
Kuba Castros langer Schatten
Der letzte Tag des Jahres 1958 verflog für Huber Matos in atemloser Hetze. Der Kommandeur der Neunten Kolonne humpelte mit eingegipstem Fuß von einer Aufständischen-Einheit zur nächsten. An die Tausend Mann musste er in Stellung bringen. Denn Fidel Castro, der Anführer der Rebellenarmee, hatte dem Comandante vor Wochen den Auftrag gegeben, die Stadt Santiago de Cuba am karibischen Meer zu erobern.
Am 1. Januar sollte es soweit sein. Die Einnahme der zweitgrößten Metropole im Osten der Insel würde den Sieg der Revolutionäre über die Armee des Dikators Fulgencio Batista bringen. Ihren Kampf hatten sie zwei Jahre zuvor begonnen, als Fidel Castro und 81 Mitstreiter auf der Yacht "Granma" von Mexiko kommend 200 Kilometer von Santiago entfernt gelandet waren.
50 Jahre später, wieder naht Silvester. Matos, 90, wichtigster Kronzeuge für Fidel Castros Weg an die Macht und deren Missbrauch, will mit seiner Frau und einer der Töchter in seinem Häuschen in einem kleinbürgerlichen Vorort von Miami feiern. Gibt es überhaupt etwas zu feiern? "Ja, denn Fidel ist nur noch ein lebendiger Leichnam", schmäht Matos seinen acht Jahre jüngeren früheren Kampfgefährten.
Ein schrecklicher Betrug
Die Revolution sei nicht nur für ihn in einem "schrecklichen Betrug" geendet. Wie er sind drei Millionen Kubaner in alle Welt zerstreut, und das Regime, das Castro vor einem halben Jahrhundert installiert hat, hält inzwischen 11 Millionen Menschen in einer kommunistischen Diktatur gefangen.
Der Máximo Líder hat zwar wegen einer schweren Erkrankung seit Juli 2006 seine Staatsämter nach und nach an den jüngeren Bruder Raúl übertragen. Aber er behält den Vorsitz der kommunistischen Einheitspartei und meldet sich beinahe täglich mit so genannten Reflexionen in der Staatszeitung "Granma" zu Wort. "Mein Daseinsgrund ist heute wie damals", sagt Matos, "mitzuhelfen, dass die Kubaner wieder ein freies Volk werden."
Vor 50 Jahren legte sich Matos gegen ein Uhr, schon am Neujahrstag, erschöpft schlafen, in seiner Uniform und mit der M3-Maschinenpistole als Bettgenossin.
Am Silvestertag 1958 bereitete sich Federico Lomnitz, 18, Sohn deutscher Einwanderer aus Berlin, in seinem Elternhaus in der Hauptstadt, im vornehmen Viertel Kohly mit Blick auf die Bucht von Havanna auf die Party vor. Der Student der Rechtswissenschaften im ersten Semester wollte mit seinen Freunden im feinen Biltmore-Club feiern. Doch das Ausgehen war gefährlich geworden. Batistas Geheimpolizei verfolgte brutal Jugendliche unter dem Verdacht, sie steckten mit den Rebellen unter einer Decke. So mancher seiner Kommilitonen hatte schon nach einer durchzechten Nacht Prügel bezogen.
Eine glückliche Zukunft für Kuba?
Carlos Alberto Montaner, damals 15, wollte nicht auf eine öffentliche Silvesterfeier gehen. Er war Sohn eines Journalisten, der in seinen Artikeln für die Wochenzeitschrift "Bohemia" die Ideen des jungen Anwalts und Rebellenführers Castro trotz Zensur verteidigte. Deshalb wusste der Oberschüler, dass Castros im Untergrund wirkende "Bewegung 26. Juli" die Parole ausgegeben hatte, wie die Schergen des Diktators in den Casinos der Mafia und in den Luxushotels zu feiern sei unpatriotisch.
Die Guerilleros hatten sich angewöhnt, zur Verstärkung ihrer politischen Parolen Sprengsätze in Havannas Festsälen hochgehen zu lassen. Bei der überstürzten Räumung einer Bar hatte der Gymnasiast Linda kennen gelernt. In ihrem Elternhaus würde er das Jahr ausklingen lassen.
