Henny Brenner in Dresden: »Nur ein Angriff kann uns retten!«
Luftangriffe auf Dresden
Wie die Bomben meine Mutter vor dem KZ retteten
Als die Alliierten 1945 ihre Angriffe flogen, ging Dresden in Flammen auf. Henny Brenner jedoch brachte das Inferno Hoffnung: Am Tag zuvor hatte sie den Bescheid über ihre Deportation erhalten.
Die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz und der Bombenangriff auf Dresden liegen zeitlich eng beisammen. Der 27. Januar und der 13. Februar 1945 – nur gut zwei Wochen waren dazwischen. So nahe das Gedenken an die Opfer dieser beiden Ereignisse im Kalender liegt und so sehr alle Toten des Krieges zu beklagen sind, so weit klafft die historische Einordnung doch auseinander: Auschwitz steht für die Opfer der Massenvernichtung einer ideologischen Verblendung jenseits jeglicher strategischer Kriegsführung, Dresden für die Opfer der Bombenangriffe der Alliierten, die den von Deutschen begonnenen Krieg beenden wollten.
Für kaum jemanden haben diese beiden Gedenktage zeitlebens eine solch existenzielle Bedeutung gehabt wie für meine Mutter. Sie war 20, als sie gemeinsam mit ihren Eltern durch das brennende Inferno in Dresden lief. Vorbei an verkohlten Körperteilen, quer durch Schutt und Asche und immer noch den Bomben ausweichend, suchte sie wie alle Menschen in dieser von Flüchtlingen überquellenden Stadt nach einem temporären Unterschlupf, einem Dach über den Kopf.
Doch im Gegensatz zu den anderen durch Chaos und Zerstörung watenden Menschen hatten sie und ihre Mutter vor allem einen Gedanken: Dieser Angriff kann uns retten. In ihren Schuhen hatten sie jenen Gegenstand versteckt, der ihr Leben die vergangenen dreieinhalb Jahre bestimmt hatte – den gelben Judenstern.
Einen Tag vorher, am 12. Februar, hatte es an ihrer Türe geklingelt. Ein Bote überbrachte ein Schreiben, in dem es hieß:
»Auf Anweisung der vorgesetzten Dienststelle der Geheimen Staatspolizei Dresden fordere ich Sie auf, sich Freitag, den 16. Februar 1945, früh 6.45 Uhr pünktlich im Grundstück Zeughausstr. 1, Erdgeschoß rechts, einzufinden. Sie haben damit zu rechnen, daß Sie außerhalb Dresdens zum Arbeitseinsatz kommen.«
Kurz vor der Deportation fielen die Bomben
Natürlich wussten meine Mutter und meine Großmutter genau, was damit gemeint war, hatten doch viele ihrer Verwandten und jüdischen Freunde schon vor Jahren dieses Schreiben erhalten – seitdem hatte man von keinem von ihnen jemals wieder etwas gehört. Sollte noch der geringste Zweifel bestehen, so klärten die nächsten Sätze sie auf: »Es darf 1 Koffer oder Rucksack (nicht beides) mitgenommen werden.« Einpacken durfte man Decke, Schuhwerk und Kleidung, aber keinerlei Wertsachen.
Meine Mutter und meine Großmutter gehörten zu den letzten 170 Juden in der Stadt, die einstmals eine stolze jüdische Gemeinde von über 5000 Menschen beherbergt hatte. Sie waren durch meinen protestantischen Großvater beschützt, der sich strikt weigerte, dem Drängen der Gestapo nachzugeben und sich scheiden zu lassen. Lieber gab er sein Kino her und stellte damit seine berufliche Existenz infrage.
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Henny Brenner in Dresden: »Nur ein Angriff kann uns retten!«
In verschiedenen Dresdner Fabriken hatten meine Mutter und meine Großmutter jahrelang Zwangsarbeit geleistet. Sie wurden auf dem Weg dorthin und bei der Arbeit schikaniert und drangsaliert, sie fürchteten – wie viele ihrer Kolleginnen – jeden Tag, in ein Konzentrationslager abtransportiert zu werden. Nun also schien dieser Tag gekommen. Am 16. Februar sollte es so weit sein.
Nachdem sie den Deportationsbescheid erhalten hatten, konnte mein Großvater sie nicht mehr schützen. Er soll ausgerufen haben: »Nur ein Angriff kann uns retten!« Dies war keine ganz abwegige Äußerung, da im Februar 1945 nur noch wenige deutsche Großstädte von Bombenangriffen verschont geblieben waren. Warum sollte also gerade Dresden heil davonkommen?
