Freiheitsfrau und Männermagnet – das turbulente Leben der Lola Montez
200. Geburtstag von Lola Montez
»Das tollkühnste Weib, das je den irdischen Boden betreten«
Sie peitschte ihre Feinde aus, trieb 1848 die Bayern auf die Barrikaden, war weit mehr als nur Königskurtisane: Am Mut der Künstlerin Lola Montez könnten wir uns alle ein Beispiel nehmen, findet ihre Biografin Marita Krauss.
Was macht der Mensch, wenn er mit dem Rücken zur Wand steht? Er bricht zusammen, wimmert, schreit, gibt nach. Oder: Er greift an und wird stärker. So wie Lola Montez. Im Auge des Sturms erhebt die zierliche Frau das Champagnerglas und prostet ihren Widersachern zu.
München, am Nachmittag des 1. März 1847: Ein johlender Mob zieht zur Wohnung der skandalumtosten Kurtisane. Die Hure muss weg, sie hat den Monarchen verhext, ruiniert das Königreich! Schon fliegen die ersten Steine in ihr Fenster, einige tödlich groß, wird Ludwig I. später schreiben. Und Lola? Tritt höhnisch lachend ans Fenster, trinkt aufs Wohl der Bayern – und bewirft ihre Feinde mit Karamellen wie eine Karnevalsprinzessin.
Das ganze Leben ist eine Bühne! Und Lola eine der mutigsten, wehrhaftesten, charmantesten Rampensäue aller Zeiten. Sie pfeift auf Konventionen und nimmt sich, was sie will: »Ich verlange nur, dass eine große Frau nach denselben Maßstäben betrachtet wird wie ein großer Mann«, schreibt sie. »Wenn die Herren der Schöpfung dies ablehnen, dann werde ich fragen, nach welchem göttlichen Recht ihnen ein Leben der Vergnügungen zusteht, das den Frauen untersagt ist.«
So eine wie Lola Montez, geboren wohl am 17. Februar 1821, will man eher nicht zur Tochter haben. Aber bewundern darf man sie schon, diese schillernde Kunstfigur. »Lola war eben nicht das billige Flittchen, die Mätresse, das Opfer, wie so oft behauptet. Sie war Tänzerin und Schauspielerin, Salondame, Autorin und Vortragsreisende, witzig, blitzgescheit, modern. Ein Chamäleon, das sich immer wieder neu erfand«, sagt ihre Biografin Marita Krauss im Interview. »Diese Frau saß nicht da und stickte, sondern wollte was bewegen.«
Mutig und wehrhaft habe sie die Fesseln des Frauenideals ihrer Zeit gesprengt, um sich auf Augenhöhe mit den Männern zu messen, so die Historikerin. »Ich habe dem starken Geschlecht überall den Fehdehandschuh hingeworfen«, lautet der Titel ihres neuen Buchs über Lola Montez. Braucht die Welt eine weitere Biografie über die legendäre Schönheit mit dem rabenschwarzen Haar und den tiefblauen Augen? Anfangs war sogar Krauss skeptisch.
Mit 16 durchgebrannt, mit 19 geschieden
Doch dann gewährte Herzog Franz von Bayern der Augsburger Professorin Zugriff auf Quellen, die sämtlichen Lola-Biografen zuvor nicht zugänglich waren – die Tagebücher von König Ludwig I., dem prominentesten aller Lola-Liebhaber. Krauss las sich fest, zog andere Quellen heran. Und rekonstruierte mit viel Akribie und Wärme die pralle Vita einer Ausnahmegestalt, die in den 39 Jahren ihres kurzen Lebens die halbe Welt in Schnappatmung versetzte.
Foto: United Archives / imago images
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Freiheitsfrau und Männermagnet – das turbulente Leben der Lola Montez
Geboren wurde Eliza Rosanna Gilbert, so der echte Name von Lola Montez, als Tochter eines englischen Soldaten und einer 15-jährigen Hutmacherin im Nordwesten Irlands. Als sie zwei war, heuerte Vater Edward in Indien in der Kolonialarmee an und starb kurz darauf an Cholera. Die kleine Eliza wurde nach England aufs Mädchenpensionat geschickt, als Teenager sollte sie auf Befehl der Mutter einen 64-jährigen solventen Herrn heiraten.
Eliza floh jedoch mit Thomas James, einem jungen Offizier der Ostindien-Kompanie. Nach kurzer, unglücklicher Ehe verließ sie ihn mit 19. »Durchgebrannte Paare enden wie durchgebrannte Pferde, fast sicher in einem Zusammenbruch«, schrieb sie in ihren Memoiren.
Da Eliza sich mit einem anderen Mann tröstete, reichte James die Scheidung ein, was im viktorianischen England der sozialen Enthauptung gleichkam. Eliza stand vor dem Aus – und preschte voran: »Nur eine einzige Ausflucht schien mir das Schicksal zu lassen. Es war das abenteuerliche Leben einer Künstlerin.« Sie reiste nach Spanien, lernte die Sprache, nahm Tanzunterricht. Und kehrte zurück nach England als angebliche Witwe eines erschossenen Putschisten aus Sevilla, als Maria de los Dolores Porrys y Montez, kurz: Lola Montez.
Nackter Hintern für die Warschauer
Bald flog die Legende auf: Echte Spanier pfiffen die nur leidlich Spanisch radebrechende Lola Montez bei einem Auftritt aus. Sie setzte sich auf den Kontinent ab – um dort als hochexplosive Femme fatale zu Ruhm zu gelangen. Lola log und betrog, warf mit Champagnergläsern, bahnte sich ihren Weg mit Ohrfeigen und Peitschenhieben.
In Berlin soll sie einem Polizisten im Zorn die Reitgerte durchs Gesicht gezogen haben; die Gerichtsvorladung zerriss sie laut Zeitungsbericht in winzige Schnipsel. In Warschau soll sie dem unzufriedenen Publikum gar ihren nackten Hintern dargeboten haben. Wie viel von den vielen Gerüchten stimmt? Zertrümmerte Lola in Dresden vor Wut wirklich das komplette Mobiliar des Hotelzimmers, in das sie der Komponist Franz Liszt einsperren ließ, bevor er türmte?
Was kostet die Welt? 1955 schlüpfte Schauspielerin Martine Carol in die Rolle der berüchtigten Lebedame (Szenenbild aus »Lola Montez«, (Regie: Max Ophüls)
Foto: ddp images
Auch Historikerin Krauss kann und will das kunterbunte Kuriositäten-Knäuel rund um Lola Montez nicht entwirren. Klar ist: Kaum ein Star vor ihr instrumentalisierte so perfekt die Presse, arbeitete so unermüdlich am eigenen Krawall-Image. »Am ehesten könnte man sie heute mit Lady Gaga vergleichen«, so Krauss.
