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Revolutionsplätze: Von Helden, Königen und Unabhängigkeit

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Orte des Aufruhrs Platz da für die Revolution!

Pyramiden waren gestern. Mit dem Tahrir-Platz haben die Ägypter nun auch in der Neuzeit einen Ort, der Geschichte schrieb - und sich einreiht in eine eindrucksvolle Galerie von Schauplätzen revolutionären Aufbegehrens. einestages zeigt die berühmtesten Orte der Revolte.

Den ganzen Nachmittag lang strömten am 25. Januar 2011 Tausende Menschen auf den Tahrir-Platz am Nil. Über E-Mail und Facebook hatten sie erfahren, dass Oppositionelle in Kairo zu einer Demonstration gegen Folter, Armut, Korruption und Arbeitslosigkeit aufgerufen hatten. Schulen und Behörden waren an diesem Tag, einem Festtag zu Ehren der Polizei, geschlossen. Nun bahnten sich die Menschen einen Weg durch zahlreiche Absperrungen - und die Polizei sollte an diesem Tag keine Gelegenheit zum Feiern haben. Die Proteste nahmen Ausmaße an, wie sie Ägypten in den vergangenen 30 Jahren nicht erlebt hatte. Der Tahrir-Platz, der "Platz der Befreiung" wird in die Geschichtsbücher eingehen.

Seinen Namen hatte der Tahrir-Platz bereits 1952 erhalten, kurz nach dem Sturz der Monarchie am 23. Juli in Ägyptens Hauptstadt. Militärs hatten den damals herrschenden König Faruk I. aus dem Land gejagt und die Republik proklamiert. Dort, wo den neuen Machthabern ein Denkmal gesetzt worden war, trafen nun, 2011, die Gegner und Unterstützer des langjährigen Präsidenten Husni Mubarak aufeinander: Der Tahrir-Platz in Kairo wurde zum Zentrum des Aufbegehrens Hunderttausender - und damit zu einem jener Orte, die bis heute die gewaltigsten gesellschaftlichen Umbrüche der Neuzeit markieren.

Die größte Bekanntheit unter den Schauplätzen revolutionärer Ereignisse genießt wohl der Place de la Bastille in Paris - ein Denkmal für den Kampf um Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Die Gründe des Aufbegehrens der Franzosen waren nicht viel anders als jene der Ägypter heute. Am 14. Juli 1789 stürmten die Bürger von Paris die gewaltigen Mauern des Staatsgefängnisses. Die Erhebung erfasste von Paris das ganze Land und führte die erste bürgerliche Revolution zum Sieg. Überschattet von den napoleonischen Eroberungskriegen, leitete sie eine Epoche bedeutender Reformen auf dem europäischen Kontinent ein.

Vom Sockel geholt

Jahrzehnte später kam es gleich in mehreren europäischen Ländern zu Aufständen. In Preußen konzentrierte sich der Zorn der Bürger auf das Schloss der Hohenzollern im Zentrum von Berlin, der bis dahin beschauliche Schlossplatz füllte sich mit Aufbegehrenden gegen die Macht des Königs. Ihre Forderungen nach bürgerlichen Freiheiten mündeten in Straßen- und Barrikadenkämpfen, bei denen das Militär am 18. März 1848 rücksichtslos in die Menge schoss. Das Volk aber zwang Preußens König Friedrich Wilhelm IV., sich am Tag darauf vor den mehr als 300 Gefallenen, die auf dem Schlossplatz aufgebahrt waren, zu verbeugen.

Noch hieß der heutige Platz der Republik in Berlin Königsplatz, als Philipp Scheidemann am frühen Nachmittag des 9. November 1918 aus einem Fenster des Reichstagsgebäudes das Ende der Monarchie verkündete und die freie deutsche Republik ausrief. Zehntausende Berliner, vor allem Arbeiter aus den großen Rüstungsbetrieben, waren in das Zentrum gezogen, um das Ende von Krieg, Hunger, Not und Kaiserreich zu fordern. Zwei Tage später floh Kaiser Wilhelm II. nach Holland ins Exil.

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Fast 70 Jahre danach sollte ein anderer Berliner Platz weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt werden: Mit der Kundgebung von fast einer Million Menschen am 4. November 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz schien das Schicksal der DDR nach dem Sturz von Staatschef Erich Honecker besiegelt. Die vom Volk friedlich eingeleitete politische Wende beseitigte die SED-Diktatur und führte ein knappes Jahr später zur Wiedervereinigung Deutschlands - feierlich begangen in der Nacht zum 3. Oktober 1990 auf dem Platz der Republik vor dem Reichstagsgebäude.

Nicht weniger stark prägten sich im neuen Jahrtausend bei Millionen Menschen jene Bilder ein, die sie per TV-Übertragung am Sturz der Hussein-Statue auf dem Paradies-Platz in Bagdad teilhaben ließen. Für den symbolischen Sturz des Diktators hatten irakische Studenten mit Hilfe des amerikanischen Militärs am 9. April 2003 das tonnenschwere Bronze-Monument vom Marmorsocken geholt. Was die Zukunft ihrem Land bringen sollte, war damals genauso ungewiss, wie es im Januar der Ausgang der Proteste auf Kairos "Platz der Befreiung" war.

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