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Patrick Mariathasan / DER SPIEGEL

Neues von gestern – der Geschichte-Newsletter Warum sind Sie nicht reich?

Liebe Leserin, lieber Leser,

wollten Sie immer schon reich werden? Falls nicht, wundern Sie sich nicht, dass es nichts geworden ist – »Sie müssen schon reich werden wollen« , sagt jedenfalls der Drogerie-Unternehmer Dirk Roßmann in der neuen Ausgabe von SPIEGEL GESCHICHTE. Es ist seine Reaktion auf die Frage, wie es ihm gelang, sich aus »allerkleinsten Verhältnissen«, wie er selbst sagt, nach oben zu kämpfen.

In Wahrheit ist es wohl selten so simpel: Die soziale Schere, die Kluft zwischen Reichen und Armen, klafft weit auseinander in Deutschland, und sie geht immer weiter auf, spürbar wieder besonders stark in diesem Winter zwischen Inflation und horrenden Heizkosten. Für uns war das Anlass, uns zu fragen: Welche historischen Wurzeln hat die Ungleichheit? Und wie ließe sich die Lage ändern? Die Antworten, die wir gefunden haben, finden Sie in der aktuellen Ausgabe von SPIEGEL GESCHICHTE – »Reiche und Arme: Der große Graben«.

Straßenszene vor der Berliner Staatsoper: Soziale Kontraste (2009)

Straßenszene vor der Berliner Staatsoper: Soziale Kontraste (2009)

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Frank Silberbach / akg-images

Das Erbrecht zum Beispiel ist so eine historisch gewachsene Ursache der Ungleichheit: Wer Geld erbt, hat fast immer eine bessere Ausgangsposition – dabei stammt das Prinzip Erbschaft aus einer Zeit, in der die Wirtschaft komplett anders geregelt war als heute. Die Millionenerbin Marlene Engelhorn setzt sich auch deshalb für eine Erbschaftsteuer ein. Das Beispiel ihrer Familiengeschichte zeigt, wie problematisch die Weitergabe von Vermögen in Familien sein kann (zum Artikel geht es hier entlang bitte ).

Überhaupt sind Familiengeschichten äußerst interessant, wenn es um sozialen Aufstieg geht. Vielleicht haben Sie auch mal den Ratschlag gehört, doch eine Beamtenkarriere anzusteuern, weil sie sicher ist und gut bezahlt und angesehen. Bei der Familie Weizsäcker ist der Staatsdienst seit Generationen eine Familientradition, im 18. Jahrhundert gelang dadurch der Schritt vom Müller zum Hofbeamten – und später über Ministerpräsidenten bis zum Bundespräsidenten .

Im Vergleich fast schon schizophren mutet hingegen die Herkunftsgeschichte von Friedrich Engels an: Der Miterfinder des Marxismus stammte aus einer schwerreichen Unternehmerfamilie und profitierte selbst vom Elend der Arbeiterinnen und Arbeiter. Wie er damit umging, lesen Sie hier .

Wussten Sie, dass es einen deutschen Robin Hood gab? In Bayern ist Matthias Klostermayr eine Art Volksheld , in Wirklichkeit aber ein Beispiel dafür, wie groß die Unterschiede zwischen Arrivierten und Abgehängten schon seit dem Mittelalter waren. In den Bauernkriegen versuchten die Armen, mehr Rechte und Möglichkeiten zu erkämpfen, wurden aber gnadenlos niedergeschlagen . Viele träumten von einer gerechteren Gesellschaft, etwa Wilhelm Weitling, ein früher Sozialist , der das Gemeineigentum propagierte, Karl Marx inspirierte – und heute fast vergessen ist.

Muss man soziale Ungerechtigkeit hinnehmen?

Unzählige Menschen wanderten aus Not aus, sogar gefördert von Ländern wie Baden, die hofften, so ihr Armutsproblem loszuwerden . Und seit der Reformation wurden Habenichtse immer häufiger mit Kriminellen gleichgesetzt . Man unterschied zwischen »würdigen« und »unwürdigen« Mittellosen (die ja eigentlich arbeiten könnten), versuchte letztere umzuerziehen, zur Arbeit zu zwingen, oder sperrte sie in »Besserungsanstalten« . Die Nationalsozialisten trieben diese Kriminalisierung besonders weit  – Spuren davon sind heute noch spürbar.

Und auf der anderen Seite? Lebten Bankiersfamilien in einer Art luxuriöser Parallelwelt , und sogar in der doch angeblich klassenlosen DDR gab es Millionäre , etwa den »roten Dior«.

Muss man soziale Ungerechtigkeit also hinnehmen, weil es sie immer schon gab und immer geben wird? Nicht unbedingt. Der Blick weit zurück ins Mittelalter zeigt, dass die angeblich so starre Ständegesellschaft sehr viel durchlässiger war , als wir heute oft denken. Die Arbeiterbewegung hat in Sachen Gerechtigkeit enorm viel erreicht , ebenso Reformerinnen wie Alice Salomon , die die Sozialarbeit erfand. Der Historiker Marc Buggeln hat die Geschichte der Steuerpolitik erforscht und schlägt vor, wie der Staat Einkommen auch heute erheblich fairer verteilen könnte . Und der Sozialhistoriker Jürgen Kocka sieht die Sache erstaunlich optimistisch: Er sagt, in den vergangenen 2000 Jahren habe es keine gerechtere Gesellschaft gegeben als unsere heutige. 

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