»Zertritt, verbanne die Schlange!«
Eine solche Skandalnudel passte nicht ins katholisch-biedermeierliche München. Theoretisch. Dennoch gelang es Lola, für den 7. Oktober 1846 eine Audienz bei König Ludwig I. zu ergattern. Und schon war es um den 60-Jährigen geschehen. Ab November garantierte er Lola eine fürstliche Leibrente von 10.000 Gulden jährlich; am 19. November änderte er sein Testament zu ihren Gunsten. Der hemmungslos verliebte Monarch reimte:
»Von meinem Blute hast du eingesogen, Und Glut in meine Adern eingehaucht, Das Herz mir in ein Feuermeer getauchet, Mein Wesen eilet hin auf Lavawogen«.
Ganz München war entsetzt: »Alter Hurenhengst!«, wetterte Ludwigs Hofarchitekt Leo von Klenze über den König und schalt Lola Montez eine »abgelebte Bordellhure«.
Priester forderten die Gläubigen auf, für Ludwigs Befreiung von der Dämonin zu beten. Der Erzbischof von Breslau schrieb einen flammenden Brief:»König Ludwig, erwache aus Deinem Traum und ermanne Dich, wirf ab die Zauberbinde, reiße aus den Giftbaum, zertritt, verbanne die Schlange.« Doch Ludwig dachte gar nicht daran. »Der Skandal ist nur ein scheinbarer«, konterte er im Februar 1847.
Er hielt an seiner »Lollita« fest und beteuerte, keinerlei »fleischlichen Umgang« mit der jungen Frau gepflegt zu haben. War der König in seiner Lolamanie etwa gar nicht so testosterongesteuert? Historikerin Krauss hat die Quellen abgeklopft und kommt zu dem Schluss: Das Paar, das in holprigem Spanisch kommunizierte, hatte wohl nur zweimal Geschlechtsverkehr, im Juni und Dezember 1847.
»Teufel ohne Hörner und Schweif«: Zeitgenössische Lola-Karikatur aus den USA
Eine »keusche Liebe« habe die beiden verbunden, so Krauss: »Ludwig entwarf sich ein Traumbild von Lola«, beide spielten ein »unschuldiges Spiel um Ritterlichkeit und Treue, um Minnesang und Liebesschwüre«. Allein: Kein Mensch glaubte dem König, dass er nur die Sofastelle küsse, wo Lola eben noch gethront.
Pferdeäpfel und Pfiffe
Besonders empörte die Münchner, dass Ludwig seine »Querida« mit Geld und Geschenken bewarf, sie einbürgern ließ und in den Adelsstand erhob. Die frischgebackene »Gräfin von Landsfeld«, die zunehmend auch politisch Einfluss zu nehmen versuchte, wurde mit Pferdeäpfeln und Pfiffen bedacht. Schmähverse machten die Runde:
»Montez du große Hur Bald schlagen wird die Uhr (...) Pfui Teufel Königshaus Mit unsrer Treu is aus.«
Am 11. Februar 1848 packten einige Männer die zeternde, um sich schlagende Lola in eine Kutsche und bugsierten sie aus der Stadt.
»Die grassierende Lola-Phobie brachte zwar das Volk auf, war aber nicht der Grund für die Märzrevolution in Bayern«, betont Historikerin Krauss. Preissteigerungen und das absolutistisch-vorgestrige Gebaren des liebestrunkenen Monarchen boten den Hintergrund dafür, dass die Münchner im März 1848 nach dem Beispiel der Revoluzzer in Paris nun lautstark nach Pressefreiheit, Liberalisierung der Gerichtsverfahren und mehr Verantwortung des Parlaments riefen – am 19. März dankte König Ludwig I. ab
Nachdem Lola, als Bäuerin oder Jüngling verkleidet, mehrfach zu ihrem Geliebten nach München zurückgekehrt war, zog sie nach Genf. Dort ließ sie sich von schmachtenden »Korsaren« über den See schippern, ging den Ex-König ständig um Geld an – und wollte ihn sogar mit seinen Briefen erpressen. »Jetzt schmierte sie ab, das war völlig unter ihrem Niveau«, sagt Krauss.
»Ein Engel und Teufel in ihr«
Als der Münchner Geldhahn versiegt und Ehemann Nr. 2 mit ihrem Schmuck durchgebrannt war, rappelte sich Lola Montez erneut auf. In den USA startete sie ihre zweite Karriere: als Autorin, Schauspielerin, Vortragsreisende. »Sie ist das muthigste und tollkühnste Weib, das je den irdischen Boden betreten«, so der Violinist Miska Hauser, eine Zeit lang Mitglied in ihrem Team.
Vieles, was Lola angestellt habe, sei nicht zur Nachahmung empfohlen, so Biografin Krauss. Aber: »Sie passte sich eben nicht an, sondern wählte den steinigeren Weg und ließ sich den Wind um die Nase wehen. Davon könnten sich viel junge Frauen heute eine Scheibe abschneiden.«
Mit ihren Memoiren und dem Bühnenstück »Lola Montez in Bavaria« machte sie den eigenen Mythos zu Geld. In ihren »Lectures« gab sie Schönheitstipps, rechnete mit der katholischen Kirche ab, rüttelte ihre Zuhörerinnen auf. Versteckt euch weder hinter euren Männern noch hinter Frauenorganisationen! Erkämpft euch den Respekt selbst! Das war ihre zeitlose Botschaft:
»Eine Frau, die in der Unabhängigkeit und Macht selbstbewusster Stärke ihre Individualität einfordert und mit den Mitteln, die Gott ihr gegeben hat, ihren Anteil an den Privilegien der Welt verteidigt, wird damit mehr für ihre Bekanntheit und Position in der Welt erreichen als eine Million Frauen in Frauenversammlungen.«
Lola war weder Feministin noch Männerhasserin – sie forderte die Männer heraus. »Ich habe dem starken Geschlecht überall den Fehdehandschuh hingeworfen und ihm gezeigt, wie wenig Rechte es hat, sich in moralischer Hinsicht über uns Frauen zu erheben«, schrieb diese kleine große Lebefrau in ihren Memoiren.
Nach einem Schlaganfall im Sommer 1860 starb Lola Montez am 17. Januar 1861 an einer Lungenentzündung. Als Ludwig von ihrem Tod erfuhr, notierte er: »Wiederhohlt und wiederhohlt habe ich gesagt, daß ein Engel und Teufel in ihr. Glüklich(er)weise hat lezterer am Ende gesiegt.«
25 BilderFreiheitsfrau und Männermagnet – das turbulente Leben der Lola Montez
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Falsche Spanierin: Die Frau, die sich später Lola Montez nannte, kam höchstwahrscheinlich am 17. Februar 1821 als Eliza Rosanna Gilbert im Nordwesten Irlands zur Welt. Ihr Vater war ein Fähnrich der englischen Armee, die Mutter das vierte uneheliche Kind eines renommierten Parlamentsabgeordneten. 1955 schlüpfte Schauspielerin Martine Carol in die Rolle der Lebefrau (Szenenbild aus: »Lola Montez«, Regie: Max Ophüls).
