Historische Putschversuche Wenn das Militär nach der Macht greift

Muammar Gaddafi 2009
Foto: ZOHRA BENSEMRA/ REUTERSDeutschland, 1920: Keine zwei Jahre hatte die Weimarer Republik Bestand, da wurde sie vom ersten Putschversuch erschüttert. Am 13. März versuchten General Walther von Lüttwitz und Erich Ludendorff, die Regierung unter Gustav Bauer (SPD) zu stürzen und die Auflagen des Versailler Vertrags auszuhebeln, die unter anderem die massive Reduzierung der deutschen Streitkräfte vorsah. Von Lüttwitz' und Ludendorffs fehlgeschlagener Versuch ist jedoch nicht unter ihrem Namen bekannt geworden, sondern wird in den Geschichtsbüchern meist unter dem Namen ihres Mitstreiters, des Verwaltungsbeamten Wolfgang Kapp, als Kapp-Putsch aufgeführt.
Deutschland, 1923: Auch am zweiten Putschversuch während der Weimarer Republik war Erich Ludendorff beteiligt, diesmal im Bund mit Adolf Hitler. Am 8. und 9. November 1923 versuchten sie, von München aus die Regierungsmacht an sich zu reißen. Der sogenannte Hitler-Putsch begann im Bürgerbräukeller und endete vor der Feldherrnhalle, zwei Orten, an denen später jeweils Attentate auf Hitler scheiterten.

Undatierte Aufnahme aus dem Spanischen Bürgerkrieg
Foto: AFPSpanien, 1936: Mit dem Putschversuch von General Francisco Franco gegen die Volksfrontregierung der Zweiten Spanischen Republik im Juli 1936 begann der Spanische Bürgerkrieg, der die Geschichte Europas prägen sollte. Nach drei Jahren endete der Krieg schließlich mit dem Sieg der Franquisten, und es folgten 36 Jahre Diktatur. Erst mit dem Tode Francos 1975 war der Weg zur Demokratisierung Spaniens wieder frei.
Deutschland, 1944: Den Putschisten vom 20. Juli 1944 sind vielfältige Denkmäler, nicht zuletzt filmische, gesetzt worden. An dem Sommertag versuchten Mitglieder der Führungsriege des Militärs, Hitler zu töten und die Macht zu übernehmen. Doch die Bombe, die Claus Schenk Graf von Stauffenberg im Führerhauptquartier Wolfschanze deponierte, verletzte Hitler nur leicht. Noch in der selben Nacht wurden Stauffenberg sowie Werner von Haeften, Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim und Friedrich Olbricht im Bendlerblock in Berlin hingerichtet.

Das Führerhauptquartier nach dem Attentat von Stauffenberg
Foto: Hoffmann/ picture-alliance / dpa/dpawebBurma, 1962: Die jüngere Geschichte Burmas, auch Myanmar genannt, ist von Putschen gekennzeichnet. 1962 wurde Premierminister U Nu vom General Ne Win gestürzt, der eine sozialistische Revolution verkündete. 1988 erschütterte ein neuer Putsch das Land: Nach Jahren der politischen und wirtschaftlichen Krise ergriff General Saw Maung am 18. September 1988 die Macht. Das von ihm etablierte Regime verlor erst im Zuge der schrittweisen Öffnung ab 2011 an Einfluss. Im März 2016 trat mit Htin Kyaw zum ersten Mal seit 1962 wieder ein Zivilist das Präsidentenamt an.
Brasilien, 1964: Mit dem Sturz von Präsident João Goulart fing 1964 Brasiliens Militärdiktatur an, die sich über zwanzig Jahre halten konnte. Unter Marschall Humberto Castelo Branco und seinen Nachfolgern wurde die Opposition massiv verfolgt. Branco selbst musste 1967 internem Widerstand weichen. Erst mit Tancredo Neves wurde 1985 ein Präsident bei freien Wahlen bestimmt. Neves starb jedoch, bevor er das Amt antreten konnte.
Griechenland, 1967: Am 21. April 1967 übernahm das Militär in Griechenland die Macht. Ein dilettantischer Gegenputsch im Dezember des selben Jahres unter der Führung von König Konstantin II scheiterte. Der Versuch der Athener Junta, die Macht in Zypern zu übernehmen, schlug fehl und brachte dem Obristenregime 1974 das Ende.
Libyen, 1969: Während sich König Idris in der Türkei aufhielt, übernahmen in Libyen Muammar al-Gaddafi und sein "Bund freier Offiziere" die Macht. Über vierzig Jahre konnte sich Gaddafi schließlich an der Spitze seines Landes halten, so lange, wie es sonst oft nur Monarchen gelingt. Erst mit den Unruhen im "arabischen Frühling" 2011 geriet sein Regime unter Druck. Am 20. Oktober desselben Jahres wurde er unter nicht abschließend geklärten Umständen getötet. Libyen ist seitdem nicht zur Ruhe gekommen, ein Bürgerkrieg beherrscht das Land seit 2014.