Zu Silvester vor 50 Jahren kannten sich der Guerillero Matos, der Unternehmersprössling Lomnitz und der Journalistensohn Montaner nicht. Den Sieg der Revolution haben die drei als Triumph bejubelt. Doch wie der Weggefährte Castros fühlen sich auch Lomnitz, 68, und Montaner, 65, um die glückliche Zukunft, die damals auf Kuba anzubrechen schien, betrogen. Wenn Fidel Castro stirbt, werden sie sich wohl endlich treffen in Havanna.
Warten auf den Tod des Diktators
Lomnitz, Exporteur deutscher Lebensmittel, wartet inmitten von Regalen gefüllt mit Tüten voll Lebkuchen, Bierflaschen und Sauerkrautdosen auf den Tod des Diktators. Danach würde er gerne helfen, die vom Mangelsozialismus ausgehungerte Insel aufzupäppeln. Montaner, der unter seinen Landsleuten in Miami lange als Führer einer Exilregierung gehandelt wurde, hält sich immer noch bereit für "den Tag, da Fidel nicht mehr ist" - genauso Matos.
An einem sonnigen Dezembermorgen berichtet der alte Mann mit fester Stimme von seinen Zielen damals. Für seinen patriotischen Traum, "den mir meine Mutter und mein Vater von klein auf in die Seele geprägt haben", schickte er Frau und vier Kinder ins Exil nach Costa Rica, gab seinen Beruf auf und ließ seine Reisplantage im Stich.
Matos war Grundschullehrer gewesen in der Kleinstadt Manzanillo in der Provinz Oriente und Mitglied der nationalistisch-sozialistischen Orthodoxen Partei, für die auch Fidel Castro kandidierte. Im März 1952, kurz vor den Wahlen, putschte der unbeliebte frühere Präsident Batista. Zur Verteidigung der "demokratischen Ideale", so Matos heute, "verwandelte ich mich in einen Rebellen."
"Batista ist weg"
Im März 1958 brachte Matos eine Flugzeugladung Waffen von Unterstützern aus Costa Rica zu Fidel Castro in die Berge der Sierra Maestra südlich von Manzanillo und schloss sich der Guerilla an. Von dort brach er Ende August mit 129 Mann auf, um sich den 100 Kilometer weiten Weg bis Santiago freizukämpfen. Seit Oktober belagerten sie die Stadt, in der 5000 Soldaten stationiert waren.
"Gegen fünf Uhr, am Neujahrstag 1959, haben mich meine Leute schon wieder geweckt", erinnert sich Matos. "Das staatliche Radio war stumm. Dann erfuhren wir, dass Batista abgedankt hat."
Um zwei Uhr morgens hatte der Diktator mit seinen engsten Vertrauten ein Flugzeug bestiegen, das ihn in die Dominikanische Republik brachte. Der junge Carlos Alberto Montaner war gerade zu Fuß von der Feier mit seiner Freundin Linda nach Hause zurückgekehrt, als das Telefon bei der Journalistenfamilie läutete. Sein Vater hörte: "Batista ist weg."
Ein Zigarre rauchender Riese
Fidel Castro verkehrte oft bei den Montaners. Einmal hatte er sogar mit seiner Frau Mirta und dem Baby Fidelito bei ihnen logiert. Da war Carlos Alberto noch ein kleiner Junge. Er sieht Fidel Castro noch vor sich als Zigarre rauchenden Riesen, der viel Milchkaffee trinkt.
Deshalb fühlte sich der 15-jährige glücklich am Neujahrsmorgen 1959, so wie noch nie zuvor. "Es war eine Freude, die ich mit meiner Familie, mit den Nachbarn, mit meinen Freunden teilte", so Montaner. Die Menschen umarmten sich weinend auf den Straßen. Ähnlich müssen Deutsche empfunden haben, als die Mauer fiel. Mit dem Sieg der Revolutionäre unter dem jovialen Castro, so dachte der Junge, würde für sein Land eine Ära exemplarischer Gerechtigkeit beginnen. Ein wenig "machistische Eifersucht" plagte ihn auf die Älteren, die mit Fidel hatten kämpfen können.