Foto: United Archives / imago images
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»Unstätes Leben«: 1823 wechselte der Vater zur britischen Kolonialarmee nach Indien, wo er kurz nach der Ankunft der kleinen Familie an Cholera starb – nun war die 17-jährige Mutter mit der kleinen Eliza auf sich selbst gestellt. Mit fünf Jahren wurde Eliza nach England ins Internat geschickt; im Laufe ihres kurzen Lebens tourte sie durch vier Kontinente. Dazu schrieb Lola später in ihren Memoiren: »Von den ersten Tagen meiner Geburt an führte ich ein unstätes Leben, voller Romane, Dramen und Wechselfälle. (...) Ich habe mir stets eingebildet, dass im Moment meiner Geburt irgendeine Fee Rollen an meiner Wiege befestigt hat, um mich so ununterbrochen von einem Ende der Welt zum anderen zu bringen.« (Gemälde von Joseph Karl Stieler, 1847)
Eine Frau erfindet sich neu: Um einer von ihrer Mutter arrangierten Ehe zu entrinnen, brannte Eliza als Teenager mit Thomas James durch. Eliza heiratete den Offizier, verließ ihn jedoch mit 19. Sie reiste nach Spanien, lernte die Sprache, nahm Tanzunterricht – und startete als Tänzerin Lola Montez durch (Lithografie von 1851).
Foto: Granger, NYC / ullstein bild
4 / 25
Maria de los Dolores Porrys y Montez –so lautete der volle Künstlername. Ab 1843 gab Montez sich als adelige spanische Witwe aus Sevilla aus, deren Mann angeblich von Putschisten erschossen wurde. Weil echte Spanier ihre falsche Identität enttarnten, floh Montez aus London auf den Kontinent – wo sie bald als hochimpulsive Lady mit der Peitsche zu Ruhm gelangte. Das Foto zeigt Schauspielerin Martine Carole in dem Film »Lola Montez« (1955, Regie: Max Ophüls).
Foto: ddp images
5 / 25
Pionierin der modernen Stars: Lola Montez perfektionierte bereits im 19. Jahrhundert das Spiel mit den Medien. Die Künstlerin inszenierte sich geschickt und intervenierte, wenn ihr die Berichterstattung nicht passte. Mal schrieb sie nur einen Leserbrief, mal schwang sie die Peitsche. So lieferte sie sich 1851 mit dem kritischen australischen Journalisten Henry Seekamp eine regelrechte Rauferei (Daguerreotypie von 1851).
Foto: Southworth & Hawes / Collection Metropolitan Museum of Art, New York
6 / 25
Einflussreicher Fürst: Nachdem Lola aus London geflohen war, steuerte sie zunächst das kleine Fürstentum von Prinz Heinrich LXXII. von Reuß-Lobenstein-Ebersdorf in Thüringen an. Er soll Lola nicht nur von ihren Londoner Schulden erlöst haben, sondern die Tänzerin auch mit Geld sowie einem »Verreisepass« für Dresden und einem Empfehlungsschreiben ausgestattet haben. Ab sofort stand der Karriere der Künstlerin nichts mehr im Weg.
7 / 25
»Schön von Zügen, fein v. Wuchs, weise Haut«: Dies sind die ersten von vielen, vielen Worten, die König Ludwig I. von Bayern in seinen Tagebüchern über Lola Montez schrieb. Für ihre neue Lola-Biografie »Ich habe dem starken Geschlecht überall den Fehdehandschuh hingeworfen« durfte die Historikerin Marita Krauss erstmals die Tagebücher des Monarchen konsultieren. Das Fazit der Professorin an der Universität Augsburg: Lola war weit mehr als nur das klassisch-fleischliche Betthupferl eines alternden Alphamännchens. Als primär »keusche Liebe« charakterisiert sie deren Verbindung.
Foto: Artokoloro / imago images
8 / 25
»Alter Hurenhengst«: Der bayerische König Ludwig I. war der prominenteste Liebhaber der Lola Montez und musste wegen seiner Leidenschaft für die Künstlerin herbe Kritik einstecken. Sein Hofarchitekt Leo von Klenze schalt ihn einen »alten Hurenhengst« und beschimpfte Lola als »abgelegte Bordellhure«.
Foto: Michael Westermann / imago images
9 / 25
Lola brennt: Martine Carol schwingt die Hüften im Film »Lola Montez« von 1955. Völlig entflammt reimte der – nicht eben hochbegabte – Dichter König Ludwig I.: »Von meinem Blute hast du eingesogen, Und Glut in meinen Adern eingehaucht, Das Herz mir in ein Feuermeer getauchet, Mein Wesen eilet hin auf Lavawogen.«
Foto: Mary Evans / imago images
10 / 25
»Amazone, welche in einem ewigen Kampfe gegen das Männergeschlecht begriffen war«: So beschrieb sich Lola Montez in ihren Memoiren selbst. Eine Männer-Verächterin war sie dennoch keine – die Künstlerin und Lebefrau betörte die Herren rund um den Globus, ging Dutzende Beziehungen ein und war dreimal verheiratet. Das Foto zeigt Schauspielerin Elisabeth Neuhäusler 2003 im Deutschen Theater in München als Lola Montez im gleichnamigen Musical.
Foto: Peter Roggenthin / dpa
11 / 25
Staatsaffäre: Nicht nur den katholischen Münchnern war Lola (Zeichung von 1856) ein Dorn im Auge – auch international wogte die Furcht vor der charmanten Herzensbrecherin. »König Ludwig, erwache aus Deinem Traum und ermanne Dich«, mahnte der Erzbischof von Breslau, Kardinal Melchior von Diepenbrock in einem Brief. »Wirf ab die Zauberbinde, reiße aus den Giftbaum, zertritt, verbanne die Schlange. Beruhige, tröste, befriede Dein armes Volk.« Doch Ludwig I. wollte von seiner geliebten "Lollita" nicht lassen.
Foto: KHARBINE-TAPABOR / imago images
12 / 25
»Schau nicht um, die Lola geht rum!« Allerlei zeitgenössische Sprüche zeugen vom Hass dertugendhaften Münchner auf die (politisch mehr und mehr einflussreiche) Königsgeliebte. An den Hauswänden prangten Sprüche wie »König Ludwig ist wahnsinnig, die Spanierin regiert, auf ihn Bayern, auf Montez todt«. Andere riefen offen zu Mord auf: »Schafft die Land-Hur die Rauferin aus der Stadt oder alle Gesätze sind frei (...) Kugel gibt es, um die Hur zu treffen.« Die kolorierte Lithografie aus Paris entstand im Jahr 1844.