Als in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar die Bomben auch über Dresden fielen, erlebte meine Mutter sie mit gemischten Gefühlen. Zum einen empfand sie unbeschreibliche Trauer über die Stadt, die auch sie liebte und in der sie einst eine unbeschwerte Kindheit verbracht hatte. Zum anderen wusste sie, dass dieser Angriff das Tor zum Überleben für sie und die anderen zur Deportation aufgeforderten Juden in der Stadt aufstieß.
Ein Versteck im Chaos der Zerstörung
Schon vor dem Angriff hatten sie und ihre Mutter sich vorgenommen, den Judenstern von der Kleidung zu trennen und sich unter die Flüchtlinge in der Stadt zu mischen. Doch sie hatten wenig Hoffnung, unentdeckt davonzukommen. Nun, im Chaos der Zerstörung, schien dies möglich. In einer leer stehenden Wohnung fanden sie ein Versteck für die letzten Monate, die sich unendlich lang hinzogen. Neben ihnen hatte sich eine ebenfalls ausgebombte Nazifamilie einquartiert. Meine Mutter und meine Großmutter verließen das Haus nie, mein Großvater besorgte gelegentlich Nahrung.
Man flüsterte, denn nebenan hörten sie Parolen zum Weiterkämpfen, Fantasien über Hitlers Wunderwaffe und den unmittelbar bevorstehenden Endsieg. Als die Russen näher rückten, brannten nebenan die Naziuniformen, die Kinder warfen die metallenen Hakenkreuze schnell in die Trambahnschienen.
Der 8. Mai war der Tag der Befreiung und gleichzeitig ein Tag der Furcht. Die russischen Soldaten sahen in meiner Mutter keine Jüdin, denn die hatte Hitler ja schließlich alle getötet, sondern ein junges deutsches Mädchen, dessen man sich frei bedienen konnte. Meine Mutter versteckte sich vor ihren Befreiern, und als diese sie im Keller ausfindig machten, retteten sie schließlich nur das Aufsagen des hebräischen Gebets »Höre Israel – Schema Israel« und die Anwesenheit eines jüdischen Offiziers, der seine Soldaten zurückhielt.
Eine Geste, ein Nicken, eine unterdrückte Träne
In den Nachkriegsjahren hoffte mein Großvater vergeblich auf die Rückgabe seines Besitzes, den die Nazis ihm genommen hatten, durch die neuen kommunistischen Machthaber. Dennoch blieben er und seine Familie auch nach Gründung der DDR in Dresden, bis dann Ende 1952 eine neue antisemitische Welle durch die spätstalinistische Staatenwelt schwappte. So flohen sie mit einem Koffer nach Westen und verloren ein weiteres Mal ihr Hab und Gut.
Dieses Jahr ist das erste Mal, dass meine Mutter ihre Geschichte nicht selbst erzählen kann. Sie verstarb voriges Jahr im Alter von 95 Jahren. Es hatte etwa ein halbes Jahrhundert gedauert, bis sie über ihre Erlebnisse in der Öffentlichkeit sprechen konnte. Während der letzten 25 Jahre erzählte sie dann unermüdlich in Schulen und Bildungseinrichtungen. Erstmals schrieb sie ihre Erlebnisse 1999 nieder, zwei Jahre später erschien ihr autobiografisches Buch »Das Lied ist aus«.
Wie gehen wir als zweite Generation mit diesem Erbe um? Die Geschichte meiner Mutter ist nicht meine, und obwohl ich sie mit vielen Nuancen und an vielen Orten immer wieder gehört habe, kann ich sie mir nicht zu eigen machen. Und doch fühle ich mich verpflichtet, sie nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, sie weiterzuerzählen, so gut es eben geht. Als die Geschichte von jemand anders – und als eine, die gleichzeitig eng mit meinem eigenen Leben verbunden ist.
Wie gehen wir als Historiker mit dieser Art von Oral History, von mündlicher Überlieferung um? Wir versuchen zu prüfen, Belege zu finden, die das Erzählte verifizieren, idealerweise zeitgenössische Quellen aufzuspüren. Doch das, was jemand in einem solch extremen Moment gedacht und empfunden hat, als die Welt um einen herum zerstört wurde und gleichzeitig die Leben um einen herum gerettet wurden – man findet es in keinem Archiv.
