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Protz-Party des Schahs: "Eines Tages wird man dafür bezahlen"

Iran 1971 Als der Schah zur größten Party auf Erden lud

So viel Prunksucht war nie: 1971 veranstaltete Mohammad Reza Pahlavi ein gigantisches Fest in Persepolis. Dieser Größenwahn trug am Ende zum Schah-Sturz bei und ebnete der Islamischen Revolution den Weg.

1971 schmiss Mohammad Reza Pahlavi, Schah von Persien, selbst ernannter "König der Könige", die wohl protzigste Party aller Zeiten. Zum Anlass nahm er das 2500-jährige Bestehen der persischen Monarchie. Eingeladen waren Staatsoberhäupter und Königshäuser aus aller Welt.

Das Fest war mehr als nur eine verschwenderische Gala: International sollte die Veranstaltung Iran einen Platz unter den führenden Nationen sichern und die Legitimität seines Herrschers unter Beweis stellen. Innenpolitisch war sie eine ebenso unverhohlene wie verhängnisvolle Beleidigung der muslimischen Geistlichkeit, die als einzige die Macht besaß, den Schah herauszufordern.

Abdolreza Ansari war damals Mitglied des Komitees, das die opulente Feier organisieren sollte. Sein Vorgesetzter, der ehemalige Premier Irans und Schah-Vertraute Asadollah Alam, wurde deutlich: "Das Ansehen Irans steht auf dem Spiel", die Festivitäten seien "von nationaler" Bedeutung. Alam habe ihm gesagt: "Wenn die Arbeiten nicht rechtzeitig fertig werden, werde ich jeden von euch erschießen und anschließend mich selbst", erzählt Ansari.

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Protz-Party des Schahs: "Eines Tages wird man dafür bezahlen"

Der Aufwand war beispiellos. Die Ruinen von Persepolis, der ehemaligen Hauptstadt Persiens, waren der Veranstaltungsort inmitten einer wüstenartigen Hochebene. Eigens wurde ein Flughafen errichtet, dazu eine 80 Kilometer lange Autobahn. Nach einem Jahr war die verschwenderische Oase fertig, geschmückt mit frisch gepflanzten Wäldern, Blumen, Springbrunnen und 50.000 aus Europa importierten Singvögeln.

"Eines Tages wird man dafür bezahlen"

Transportflugzeuge lieferten tonnenschwere Eisblöcke, um die 25.000 Flaschen Wein für die Staatsgäste zu kühlen. Das berühmte französische Restaurant Maxim's schloss zwei Wochen lang, um ausschließlich fürs Catering zu sorgen. Auf der Speisekarte standen unter anderem Kaviar, Foie Gras, gefüllte Wachteln, Champagner.

Dante Franzetti, einer der eingeflogenen Chefkellner für das Bankett, erkannte schnell die Gefahr der Provokation, die von einer Veranstaltung solchen Ausmaßes in einem Entwicklungsland ausging: "Wenn man Hunderte Millionen Dollar ausgibt, muss man das verantworten können. Eines Tages wird man dafür bezahlen."

Die Gästeliste war imposant: 69 Staatoberhäupter erschienen persönlich oder schickten ihre Stellvertreter, wie US-Präsident Richard Nixon seinen Vize Spiro Agnew. Ebenfalls unter den Gästen: Diktatoren wie Haji Mohamed Suharto aus Indonesien, das Ehepaar Broz Tito aus Jugoslawien, die Ceausescus aus Rumänien sowie das philippinische Kleptokratenpaar Ferdinand und Imelda Marcos .

Foto: SPIEGEL TV

Die Dokumentation "Die größte Party auf Erden" läuft am Dienstag, 14. Februar um 20.15 Uhr auf dem Pay-TV Sender SPIEGEL Geschichte, der über Sky zu empfangen ist

Unterdessen ließ sich Bundespräsident Gustav Heinemann von Bundestagspräsident Kai-Uwe von Hassel vertreten, aus gesundheitlichen und wohl auch innenpolitischen Gründen. Wenige Jahre zuvor hatte der Staatsbesuch des politisch höchst umstrittenen Schahs in Deutschland erhebliche Turbulenzen ausgelöst: 1967 gab es wütende Proteste in Berlin, die Schah-Anhänger mit Attacken auf Demonstranten beantworteten ("Prügel-Perser"). Bei einer Demo am 2. Juni wurde der Student Benno Ohnesorg erschossen.

Gekrönte Häupter aus aller Welt

Bei der Party in Persepolis vom 12. bis zum 16. Oktober 1971 waren auch fast alle europäischen Königshäuser vertreten, darunter König Juan Carlos von Spanien, Prinzessin Sophia von Griechenland, Fürst Rainier und Fürstin Gracia Patrizia von Monaco. Anstelle der britischen Königin Elisabeth II. kamen Prinz Philipp und Prinzessin Anne. Haile Selassie, Kaiser von Äthiopien, reiste gleich mit einer 75-köpfigen Entourage an.

Die Anreise schildert Prinz Michael von Griechenland so:

"Die Monarchen aus Skandinavien mieteten zu dritt ein Flugzeug an. Ich bin mit meinem griechischen Cousin König Konstantin mitgeflogen. Dann fuhr man meilenweit durch die Wüste. Plötzlich tauchte ein Wald aus hohen Säulen auf. Direkt daneben war eine Art Dorf, fast schon eine Stadt, errichtet aus Zelten. Allein das war schon märchenhaft."

