
Zeitzeugen der Nachkriegszeit Wie Winfried A., 14, hinter den Ural verschleppt wurde

Winfried A. im Jahr 1947
Foto: privat

1930 wurde Winfried A., der hier anonym bleiben möchte, in Rastenburg, Ostpreußen geboren (heute: Ketrzyn, Polen). Während seiner dramatischen Flucht fiel er im Frühjahr 1945 der Roten Armee in die Hände. Der 14-Jährige wurde von seiner Familie getrennt und in ein Arbeitslager nahe Karpinsk östlich des Uralgebirges abtransportiert.
Ein Schicksal, das damals viele Menschen ereilte: Als "lebende Reparationen" wurden von 1944 bis Ende April 1945 mehrere Hunderttausend deutscher Zivilisten aus den Ostprovinzen des Deutschen Reiches sowie aus den Siedlungsgebieten in Rumänien, Ungarn und Jugoslawien zur Zwangsarbeit in sowjetische Arbeitslager verschleppt. Laut Historiker Andreas Kossert überlebte fast jeder zweite der Zivildeportierten, unter ihnen zahlreiche Frauen und Mädchen, die Lagerhaft nicht.
Winfried A. kehrte lebendig zurück: Im Herbst 1945 kam er mit einem Transport nach Deutschland und begab sich auf die Suche nach seiner Familie. Seine Mutter und den jüngsten Bruder Erhard sah er nie wieder.
Winfried A. im Jahr 1947
Foto: privatUnsere Flucht endete in Pommern. In Neustadt an der Rheda, westlich der Danziger Bucht, wurden meine Mutter, meine Brüder Ulrich und Erhard und ich mit vielen anderen Deutschen von den Russen inhaftiert und in leerstehende Häuser gepfercht. In jedem Zimmer mussten etwa 30 Menschen nebeneinander auf dem Fußboden schlafen.
Mitten in der Nacht wurde ich von Soldaten geweckt und aufgefordert mitzukommen. Ich wusste nicht, dass ich meine Mutter und Erhard zum letzten Mal sah. Nach einem Verhör mitten in der Nacht musste ich das in Russisch aufgesetzte Protokoll unterschreiben, ohne es verstanden zu haben.
Ein russischer Wachposten mit Maschinenpistole stieß mich die Treppe hinunter und machte die Kellertür hinter mir zu. Es war stockdunkel, ich sah meine letzte Stunde angebrochen. Ich spürte, dass da unten schon viele Menschen eingesperrt waren.
Etwa acht Tage später mussten wir zum Abmarsch antreten und wurden in Lauenburg in eine Kirche gesperrt. Mittlerweile hatten wir alle Läuse, die wir zwischen den Fingernägeln zerknackten.
"Die Toten wurden in einer Baracke aufgestapelt"
Anfang April 1945 ging es in Richtung Osten, erst in einem deutschen Personenzug, dann in Viehwaggons mit jeweils 80 Männern und Frauen. Zwei Wochen lang lagen wir auf Brettern, die dreistöckig übereinander angeordnet waren. Am 2. Mai erreichten wir Karpinsk im Bezirk Swerdlowsk, eine Stadt 80 Kilometer hinter dem Ural.
Viele Menschen hatten die strapaziöse Fahrt nicht überstanden. Die Überlebenden wurden bei heftigem Schneegestöber zu einem Lager getrieben, umgeben von Doppelzäunen und Wachtürmen. Die Toten wurden in einer Baracke meterhoch aufgestapelt. Eines Nachts wurden wir geweckt, um sie auf Lastwagen zu laden und dann zu verscharren. Gibt es etwas Schlimmeres? Zwei Mann fassten an, einer hinten, einer vorn. Die meisten Leichen waren nackt und bestanden fast nur noch aus Haut und Knochen.
Als der beaufsichtigende Soldat sah, dass ich mich übergeben musste, schickte er mich zurück in die Baracke. Erst am nächsten Tag erfuhr ich, dass die anderen Gefangenen bei eisiger Kälte im offenen Lkw auf den Leichen sitzen mussten. An einer Stelle mussten sie die Toten abwerfen und dann das Massengrab zuschaufeln.
Die Stärksten von uns mussten im Kohlebergbau arbeiten. Ich selbst musste im Lager anpacken, etwa beim Straßenbau und der Errichtung neuer Baracken. Bald war ich so schwach, dass ich beim täglichen Frühappell nicht mehr auf meinen Beinen stehen konnte. Im Lager gab es täglich neue Fälle von Durchfall und Ruhr. Gott sei Dank war sechs Tage nach unserer Ankunft im Lager der Krieg zu Ende. Man sagte uns eine schnelle Heimkehr zu - doch niemand wusste genau, wann wir tatsächlich abfahren würden. Erst im Herbst 1945 kam ich mit dem ersten Transport nach Deutschland zurück.
