"Entweder der Film fliegt raus oder ich fliege heim" - der Berlinale-Eklat
Filmskandal 1970
Als ein bayerisches Vietnam die Berlinale sprengte
Sein Antikriegsfilm "o.k." führte vor 50 Jahren zum ersten und einzigen Abbruch der Berlinale. Hier spricht Regisseur Michael Verhoeven über verbohrte Lügner und poetische Ärzte.
Fünf GIs langweilen sich im Wald. Bis ein Mädchen auf einem Rad vorbeifährt. Es wird angehalten, betatscht, vergewaltigt. Und ermordet. Nur einer der Soldaten macht nicht mit, kann die Untat aber auch nicht verhindern. Sein Captain befiehlt ihm zu schweigen. Die Täter werden später verurteilt, die Urteile jedoch in Berufungsverfahren immer weiter abgemildert.
Michael Verhoevens verstörendes Schwarz-Weiß-Opus "o.k." beruht auf einem realen Kriegsverbrechen: Am 18. November 1966 verschleppten vier GIs einer Patrouille die junge Südvietnamesin Phan Thi Mao, vergewaltigten sie stundenlang und ermordeten sie am nächsten Morgen. Der fünfte Soldat versuchte über Wochen vergebens, das Verbrechen zu melden. Der Fall wurde erst aufgerollt, als er sich einem Militärkaplan anvertraute.
Regisseur Verhoeven holte das Thema Vietnamkrieg nach Deutschland, indem er die Handlung nach Bayern verlegte. Wegen der Kontroverse um "o.k." wurde die Berlinale 1970 abgebrochen - einmalig in der Geschichte des Filmfestes. Am Freitagabend wird "o.k." im Rahmen der Berlinale erneut aufgeführt, viele damals Beteiligten werden sich wiedertreffen. Im Zentrum: Regisseur Michael Verhoeven, 81 Jahre alt, verheiratet mit der Schauspielerin Senta Berger.
SPIEGEL: Bei der Berlinale 1970 wurden keinerlei Preise vergeben, Ihr Film "o.k." führte zum Aus des Filmfestivals.
Verhoeven: Stimmt nicht ganz. Die Berlinale ging nicht an meinem Film zugrunde, sondern an den Lügen des Dr. Bauer. Der Festivaldirektor hatte alle getäuscht. Als das rauskam, zogen die Regisseure ihre Filme aus Protest zurück.
SPIEGEL: Bitte erklären Sie das genauer.
Verhoeven: Als "o.k." am 30. Juni 1970 im Zoopalast gezeigt wurde, waren die Zuschauer begeistert. Die vor allem jungen, gegen den Vietnamkrieg eingestellten Menschen haben den Film enthusiastisch gefeiert. Beseelt von unserem Erfolg wollte ich am Abend mit den Schauspielern essen gehen. Doch in der Brasserie wies man uns ab mit den Worten: "Hier kommen Sie nicht rein."
SPIEGEL: Warum?
Verhoeven: Es stellte sich raus, dass das Restaurant dem Filmemacher Manfred Durniok gehörte, einem Jury-Mitglied der Berlinale, er hatte meinen Film wutschnaubend verlassen. Eine Cutterin beobachtete die Szene vor dem Restaurant und steckte mir die Information zu, dass etwas gegen "o.k." im Gange sei. Wie wir erfuhren, lehnte der Jury-Präsident, "Giganten"-Regisseur George Stevens, den Film als antiamerikanisch ab. Ein Missverständnis.
SPIEGEL: "o.k." ist eindeutig ein Film gegen den Vietnamkrieg.
Verhoeven: Ja, aber doch nicht antiamerikanisch! Es ging nicht nur um die USA, sondern auch um die Deutschen, um unsere viel zu gleichgültige Haltung zu diesem Krieg. Im SPIEGEL las ich vom Verbrechen an der jungen Südvietnamesin und machte ein Theaterstück daraus. Das habe ich dann fast 1:1 verfilmt, nach elf Drehtagen waren wir fertig. Ich habe das Thema bewusst in den Grünwalder Forst südlich von München verlegt, wo ich lebe, alle Schauspieler sprechen Bayerisch.
SPIEGEL: George Stevens wollte "o.k." dennoch verhindern.
Verhoeven: "Entweder der Film fliegt raus oder ich fliege heim", drohte er der Berlinale-Leitung. Das erzählte uns Jury-Mitglied Dušan Makavejev, ein serbischer Regisseur und Befürworter von "o.k.". Wir konfrontierten Bauer am Morgen nach der Aufführung des Films damit, ohne freilich Makavejev bloßzustellen. Doch Bauer leugnete alles.
SPIEGEL: Wieso log er?
Verhoeven: Bauer wollte einen Eklat innerhalb der Jury vermeiden. Es kam zu Dutzenden Pressemitteilungen, die ganze Stadt war im Aufruhr. Vietnam war ein Aufreger wie derzeit das Klima, ein Thema, das alle bewegte. Auch die Filmfestspiele in Cannes platzten ja im Mai 1968 wegen Vietnam, überall gärte es.
Foto: Houwer-Film/ ddp images
Fotostrecke
"Entweder der Film fliegt raus oder ich fliege heim" - der Berlinale-Eklat
SPIEGEL: In Frankreich forderten die Regisseure den Festspiel-Abbruch, um ihre Solidarität mit den demonstrierenden Arbeitern und Studenten kundzutun. In Berlin 1970 indes wurden Sie von wildfremden Menschen angefeindet, als "Kommunist" beschimpft, bespuckt.
Verhoeven: Es ging ja nicht gegen mich, sondern gegen einen, der vermeintlich Amerika angreift. Gerade in der geteilten Stadt Berlin waren viele der Meinung: Die Amerikaner haben so viel für uns getan. Denken Sie etwa an die Luftbrücke.
SPIEGEL: Wie ging der Streit weiter?
Verhoeven: Wir warfen der Festivalleitung Täuschung vor, die bezichtigte uns der Lüge. Es stand Wort gegen Wort. Schließlich outete sich unser Informant Makavejev und bestätigte per Telegramm unsere Vorwürfe. Die Stimmung in diesem großen Saal nach der Verlesung des Telegramms war einfach wunderschön. Fremde Menschen lagen sich in den Armen, man hatte das Gefühl: Endlich kommt die Wahrheit ans Licht!