Der chilenische Präsident Salvador Allende
Foto: STF/ AFPChile, 1973: Mit Unterstützung der USA konnte sich General Augusto Pinochet am 11. September 1973 an die Macht putschen. Der demokratisch gewählte, marxistisch-sozialistische Präsident Salvador Allende nahm sich, als die Putschisten auch in den Präsidentenpalast vordrangen, das Leben. Mit seinem Regime, das massiv auf Folter setzte und eine nicht genau bekannte Zahl an Menschen "verschwinden" ließ, verbreitete Pinochet bis zu seiner demokratischen Abwahl 1990 Schrecken weit über die Landesgrenzen hinaus.
Argentinien, 1976: Auch im Nachbarland Argentinien kam es in den Siebzigern zu einer Phase der Diktatur: Von 1976 bis 1983 herrschten Militärjuntas, zunächst unter Führung von Jorge Rafael Videla, der Präsidentin Isabel Perón aus dem Amt drängte. Wie unter Pinochet war die Regentschaft der Juntas außergewöhnlich brutal, die Aufarbeitung massiver Menschenrechtsverletzungen, unter anderem Kindesentführungen, dauert bis heute an.
Sowjetunion, 1991: Eine Allianz aus Militärs und Funktionären der KPdSU versuchte im August 1991 den Aufstand gegen Staatspräsident Michail Gorbatschow und seine Reformpolitik. Da Gorbatschow zur Zeit des sogenannten Augustputsches im Urlaub an der Krim war, oblag es dem Präsidenten der russischen Teilrepublik, Boris Jelzin, den Widerstand in Moskau anzuführen. Da sich auch die Bevölkerung den Putschisten entgegenstellte, konnte ihre Machtübernahme abgewendet werden. Der Putschversuch gilt als Beschleuniger des Zerfalls der Sowjetunion: Zum Ende des Jahres löste sich die UdSSR auf, und es entstanden eine lose Gemeinschaft unabhängiger Staaten.

Thailand im Mai 2014 nach der Machtübernahme durch das Militär
Foto: AP/dpaThailand, 2006: Im September 2006 riss General Sonthi Boonyaratglin die Macht in Thailand an sich und stürzte damit die Regierung. Er konnte dabei auf die Unterstützung von König Bhumibol Adulyadej zählen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs hatte das Militär bereits mehrfach in Thailand geherrscht, unterbrochen von Phasen der demokratischen Öffnung. Im Mai 2014 kam es erneut zu einem Putsch, seitdem führt General a.D. Prayut Chan-o-cha die Regierung an. Wann es in Thailand wieder freie Wahlen gibt, ist zurzeit nicht abzusehen.
Ägypten, 2013: Der Sturz von Mohamed Morsi und der demokratisch gewählten Regierung war das Ziel der Putschisten um Militärchef Abdel Fattah el-Sisi, die am 3. Juli ihre Aktionen starteten. Da Morsi in der Bevölkerung äußerst unbeliebt war und seine Verbindungen zur Muslimbrüderschaft sehr kritisch gesehen wurden, wurde der Coup von der internationalen Politik nicht eindeutig verurteilt. Auf Morsis Absetzung folgte eine vom Militär gestützte Übergangsregierung, seit dem 8. Juni 2014 ist Sisi Präsident Ägyptens.