Es ist die Unmittelbarkeit dieser Empfindungen, die in den Erzählungen der Zeitzeugen die Zuhörer beeindrucken. Wenn ich meiner Mutter zuhörte, wie sie Schülerinnen ihre Geschichte erzählte, dann war es ein Gesichtsausdruck, eine Handbewegung, ein Nicken und Kopfschütteln, eine unterdrückte Träne, aber auch ein unerwartetes Lächeln und das plötzliche Einweben einer Anekdote, der direkte Dialog mit ihrem Publikum, was sie – wie so viele andere Zeitzeugen – zur einzig legitimen Erzählerin ihrer Geschichte machte.
All dies geht uns mit dem Tod der letzten Zeugen dieser Zeit verloren. Ob Bücher oder Videoaufnahmen oder Hologramme: Nichts kann es ersetzen.
15 BilderHenny Brenner in Dresden: »Nur ein Angriff kann uns retten!«
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Henny Brenner: Als junge Frau entkam sie Mitte Februar 1945 dem Bombardement von Dresden – und der Verfolgung durch die Nazis. Denn einen Tag zuvor hatte sie den Bescheid über ihre Deportation erhalten. »Nur ein Angriff kann uns retten!«, rief ihr Vater. Die Aufnahme entstand etwa Anfang 1941, als sie 16 Jahre alt war, im Innenhof des Dresdner Zwingers.
Foto:
privat
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Der Ausweis von Henny Brenner, geborene Wolf, war unübersehbar mit dem großen »J« gekennzeichnet. Ihr Vater war evangelisch und betrieb ein Kino in Dresden, ihre Mutter war Jüdin. Henny und Rebekka Wolf zählten 1945 zu den letzten 170 Juden in einer Stadt mit einer einstmals großen und stolzen jüdischen Gemeinde. Am 12. Februar erhielten sie ein Schreiben mit der Aufforderung, sich vier Tage später in der Zeughausstraße einzufinden. Sie wussten: Das bedeutete die Verschleppung in eines der KZs, in denen die Deutschen Millionen Juden ermordeten.
Foto: privat
3 / 15
Die Häftlinge im Vernichtungslager Auschwitz waren zwei Wochen zuvor, am 27. Januar 1945, durch die Rote Armee befreit worden. Die Kriegsniederlage konnten die Deutschen längst nicht mehr abwenden; dennoch führten die Nationalsozialisten den Massenmord an Juden, Sinti und Roma, politischen Häftlingen, Homosexuellen, Kranken und Behinderten fort.
Foto: United Archives International / imago images
4 / 15
Piloten der britischen, kanadischen und amerikanischen Luftwaffe warfen in der Nacht des 13. Februar 1945 sowie bei Tagesangriffen am 14. und 15. Februar Bomben über Dresden ab. Das Foto zeigt amerikanische B-17-Flugzeuge, die eine Woche zuvor deutsche Kommunikationsstützpunkte bei Chemnitz in der Nähe von Dresden angriffen.
Foto: AP
5 / 15
Die Brandbomben entfachten in Dresden, als »Elbflorenz« bekannt, einen Feuersturm. Etwa 25.000 Menschen starben beim Bombardement. Zu diesem Ergebnis kam eine Expertenkommission, die 2008 ihre jahrelange Arbeit beendete.
Henny (Foto) und ihre Mutter hatten im Inferno von Dresden vor allem einen Gedanken: dass dieser Angriff das Tor zum Überleben für die Juden in der Stadt aufstieß. Den Judenstern hatten sie von der Kleidung gelöst und in ihren Schuhen versteckt. Im Chaos fand die Familie ein Versteck für die letzten Kriegsmonate in einer leer stehenden Wohnung.
Foto: privat
7 / 15
Dieses Foto zeigt, wie aus den Trümmern geborgene Leichen auf dem Altmarkt zur Verbrennung gesammelt werden. Die Luftangriffe im Februar 1945 sind ein bis heute umstrittenes Kapitel des Zweiten Weltkriegs. Die Alliierten versuchten, den Krieg zu beenden. Begonnen hatten ihn die Deutschen. Es war die deutsche Wehrmacht, die mit dem zerstörerischen Luftkrieg begann, als das Sturzkampfgeschwader 76 gleich am ersten Kriegstag, dem 1. September 1939, die schutzlose polnische Kleinstadt Wielun dem Erdboden gleichmachte. Es war die deutsche Luftwaffe, die zuvor schon Guernica, danach Städte wie Coventry, London oder Rotterdam bombardierte. Und es war die deutsche Bevölkerung, die dem Hitler-Regime bis zuletzt die Treue hielt.