SPIEGEL: Die überführte Festivalleitung trat zurück, die Regisseure zogen ihre Filme zurück - die Berlinale war am Ende.
Verhoeven: Was auch sein Gutes hatte. Endlich wurde diskutiert, das veraltete Konzept der Berlinale infrage gestellt. Und das Internationale Forum des Jungen Films gegründet, eine gleichberechtigte Parallelveranstaltung, offener für das innovative, politisch-provokante Kino.
SPIEGEL: Im Januar 2020 schrieb die "Zeit" über die Position Bauers im NS-Machtapparat. Die Berlinale gab daraufhin ein Gutachten in Auftrag, um die Rolle ihres Gründungsdirektors näher zu erforschen, zudem will man den nach Bauer benannten Preis aussetzen. Hat seine SA-Vergangenheit Sie überrascht?
Verhoeven: Nein, das ist eine schöne Pointe, geradezu filmreif (lacht). Überrascht hat mich, dass Bauer so lange durchkam mit seiner erlogenen Biografie. Das ist nur möglich, wenn man Getreue hat, die einen decken. Nach 1945 gab es viele Nazis in wichtigen Funktionen, nicht nur in der Filmbranche. Das "Dritte Reich" war erst mit der Studentenbewegung so richtig am Ende.
SPIEGEL: Auch Ihr Vater, der Schauspieler und Regisseur Paul Verhoeven, war zwischen 1933 und 1945 für den deutschen Film tätig.
Verhoeven: Er galt als Komödienspezialist, der für Propagandafilme nicht infrage kam - es fiel nicht einmal unangenehm auf, dass er nicht in die Partei eintrat. Allerdings hatte ich in den Fünfzigerjahren Auseinandersetzungen mit meinem Vater. Ich hielt ihm vor, dass er auch mit den harmlosen und geistreichen Komödien, die ihn vor einem Mitmachen bewahrt haben, das Nazisystem nicht infrage gestellt, sondern indirekt unterstützt habe.
SPIEGEL: Ihr Vater war empört, als Sie den Wunsch äußerten, Medizin zu studieren. Wieso?
"Du hast doch dieses Talent", sagte mein Vater, "das bist du dem doch schuldig!"
Verhoeven: Mein Vater, meine Mutter, meine Schwester, mein damaliger Schwager Mario Adorf, alle in meinem Umfeld hatten mit dem Schauspielberuf zu tun. Ich wollte aber noch suchen, meinen eigenen Weg gehen. Es kam zu einer großen Krise in der Familie.
SPIEGEL: Und Sie sind zurückgekehrt zum Film.
Verhoeven: Na ja, bis Ende 1972 habe ich ja beides gleichzeitig gemacht, noch während der Olympischen Spiele in München war ich als Notarzt im Einsatz. Ich war auch 1969 ein halbes Jahr lang als Mediziner in Hollywood tätig, während Senta mit Orson Welles gedreht hat, eine herrliche Zeit. Allerdings war ich verwundert, dass der Vietnamkrieg damals kaum ein Thema war im Alltag. Im US-Fernsehen kam der Krieg so gut wie nicht vor, meine Arztkollegen waren nicht sehr informiert.
SPIEGEL: Parallel zu Ihrer Tätigkeit als Mediziner drehten Sie 1969 bereits ein erstes Anti-Vietnam-Statement.
Verhoeven: Der absurde Streit über die Form des Verhandlungstisches verzögerte 1969 die Vietnam-Gespräche in Paris. Ich sah das als zynisch an und machte spontan den Kurzfilm "Tische".
SPIEGEL: Was haben Ärzte und Filmemacher gemeinsam?
Verhoeven: Beides sind die Berufe von Suchenden, beide erfordern eine große Passion. Sie blicken in die Seele und ins tägliche Leben der Menschen. Denken Sie an all die schriftstellerisch tätigen Ärzte: Arthur Schnitzler, Anton Tschechow, Alfred Döblin, Georg Büchner - und natürlich der gute alte Friedrich Schiller.
SPIEGEL: "o.k." war nicht der einzige Film, mit dem Sie für Schlagzeilen sorgten. "Die weiße Rose" wurde 1982 sogar fürs Ausland verboten.
Verhoeven: In meinem bewusst provokanten Nachspann griff ich den Skandal auf, dass der Bundesgerichtshof die Verurteilung der Widerstandsgruppe Weiße Rose durch den sogenannten Volksgerichtshof nie revidiert hat. Das nahmen mir einige Eliten als Angriff auf ein Verfassungsorgan übel. Das Auswärtige Amt und das Justizministerium griffen ein, der Film wurde fürs Ausland verboten. Im Bundestag wurde gelogen, bis Menschen aus dem Familienumfeld der Weißen Rose bei Außenminister Genscher protestierten. Die SPD brachte eine Entschließung für meinen Film ein, am 25. Januar 1985 erklärte der Bundestag endlich, dass der Volksgerichtshof kein ordentliches Gericht war, sondern ein Terrorinstrument in juristischer Hülle.
SPIEGEL: Die NS-Diktatur und deren Verdrängung gehört zu Ihren großen, immer wiederkehrenden Themen.
Verhoeven: Allerdings konnte ich ganz aktuell ein mir sehr wichtiges Kinoprojekt dazu nicht realisieren, an dem ich zehn Jahre gearbeitet habe. Die Geschichte spielt 1944 in Budapest und schildert, was dort nach dem deutschen Einmarsch mit einem jüdischen Mädchen passierte. Vorlage war der US-Bestseller von Magda Denes, eine Autobiografie namens "Brennende Schlösser".
SPIEGEL: Woran ist die Verfilmung gescheitert?
Verhoeven: Im Ausland gab es ein großes Interesse an Kooperationen - in den Redaktionen der deutschen TV-Anstalten jedoch hielt man das Thema offenbar für auserzählt. Und weil Projekte fürs Kino ohne Beteiligung eines Senders nicht förderungswürdig sind, hatten wir nicht genug finanzielle Mittel.
SPIEGEL: Weil man des NS-Themas überdrüssig war?
Verhoeven: Genau. Aber die Beschäftigung mit der deutschen Geschichte wird nie zu Ende sein, darf nie zu Ende sein. Denn das würde ja heißen, dass man das Thema verleugnet. Woran ja gerade in letzter Zeit eine wachsende Anzahl von Menschen in diesem Land ein starkes Interesse haben. Das ist fatal.
