bieter die Schreibmaschine 1995 bei Christie's - für 56.250 Pfund. Gerüchten zufolge sollte es sich um den Ex-Bond-Darsteller Pierce Brosnan handeln, der jedoch verneinte.
Keine Freundin des Rechners: Sie ist Jahrgang 1959 und meidet dennoch den Computer - auch die in Berlin lebende Autorin Christa Schmidt (Foto von 1992) schreibt am liebsten mit der Schreibmaschine.
Nein, er benutzte keine "Clark Nova"... ...sondern eine "Hermes Baby": der Naked Lunch"-Autor William Seward Burroughs (1914-1997). Er hämmerte ebenso gern auf die "Hermes Baby"-Schreibmaschine ein wie etwa Ernest Hemingway, Thomas Bernhard, Peter Härtling und John Steinbeck. In Burroughs Kultroman "Naked Lunch", verfilmt von Regisseur David Cronenberg, verwandelt sich die "Clark Nova"-Schreibmaschine in einen sprechenden Riesenkäfer - inklusive Tastatur und Agenten-Phobie.
Zwei-Finger-Tipper: Hans Fallada (1893-1947) an seiner "Remington Portable" (Aufnahme von 1934). Die alte Reiseschreibmaschine des "Kleiner Mann, was nun?"-Schriftstellers steht noch immer in seinem einstigen Arbeitszimmer im mecklenburgischen Carwitz, wo sich heute das Hans-Fallada-Museum befindet.
Melden Sie sich an und diskutieren Sie mit
Anmelden