"Monströs frühreif", nennt sich Montaner heute bei einem Gespräch in seinem eleganten Penthouse in Miami. Aber seine Mitschüler seien genauso verrückt gewesen wie er, eine Folge des karibischen Klimas und der Hormone. Nur ein Jahr später sollte er Linda heiraten, seine Gefährtin und Mitarbeiterin bis heute.
Frühmorgens setzte er sich in den Wagen des pharmazeutischen Labors, in dem er als Medikamentenausfahrer jobbte. Mit seinem älteren Bruder und Freunden kreuzten sie durch die Stadt. Sie streiften sich rot-schwarze Armbinden mit dem Schriftzug "M-26-7" über, die sie als Unterstützer von Castros Bewegung "Movimiento 26 de Julio" auswiesen. In den Häusern der Anhänger des geschassten Diktators wollten sie Waffen konfiszieren und so einen Gegenputsch verhindern.
Volksfeststimmung vor 50 Jahren
Auch in Kohly bei Federico Lomnitz war man zufrieden, "dass die korrupte Bagage endlich weggeht". Im Büro seines Exporthandels in Bad Homburg erzählt der Kaufmann von der aufregenden Zeit in seiner Geburtsstadt Havanna. Der Vater, aus einer Sozialdemokratenfamilie stammend, war Ende der dreißiger Jahre auf der Flucht vor dem Naziregime nach Kuba ausgewandert. Dort hatte der Agraringenieur nach modernen europäischen Prinzipien eine Fabrik für Futtermittel aufgebaut, dazu ein Import-Export-Geschäft. Es ging gut. Im Sommer 1958 hatte Federico am Jesuiten-Gymnasium Belén, einst Fidel Castros Schule, Abitur gemacht. Als Geschenk gab es einen blitzenden Studebaker.
Die Geschäftsleute "hatten schon den Kanal voll" über die erpresserischen Methoden der Batista-Beamten, so beschreibt der bedächtige Lomnitz die Stimmung bei der Hautevolée von Havanna. Den Zoll, die Behörden, die Polizisten, alle mussten sie schmieren, sonst rückten die Staatsdiener kein Papier, keinen Stempel heraus. "Wir hießen die Neuen willkommen, wir sahen Fidel als Befreier an." Am Neujahrstag vor 50 Jahren herrschte auch im sonst so feinen Viertel Kohly Volksfeststimmung.
Gleichzeitig überschlugen sich am anderen Ende der Insel die Ereignisse. Comandante Matos gelang es, die Offiziere von Batistas Armee zu einem Treffen mit dem Revolutionsführer Castro zu bewegen. Der überzeugte sie, nicht weiter für die Übergangsjunta Blut zu vergießen, sondern mit den Rebellen vereint als Sieger in die Stadt einzuziehen. Gesagt, getan. In Santiago verbrüderten sich die Menschen. Abends sprach Fidel vor dem Rathaus: "Nie wieder Diktatur auf Kuba", rief er.
Matos durchstreifte mit einigen Kameraden die Stadt, in der er seine Lehrerausbildung absolviert hatte. "Ich wäre es zufrieden gewesen, in jenem Moment zu sterben", bekennt der Greis heute. Seine Hoffnungen schienen erfüllt, hatte doch Fidel versprochen: "Mit Bauern ohne Land ist Schluss". Matos und seinen Bruder Raúl hatte der Rebellenführer gar beschworen, die Revolution weiter zu tragen, sollte ihm etwas zustoßen.
Denn den Mann, der bis heute als Held des Kampfs gegen Despoten in seiner Heimat und beim mächtigen Nachbarn im Norden verehrt wird, schüttelte Todesangst. An den Gefechten habe Fidel Castro nur als frontferner Beobachter teilgenommen, "Feigheit im Innersten", sagt ihm Matos nach.
"Heute bringen sie mich um"
Am 8. Januar schließlich bewegte sich die Karawane der bärtigen Rebellen aus der Sierra Maestra von Matanzas aus auf die Hauptstadt zu. Fidel stand auf einem offenen Geländewagen. An seine Rechte rief er Camilo Cienfuegos. Zu seiner Linken postierte er Matos - mit schussbereiter Maschinenpistole. Der sollte in den Menschenmassen auf der Straße, unter den Jubelnden auf den Balkonen und auf den Dächern mögliche Attentäter aufspüren und ausschalten. "Heute ist mein Tag, heute bringen sie mich um", wiederholte Fidel nervös, "wie besessen, halb verrückt vor Panik", erinnert sich sein damaliger Beschützer.