SPIEGEL: Zeit für einen neuen Verhoeven-Film?
Verhoeven: (lacht) Ja, wahrscheinlich muss ich mich da noch mal einmischen.
20 Bilder"Entweder der Film fliegt raus oder ich fliege heim" - der Berlinale-Eklat
1 / 20
Grauenvolles Kriegsverbrechen: Michael Verhoeven führte bei "o.k." Regie und spielte auch mit - als Soldat Sven (Szenenfoto). Der Film von 1970 handelt von einer wahren Begebenheit: Im November 1966 verschleppten, vergewaltigten und ermordeten vier US-Soldaten einer Patrouille die junge Südvietnamesin Phan Thi Mao. Ein fünfter GI versuchte wochenlang, die Tat zu melden, stieß bei seinem Hauptmann aber auf Gleichgültigkeit. Der Fall wurde erst aufgerollt, als er sich einem Militärkaplan anvertraute. Das Militärgericht in Vietnam verhängte zunächst harte Strafen, die aber in späteren US-Berufungsverfahren deutlich abgemildert wurden. Schon Ende 1969 kam einer der Täter laut SPIEGEL wieder auf freien Fuß.
Foto: Houwer-Film/ ddp images
2 / 20
Überragende Eva Mattes: Die Schauspielerin (hier in "o.k." mit Friedrich von Thun, Hartmut Becker und Wolfgang Fischer) war erst 15, als der Film gedreht wurde. Der spätere Zadek-Star wurde aus rund 100 jungen Schauspielerinnen ausgewählt. "Sie war damals schon unglaublich weit", erinnert sich Michael Verhoeven im SPIEGEL-Interview. Ihn wunderte überhaupt nicht, dass Mattes eine so große Theaterkarriere machte.
Foto: Houwer-Film/ ddp images
3 / 20
"Wenn ihr sie killt" - so hieß im Dezember 1969 die SPIEGEL-Titelgeschichte zu US-Kriegsverbrechen in Vietnam. Das Magazin berichtete unter anderem über die Vergewaltigung und Ermordung der jungen Vietnamesin durch vier amerikanische Soldaten 1966. Regisseur Verhoeven nahm das hier geschilderte Kriegsverbrechen zum Anlass, zuerst ein Theaterstück und dann einen Film zu machen.
Foto: DER SPIEGEL
4 / 20
"Nicht antiamerikanisch": Seinen Film "o.k." (Szenenfoto mit Ewald Prechtl und Hartmut Becke) will Regisseur nicht als einseitige Kritik an Amerika missverstanden wissen - vielmehr ging es ihm auch um die Deutschen und ihre Gleichgültigkeit, mit der sie den Vietnamkrieg in der allabendlichen TV-Berichterstattung zur Kenntnis nahmen.
Foto: Houwer-Film/ ddp images
5 / 20
Frisch verliebt: Jung, strahlend, glücklich - Senta Berger und Michael Verhoeven. Das Paar ist seit mittlerweile 53 Jahren skandalfrei verheiratet. Ein Rezept für dauerhaftes Glück habe er nicht parat, verriet Verhoeven im Interview - er habe einfach die richtige Wahl getroffen.
Foto: Giancarlo Botti/ Gamma-Rapho/ Getty Images
6 / 20
Die stolze "o.k."-Crew: Vier Schauspieler des Films am 30. Juni 1970 bei der Uraufführung des Films "o.k." im Berliner Kino Zoo Palast, von links: Friedrich Thun, Eva Mattes, Wolfgang Fischer und Hartmut Becker. Vom überwiegend jungen Publikum wurde der Film begeistert gefeiert.
Foto: Ludwig Binder/ ullstein bild
7 / 20
Blamierte Berlinale-Leitung: Nach massiven Protesten legte die Jury der 20. Internationalen Filmfestspiele in Berlin ihre Arbeit nieder. Das Foto zeigt (von links): Festspielgeschäftsführer Walther Schmieding, Jurymitglied Gunnar Oldin (Schweden), Jurymitglied David Neves (Brasilien), eine Dolmetscherin, die Jurymitglieder Dusan Makavejev (Jugoslawien), Alberto Lattuada (Italien) und Manfred Durniok (Deutschland) sowie den Geschäftsführer der Jury Edmund Luft bei einer Pressekonferenz am 6. Juli 1970 im Rathaus Schöneberg in Berlin.
Foto: Chris Hoffmann/ DPA
8 / 20
Vergrällter Falke: "Entweder der Film fliegt raus oder ich fliege heim", drohte der amerikanische Berlinale-Jurypräsident George Stevens (Foto von 1951). Er wollte "o.k." 1970 unbedingt verhindern und drohte mit seiner Abreise. Um den Regisseur von "Giganten" gnädig zu stimmen, gab die Jury Verhoevens Film an die Auswahlkommission zurück. Sie sollte die Wettbewerbsteilnahme von "o.k." prüfen: Eingereicht werden durften laut Berlinale-Statuten nur Filme, die der Völkerverständigung dienen.
Foto: Kurt Hutton/ Picture Post/ Hulton Archive/ Getty Images
9 / 20
"Die ganze Stadt war in Aufruhr": Die Protagonisten des Berlinale-Skandals von 1970 - Regisseur Michael Verhoeven, "o.k."-Produzent Rob Houwer und Festivaldirektor Alfred Bauer (von links). Dass Bauer, wie jüngst berichtet, eine Rolle im NS-Apparat gespielt hat, wundert Verhoeven nicht: "Überrascht hat mich, dass Bauer so lange durchkam mit seiner erlogenen Biografie."
Foto: Ludwig Binder/ ullstein bild
10 / 20
Komplizierter Filmkuss: Senta Berger und Michael Verhoeven (hier 1971 bei der Berlinale) lernten sich 1963 am Set des Films "Jack und Jenny" kennen. Verhoeven nahm die Rolle damals aus Geldnot an und brachte es zunächst schier nicht über sich, Berger - wie im Drehbuch vorgeschrieben - überfallartig zu küssen. Was ihm dann aber doch noch gelang.