Foto: Münchner Stadtmuseum / dpa
13 / 25
»Sie ist wirklich immer neu! Immer plastisch! In jedem Moment schöpferisch! Sie ist ein Dichter! Das Genie der Anmuth und der Liebe! Alle anderen verbleichen neben ihr!« So überschwänglich soll der Komponist Franz Liszt Freunden von Lola Montez vorgeschwärmt haben. Die beiden waren eine Zeit lang in Dresden ein Paar, bevor es zur dramatischen Trennung kam, so eine jedoch nie belegte Anekdote: Der Musiker habe Montez in ein Hotelzimmer sperren lassen, bevor er sich auf und davon machte. In Rage habe die Verlassene daraufhin das gesamte Mobiliar zertrümmert.
Foto: Leemage / imago images
14 / 25
Die Traumtänzerin: Lola Montez als Zirkusattraktion im gleichnamigen Film von Max Ophüls (1955); das Szenenfoto zeigt Martine Carol und Oskar Werner. Der Film kostete damals mehr als sieben Millionen Mark – und war damit der teuerste seit Ende des Zweiten Weltkriegs.
Foto: United Archives / kpa / imago images
15 / 25
Ikone mit Peitsche: Die Reitgerte wurde zum Symbol der selbstbewussten Künstlerin – geschickt inszenierte sich Lola Montez als starke Frau, mit der man sich besser nicht anlegt. Das berühmte, vielfach retuschierte Foto entstand 1859 in Paris, es stammt vom französischen Bildhauer Antoine Samuel Adam-Salomon.
Foto: Time Life Pictures / Getty Images
16 / 25
Und hoch das Bein! Auch Schauspielerin Yvonne De Carlo schlüpfte in die Rolle der erotisierenden Lola Montez – im US-Western »Die schwarze Maske« (Szenenfoto von 1948). »Jede Zeit macht sich ihre eigene Lola«, sagt die Historikerin Marita Krauss im Interview.
Foto: Mary Evans / imago images
17 / 25
»Du Teufel ohne Hörner und Schweif«: Am 11. Februar 1848 reichte es den Münchnern. Gewaltsam entfernten sie die Geliebte ihres Königs aus der Stadt. Die zeitgenössische Zeitungsillustration zeigt die Kutsche mit Montez an Bord in der Hofbräugasse.
Foto: Sammlung Rauch / INTERFOTO
18 / 25
Der Monarch hat ausgedient: Am 19. März 1848 dankte König Ludwig I. von Bayern ab. Auslöser war nicht nur die Liaison mit Lola, wie Biografin Krauss betont. Auch Teuerungen, soziale Not sowie die unnachgiebige, repressive Haltung Ludwigs führten zum Umsturz. Das Foto zeigt den Bayernkönig 1868, lange nach seinem Rücktritt, der ihn mit großer Erleichterung erfüllte, wie er in seinem Tagebuch notierte: Er fühlte sich danach »lustig, verjüngt, von der Last der Krone befreyt zu seyn«.
Foto: Heinz Gebhardt / imago images
19 / 25
Betörte Jung und Alt: Die österreichische Sängerin und Schauspielerin Fritzi Massary in der Lola-Operette »Die Studentengräfin« von Leopold Fall von 1913. Der Titel spielt auf die Affinität der Montez zu den Münchner Studenten hin. Die bei den Alemannen organisierten Kommilitonen, als »Lolamannen« verlacht, waren derart von ihr hingerissen, dass es zu Unruhen kam – und der König die Universität schließen ließ.
Foto: ullstein bild
20 / 25
Keine Feministin: Von der Frauenbewegung hielt Lola Montez (Foto von 1860) nicht viel. Sie war der Meinung, die Frauen sollten als Individuen für mehr Respekt und Gleichberechtigung kämpfen. Dazu schrieb sie in einem ihrer Vorträge: »Eine Frau, die in der Unabhängigkeit und Macht selbstbewusster Stärke ihre Individualität einfordert und mit den Mitteln, die Gott ihr gegeben hat, ihren Anteil an den Privilegien der Welt verteidigt, wird damit mehr für ihre Bekanntheit und Position in der Welt erreichen als eine Million Frauen in Frauenversammlungen.«
Foto: Photo 12 / Universal Images / Getty Images
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Ich bin so frei: Eine US-Karikatur stellt den Auftritt der Lola Montez in Boston als historisches »Nipplegate« dar. Dabei bot die Allround-Künstlerin stets weit mehr als nur baren Busen: Sie überzeugte als Tänzerin und Schauspielerin, zudem als Vortragsreisende und Buchautorin.
Die Peitschenschwingerin: Lola Montez (Szenenfoto aus dem gleichnamigen Film von 1955) wehrte sich nicht nur mit der Peitsche, sondern teilte im Laufe ihres kurzen Lebens auch jede Menge Backpfeifen aus, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlte. In ihren Memoiren notierte sie dazu: »Ich aber frage die Männer, womit wir Frauen es denn eigentlich verschuldet haben, dass wir ihnen gegenüber dazu sollten verdammt sein, stets die Lämmer zu sein, welche sich niemals daran erinnern dürfen, dass die Wange eines Mannes nicht immer zum Küssen da ist?«
Eine Frau, die polarisiert: US-Karikatur der Tänzerin, die ab 1851 in den USA auftrat – anders als der Zeichner vorhersagte, war Montez in der »Neuen Welt« enorm erfolgreich. Statt sich, wie zuvor in Europa, von Liebhabern finanzieren zu lassen, verdiente sie jetzt ihr eigenes Geld und trat als selbstbewusste Geschäftsfrau auf. Auch bei ihrer Tournee in Australien eroberte sie das Publikum im Sturm.
Ewiges Faszinosum: Zahlreiche Kulturschaffende arbeiten sich bis heute an der Figur der Männermagnetin Lola Montez ab. Der Schriftsteller Prosper Mérimée ließ sich bei seiner Novelle »Carmen« (auf der die später berühmte Oper basiert) wohl von einer Begegnung mit Lola Montez leiten; auch Franz Wedekinds "Lulu" ist von ihr inspiriert. Eines der ersten filmischen Denkmale: »Lola Montez« (1922, Szenenfoto).