Die Bilder gingen um die Welt: Der winkende Fidel, der unter dem Cowboyhut lächelnde Cienfuegos und ein kräftiger, misstrauisch blickender Matos mit seiner schussbereiten Waffe. Drei Stunden lang bahnte sich der Konvoi mühsam den Weg durch das Menschenmagma.
Auf dem Kopf trug der Lehrer aus Manzanillo eine Mütze mit den Insignien der "Bewegung 26. Juli" und goldenem Rangabzeichen, die ihm die Freunde in Santiago geschenkt hatten. "Sieg, Sieg", schrie Fidel und schlug ihm auf den letzten Metern mit einer ausladenden Geste die Kappe vom Kopf.
Er hätte das Versehen gleich als schlechtes Vorzeichen begreifen müssen, sagt der greise Matos heute. Während Fidel von der Tribüne einer Million Menschen zurief "Wir haben den Frieden erobert!" und seine Geliebte, Celia Sánchez, eine abgerichtete weiße Taube auf Castros Schulter fliegen ließ, saß Huber Matos abseits in einem Wagen. "Mir tat der Kopf weh, ich war angespannt und ich wollte nicht zu den Leuten reden, obwohl mich Fidel gebeten hatte."
Standrechtliche Erschießungen im ganzen Land
Und tatsächlich, die Euphorie des Sieges hielt nicht lange vor. Die Hoffnungen auf Demokratie, Ehrlichkeit und Gerechtigkeit zerschlugen sich bald. Der Gymnasiast Montaner war Zeuge, wie ein Volksgericht den Direktor seiner Schule zu zehn Jahren Haft verurteilte, ohne dass er ein Verbrechen begangen hätte. Im ganzen Land gab es standrechtliche Erschießungen. Der zunehmende Autoritarismus empörte den idealistischen Schüler.
In der Zeitschrift "Bohemia", dem Blatt seines Vaters, las Carlos Alberto nach, wie brutal die Sowjetunion drei Jahre zuvor den Aufstand in Ungarn niedergeschlagen hatte. Deshalb gab die Wendung seiner heimischen Revolution zum Marxismus den Ausschlag für den Bruch. Diesmal aber wollte Montaner nicht zu Hause sitzen. Er schloss sich der Bewegung zur "Demokratischen Rettung der Revolution" an, die in der Rechtsfakultät von Havanna entstanden war, von Washington unterstützt wurde und einer anti-castristischen Guerrilla in den Bergen half.
Montaner und seine Freunde konnten nur wenig tun. Sie flogen Ende 1960 auf. Der 17-Jährige wurde zu 25 Jahren Haft verurteilt. Er hatte das Glück, in ein Jugendgefängnis überstellt zu werden. Dort konnte er ausbrechen und sich ein halbes Jahr lang in der Botschaft von Venezuela versteckt halten. Am 8. September 1961 wurde er ausgeflogen. "Ich sang die Nationalhymne und war sicher, schnell wieder in ein freies Kuba zurückzukehren." Darauf wartet der Schriftsteller immer noch.
Konterrevolutionäre Umtriebe
Auch Matos, den Fidel beauftragt hatte, die Zuckerprovinz Camagüey zu verwalten, konnte nicht akzeptieren, dass die Kommunisten Che Guevara und Raúl Castro die Oberhand gewannen. Fidel gab dem Vertrauten zu verstehen, dass er sein Versprechen von freien Wahlen nicht einzuhalten gedenke.
Dem selbsternannten Máximo Líder schrieb Matos im Oktober 1959 einen Brief, in dem er um Entlassung bat. Er wolle als Zivilist wieder nach Hause zurückkehren und als Lehrer arbeiten. Er mahnte den früheren Freund, dass "die Revolution nur triumphieren wird, wenn sie auf ein geeintes Volk" zählen könne. Dazu müsse Castro die Bedürfnisse der Kubaner erfüllen.