Foto: Ludwig Binder/ ullstein bild
11 / 20
Und wieder führt Vietnam zum Eklat: Als 1979 Michael Ciminos Antikriegsfilm "The Deer Hunter" ("Die durch die Hölle gehen") auf der Berlinale gezeigt wurde (Szenenfoto mit Robert De Niro), zog der Chef der sowjetischen Delegation alle seine Filme vom Festival zurück, die anderen Ostblockländer folgten. In "The Deer Hunter" foltert der Vietcong seine gefangenen Soldaten, indem er sie zwingt, "Russisches Roulette" gegeneinander zu spielen. Die Sowjet-Delegierten sahen darin eine Beleidigung des vietnamesischen Volkes. Die "Oscar"-Jury sah es anders - und vergab 1979 fünf Goldjungen.
Foto: EMI Films/ interTOPICS/ mptv/ ddp images
12 / 20
Zu Unrecht unter Plagiat-Verdacht: 1989 inszenierte US-Regisseur Brian De Palma unter dem Titel "Casualties of War" eine weitere Filmversion des historischen Kriegsverbrechens an der jungen Südvietnamesin Phan Thi Mao (auf dem Szenenfoto von links: Michael J. Fox, Thuy Thu Le und Sean Penn). Verhoeven wurde in diesem Zusammenhang wegen angeblichen Plagiats auf eine Million Dollar verklagt; es ging um eine Zeitschriftenveröffentlichung 1969 und ein Buch 1970, in dem Autor Daniel Lang das Verbrechen schilderte. Verhoeven ging ganz entspannt zum Gerichtstermin, unterm Arm das datierte Skript seines Theaterstücks von 1970. Glaubhaft konnte der Regisseur versichern, dass er die Idee zu seinem Film "o.k." nicht geklaut hatte.
Foto: Columbia Pictures/ Everett Collection/ ddp images
13 / 20
Sinnloser Stellvertreterkrieg: Der Vietnamkrieg währte von 1954 bis 1975. Das kommunistische Nordvietnam wurde von China und der Sowjetunion unterstützt, Südvietnam von den USA, die 1964 auch offiziell Kriegspartei wurden. Insgesamt starben knapp 60.000 US-Soldaten. Was die getöteten vietnamesischen Soldaten und Zivilisten angeht, so existieren keine konkreten Zahlen - die Schätzungen reichen von einer bis zu fünf Millionen Toten. Das Foto von etwa 1968 zeigt Vietcong-Soldaten.
Foto: Three Lions/ Hulton Archive/ Getty Images
14 / 20
Nationales Trauma: "Ich glaube, dies könnte als eine der größten Stunden in Amerikas Geschichte eingehen", sagte US-Präsident Richard Nixon am 30. Juli 1969 in Saigon über den Vietnamkrieg. Genau das Gegenteil war der Fall: Trotz seiner militärischen und politischen Größe musste das Land erstmals im 20. Jahrhundert eine Niederlage einstecken und zerfiel politisch in tief verfeindete Lager. Das Foto zeigt einen US-Hubschrauber 1967 nahe der südostvietnamesischen Hafenstadt Phan Tiet.
Foto: U.S. Army/ Hulton Archive/ Getty Images
15 / 20
"Die weiße Rose": 1982 verfilmte Michael Verhoeven die Geschichte von Widerstand und Ermordung der Studentengruppe um die Geschwister Hans und Sophie Scholl (Szenenfoto mit Wolf Kessler und Lena Stolze). Im Abspann war zu lesen: "Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes bestehen die Urteile gegen die Weiße Rose zu Recht. Sie bestehen noch immer." Damit wollte Verhoeven den Skandal thematisieren, dass der Bundesgerichtshof die Urteile des NS-Volksgerichtshofs nicht anzweifelte. Daraufhin protestierte das Auswärtige Amt, der Film wurde im Ausland verboten. 1985 schließlich erklärte der Bundestag, dass der Volksgerichtshof kein ordentliches Gericht war.
Foto: Central Cinema Company Film/ ddp images
16 / 20
"Mutters Courage": Wolfgang Gasser, Pauline Collins und Eddi Arent im Film von Michael Verhoeven (1994/95). Das Drama basiert auf der gleichnamigen Erzählung von George Tabori, dessen Vater Cornelius in Ausschwitz ermordet wurde, während Mutter Elsa der Deportation durch Zufall entging und überlebte. Tabori spielte im Film von Verhoeven sich selbst - den historischen George.
Foto: Mary Evans/ imago images
17 / 20
Partner-Produkt: Er führte Regie, sie übernahm die Hauptrolle - ab 1989 war im ZDF die TV-Serie "Die schnelle Gerdi" von Regisseur Michael Verhoeven zu sehen. Das Szenenfoto zeigt die rasante Münchner Taxifahrerin Gerdi Angerpointner (Senta Berger) in Folge Nummer drei beim Alkoholtest. Produziert wurde die Serie von der 1965 gegründeten Sentana Filmproduktion, an der Michael Verhoeven und Ehefrau Senta Berger ebenso beteiligt sind wie Sohn Simon Verhoeven.
Foto: Sentana Filmproduktion/ ddp images
18 / 20
Wider das Verdrängen: 1989 verfilmte Michael Verhoeven mit der Satire "Das schreckliche Mädchen" erneut einen echten Fall, der sich im bayerischen Passau ereignete (das Szenenfoto zeigt Robert Giggenbach und Lena Stolze). Eine Klosterschülerin befasst sich mit der Rolle ihrer Heimatstadt im "Dritten Reich" - und stößt auf eine Mauer des Schweigens und der Gegenwehr. "Die Beschäftigung mit der deutschen Geschichte wird nie zu Ende sein, darf nie zu Ende sein. Denn das würde ja heißen, dass man das Thema verleugnet", sagt Verhoeven im Interview.
Foto: Sentana Filmproduktion/ ddp images
19 / 20
"Willkommen bei den Hartmanns": Die humorig-hintergründige Flüchtlingskomödie (im Szenenfoto: Senta Berger als Angelika und Eric Kabongo als Diallo) kam 2016 in die Kinos. Regie führte Simon Verhoeven, der Sohn von Michael Verhoeven und Senta Berger, - Michael Verhoeven war als Produzent dabei.
