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Kuscheltierklassiker: Mit Teddys durch die Jahrzehnte

Foto: Hannibal Hanschke/ REUTERS

Erfolgsstory eines Kuscheltiers Puh, der Bär!

Plüschbären bescheren Kindern seit mehr als hundert Jahren Glücksmomente, ein Welterfolg mit Urahnen in den USA und Baden-Württemberg. SPIEGEL GESCHICHTE ehrt Teddys, die sich einen Namen machten.

Teddy war so richtig männlich. Er rauchte Zigarren, trank Whiskey, aß Bacon liebend gern. Er war Boxer, Großwildjäger, Kriegsheld. Sein Spitzname Rex, wie der gefürchtete Tyrannosaurus, gefiel ihm gut. Sein anderer, Teddy, gefiel ihm weniger. Trotzdem erlaubte Theodore Roosevelt, von 1901 bis 1909 US-Präsident, ein niedliches Stofftier nach ihm zu benennen.

Morris Mitchom hatte darum gebeten. Der Kaufmann verkaufte in seinem New Yorker Laden Süßigkeiten. Im Schaufenster stellte er zwei Bären aus, die seine Frau von Hand genäht hatte. Als Kunden die plüschigen Exponate entdeckten, interessierten sie sich nicht mehr für süße Gummitiere. Sie wollten einen süßen Stoffbären. Mitchoms Gattin Rose musste fleißig schneidern und stopfen, um die Nachfrage bedienen zu können. Das Ehepaar stieg 1907 groß ins Bären-Business ein und gründete die Ideal Toy Company.

Auf die Idee, den Stoffbären Teddy zu nennen, hatte Mitchom ein Ereignis fünf Jahre zuvor gebracht: Als Roosevelt damals in den Wäldern Mississippis auf Pirsch ging, hatten fast alle Jäger der Gesellschaft bereits Wild erlegt, nur der Präsident nicht. Darum banden seine Begleiter einen jungen Bären an einen Baum und servierten ihn dem Staatsoberhaupt zum Abschuss.

Ein hilfloses Tier töten? Das war gegen die Waidmannsehre. Roosevelt lehnte ab.

Karikatur von Clifford K. Berryman, 1902

Karikatur von Clifford K. Berryman, 1902

Foto: Stock Montage/ Getty Images

Die Szene skizzierte der Zeichner Clifford K. Berryman; seine Karikatur erschien am 16. November 1902 auf der Titelseite der "Washington Post". Die Leser waren begeistert. Berryman zeichnete fortan viele weitere Cartoons vom Präsidenten mit Bären an der Seite, die schlicht "Teddy's Bears" hießen. Ein werbewirksamer Produktname für die Bärchen aus Brooklyn, fand Süßwarenhändler Mitchom.

Mit Knopf im Ohr zum Welterfolg

Etwa zur gleichen Zeit verbrachte auf der anderen Seite des Atlantiks ein Stuttgarter Kunststudent viele Nachmittage in Nills Tiergarten, einem der beliebtesten Ausflugsziele der Stadt. Er setzte sich vor die Gehege des Privatzoos, beobachtete und zeichnete die Tiere. Die Braunbären hatten es ihm besonders angetan.

Der 25-Jährige hieß Richard Steiff, ein Neffe der Stofftierherstellerin Margarete Steiff. Er wollte eine Bärenpuppe schaffen, die bewegliche Arme und Beine hatte, anders als die damals filzigen Elefanten, Kamele und Affen seiner Tante. Anhand seiner Skizzen schneiderte er eine fellige Mohair-Hülle, füllte sie mit Holzwolle und zog eine Kordel durch den Körper.

Richard Steiff mit einem Teddybären

Richard Steiff mit einem Teddybären

Foto: Steiff

Richard Steiffs Kreation hatte eine spitze Schnauze, einen kurzen Rumpf, große Füße und Ohren sowie naturgetreu einen Buckel. Die Nase war aus Siegellack, die Augen fertigte er aus schwarzen Stiefelknöpfen.

"Was für eine ausgestopfte Missgeburt!", entfuhr es Besuchern der Leipziger Spielzeugmesse 1903, sofern sie überhaupt Notiz von dem Bären nahmen. Ein Erfolg war er anfangs nicht. Womöglich lag es nicht allein am Aussehen, sondern auch am Werksnamen, der an die Typbezeichnung eines Roboters erinnerte: Die Steiffs präsentierten ihr neues Stofftier auf der Schau als Bär 55 PB - P wie Plüsch, B wie beweglich, 55 für die Größe in Zentimetern.

Im Video: Wie entsteht ein Teddybär?

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Erst am letzten Tag der Ausstellung blieb der Vertreter einer New Yorker Firma am Stand der Steiffs stehen. Gleich 3000 Exemplare für rund acht Mark das Stück soll er gekauft haben - ein Riesenschritt für Steiff auf dem Weg zur Weltfirma. Keiner der Urteddys dieser Baureihe ist je wiederaufgetaucht.

Kinderstar und Klopapier-Werber

Abertausende Nachkommen wurden gefertigt. Wie Steiff stolz in der Firmenchronik vermeldete, erreichte die Jahresproduktion im baden-württembergischen Giengen an der Brenz schon 1907 fast eine Million Bären, mit dem gleichen Markenzeichen wie bei allen Figuren: einem Knopf im Ohr. Verkauft wurden sie nun als Teddy und hießen später im Steiff-Programm "Petsy", angelehnt an Meister Petz, wie Bären in Märchen und Fabeln genannt werden.

Der Stoffbär, der überall auf der Welt so vielen Jungen und Mädchen Glücksmomente beschert, hat also zwei Urahnen - in Baden-Württemberg wie in die USA. Schnell verließ er die Kinderwelt und wurde zum Star im Kino und Fernsehen. Er wirbt für Kondensmilch, Klopapier oder Weichspüler. Und er erzielt Höchstpreise auf Auktionen.

Für ein Exemplar legte im Jahr 2000 ein Bärenliebhaber, ein Arktophiler, umgerechnet rund 215.000 Euro hin. Luxusmode-Designer Louis Vuitton hatte den Teddy mit Schickimicki-Accessoires und goldenem Knopf im Ohr gestaltet. Zum Knuddeln war der eher nicht.

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