Foto: Hulton Archive / Getty Images
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Die fesche Lola: Auch Carl Zuckmayer hatte Lola Montez im Kopf, als er das Drehbuch für den Film »Der blaue Engel« (1930, Regie: Josef von Sternberg) schrieb. Damit gelangte Schauspielerin Marlene Dietrich zu Weltruhm. Die echte Lola Montez erlitt im Sommer 1860 einen Schlaganfall und starb am 17. Februar 1861 an einer Lungenentzündung, mit erst 39 Jahren. Auf ihrem Grabstein in New York prangt, ganz bescheiden, ihr irischer Mädchenname: »Mrs Eliza Gilbert«.
Foto: imago images / Cinema Publishers Collection
Falsche Spanierin: Die Frau, die sich später Lola Montez nannte, kam höchstwahrscheinlich am 17. Februar 1821 als Eliza Rosanna Gilbert im Nordwesten Irlands zur Welt. Ihr Vater war ein Fähnrich der englischen Armee, die Mutter das vierte uneheliche Kind eines renommierten Parlamentsabgeordneten. 1955 schlüpfte Schauspielerin Martine Carol in die Rolle der Lebefrau (Szenenbild aus: »Lola Montez«, Regie: Max Ophüls).
Foto: United Archives / imago images
»Unstätes Leben«: 1823 wechselte der Vater zur britischen Kolonialarmee nach Indien, wo er kurz nach der Ankunft der kleinen Familie an Cholera starb – nun war die 17-jährige Mutter mit der kleinen Eliza auf sich selbst gestellt. Mit fünf Jahren wurde Eliza nach England ins Internat geschickt; im Laufe ihres kurzen Lebens tourte sie durch vier Kontinente. Dazu schrieb Lola später in ihren Memoiren: »Von den ersten Tagen meiner Geburt an führte ich ein unstätes Leben, voller Romane, Dramen und Wechselfälle. (...) Ich habe mir stets eingebildet, dass im Moment meiner Geburt irgendeine Fee Rollen an meiner Wiege befestigt hat, um mich so ununterbrochen von einem Ende der Welt zum anderen zu bringen.« (Gemälde von Joseph Karl Stieler, 1847)
Eine Frau erfindet sich neu: Um einer von ihrer Mutter arrangierten Ehe zu entrinnen, brannte Eliza als Teenager mit Thomas James durch. Eliza heiratete den Offizier, verließ ihn jedoch mit 19. Sie reiste nach Spanien, lernte die Sprache, nahm Tanzunterricht – und startete als Tänzerin Lola Montez durch (Lithografie von 1851).
Foto: Granger, NYC / ullstein bild
Maria de los Dolores Porrys y Montez –so lautete der volle Künstlername. Ab 1843 gab Montez sich als adelige spanische Witwe aus Sevilla aus, deren Mann angeblich von Putschisten erschossen wurde. Weil echte Spanier ihre falsche Identität enttarnten, floh Montez aus London auf den Kontinent – wo sie bald als hochimpulsive Lady mit der Peitsche zu Ruhm gelangte. Das Foto zeigt Schauspielerin Martine Carole in dem Film »Lola Montez« (1955, Regie: Max Ophüls).
Foto: ddp images
Pionierin der modernen Stars: Lola Montez perfektionierte bereits im 19. Jahrhundert das Spiel mit den Medien. Die Künstlerin inszenierte sich geschickt und intervenierte, wenn ihr die Berichterstattung nicht passte. Mal schrieb sie nur einen Leserbrief, mal schwang sie die Peitsche. So lieferte sie sich 1851 mit dem kritischen australischen Journalisten Henry Seekamp eine regelrechte Rauferei (Daguerreotypie von 1851).
Foto: Southworth & Hawes / Collection Metropolitan Museum of Art, New York
Einflussreicher Fürst: Nachdem Lola aus London geflohen war, steuerte sie zunächst das kleine Fürstentum von Prinz Heinrich LXXII. von Reuß-Lobenstein-Ebersdorf in Thüringen an. Er soll Lola nicht nur von ihren Londoner Schulden erlöst haben, sondern die Tänzerin auch mit Geld sowie einem »Verreisepass« für Dresden und einem Empfehlungsschreiben ausgestattet haben. Ab sofort stand der Karriere der Künstlerin nichts mehr im Weg.
»Schön von Zügen, fein v. Wuchs, weise Haut«: Dies sind die ersten von vielen, vielen Worten, die König Ludwig I. von Bayern in seinen Tagebüchern über Lola Montez schrieb. Für ihre neue Lola-Biografie »Ich habe dem starken Geschlecht überall den Fehdehandschuh hingeworfen« durfte die Historikerin Marita Krauss erstmals die Tagebücher des Monarchen konsultieren. Das Fazit der Professorin an der Universität Augsburg: Lola war weit mehr als nur das klassisch-fleischliche Betthupferl eines alternden Alphamännchens. Als primär »keusche Liebe« charakterisiert sie deren Verbindung.
Foto: Artokoloro / imago images
»Alter Hurenhengst«: Der bayerische König Ludwig I. war der prominenteste Liebhaber der Lola Montez und musste wegen seiner Leidenschaft für die Künstlerin herbe Kritik einstecken. Sein Hofarchitekt Leo von Klenze schalt ihn einen »alten Hurenhengst« und beschimpfte Lola als »abgelegte Bordellhure«.
Foto: Michael Westermann / imago images
Lola brennt: Martine Carol schwingt die Hüften im Film »Lola Montez« von 1955. Völlig entflammt reimte der – nicht eben hochbegabte – Dichter König Ludwig I.: »Von meinem Blute hast du eingesogen, Und Glut in meinen Adern eingehaucht, Das Herz mir in ein Feuermeer getauchet, Mein Wesen eilet hin auf Lavawogen.«
Foto: Mary Evans / imago images
»Amazone, welche in einem ewigen Kampfe gegen das Männergeschlecht begriffen war«: So beschrieb sich Lola Montez in ihren Memoiren selbst. Eine Männer-Verächterin war sie dennoch keine – die Künstlerin und Lebefrau betörte die Herren rund um den Globus, ging Dutzende Beziehungen ein und war dreimal verheiratet. Das Foto zeigt Schauspielerin Elisabeth Neuhäusler 2003 im Deutschen Theater in München als Lola Montez im gleichnamigen Musical.
Foto: Peter Roggenthin / dpa
Staatsaffäre: Nicht nur den katholischen Münchnern war Lola (Zeichung von 1856) ein Dorn im Auge – auch international wogte die Furcht vor der charmanten Herzensbrecherin. »König Ludwig, erwache aus Deinem Traum und ermanne Dich«, mahnte der Erzbischof von Breslau, Kardinal Melchior von Diepenbrock in einem Brief. »Wirf ab die Zauberbinde, reiße aus den Giftbaum, zertritt, verbanne die Schlange. Beruhige, tröste, befriede Dein armes Volk.« Doch Ludwig I. wollte von seiner geliebten "Lollita" nicht lassen.