Foto: Warner Bros. Ent./ DPA
20 / 20
Cineasten-Familie: Durch die Filmleidenschaft vereint - Schauspielerin Senta Berger mit ihrem Ehemann Michael Verhoeven sowie ihren ebenfalls in der Branche tätigen Söhnen Simon (rechts) und Luca Verhoeven (links) bei der Verleihung des Bayerischen Filmpreises 2016 in München.
Foto: Gisela Schober/ German Select/ Getty Images
Grauenvolles Kriegsverbrechen: Michael Verhoeven führte bei "o.k." Regie und spielte auch mit - als Soldat Sven (Szenenfoto). Der Film von 1970 handelt von einer wahren Begebenheit: Im November 1966 verschleppten, vergewaltigten und ermordeten vier US-Soldaten einer Patrouille die junge Südvietnamesin Phan Thi Mao. Ein fünfter GI versuchte wochenlang, die Tat zu melden, stieß bei seinem Hauptmann aber auf Gleichgültigkeit. Der Fall wurde erst aufgerollt, als er sich einem Militärkaplan anvertraute. Das Militärgericht in Vietnam verhängte zunächst harte Strafen, die aber in späteren US-Berufungsverfahren deutlich abgemildert wurden. Schon Ende 1969 kam einer der Täter laut SPIEGEL wieder auf freien Fuß.
Foto: Houwer-Film/ ddp images
Überragende Eva Mattes: Die Schauspielerin (hier in "o.k." mit Friedrich von Thun, Hartmut Becker und Wolfgang Fischer) war erst 15, als der Film gedreht wurde. Der spätere Zadek-Star wurde aus rund 100 jungen Schauspielerinnen ausgewählt. "Sie war damals schon unglaublich weit", erinnert sich Michael Verhoeven im SPIEGEL-Interview. Ihn wunderte überhaupt nicht, dass Mattes eine so große Theaterkarriere machte.
Foto: Houwer-Film/ ddp images
"Wenn ihr sie killt" - so hieß im Dezember 1969 die SPIEGEL-Titelgeschichte zu US-Kriegsverbrechen in Vietnam. Das Magazin berichtete unter anderem über die Vergewaltigung und Ermordung der jungen Vietnamesin durch vier amerikanische Soldaten 1966. Regisseur Verhoeven nahm das hier geschilderte Kriegsverbrechen zum Anlass, zuerst ein Theaterstück und dann einen Film zu machen.
Foto: DER SPIEGEL
"Nicht antiamerikanisch": Seinen Film "o.k." (Szenenfoto mit Ewald Prechtl und Hartmut Becke) will Regisseur nicht als einseitige Kritik an Amerika missverstanden wissen - vielmehr ging es ihm auch um die Deutschen und ihre Gleichgültigkeit, mit der sie den Vietnamkrieg in der allabendlichen TV-Berichterstattung zur Kenntnis nahmen.
Foto: Houwer-Film/ ddp images
Frisch verliebt: Jung, strahlend, glücklich - Senta Berger und Michael Verhoeven. Das Paar ist seit mittlerweile 53 Jahren skandalfrei verheiratet. Ein Rezept für dauerhaftes Glück habe er nicht parat, verriet Verhoeven im Interview - er habe einfach die richtige Wahl getroffen.
Foto: Giancarlo Botti/ Gamma-Rapho/ Getty Images
Die stolze "o.k."-Crew: Vier Schauspieler des Films am 30. Juni 1970 bei der Uraufführung des Films "o.k." im Berliner Kino Zoo Palast, von links: Friedrich Thun, Eva Mattes, Wolfgang Fischer und Hartmut Becker. Vom überwiegend jungen Publikum wurde der Film begeistert gefeiert.
Foto: Ludwig Binder/ ullstein bild
Blamierte Berlinale-Leitung: Nach massiven Protesten legte die Jury der 20. Internationalen Filmfestspiele in Berlin ihre Arbeit nieder. Das Foto zeigt (von links): Festspielgeschäftsführer Walther Schmieding, Jurymitglied Gunnar Oldin (Schweden), Jurymitglied David Neves (Brasilien), eine Dolmetscherin, die Jurymitglieder Dusan Makavejev (Jugoslawien), Alberto Lattuada (Italien) und Manfred Durniok (Deutschland) sowie den Geschäftsführer der Jury Edmund Luft bei einer Pressekonferenz am 6. Juli 1970 im Rathaus Schöneberg in Berlin.
Foto: Chris Hoffmann/ DPA
Vergrällter Falke: "Entweder der Film fliegt raus oder ich fliege heim", drohte der amerikanische Berlinale-Jurypräsident George Stevens (Foto von 1951). Er wollte "o.k." 1970 unbedingt verhindern und drohte mit seiner Abreise. Um den Regisseur von "Giganten" gnädig zu stimmen, gab die Jury Verhoevens Film an die Auswahlkommission zurück. Sie sollte die Wettbewerbsteilnahme von "o.k." prüfen: Eingereicht werden durften laut Berlinale-Statuten nur Filme, die der Völkerverständigung dienen.
Foto: Kurt Hutton/ Picture Post/ Hulton Archive/ Getty Images
"Die ganze Stadt war in Aufruhr": Die Protagonisten des Berlinale-Skandals von 1970 - Regisseur Michael Verhoeven, "o.k."-Produzent Rob Houwer und Festivaldirektor Alfred Bauer (von links). Dass Bauer, wie jüngst berichtet, eine Rolle im NS-Apparat gespielt hat, wundert Verhoeven nicht: "Überrascht hat mich, dass Bauer so lange durchkam mit seiner erlogenen Biografie."
Foto: Ludwig Binder/ ullstein bild
Komplizierter Filmkuss: Senta Berger und Michael Verhoeven (hier 1971 bei der Berlinale) lernten sich 1963 am Set des Films "Jack und Jenny" kennen. Verhoeven nahm die Rolle damals aus Geldnot an und brachte es zunächst schier nicht über sich, Berger - wie im Drehbuch vorgeschrieben - überfallartig zu küssen. Was ihm dann aber doch noch gelang.
Foto: Ludwig Binder/ ullstein bild
Und wieder führt Vietnam zum Eklat: Als 1979 Michael Ciminos Antikriegsfilm "The Deer Hunter" ("Die durch die Hölle gehen") auf der Berlinale gezeigt wurde (Szenenfoto mit Robert De Niro), zog der Chef der sowjetischen Delegation alle seine Filme vom Festival zurück, die anderen Ostblockländer folgten. In "The Deer Hunter" foltert der Vietcong seine gefangenen Soldaten, indem er sie zwingt, "Russisches Roulette" gegeneinander zu spielen. Die Sowjet-Delegierten sahen darin eine Beleidigung des vietnamesischen Volkes. Die "Oscar"-Jury sah es anders - und vergab 1979 fünf Goldjungen.