Zerbombte Stadt: Menschen suchten in den Ruinen nach Brennholz, Möbeln und Lebensmitteln.
Foto: LEONE / ullstein bild
9 / 15
Blick auf das fast völlig zerstörte Stadtzentrum von Dresden: Von der einst so beeindruckenden barocken Pracht blieben nur noch Fassaden, Schutt und Asche.
Foto: AP
10 / 15
Ruine des Zwingers: Auch ein Jahr nach den Bombardierungen 1945 lag der Dresdner Zwinger – eines der kulturellen Wahrzeichen der Stadt – noch in Trümmern.
Foto: James Pringle / AP
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Die Hofkirche, eine der größten und ältesten Kirchen in Dresden, wurde im Jahr nach ihrer Zerstörung wieder aufgebaut (Foto vom März 1946).
Foto: AP
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Nach dem Inferno: Die Dresdner, im Vordergrund das Ehepaar Gustav, 76, und Alma Piltz, 72, machten sich nach den Luftangriffen an die Beseitigung der Trümmer.
Für Henny Brenner bedeutete das Bombardement von Dresden ihre Rettung. Erst etwa ein halbes Jahrhundert danach konnte sie darüber sprechen, was sie erlebte. Das Foto zeigt Henny Brenner mit ihrem Sohn Michael, Professor für Jüdische Geschichte und Kultur in München, bei einer Lesung in Baltimore 2010.
Foto: privat
14 / 15
Als alte Dame ging Henny Brenner unermüdlich in Schulen und Bildungseinrichtungen, um vor Jugendlichen als Zeitzeugin aufzutreten. Über ihr Leben in Dresden und die Bombenangriffe erzählte sie auch in ihrem Buch »Das Lied ist aus« sowie im Hörbuch »Nichts gewusst?! Sie haben uns doch gesehen mit dem gelben Stern!«
Foto: Max Korndörfer
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2014 erhielt Henny Brenner für ihre Aufklärungsarbeit den Sächsischen Verdienstorden. Auf diesem Foto ist sie mit ihren Söhnen Leonhard und Michael Brenner, dem Landtagsabgeordneten Martin Modschiedler und Ministerpräsident Stanislaw Tillich zu sehen. Henny Brenner verstarb im Mai 2020.
Foto: privat
Henny Brenner: Als junge Frau entkam sie Mitte Februar 1945 dem Bombardement von Dresden – und der Verfolgung durch die Nazis. Denn einen Tag zuvor hatte sie den Bescheid über ihre Deportation erhalten. »Nur ein Angriff kann uns retten!«, rief ihr Vater. Die Aufnahme entstand etwa Anfang 1941, als sie 16 Jahre alt war, im Innenhof des Dresdner Zwingers.
Foto:
privat
Der Ausweis von Henny Brenner, geborene Wolf, war unübersehbar mit dem großen »J« gekennzeichnet. Ihr Vater war evangelisch und betrieb ein Kino in Dresden, ihre Mutter war Jüdin. Henny und Rebekka Wolf zählten 1945 zu den letzten 170 Juden in einer Stadt mit einer einstmals großen und stolzen jüdischen Gemeinde. Am 12. Februar erhielten sie ein Schreiben mit der Aufforderung, sich vier Tage später in der Zeughausstraße einzufinden. Sie wussten: Das bedeutete die Verschleppung in eines der KZs, in denen die Deutschen Millionen Juden ermordeten.
Foto: privat
Die Häftlinge im Vernichtungslager Auschwitz waren zwei Wochen zuvor, am 27. Januar 1945, durch die Rote Armee befreit worden. Die Kriegsniederlage konnten die Deutschen längst nicht mehr abwenden; dennoch führten die Nationalsozialisten den Massenmord an Juden, Sinti und Roma, politischen Häftlingen, Homosexuellen, Kranken und Behinderten fort.
Foto: United Archives International / imago images
Piloten der britischen, kanadischen und amerikanischen Luftwaffe warfen in der Nacht des 13. Februar 1945 sowie bei Tagesangriffen am 14. und 15. Februar Bomben über Dresden ab. Das Foto zeigt amerikanische B-17-Flugzeuge, die eine Woche zuvor deutsche Kommunikationsstützpunkte bei Chemnitz in der Nähe von Dresden angriffen.
Foto: AP
Die Brandbomben entfachten in Dresden, als »Elbflorenz« bekannt, einen Feuersturm. Etwa 25.000 Menschen starben beim Bombardement. Zu diesem Ergebnis kam eine Expertenkommission, die 2008 ihre jahrelange Arbeit beendete.