In Berlin pulsierte das Leben
In Frankfurt (Oder) erhielten wir Entlassungsscheine in russischer Sprache. Wo sollte ich nun hin? Gemeinsam mit zwei Jungen, die ich aus dem Lager kannte, machte ich mich auf den Weg nach Berlin. Wir blieben noch lange zusammen und wurden Freunde. Horst kam aus Pommern und war wie ich 15 Jahre alt, Herbert aus Ostpreußen war 17. Wir hatten alle das Gefühl, das Schlimmste hinter uns zu haben.
In Berlin trauten wir unseren Augen kaum. Die Stadt war stark durch Bomben zerstört, aber das Leben pulsierte schon wieder. So kam es uns Dorfkindern jedenfalls vor. Im Kino liefen Filme wie "Iwan der Schreckliche". Viele Menschen hausten in Kellern. Auch wir schliefen ein paar Nächte dichtgedrängt in einer überfüllten Unterkunft.
SPIEGEL GESCHICHTE: Die Nachkriegszeit
Bei den Berliner Hausfrauen müssen wir Mitleid erregt haben. Wir waren ja fast noch Kinder, halb verhungert und mit kurzgeschorenem Haar. Man warf uns Brot aus dem Fenster zu, ohne dass wir geklingelt und gebettelt hätten. Wenn wir in einen Fleischerladen kamen und die Mützen abnahmen, bekamen wir sofort ein Stück Wurst. Das werde ich den Berlinern nie vergessen.
Irgendwann schickten uns die Behörden nach Vorpommern, da würden wir Arbeit finden. Ein Bauer im Kreis Demmin nahm mich bei sich auf, obwohl ich nicht der Stärkste war. Das Haus war zur Hälfte mit Flüchtlingen belegt, doch ich hatte ein eigenes kleines Zimmer. Meine Aufgabe war es, Kühe zu melken und Ställe auszumisten. Das hatte ich schon zu Hause gelernt, es war keine schwere Arbeit.
Korb geholt beim Tanzen
Die Wirtschafterin, die auch die Lebensgefährtin des Bauern war, behandelte mich sehr gut. Wir aßen immer gemeinsam in der Küche. Da sich mein Magen aber nicht so schnell auf reichliches Essen umstellen konnte, bekam ich starken Durchfall, den ich mit bitterem Wermut-Tee kurierte.
Mit meinen beiden Freunden ging ich auch zu den ersten Tanzvergnügungen im Dorf. Meist trank ich dabei viel Alkohol und genoss es, plötzlich aufzuleben. Nur wenn ich in ausgelassener Stimmung war, wagte ich es, Mädchen aufzufordern. Sie gaben mir aber regelmäßig einen Korb, und tanzen konnte ich in dem Zustand sowieso nicht.
Mitte 1946 erhielt Herbert die Nachricht, dass seine Mutter im nordfriesischen Tönning in der britischen Zone lebte. Zu dritt fuhren wir mit dem Zug bis kurz vor die Grenze zu Westdeutschland. Als wir zu Fuß weiterliefen, griff uns ein russischer Wachposten auf. Drei Tage lang waren wir ohne Essen in einem Hühnerstall eingesperrt, bevor uns die deutschen Behörden in der nächstgelegenen Stadt Boizenburg freiließen.
In einem Dorf fanden wir wieder Arbeit bei Bauern. Den ganzen Tag lief ich ohne Schuhe hinter einem Pflug her, den ich unter Einsatz all meiner Kräfte möglichst gerade in der Furche halten musste. Die Wiesen der Bauern lagen im Niemandsland zwischen der britischen und der russischen Besatzungszone. Eines Tages gelang Herbert auf diesem Weg die Flucht in den Westen. Horst und ich blieben.
Familienzusammenführung durch Postkarten
Von meiner Familie gab es kein Lebenszeichen, obwohl ich mich beim Suchdienst gemeldet hatte. Eines Tages erhielt ich endlich Post, das erste Mal seit Beginn der Flucht. Es war eine Postkarte aus Ostpreußen von meinem damals elfjährigen Bruder Ulrich. Etwa 15 Kilometer von unserem Dorf Wittenberg entfernt lebte er in Mühlhausen, wo man viele Deutsche zusammengetrieben hatte.