Foto: EMI Films/ interTOPICS/ mptv/ ddp images
Zu Unrecht unter Plagiat-Verdacht: 1989 inszenierte US-Regisseur Brian De Palma unter dem Titel "Casualties of War" eine weitere Filmversion des historischen Kriegsverbrechens an der jungen Südvietnamesin Phan Thi Mao (auf dem Szenenfoto von links: Michael J. Fox, Thuy Thu Le und Sean Penn). Verhoeven wurde in diesem Zusammenhang wegen angeblichen Plagiats auf eine Million Dollar verklagt; es ging um eine Zeitschriftenveröffentlichung 1969 und ein Buch 1970, in dem Autor Daniel Lang das Verbrechen schilderte. Verhoeven ging ganz entspannt zum Gerichtstermin, unterm Arm das datierte Skript seines Theaterstücks von 1970. Glaubhaft konnte der Regisseur versichern, dass er die Idee zu seinem Film "o.k." nicht geklaut hatte.
Foto: Columbia Pictures/ Everett Collection/ ddp images
Sinnloser Stellvertreterkrieg: Der Vietnamkrieg währte von 1954 bis 1975. Das kommunistische Nordvietnam wurde von China und der Sowjetunion unterstützt, Südvietnam von den USA, die 1964 auch offiziell Kriegspartei wurden. Insgesamt starben knapp 60.000 US-Soldaten. Was die getöteten vietnamesischen Soldaten und Zivilisten angeht, so existieren keine konkreten Zahlen - die Schätzungen reichen von einer bis zu fünf Millionen Toten. Das Foto von etwa 1968 zeigt Vietcong-Soldaten.
Foto: Three Lions/ Hulton Archive/ Getty Images
Nationales Trauma: "Ich glaube, dies könnte als eine der größten Stunden in Amerikas Geschichte eingehen", sagte US-Präsident Richard Nixon am 30. Juli 1969 in Saigon über den Vietnamkrieg. Genau das Gegenteil war der Fall: Trotz seiner militärischen und politischen Größe musste das Land erstmals im 20. Jahrhundert eine Niederlage einstecken und zerfiel politisch in tief verfeindete Lager. Das Foto zeigt einen US-Hubschrauber 1967 nahe der südostvietnamesischen Hafenstadt Phan Tiet.
Foto: U.S. Army/ Hulton Archive/ Getty Images
"Die weiße Rose": 1982 verfilmte Michael Verhoeven die Geschichte von Widerstand und Ermordung der Studentengruppe um die Geschwister Hans und Sophie Scholl (Szenenfoto mit Wolf Kessler und Lena Stolze). Im Abspann war zu lesen: "Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes bestehen die Urteile gegen die Weiße Rose zu Recht. Sie bestehen noch immer." Damit wollte Verhoeven den Skandal thematisieren, dass der Bundesgerichtshof die Urteile des NS-Volksgerichtshofs nicht anzweifelte. Daraufhin protestierte das Auswärtige Amt, der Film wurde im Ausland verboten. 1985 schließlich erklärte der Bundestag, dass der Volksgerichtshof kein ordentliches Gericht war.
Foto: Central Cinema Company Film/ ddp images
"Mutters Courage": Wolfgang Gasser, Pauline Collins und Eddi Arent im Film von Michael Verhoeven (1994/95). Das Drama basiert auf der gleichnamigen Erzählung von George Tabori, dessen Vater Cornelius in Ausschwitz ermordet wurde, während Mutter Elsa der Deportation durch Zufall entging und überlebte. Tabori spielte im Film von Verhoeven sich selbst - den historischen George.
Foto: Mary Evans/ imago images
Partner-Produkt: Er führte Regie, sie übernahm die Hauptrolle - ab 1989 war im ZDF die TV-Serie "Die schnelle Gerdi" von Regisseur Michael Verhoeven zu sehen. Das Szenenfoto zeigt die rasante Münchner Taxifahrerin Gerdi Angerpointner (Senta Berger) in Folge Nummer drei beim Alkoholtest. Produziert wurde die Serie von der 1965 gegründeten Sentana Filmproduktion, an der Michael Verhoeven und Ehefrau Senta Berger ebenso beteiligt sind wie Sohn Simon Verhoeven.
Foto: Sentana Filmproduktion/ ddp images
Wider das Verdrängen: 1989 verfilmte Michael Verhoeven mit der Satire "Das schreckliche Mädchen" erneut einen echten Fall, der sich im bayerischen Passau ereignete (das Szenenfoto zeigt Robert Giggenbach und Lena Stolze). Eine Klosterschülerin befasst sich mit der Rolle ihrer Heimatstadt im "Dritten Reich" - und stößt auf eine Mauer des Schweigens und der Gegenwehr. "Die Beschäftigung mit der deutschen Geschichte wird nie zu Ende sein, darf nie zu Ende sein. Denn das würde ja heißen, dass man das Thema verleugnet", sagt Verhoeven im Interview.
Foto: Sentana Filmproduktion/ ddp images
"Willkommen bei den Hartmanns": Die humorig-hintergründige Flüchtlingskomödie (im Szenenfoto: Senta Berger als Angelika und Eric Kabongo als Diallo) kam 2016 in die Kinos. Regie führte Simon Verhoeven, der Sohn von Michael Verhoeven und Senta Berger, - Michael Verhoeven war als Produzent dabei.
Foto: Warner Bros. Ent./ DPA
Cineasten-Familie: Durch die Filmleidenschaft vereint - Schauspielerin Senta Berger mit ihrem Ehemann Michael Verhoeven sowie ihren ebenfalls in der Branche tätigen Söhnen Simon (rechts) und Luca Verhoeven (links) bei der Verleihung des Bayerischen Filmpreises 2016 in München.