Foto: KHARBINE-TAPABOR / imago images
»Schau nicht um, die Lola geht rum!« Allerlei zeitgenössische Sprüche zeugen vom Hass dertugendhaften Münchner auf die (politisch mehr und mehr einflussreiche) Königsgeliebte. An den Hauswänden prangten Sprüche wie »König Ludwig ist wahnsinnig, die Spanierin regiert, auf ihn Bayern, auf Montez todt«. Andere riefen offen zu Mord auf: »Schafft die Land-Hur die Rauferin aus der Stadt oder alle Gesätze sind frei (...) Kugel gibt es, um die Hur zu treffen.« Die kolorierte Lithografie aus Paris entstand im Jahr 1844.
Foto: Münchner Stadtmuseum / dpa
»Sie ist wirklich immer neu! Immer plastisch! In jedem Moment schöpferisch! Sie ist ein Dichter! Das Genie der Anmuth und der Liebe! Alle anderen verbleichen neben ihr!« So überschwänglich soll der Komponist Franz Liszt Freunden von Lola Montez vorgeschwärmt haben. Die beiden waren eine Zeit lang in Dresden ein Paar, bevor es zur dramatischen Trennung kam, so eine jedoch nie belegte Anekdote: Der Musiker habe Montez in ein Hotelzimmer sperren lassen, bevor er sich auf und davon machte. In Rage habe die Verlassene daraufhin das gesamte Mobiliar zertrümmert.
Foto: Leemage / imago images
Die Traumtänzerin: Lola Montez als Zirkusattraktion im gleichnamigen Film von Max Ophüls (1955); das Szenenfoto zeigt Martine Carol und Oskar Werner. Der Film kostete damals mehr als sieben Millionen Mark – und war damit der teuerste seit Ende des Zweiten Weltkriegs.
Foto: United Archives / kpa / imago images
Ikone mit Peitsche: Die Reitgerte wurde zum Symbol der selbstbewussten Künstlerin – geschickt inszenierte sich Lola Montez als starke Frau, mit der man sich besser nicht anlegt. Das berühmte, vielfach retuschierte Foto entstand 1859 in Paris, es stammt vom französischen Bildhauer Antoine Samuel Adam-Salomon.
Foto: Time Life Pictures / Getty Images
Und hoch das Bein! Auch Schauspielerin Yvonne De Carlo schlüpfte in die Rolle der erotisierenden Lola Montez – im US-Western »Die schwarze Maske« (Szenenfoto von 1948). »Jede Zeit macht sich ihre eigene Lola«, sagt die Historikerin Marita Krauss im Interview.
Foto: Mary Evans / imago images
»Du Teufel ohne Hörner und Schweif«: Am 11. Februar 1848 reichte es den Münchnern. Gewaltsam entfernten sie die Geliebte ihres Königs aus der Stadt. Die zeitgenössische Zeitungsillustration zeigt die Kutsche mit Montez an Bord in der Hofbräugasse.
Foto: Sammlung Rauch / INTERFOTO
Der Monarch hat ausgedient: Am 19. März 1848 dankte König Ludwig I. von Bayern ab. Auslöser war nicht nur die Liaison mit Lola, wie Biografin Krauss betont. Auch Teuerungen, soziale Not sowie die unnachgiebige, repressive Haltung Ludwigs führten zum Umsturz. Das Foto zeigt den Bayernkönig 1868, lange nach seinem Rücktritt, der ihn mit großer Erleichterung erfüllte, wie er in seinem Tagebuch notierte: Er fühlte sich danach »lustig, verjüngt, von der Last der Krone befreyt zu seyn«.
Foto: Heinz Gebhardt / imago images
Betörte Jung und Alt: Die österreichische Sängerin und Schauspielerin Fritzi Massary in der Lola-Operette »Die Studentengräfin« von Leopold Fall von 1913. Der Titel spielt auf die Affinität der Montez zu den Münchner Studenten hin. Die bei den Alemannen organisierten Kommilitonen, als »Lolamannen« verlacht, waren derart von ihr hingerissen, dass es zu Unruhen kam – und der König die Universität schließen ließ.
Foto: ullstein bild
Keine Feministin: Von der Frauenbewegung hielt Lola Montez (Foto von 1860) nicht viel. Sie war der Meinung, die Frauen sollten als Individuen für mehr Respekt und Gleichberechtigung kämpfen. Dazu schrieb sie in einem ihrer Vorträge: »Eine Frau, die in der Unabhängigkeit und Macht selbstbewusster Stärke ihre Individualität einfordert und mit den Mitteln, die Gott ihr gegeben hat, ihren Anteil an den Privilegien der Welt verteidigt, wird damit mehr für ihre Bekanntheit und Position in der Welt erreichen als eine Million Frauen in Frauenversammlungen.«
Foto: Photo 12 / Universal Images / Getty Images
Ich bin so frei: Eine US-Karikatur stellt den Auftritt der Lola Montez in Boston als historisches »Nipplegate« dar. Dabei bot die Allround-Künstlerin stets weit mehr als nur baren Busen: Sie überzeugte als Tänzerin und Schauspielerin, zudem als Vortragsreisende und Buchautorin.
Die Peitschenschwingerin: Lola Montez (Szenenfoto aus dem gleichnamigen Film von 1955) wehrte sich nicht nur mit der Peitsche, sondern teilte im Laufe ihres kurzen Lebens auch jede Menge Backpfeifen aus, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlte. In ihren Memoiren notierte sie dazu: »Ich aber frage die Männer, womit wir Frauen es denn eigentlich verschuldet haben, dass wir ihnen gegenüber dazu sollten verdammt sein, stets die Lämmer zu sein, welche sich niemals daran erinnern dürfen, dass die Wange eines Mannes nicht immer zum Küssen da ist?«
Eine Frau, die polarisiert: US-Karikatur der Tänzerin, die ab 1851 in den USA auftrat – anders als der Zeichner vorhersagte, war Montez in der »Neuen Welt« enorm erfolgreich. Statt sich, wie zuvor in Europa, von Liebhabern finanzieren zu lassen, verdiente sie jetzt ihr eigenes Geld und trat als selbstbewusste Geschäftsfrau auf. Auch bei ihrer Tournee in Australien eroberte sie das Publikum im Sturm.
Ewiges Faszinosum: Zahlreiche Kulturschaffende arbeiten sich bis heute an der Figur der Männermagnetin Lola Montez ab. Der Schriftsteller Prosper Mérimée ließ sich bei seiner Novelle »Carmen« (auf der die später berühmte Oper basiert) wohl von einer Begegnung mit Lola Montez leiten; auch Franz Wedekinds "Lulu" ist von ihr inspiriert. Eines der ersten filmischen Denkmale: »Lola Montez« (1922, Szenenfoto).