Ulrich bekam zufällig einen Brief in die Hände, den ich an eine Nachbarsfamilie in Wittenberg geschrieben hatte. Ich wusste, dass sie aus Altersgründen nicht aus der Gegend fliehen wollte. Diese Familie wurde zwar nicht mehr gefunden, aber aufgrund des Absenders vermutete man, dass ich ein Verwandter von Ulrich sein könnte. Erstaunlich, wie die Post dort funktionierte.
Ich las, dass unsere Mutter und der fünfjährige Bruder Erhard die Strapazen der Flucht nicht überlebt hatten. In kurzer Folge musste Ulrich miterleben, wie zwei seiner nächsten Angehörigen beerdigt wurden. Ich stand auf dem Feld und weinte lange. Auf Ulrichs Karte fand ich auch die Adressen des Vaters und unseres Bruders Günter. Sie hatten von unserer Flucht nichts gewusst und ebenfalls nach Hause geschrieben, in der Hoffnung, Kontakt zu der Familie zu bekommen.
Der Vater war beim Volkssturm gewesen und wohnte jetzt in Parchim in Mecklenburg. Günter konnte von Königsberg aus mit dem Schiff flüchten und war in Schleswig-Holstein untergekommen. Beide erhielten gleichlautende Karten von Ulrich, auf denen meine Adresse stand.
Ulrich sahen wir erst im Dezember 1947 wieder, als er von Russland nach Deutschland ausreisen konnte. Seinen drei Postkarten war es zu verdanken, dass wir uns alle wiedergefunden hatten.
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Geflohen, gefangen, verschleppt: Winfried A. wurde 1930 als Sohn eines Kleinbauern in Ostpreußen geboren. Ende Januar 1945 floh die Familie vor der nahenden Roten Armee. In Neustadt an der Rheda wurde A. von russischen Soldaten inhaftiert, von seiner Familie getrennt und Anfang April 1945 in ein Arbeitslager hinter dem Ural verschleppt . Anders als viele der in der Sowjetunion internierten Zwangsarbeiter überlebte A. - das Foto zeigt ihn im Jahr 1947.
Appell: Kriegsgefangenenlager in Russland (undatierte Aufnahme). Insgesamt befanden sich rund 3,3 Millionen deutsche Soldaten in sowjetischer Gefangenschaft. Von ihnen...
...kehrten knapp zwei Millionen nach Deutschland zurück (das Foto entstand 1947 in Wien). Alle anderen starben oder gelten bis heute als verschollen. Zudem wurden zahlreiche deutsche Zivilisten (unter ihnen viele Frauen und Mädchen) von 1944 bis Ende April 1945 aus den Ostprovinzen des deutschen Reiches sowie aus den Siedlungsgebieten in Rumänien, Ungarn und Jugoslawien als "lebende Reparationen" zur Zwangsarbeit in sowjetische Lager verschleppt. Verlässliche Zahlen liegen nicht vor, Historiker Andreas Kossert geht von mehreren Hunderttausend Zivildeportierten aus. Von ihnen starb fast jeder zweite, so der Wissenschaftler.
Verzweifelte Suche nach Brennmaterial: Winfried A. überlebte das Arbeitslager in Karpinsk östlich des Ural - auf Umwegen verschlug es ihn ins zerstörte Berlin (die Aufnahme eines Holz hackenden Mannes im Tiergarten stammt von 1946). - Im November 2017 startete die einestages-Redaktion einen Zeitzeugen-Aufruf. Daraufhin meldeten sich mehr als 500 Menschen, um uns ihre persönlichen Erfahrungen aus der Nachkriegszeit zu schildern.
ullstein bild
Ende des Krieges, Schluss mit den Durchhalteparolen: drei britische Soldaten 1945 in der Stadt Goch in Nordrhein-Westfalen. Deutschland wurde nach der Kapitulation am 8. Mai 1945 in vier Besatzungszonen aufgeteilt, Improvisation prägte überall den Alltag im Kampf ums Überleben.
Die Ruinen von Dresden: Zum Kriegsende lagen zahlreiche deutsche Städte in Schutt und Asche, darunter Berlin, Hamburg, Hannover, Köln. Mitte Februar 1945 hatten die Alliierten auch Dresden bombardiert und fast vollständig zerstört.