Foto: Gisela Schober/ German Select/ Getty Images
Michael Verhoeven, Jahrgang 1938, stand mit 13 Jahren erstmals auf der Bühne - als "Anton" in Erich Kästners "Pünktchen und Anton". Der Sohn einer Theaterfamilie studierte Medizin und arbeitete bis Ende 1972 auch als Arzt. Sein Regiedebüt hatte er 1967 mit "Paarungen". Zu seinen wichtigsten Filmen zählen "Die weiße Rose" (1982), "Das schreckliche Mädchen" (1989) und "Mutters Courage" (1995). Seit 1966 ist Verhoeven mit Senta Berger verheiratet.
Foto: JENS SCHLUETER/EPA-EFE/REX
Grauenvolles Kriegsverbrechen: Michael Verhoeven führte bei "o.k." Regie und spielte auch mit - als Soldat Sven (Szenenfoto). Der Film von 1970 handelt von einer wahren Begebenheit: Im November 1966 verschleppten, vergewaltigten und ermordeten vier US-Soldaten einer Patrouille die junge Südvietnamesin Phan Thi Mao. Ein fünfter GI versuchte wochenlang, die Tat zu melden, stieß bei seinem Hauptmann aber auf Gleichgültigkeit. Der Fall wurde erst aufgerollt, als er sich einem Militärkaplan anvertraute. Das Militärgericht in Vietnam verhängte zunächst harte Strafen, die aber in späteren US-Berufungsverfahren deutlich abgemildert wurden. Schon Ende 1969 kam einer der Täter laut SPIEGEL wieder auf freien Fuß.
Foto: Houwer-Film/ ddp images
Überragende Eva Mattes: Die Schauspielerin (hier in "o.k." mit Friedrich von Thun, Hartmut Becker und Wolfgang Fischer) war erst 15, als der Film gedreht wurde. Der spätere Zadek-Star wurde aus rund 100 jungen Schauspielerinnen ausgewählt. "Sie war damals schon unglaublich weit", erinnert sich Michael Verhoeven im SPIEGEL-Interview. Ihn wunderte überhaupt nicht, dass Mattes eine so große Theaterkarriere machte.
Foto: Houwer-Film/ ddp images
"Wenn ihr sie killt" - so hieß im Dezember 1969 die SPIEGEL-Titelgeschichte zu US-Kriegsverbrechen in Vietnam. Das Magazin berichtete unter anderem über die Vergewaltigung und Ermordung der jungen Vietnamesin durch vier amerikanische Soldaten 1966. Regisseur Verhoeven nahm das hier geschilderte Kriegsverbrechen zum Anlass, zuerst ein Theaterstück und dann einen Film zu machen.
Foto: DER SPIEGEL
"Nicht antiamerikanisch": Seinen Film "o.k." (Szenenfoto mit Ewald Prechtl und Hartmut Becke) will Regisseur nicht als einseitige Kritik an Amerika missverstanden wissen - vielmehr ging es ihm auch um die Deutschen und ihre Gleichgültigkeit, mit der sie den Vietnamkrieg in der allabendlichen TV-Berichterstattung zur Kenntnis nahmen.
Foto: Houwer-Film/ ddp images
Frisch verliebt: Jung, strahlend, glücklich - Senta Berger und Michael Verhoeven. Das Paar ist seit mittlerweile 53 Jahren skandalfrei verheiratet. Ein Rezept für dauerhaftes Glück habe er nicht parat, verriet Verhoeven im Interview - er habe einfach die richtige Wahl getroffen.
Foto: Giancarlo Botti/ Gamma-Rapho/ Getty Images
Die stolze "o.k."-Crew: Vier Schauspieler des Films am 30. Juni 1970 bei der Uraufführung des Films "o.k." im Berliner Kino Zoo Palast, von links: Friedrich Thun, Eva Mattes, Wolfgang Fischer und Hartmut Becker. Vom überwiegend jungen Publikum wurde der Film begeistert gefeiert.
Foto: Ludwig Binder/ ullstein bild
Blamierte Berlinale-Leitung: Nach massiven Protesten legte die Jury der 20. Internationalen Filmfestspiele in Berlin ihre Arbeit nieder. Das Foto zeigt (von links): Festspielgeschäftsführer Walther Schmieding, Jurymitglied Gunnar Oldin (Schweden), Jurymitglied David Neves (Brasilien), eine Dolmetscherin, die Jurymitglieder Dusan Makavejev (Jugoslawien), Alberto Lattuada (Italien) und Manfred Durniok (Deutschland) sowie den Geschäftsführer der Jury Edmund Luft bei einer Pressekonferenz am 6. Juli 1970 im Rathaus Schöneberg in Berlin.
Foto: Chris Hoffmann/ DPA
Vergrällter Falke: "Entweder der Film fliegt raus oder ich fliege heim", drohte der amerikanische Berlinale-Jurypräsident George Stevens (Foto von 1951). Er wollte "o.k." 1970 unbedingt verhindern und drohte mit seiner Abreise. Um den Regisseur von "Giganten" gnädig zu stimmen, gab die Jury Verhoevens Film an die Auswahlkommission zurück. Sie sollte die Wettbewerbsteilnahme von "o.k." prüfen: Eingereicht werden durften laut Berlinale-Statuten nur Filme, die der Völkerverständigung dienen.
Foto: Kurt Hutton/ Picture Post/ Hulton Archive/ Getty Images
"Die ganze Stadt war in Aufruhr": Die Protagonisten des Berlinale-Skandals von 1970 - Regisseur Michael Verhoeven, "o.k."-Produzent Rob Houwer und Festivaldirektor Alfred Bauer (von links). Dass Bauer, wie jüngst berichtet, eine Rolle im NS-Apparat gespielt hat, wundert Verhoeven nicht: "Überrascht hat mich, dass Bauer so lange durchkam mit seiner erlogenen Biografie."
Foto: Ludwig Binder/ ullstein bild
Komplizierter Filmkuss: Senta Berger und Michael Verhoeven (hier 1971 bei der Berlinale) lernten sich 1963 am Set des Films "Jack und Jenny" kennen. Verhoeven nahm die Rolle damals aus Geldnot an und brachte es zunächst schier nicht über sich, Berger - wie im Drehbuch vorgeschrieben - überfallartig zu küssen. Was ihm dann aber doch noch gelang.