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Lady mit Peitsche: Lola Montez 1859 in Paris
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Falsche Spanierin: Die Frau, die sich später Lola Montez nannte, kam höchstwahrscheinlich am 17. Februar 1821 als Eliza Rosanna Gilbert im Nordwesten Irlands zur Welt. Ihr Vater war ein Fähnrich der englischen Armee, die Mutter das vierte uneheliche Kind eines renommierten Parlamentsabgeordneten. 1955 schlüpfte Schauspielerin Martine Carol in die Rolle der Lebefrau (Szenenbild aus: »Lola Montez«, Regie: Max Ophüls).
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»Unstätes Leben«: 1823 wechselte der Vater zur britischen Kolonialarmee nach Indien, wo er kurz nach der Ankunft der kleinen Familie an Cholera starb – nun war die 17-jährige Mutter mit der kleinen Eliza auf sich selbst gestellt. Mit fünf Jahren wurde Eliza nach England ins Internat geschickt; im Laufe ihres kurzen Lebens tourte sie durch vier Kontinente. Dazu schrieb Lola später in ihren Memoiren: »Von den ersten Tagen meiner Geburt an führte ich ein unstätes Leben, voller Romane, Dramen und Wechselfälle. (...) Ich habe mir stets eingebildet, dass im Moment meiner Geburt irgendeine Fee Rollen an meiner Wiege befestigt hat, um mich so ununterbrochen von einem Ende der Welt zum anderen zu bringen.« (Gemälde von Joseph Karl Stieler, 1847)
Eine Frau erfindet sich neu: Um einer von ihrer Mutter arrangierten Ehe zu entrinnen, brannte Eliza als Teenager mit Thomas James durch. Eliza heiratete den Offizier, verließ ihn jedoch mit 19. Sie reiste nach Spanien, lernte die Sprache, nahm Tanzunterricht – und startete als Tänzerin Lola Montez durch (Lithografie von 1851).
Foto: Granger, NYC / ullstein bild
Maria de los Dolores Porrys y Montez –so lautete der volle Künstlername. Ab 1843 gab Montez sich als adelige spanische Witwe aus Sevilla aus, deren Mann angeblich von Putschisten erschossen wurde. Weil echte Spanier ihre falsche Identität enttarnten, floh Montez aus London auf den Kontinent – wo sie bald als hochimpulsive Lady mit der Peitsche zu Ruhm gelangte. Das Foto zeigt Schauspielerin Martine Carole in dem Film »Lola Montez« (1955, Regie: Max Ophüls).
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Pionierin der modernen Stars: Lola Montez perfektionierte bereits im 19. Jahrhundert das Spiel mit den Medien. Die Künstlerin inszenierte sich geschickt und intervenierte, wenn ihr die Berichterstattung nicht passte. Mal schrieb sie nur einen Leserbrief, mal schwang sie die Peitsche. So lieferte sie sich 1851 mit dem kritischen australischen Journalisten Henry Seekamp eine regelrechte Rauferei (Daguerreotypie von 1851).
Foto: Southworth & Hawes / Collection Metropolitan Museum of Art, New York
Einflussreicher Fürst: Nachdem Lola aus London geflohen war, steuerte sie zunächst das kleine Fürstentum von Prinz Heinrich LXXII. von Reuß-Lobenstein-Ebersdorf in Thüringen an. Er soll Lola nicht nur von ihren Londoner Schulden erlöst haben, sondern die Tänzerin auch mit Geld sowie einem »Verreisepass« für Dresden und einem Empfehlungsschreiben ausgestattet haben. Ab sofort stand der Karriere der Künstlerin nichts mehr im Weg.
»Schön von Zügen, fein v. Wuchs, weise Haut«: Dies sind die ersten von vielen, vielen Worten, die König Ludwig I. von Bayern in seinen Tagebüchern über Lola Montez schrieb. Für ihre neue Lola-Biografie »Ich habe dem starken Geschlecht überall den Fehdehandschuh hingeworfen« durfte die Historikerin Marita Krauss erstmals die Tagebücher des Monarchen konsultieren. Das Fazit der Professorin an der Universität Augsburg: Lola war weit mehr als nur das klassisch-fleischliche Betthupferl eines alternden Alphamännchens. Als primär »keusche Liebe« charakterisiert sie deren Verbindung.
Foto: Artokoloro / imago images
»Alter Hurenhengst«: Der bayerische König Ludwig I. war der prominenteste Liebhaber der Lola Montez und musste wegen seiner Leidenschaft für die Künstlerin herbe Kritik einstecken. Sein Hofarchitekt Leo von Klenze schalt ihn einen »alten Hurenhengst« und beschimpfte Lola als »abgelegte Bordellhure«.
Foto: Michael Westermann / imago images
Lola brennt: Martine Carol schwingt die Hüften im Film »Lola Montez« von 1955. Völlig entflammt reimte der – nicht eben hochbegabte – Dichter König Ludwig I.: »Von meinem Blute hast du eingesogen, Und Glut in meinen Adern eingehaucht, Das Herz mir in ein Feuermeer getauchet, Mein Wesen eilet hin auf Lavawogen.«
Foto: Mary Evans / imago images
»Amazone, welche in einem ewigen Kampfe gegen das Männergeschlecht begriffen war«: So beschrieb sich Lola Montez in ihren Memoiren selbst. Eine Männer-Verächterin war sie dennoch keine – die Künstlerin und Lebefrau betörte die Herren rund um den Globus, ging Dutzende Beziehungen ein und war dreimal verheiratet. Das Foto zeigt Schauspielerin Elisabeth Neuhäusler 2003 im Deutschen Theater in München als Lola Montez im gleichnamigen Musical.
Foto: Peter Roggenthin / dpa
Staatsaffäre: Nicht nur den katholischen Münchnern war Lola (Zeichung von 1856) ein Dorn im Auge – auch international wogte die Furcht vor der charmanten Herzensbrecherin. »König Ludwig, erwache aus Deinem Traum und ermanne Dich«, mahnte der Erzbischof von Breslau, Kardinal Melchior von Diepenbrock in einem Brief. »Wirf ab die Zauberbinde, reiße aus den Giftbaum, zertritt, verbanne die Schlange. Beruhige, tröste, befriede Dein armes Volk.« Doch Ludwig I. wollte von seiner geliebten "Lollita" nicht lassen.
Foto: KHARBINE-TAPABOR / imago images
»Schau nicht um, die Lola geht rum!« Allerlei zeitgenössische Sprüche zeugen vom Hass dertugendhaften Münchner auf die (politisch mehr und mehr einflussreiche) Königsgeliebte. An den Hauswänden prangten Sprüche wie »König Ludwig ist wahnsinnig, die Spanierin regiert, auf ihn Bayern, auf Montez todt«. Andere riefen offen zu Mord auf: »Schafft die Land-Hur die Rauferin aus der Stadt oder alle Gesätze sind frei (...) Kugel gibt es, um die Hur zu treffen.« Die kolorierte Lithografie aus Paris entstand im Jahr 1844.