Flüchtlingstreck auf der Frischen Nehrung: Auf der Flucht vor der Roten Armee in Ostpreußen überqueren Zivilisten und deutsche Soldaten Anfang 1945 das zugefrorene Haff. Nach dem Krieg verzeichneten allein die drei westlichen Besatzungszonen rund zehn Millionen Flüchtlinge und Vertriebene, die sich eine neue Heimat aufbauen mussten - und alles andere als willkommen waren. Es war ein enormer Bevölkerungszuwachs, der zu heftigen Konflikten führte. Für die Einheimischen im Nachkriegsdeutschland waren die Neuankömmlinge schlicht Nahrungskonkurrenten.
Spielball der Politik: Als sich etwas später die Gründung zweier deutscher Staaten anbahnte, entdeckten die Parteien auch die Vertriebenen als Wählergruppe, wie dieses CDU-Plakat zu den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen von 1948 zeigt.
Als der bittere Winter nahte: Wiesbadener Kinder suchen im November 1946 in zerstörten Gebäuden nach Kohleresten. Überlebenswichtig, denn die Temperaturen sanken alsbald auf bis zu minus 20 Grad. Im Extremwinter 1946/47 starben viele Tausend Menschen in Deutschland an den Folgen von Hunger und Frost.
Fringsen: Wer keine Kohle hatte, der nahm sie sich - wie diese Kinder zwischen den Bahnhöfen Hamburg und Altona (Foto von 1946). "Fringsen" hieß das damals, benannt nach dem Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings. Der Kirchenmann hatte Kohleklau und anderen Diebstahl in der Silvesterpredigt 1946/47 in Notsituationen für moralisch gerechtfertigt erklärt.
Trümmerfrauen: Viele Männer waren im Krieg gefallen oder noch in Gefangenschaft, die Frauen umso mehr gefordert. Auch mit schwerer körperlicher Arbeit leisteten sie viel bei der Beseitigung von Gebäudeteilen in zerstörten Städten und beim Wiederaufbau, wie hier im Dezember 1948 in Berlin.
"Tschocklett plies!" Das riefen Kinder am Straßenrand den amerikanischen Soldaten zu - und wurden erhört (Foto von 1945). Die GIs schenkten ihnen Schokolade und Kaugummi, aber auch Apfelsinen und Peanut Butter, bis dato völlig unbekannte kulinarische Köstlichkeiten.
Versuch der Umerziehung: Das Foto zeigt Bürger aus Burgsteinfurt Anfang Juni 1945 auf dem Weg ins Kino. Um ihnen die Nazi-Gräueltaten vor Augen zu führen, zeigten britische Soldaten dort einen sechsminütigen Film, den alliierte Truppen in den befreiten Konzentrationslagern von Bergen-Belsen und Buchenwald gedreht hatten. 4000 Menschen mussten an der Vorführung von "Atrocities: The Evidence" teilnehmen, der Widerstand dagegen war groß. Das britische Militärmagazin "Soldier" bezeichnete Burgsteinfurt deshalb als "Village of Hate".
Tanzveranstaltung in Berlin: Am 18. Juli 1945 schwoften britische und amerikanische Soldaten mit jungen deutschen Frauen. So feierten sie das Ende des "Fraternisierungsverbotes", das zum Ende des Krieges und unmittelbar danach galt: Alliierte Soldaten sollten keine freundschaftlichen Kontakte zu Deutschen knüpfen, sich keinesfalls "verbrüdern". Das Verbot...
... wurde allerdings schon bald schrittweise gelockert und am 1. Oktober 1945 ganz aufgehoben. Hier warten US-Soldaten und zwei "Fräuleins" in Kassel gemeinsam auf einen Zug (Aufnahme von 1945).
Mit Care-Paketen sicherten amerikanische Helfer das Überleben zahlreicher Deutscher. Die Care-Organisation wurde im November 1945 gegründet, ab Juni 1946 erreichten ihre Nahrungsmittelpakete Europa, hier 1947 Kinder in einem Berliner Lager. Dass die fernen Amerikaner, kurz zuvor noch Kriegsgegner, auf Hilferufe reagierten, grenzte für viele hungernde Deutsche an ein Wunder.
Auferstanden aus Ruinen: FDJ-Fahne auf einem Berliner Schuttberg - bereits am 7. März 1946 wurde die Freie Deutsche Jugend in der sowjetischen Besatzungszone gegründet und blieb bis zum Ende DDR die einzige Jugendorganisation, die staatlich anerkannt und gefördert wurde.
Fön gegen Schuhe - und beide Handelspartnerinnen sind zufrieden. Im Nachkriegsdeutschland entwickelte sich ein lebhafter Tauschhandel, 1948 brachte dann die Währungsreform mehr Stabilität.