Foto: Ludwig Binder/ ullstein bild
Und wieder führt Vietnam zum Eklat: Als 1979 Michael Ciminos Antikriegsfilm "The Deer Hunter" ("Die durch die Hölle gehen") auf der Berlinale gezeigt wurde (Szenenfoto mit Robert De Niro), zog der Chef der sowjetischen Delegation alle seine Filme vom Festival zurück, die anderen Ostblockländer folgten. In "The Deer Hunter" foltert der Vietcong seine gefangenen Soldaten, indem er sie zwingt, "Russisches Roulette" gegeneinander zu spielen. Die Sowjet-Delegierten sahen darin eine Beleidigung des vietnamesischen Volkes. Die "Oscar"-Jury sah es anders - und vergab 1979 fünf Goldjungen.
Foto: EMI Films/ interTOPICS/ mptv/ ddp images
Zu Unrecht unter Plagiat-Verdacht: 1989 inszenierte US-Regisseur Brian De Palma unter dem Titel "Casualties of War" eine weitere Filmversion des historischen Kriegsverbrechens an der jungen Südvietnamesin Phan Thi Mao (auf dem Szenenfoto von links: Michael J. Fox, Thuy Thu Le und Sean Penn). Verhoeven wurde in diesem Zusammenhang wegen angeblichen Plagiats auf eine Million Dollar verklagt; es ging um eine Zeitschriftenveröffentlichung 1969 und ein Buch 1970, in dem Autor Daniel Lang das Verbrechen schilderte. Verhoeven ging ganz entspannt zum Gerichtstermin, unterm Arm das datierte Skript seines Theaterstücks von 1970. Glaubhaft konnte der Regisseur versichern, dass er die Idee zu seinem Film "o.k." nicht geklaut hatte.
Foto: Columbia Pictures/ Everett Collection/ ddp images
Sinnloser Stellvertreterkrieg: Der Vietnamkrieg währte von 1954 bis 1975. Das kommunistische Nordvietnam wurde von China und der Sowjetunion unterstützt, Südvietnam von den USA, die 1964 auch offiziell Kriegspartei wurden. Insgesamt starben knapp 60.000 US-Soldaten. Was die getöteten vietnamesischen Soldaten und Zivilisten angeht, so existieren keine konkreten Zahlen - die Schätzungen reichen von einer bis zu fünf Millionen Toten. Das Foto von etwa 1968 zeigt Vietcong-Soldaten.
Foto: Three Lions/ Hulton Archive/ Getty Images
Nationales Trauma: "Ich glaube, dies könnte als eine der größten Stunden in Amerikas Geschichte eingehen", sagte US-Präsident Richard Nixon am 30. Juli 1969 in Saigon über den Vietnamkrieg. Genau das Gegenteil war der Fall: Trotz seiner militärischen und politischen Größe musste das Land erstmals im 20. Jahrhundert eine Niederlage einstecken und zerfiel politisch in tief verfeindete Lager. Das Foto zeigt einen US-Hubschrauber 1967 nahe der südostvietnamesischen Hafenstadt Phan Tiet.
Foto: U.S. Army/ Hulton Archive/ Getty Images
"Die weiße Rose": 1982 verfilmte Michael Verhoeven die Geschichte von Widerstand und Ermordung der Studentengruppe um die Geschwister Hans und Sophie Scholl (Szenenfoto mit Wolf Kessler und Lena Stolze). Im Abspann war zu lesen: "Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes bestehen die Urteile gegen die Weiße Rose zu Recht. Sie bestehen noch immer." Damit wollte Verhoeven den Skandal thematisieren, dass der Bundesgerichtshof die Urteile des NS-Volksgerichtshofs nicht anzweifelte. Daraufhin protestierte das Auswärtige Amt, der Film wurde im Ausland verboten. 1985 schließlich erklärte der Bundestag, dass der Volksgerichtshof kein ordentliches Gericht war.
Foto: Central Cinema Company Film/ ddp images
"Mutters Courage": Wolfgang Gasser, Pauline Collins und Eddi Arent im Film von Michael Verhoeven (1994/95). Das Drama basiert auf der gleichnamigen Erzählung von George Tabori, dessen Vater Cornelius in Ausschwitz ermordet wurde, während Mutter Elsa der Deportation durch Zufall entging und überlebte. Tabori spielte im Film von Verhoeven sich selbst - den historischen George.
Foto: Mary Evans/ imago images
Partner-Produkt: Er führte Regie, sie übernahm die Hauptrolle - ab 1989 war im ZDF die TV-Serie "Die schnelle Gerdi" von Regisseur Michael Verhoeven zu sehen. Das Szenenfoto zeigt die rasante Münchner Taxifahrerin Gerdi Angerpointner (Senta Berger) in Folge Nummer drei beim Alkoholtest. Produziert wurde die Serie von der 1965 gegründeten Sentana Filmproduktion, an der Michael Verhoeven und Ehefrau Senta Berger ebenso beteiligt sind wie Sohn Simon Verhoeven.
Foto: Sentana Filmproduktion/ ddp images
Wider das Verdrängen: 1989 verfilmte Michael Verhoeven mit der Satire "Das schreckliche Mädchen" erneut einen echten Fall, der sich im bayerischen Passau ereignete (das Szenenfoto zeigt Robert Giggenbach und Lena Stolze). Eine Klosterschülerin befasst sich mit der Rolle ihrer Heimatstadt im "Dritten Reich" - und stößt auf eine Mauer des Schweigens und der Gegenwehr. "Die Beschäftigung mit der deutschen Geschichte wird nie zu Ende sein, darf nie zu Ende sein. Denn das würde ja heißen, dass man das Thema verleugnet", sagt Verhoeven im Interview.
Foto: Sentana Filmproduktion/ ddp images
"Willkommen bei den Hartmanns": Die humorig-hintergründige Flüchtlingskomödie (im Szenenfoto: Senta Berger als Angelika und Eric Kabongo als Diallo) kam 2016 in die Kinos. Regie führte Simon Verhoeven, der Sohn von Michael Verhoeven und Senta Berger, - Michael Verhoeven war als Produzent dabei.
Foto: Warner Bros. Ent./ DPA
Cineasten-Familie: Durch die Filmleidenschaft vereint - Schauspielerin Senta Berger mit ihrem Ehemann Michael Verhoeven sowie ihren ebenfalls in der Branche tätigen Söhnen Simon (rechts) und Luca Verhoeven (links) bei der Verleihung des Bayerischen Filmpreises 2016 in München.