Henny (Foto) und ihre Mutter hatten im Inferno von Dresden vor allem einen Gedanken: dass dieser Angriff das Tor zum Überleben für die Juden in der Stadt aufstieß. Den Judenstern hatten sie von der Kleidung gelöst und in ihren Schuhen versteckt. Im Chaos fand die Familie ein Versteck für die letzten Kriegsmonate in einer leer stehenden Wohnung.
Foto: privat
Dieses Foto zeigt, wie aus den Trümmern geborgene Leichen auf dem Altmarkt zur Verbrennung gesammelt werden. Die Luftangriffe im Februar 1945 sind ein bis heute umstrittenes Kapitel des Zweiten Weltkriegs. Die Alliierten versuchten, den Krieg zu beenden. Begonnen hatten ihn die Deutschen. Es war die deutsche Wehrmacht, die mit dem zerstörerischen Luftkrieg begann, als das Sturzkampfgeschwader 76 gleich am ersten Kriegstag, dem 1. September 1939, die schutzlose polnische Kleinstadt Wielun dem Erdboden gleichmachte. Es war die deutsche Luftwaffe, die zuvor schon Guernica, danach Städte wie Coventry, London oder Rotterdam bombardierte. Und es war die deutsche Bevölkerung, die dem Hitler-Regime bis zuletzt die Treue hielt.
Zerbombte Stadt: Menschen suchten in den Ruinen nach Brennholz, Möbeln und Lebensmitteln.
Foto: LEONE / ullstein bild
Blick auf das fast völlig zerstörte Stadtzentrum von Dresden: Von der einst so beeindruckenden barocken Pracht blieben nur noch Fassaden, Schutt und Asche.
Foto: AP
Ruine des Zwingers: Auch ein Jahr nach den Bombardierungen 1945 lag der Dresdner Zwinger – eines der kulturellen Wahrzeichen der Stadt – noch in Trümmern.
Foto: James Pringle / AP
Nach dem Inferno: Die Dresdner, im Vordergrund das Ehepaar Gustav, 76, und Alma Piltz, 72, machten sich nach den Luftangriffen an die Beseitigung der Trümmer.
Für Henny Brenner bedeutete das Bombardement von Dresden ihre Rettung. Erst etwa ein halbes Jahrhundert danach konnte sie darüber sprechen, was sie erlebte. Das Foto zeigt Henny Brenner mit ihrem Sohn Michael, Professor für Jüdische Geschichte und Kultur in München, bei einer Lesung in Baltimore 2010.
Foto: privat
Als alte Dame ging Henny Brenner unermüdlich in Schulen und Bildungseinrichtungen, um vor Jugendlichen als Zeitzeugin aufzutreten. Über ihr Leben in Dresden und die Bombenangriffe erzählte sie auch in ihrem Buch »Das Lied ist aus« sowie im Hörbuch »Nichts gewusst?! Sie haben uns doch gesehen mit dem gelben Stern!«
Foto: Max Korndörfer
2014 erhielt Henny Brenner für ihre Aufklärungsarbeit den Sächsischen Verdienstorden. Auf diesem Foto ist sie mit ihren Söhnen Leonhard und Michael Brenner, dem Landtagsabgeordneten Martin Modschiedler und Ministerpräsident Stanislaw Tillich zu sehen. Henny Brenner verstarb im Mai 2020.
Foto: privat
Henny Brenner: Als junge Frau entkam sie Mitte Februar 1945 dem Bombardement von Dresden – und der Verfolgung durch die Nazis. Denn einen Tag zuvor hatte sie den Bescheid über ihre Deportation erhalten. »Nur ein Angriff kann uns retten!«, rief ihr Vater. Die Aufnahme entstand etwa Anfang 1941, als sie 16 Jahre alt war, im Innenhof des Dresdner Zwingers.
Foto:
privat
Der Ausweis von Henny Brenner, geborene Wolf, war unübersehbar mit dem großen »J« gekennzeichnet. Ihr Vater war evangelisch und betrieb ein Kino in Dresden, ihre Mutter war Jüdin. Henny und Rebekka Wolf zählten 1945 zu den letzten 170 Juden in einer Stadt mit einer einstmals großen und stolzen jüdischen Gemeinde. Am 12. Februar erhielten sie ein Schreiben mit der Aufforderung, sich vier Tage später in der Zeughausstraße einzufinden. Sie wussten: Das bedeutete die Verschleppung in eines der KZs, in denen die Deutschen Millionen Juden ermordeten.