Streng verboten: Schwarzmarkthändlern drohten die Amerikaner mit harten Strafen, im täglichen Ringen der Menschen ums Überleben konnten aber auch solche Plakattafeln wenig ausrichten.
Schwarzmarktrazzia: Dieser Junge hatte Pech - er wurde im Juli 1947 in Hannover von einer Polizistin festgenommen. Schwarzmarkt und Tauschhandel florierten nach dem Krieg, wovon dieses zeitgenössische Gedicht zeugt:
"Den Schmuck hat man als Butter aufgegessen
die Meißner Tassen trägt man jetzt als Schuh
So wächst dem Eigner, was er einst besessen
von Grund auf umgewandelt wieder zu."
Ersehnte Mahlzeit: Berliner Kinder warten im Februar auf die Ausgabe der Schulspeisung (Foto von 1947). Um die Not der Kleinsten zu lindern, erhielten die Schulkinder in der Stadt schon ab November 1945 täglich eine warme Mahlzeit.
Schätze aus dem Müll: Auf der Suche nach Essbarem verloren die Menschen jeglichen Ekel - diese beiden wühlen im Abfall eines Kühllagers der US-Armee nach Nahrungsmitteln. Aufgenommen 1947 in Frankfurt am Main.
Berliner Luftbrücke: West-Berliner Jungen, die auf einem Trümmerberg stehen, begrüßen winkend ein US-amerikanisches Transportflugzeug, das Versorgungsgüter nach West-Berlin bringt. Als Reaktion auf die Währungsreform in den Westsektoren am 23. Juni 1948 verhängte die UdSSR am Tag danach eine Blockade: Alle Land- und Wasserwege wurden für den Personen- und Güterverkehr zwischen West-Berlin und Westdeutschland gesperrt. Die Versorgung der Westberliner Bevölkerung und der westalliierten Besatzung erfolgte daraufhin durch eine von den USA und Großbritannien errichtete Luftbrücke.
Bitte hinten anstellen: Ausgabe der Schulspeisung an einer Hamburger Schule (Aufnahme von 1946). In ihrer Zone führten die Briten eine Speisung im März 1946 ein. Um die Allerkleinsten kümmerten sich die Schweden: Von 1946 bis 1949 profitierten die Drei- bis Sechsjährigen in der Britischen Zone, in Berlin und in Österreich (vor allem Wien) von der sogenannten Schwedenspeisung.
Flüchtlingsalltag 1945: Eine Rotkreuz-Schwester betreut die Kinder in einem der zahlreichen Flüchtlingslager. Insgesamt strömten aus den abgetrennten deutschen Ostgebieten bis zu 14 Millionen Flüchtlinge nach Deutschland.
Hat mein Bruder nicht etwas mehr Suppe bekommen als ich? Argwöhnisch beäugen die Kinder die Teller ihrer Geschwister - die Mutter wacht darüber, dass es gerecht zugeht. Aufgenommen 1946/47 in Hamburg.
Schatz in der Erde: Jungen aus dem Flüchtlingslager Laatzen (bei Hannover) bei der Kartoffelnachlese (Foto von 1947). Das "Stoppeln" gehörte für die Kinder zum Nachkriegsalltag: Sie gingen auf schon abgeerntete Felder, um von den Bauern übersehene Kartoffeln, Rüben und anderes aufzusammeln.
Riskantes Vergnügen: Mit großer Begeisterung spielten die Kinder nach dem Krieg mit Munition oder Kriegsschrott. Nicht wenige verletzten sich dabei - oder verloren gar ihr Leben. Diese zwei Münchner Jungen spielen mit Maschinengewehrpatronen, die sie beim Stöbern in der Infanteriestraße gefunden haben (Foto von 1947).
Hamstern: Vollbepackt und guter Laune - Kölner Hausfrauen, die im März 1946 von einer Hamsterfahrt zurückkehren. Zu Tausenden zogen die Stadtbewohner nach dem Krieg ins Grüne, um ihre Habseligkeiten bei den Bauern gegen Essbares zu tauschen.
Als sich die Bundesrepublik formierte: Ein Schild vor der Autobahnabfahrt Bonn weist am 1. September 1948 den Weg zum Parlamentarischen Rat, der bis zum Frühjahr 1949 in Bonn tagte, den Grundstein für den politischen Neuanfang der in Westdeutschland legte und am 8. Mai '49 das Grundgesetz für die Bundesrepublik verabschiedete.
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