Foto: Münchner Stadtmuseum / dpa
»Sie ist wirklich immer neu! Immer plastisch! In jedem Moment schöpferisch! Sie ist ein Dichter! Das Genie der Anmuth und der Liebe! Alle anderen verbleichen neben ihr!« So überschwänglich soll der Komponist Franz Liszt Freunden von Lola Montez vorgeschwärmt haben. Die beiden waren eine Zeit lang in Dresden ein Paar, bevor es zur dramatischen Trennung kam, so eine jedoch nie belegte Anekdote: Der Musiker habe Montez in ein Hotelzimmer sperren lassen, bevor er sich auf und davon machte. In Rage habe die Verlassene daraufhin das gesamte Mobiliar zertrümmert.
Foto: Leemage / imago images
Die Traumtänzerin: Lola Montez als Zirkusattraktion im gleichnamigen Film von Max Ophüls (1955); das Szenenfoto zeigt Martine Carol und Oskar Werner. Der Film kostete damals mehr als sieben Millionen Mark – und war damit der teuerste seit Ende des Zweiten Weltkriegs.
Foto: United Archives / kpa / imago images
Ikone mit Peitsche: Die Reitgerte wurde zum Symbol der selbstbewussten Künstlerin – geschickt inszenierte sich Lola Montez als starke Frau, mit der man sich besser nicht anlegt. Das berühmte, vielfach retuschierte Foto entstand 1859 in Paris, es stammt vom französischen Bildhauer Antoine Samuel Adam-Salomon.
Foto: Time Life Pictures / Getty Images
Und hoch das Bein! Auch Schauspielerin Yvonne De Carlo schlüpfte in die Rolle der erotisierenden Lola Montez – im US-Western »Die schwarze Maske« (Szenenfoto von 1948). »Jede Zeit macht sich ihre eigene Lola«, sagt die Historikerin Marita Krauss im Interview.
Foto: Mary Evans / imago images
»Du Teufel ohne Hörner und Schweif«: Am 11. Februar 1848 reichte es den Münchnern. Gewaltsam entfernten sie die Geliebte ihres Königs aus der Stadt. Die zeitgenössische Zeitungsillustration zeigt die Kutsche mit Montez an Bord in der Hofbräugasse.
Foto: Sammlung Rauch / INTERFOTO
Der Monarch hat ausgedient: Am 19. März 1848 dankte König Ludwig I. von Bayern ab. Auslöser war nicht nur die Liaison mit Lola, wie Biografin Krauss betont. Auch Teuerungen, soziale Not sowie die unnachgiebige, repressive Haltung Ludwigs führten zum Umsturz. Das Foto zeigt den Bayernkönig 1868, lange nach seinem Rücktritt, der ihn mit großer Erleichterung erfüllte, wie er in seinem Tagebuch notierte: Er fühlte sich danach »lustig, verjüngt, von der Last der Krone befreyt zu seyn«.
Foto: Heinz Gebhardt / imago images
Betörte Jung und Alt: Die österreichische Sängerin und Schauspielerin Fritzi Massary in der Lola-Operette »Die Studentengräfin« von Leopold Fall von 1913. Der Titel spielt auf die Affinität der Montez zu den Münchner Studenten hin. Die bei den Alemannen organisierten Kommilitonen, als »Lolamannen« verlacht, waren derart von ihr hingerissen, dass es zu Unruhen kam – und der König die Universität schließen ließ.
Foto: ullstein bild
Keine Feministin: Von der Frauenbewegung hielt Lola Montez (Foto von 1860) nicht viel. Sie war der Meinung, die Frauen sollten als Individuen für mehr Respekt und Gleichberechtigung kämpfen. Dazu schrieb sie in einem ihrer Vorträge: »Eine Frau, die in der Unabhängigkeit und Macht selbstbewusster Stärke ihre Individualität einfordert und mit den Mitteln, die Gott ihr gegeben hat, ihren Anteil an den Privilegien der Welt verteidigt, wird damit mehr für ihre Bekanntheit und Position in der Welt erreichen als eine Million Frauen in Frauenversammlungen.«
Foto: Photo 12 / Universal Images / Getty Images
Ich bin so frei: Eine US-Karikatur stellt den Auftritt der Lola Montez in Boston als historisches »Nipplegate« dar. Dabei bot die Allround-Künstlerin stets weit mehr als nur baren Busen: Sie überzeugte als Tänzerin und Schauspielerin, zudem als Vortragsreisende und Buchautorin.
Die Peitschenschwingerin: Lola Montez (Szenenfoto aus dem gleichnamigen Film von 1955) wehrte sich nicht nur mit der Peitsche, sondern teilte im Laufe ihres kurzen Lebens auch jede Menge Backpfeifen aus, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlte. In ihren Memoiren notierte sie dazu: »Ich aber frage die Männer, womit wir Frauen es denn eigentlich verschuldet haben, dass wir ihnen gegenüber dazu sollten verdammt sein, stets die Lämmer zu sein, welche sich niemals daran erinnern dürfen, dass die Wange eines Mannes nicht immer zum Küssen da ist?«
Eine Frau, die polarisiert: US-Karikatur der Tänzerin, die ab 1851 in den USA auftrat – anders als der Zeichner vorhersagte, war Montez in der »Neuen Welt« enorm erfolgreich. Statt sich, wie zuvor in Europa, von Liebhabern finanzieren zu lassen, verdiente sie jetzt ihr eigenes Geld und trat als selbstbewusste Geschäftsfrau auf. Auch bei ihrer Tournee in Australien eroberte sie das Publikum im Sturm.
Ewiges Faszinosum: Zahlreiche Kulturschaffende arbeiten sich bis heute an der Figur der Männermagnetin Lola Montez ab. Der Schriftsteller Prosper Mérimée ließ sich bei seiner Novelle »Carmen« (auf der die später berühmte Oper basiert) wohl von einer Begegnung mit Lola Montez leiten; auch Franz Wedekinds "Lulu" ist von ihr inspiriert. Eines der ersten filmischen Denkmale: »Lola Montez« (1922, Szenenfoto).
Foto: Hulton Archive / Getty Images
Was kostet die Welt? 1955 schlüpfte Schauspielerin Martine Carol in die Rolle der berüchtigten Lebedame (Szenenbild aus »Lola Montez«, (Regie: Max Ophüls)
Foto: ddp images
»Teufel ohne Hörner und Schweif«: Zeitgenössische Lola-Karikatur aus den USA