Raúl, inzwischen zum Verteidigungsminister ernannt, verlangte daraufhin, Matos standrechtlich zu erschießen. Camilo Cienfuegos sollte ihn ablösen. Doch der verteidigte Matos. Ende Oktober verschwand der beim Volk beliebteste unter den Comandantes spurlos. "Mord", glaubt Matos bis heute. Im Dezember wurde er im ersten Schauprozess des Castro-Regimes zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Der Revolutionsführer selbst trat als Hauptzeuge auf und warf dem Helden von Santiago Verrat, konterrevolutionäre Umtriebe und Sabotage der Agrarreform vor. Matos hat die Strafe bis zum letzten Tag unter physischer und psychologischer Folter abgesessen. Mit Hilfe der Regierung von Costa Rica konnte er endlich im Oktober 1979 in das Land ausreisen, in dem seine Familie lebte.
"Kein Abschied forever"
Weniger dramatisch war der Abschied von Kuba für Lomnitz. Als Castro im Mai 1959 mit der Agrarreform begann, war der Vater "durchaus einverstanden" mit dem Plan der Regierung, brachliegendes Land aufzukaufen und bestellen zu lassen. Nur dazu kam es nie. Die von der Firma Lomnitz und anderen Unternehmern gestifteten Landmaschinen verrosteten. Federico begleitete den Vater gar zu Che Guevara, um einen Antrag für Investitionen einzureichen.
Doch Mitte 1960 verstaatlichte das Regime zunächst alle US-Unternehmen, dann ausländische Banken. "Das Geld, das wir dort deponiert hatten, und auch die Aktien waren futsch", berichtet Lomnitz. Privatvermögen wurde limitiert. Auch alle Immobilien mit Ausnahme der Wohnung wurden konfisziert.
Federico sollte deshalb nach Bonn an die Universität gehen, bis sich das Chaos in Havanna lichten würde. "Ein Glück", gibt Lomnitz zu bedenken, denn viele seiner Freunde aus Kindertagen ließen sich bald vom CIA für die Schweinebuchtinvasion im April 1961 anwerben, die innerhalb von 48 Stunden niedergeschlagen wurde. "Da wäre ich wahrscheinlich dabei gewesen."
Die Eltern Lomnitz verließen bald darauf das Land mit nichts weiter als zwölf Koffern voller Kleider. Ihr Haus in Kohly samt Einrichtung wurde beschlagnahmt. In einem Pappkarton hat der Kaufmann die Unterlagen über das zerstörte Lebenswerk seines Vaters aufbewahrt. Auf sechs Millionen Euro beliefen sich seine Ansprüche an Kuba - der einzige deutsche Entschädigungsfall. "Es war kein Abschied forever", sagt Lomnitz, er schluckt und blickt lange in seinen verschneiten Garten in Bad Homburg. "Aber ich kehre nicht nach Havanna zurück, solange die Herrschaften dort noch am Leben sind."
Fidel "der menschliche Waschlappen"
Montaner dagegen hofft, mit seiner Frau das Alter auf Kuba zu verbringen. 1990 hat er in Miami die Partei "Unión Liberal Cubana" gegründet, mit der er zum "friedlichen Übergang" in seiner Heimat beitragen will. Der stehe unmittelbar bevor. Nach Fidel Castros Tod, so glaubt der Autor, werden die Kubaner, enttäuscht von ihren politischen Führern, erst einmal den Kommunismus infrage stellen. Da müsse man der Bevölkerung beweisen, dass Demokratisierung Nutzen bringt.
Der Sozialismus hat das drittreichste Land Lateinamerikas 1958 wirtschaftlich abstürzen lassen. Doch Montaner vertraut auf die gute Schulbildung der Jugend auf Kuba. "Mit dem richtigen System kann sich das Land schnell erholen."
Ein Jahrzehnt werde es nach dem Wechsel dauern, so glaubt Huber Matos, bis Kuba den Aufschwung schafft. Ungebrochen durch die Kerkerjahre zeigt sich der Greis überzeugt, "den menschlichen Waschlappen" Fidel zu überleben, der die Revolution in eine "Prostituierte verwandelt" habe. Castros Untertanen seien gezwungen, in ständiger Angst vor allgegenwärtigen Spitzeln zu lügen und sich zu verstellen. Doch das "Ende der Tyrannei" sei nahe. Dann will der alte Mann auf seine Insel zurückkehren und seinen Landsleuten wieder "die moralischen Werte der Republik" predigen.