Foto: privat
Die Häftlinge im Vernichtungslager Auschwitz waren zwei Wochen zuvor, am 27. Januar 1945, durch die Rote Armee befreit worden. Die Kriegsniederlage konnten die Deutschen längst nicht mehr abwenden; dennoch führten die Nationalsozialisten den Massenmord an Juden, Sinti und Roma, politischen Häftlingen, Homosexuellen, Kranken und Behinderten fort.
Foto: United Archives International / imago images
Piloten der britischen, kanadischen und amerikanischen Luftwaffe warfen in der Nacht des 13. Februar 1945 sowie bei Tagesangriffen am 14. und 15. Februar Bomben über Dresden ab. Das Foto zeigt amerikanische B-17-Flugzeuge, die eine Woche zuvor deutsche Kommunikationsstützpunkte bei Chemnitz in der Nähe von Dresden angriffen.
Foto: AP
Die Brandbomben entfachten in Dresden, als »Elbflorenz« bekannt, einen Feuersturm. Etwa 25.000 Menschen starben beim Bombardement. Zu diesem Ergebnis kam eine Expertenkommission, die 2008 ihre jahrelange Arbeit beendete.
Henny (Foto) und ihre Mutter hatten im Inferno von Dresden vor allem einen Gedanken: dass dieser Angriff das Tor zum Überleben für die Juden in der Stadt aufstieß. Den Judenstern hatten sie von der Kleidung gelöst und in ihren Schuhen versteckt. Im Chaos fand die Familie ein Versteck für die letzten Kriegsmonate in einer leer stehenden Wohnung.
Foto: privat
Dieses Foto zeigt, wie aus den Trümmern geborgene Leichen auf dem Altmarkt zur Verbrennung gesammelt werden. Die Luftangriffe im Februar 1945 sind ein bis heute umstrittenes Kapitel des Zweiten Weltkriegs. Die Alliierten versuchten, den Krieg zu beenden. Begonnen hatten ihn die Deutschen. Es war die deutsche Wehrmacht, die mit dem zerstörerischen Luftkrieg begann, als das Sturzkampfgeschwader 76 gleich am ersten Kriegstag, dem 1. September 1939, die schutzlose polnische Kleinstadt Wielun dem Erdboden gleichmachte. Es war die deutsche Luftwaffe, die zuvor schon Guernica, danach Städte wie Coventry, London oder Rotterdam bombardierte. Und es war die deutsche Bevölkerung, die dem Hitler-Regime bis zuletzt die Treue hielt.
Zerbombte Stadt: Menschen suchten in den Ruinen nach Brennholz, Möbeln und Lebensmitteln.
Foto: LEONE / ullstein bild
Blick auf das fast völlig zerstörte Stadtzentrum von Dresden: Von der einst so beeindruckenden barocken Pracht blieben nur noch Fassaden, Schutt und Asche.
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Ruine des Zwingers: Auch ein Jahr nach den Bombardierungen 1945 lag der Dresdner Zwinger – eines der kulturellen Wahrzeichen der Stadt – noch in Trümmern.
Foto: James Pringle / AP
Nach dem Inferno: Die Dresdner, im Vordergrund das Ehepaar Gustav, 76, und Alma Piltz, 72, machten sich nach den Luftangriffen an die Beseitigung der Trümmer.
Für Henny Brenner bedeutete das Bombardement von Dresden ihre Rettung. Erst etwa ein halbes Jahrhundert danach konnte sie darüber sprechen, was sie erlebte. Das Foto zeigt Henny Brenner mit ihrem Sohn Michael, Professor für Jüdische Geschichte und Kultur in München, bei einer Lesung in Baltimore 2010.
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Als alte Dame ging Henny Brenner unermüdlich in Schulen und Bildungseinrichtungen, um vor Jugendlichen als Zeitzeugin aufzutreten. Über ihr Leben in Dresden und die Bombenangriffe erzählte sie auch in ihrem Buch »Das Lied ist aus« sowie im Hörbuch »Nichts gewusst?! Sie haben uns doch gesehen mit dem gelben Stern!«
Foto: Max Korndörfer
2014 erhielt Henny Brenner für ihre Aufklärungsarbeit den Sächsischen Verdienstorden. Auf diesem Foto ist sie mit ihren Söhnen Leonhard und Michael Brenner, dem Landtagsabgeordneten Martin Modschiedler und Ministerpräsident Stanislaw Tillich zu sehen. Henny Brenner verstarb im Mai 2020.