Nach drei Festtagen waren die importierten Vögel verdurstet, das Eis war geschmolzen. Die enorme Verschwendung provozierte die Kritiker des Schah-Regimes ebenso wie islamistische Fanatiker im Land: "Er brachte jeden gegen sich auf", erinnert sich Abolhassan Banisadr, damals Schah-Gegner und später iranischer Präsident, an die verhängnisvolle innenpolitische Wirkung. "Die Opposition war vereint in ihrer Ablehnung dieser Feier. Wirklich jeder - von den Linken bis hin zu Chomeini in seinem Exil."

Der Schah indes beharrte auf seiner königlichen Unfehlbarkeit, legitimiert von höchster Instanz:

"Ich glaube fest, dass ich einen göttlichen Auftrag zu erfüllen habe. Ich glaube an Gott, deshalb erkläre ich: Ich handele auf göttlichen Befehl. Hinzu kommt die besondere Beziehung zwischen dem persischen Volk und seinem König. Das zusammen macht es zu einer ganz besonderen Beziehung. Die verstehen manche Leute vielleicht nicht."

Pahlavi sah sich als Herrscher von Gottes Gnaden. Dabei hatte sich sein Vater Reza Schah Pahlavi, der aus einfachsten Verhältnissen stammte, 1925 als Militär an die Macht geputscht. 1941 marschierten die Briten und Sowjets ein und zwangen ihn zur Abdankung. Den "Pfauenthron" bestieg daraufhin sein Sohn Mohammad Reza, erst 21 Jahre alt, erzogen in der Schweiz.

Brutale Unterjochung von Kritikern

Der junge Herrscher wollte sein Land nach westlichem Vorbild modernisieren, nicht zuletzt, um Iran mit seinen Ölquellen als unabhängige internationale Wirtschaftsmacht zu etablieren. Anfang der Sechzigerjahre setzte er weitreichende politische, wirtschaftliche und soziale Reformen in Gang, von der Alphabetisierung über die Stärkung der Frauenrechte bis zur Umverteilung von Land an Kleinbauern.

Das Programm sei gegen Gott gerichtet, protestierten konservative bis radikale islamische Geistliche, an ihrer Spitze der noch fast unbekannte Ruhollah Chomeini. Doch der Schah setzte es mit aller Härte durch, sein Geheimdienst Savak verbreitete Angst und Schrecken.

Die Modernisierung von oben stieß auf anhaltenden Widerstand, bei religiösen Fanatikern wie bei linken Studenten. Esmaeil Khataie war einer der führenden Studentenvertreter in den Jahren 1969 bis 1971. Er beschreibt die Frustration der jungen Leute, denen das diktatorische Regime jede kritische Meinungsbildung untersagte:

"Wir wollten dazulernen, um herauszufinden, wo unser Platz in der Welt war. Doch daran wurden wir gehindert. Selbst ein Buch zu lesen, war schwierig und gefährlich. Wenn sie uns mit einem verbotenen Buch erwischten, schlugen sie uns halbtot. Die Geheimpolizei durchsuchte unser Haus. Da fing ich an, mich politisch zu engagieren. Je länger der Schah regierte, desto schlimmer wurde die Unterdrückung."

In diesem Polizeistaat kam es zu massenhaften Verhaftungen und schlimmsten Folterungen. Nach außen indes wollte der Schah das Bild eines weltoffenen und fortschrittlichen Iran vermitteln - auch mit dem Staatsakt 1971, international übertragen im Fernsehen.

"Es war der falsche Knall"

"Das war ein bisschen wie ein Debütantenball, quasi eine gesellschaftliche Premiere: Iran ist im Kommen!", sagt Ali Ansari, Historiker an einer schottischen Uni. "Die Botschaft dahinter: Wir wollen in die erste Liga der Nationen aufsteigen - und zwar mit einem Knall. Es war der falsche Knall."

Mit einem Feuerwerk endete das geschätzt 100 Millionen Dollar teure Spektakel. Anlässlich dieser Maßlosigkeit kam es weltweit zu wütenden Protesten gegen den protzenden autoritären Herrscher und in den USA zu einem Anschlag auf das iranische Konsulat in San Francisco. Chomeini, seit 1964 im Exil, ließ seinen Anhängern die Botschaft übermitteln:

"In einigen Dörfern sind die Kinder so hungrig, dass sie das Gras auf den Weiden essen. Doch dieses tyrannische Regime verschwendet Millionen Dollar für diverse schändliche Feste. Das katastrophalste von allen ist die 2500-Jahr-Feier zur Gründung der Monarchie. Jeder, der daran teilnimmt, verrät den Islam und das iranische Volk."

1971 lebte noch immer fast die Hälfte aller Iraner unterhalb der Armutsgrenze. Der Schah prophezeite ihnen 1974 in einem SPIEGEL-Interview  eine rosige Zukunft: "In zehn Jahren werden wir das sein, was Sie heute sind, Deutschland, die Franzosen oder die Briten."

Und dann fraß die Revolution ihre Kinder

Tatsächlich ebnete er den Radikalen den Weg an die Macht - mit seiner Mischung aus Prunksucht, Unterdrückung der Meinungsfreiheit, Modernisierung gegen alle Widerstände und Missachtung aller religiösen Strömungen.

1979 wurde der hochmütige Herrscher aus dem Land gejagt, Ajatollah Chomeini kehrte zurück. In einer ersten, kurzen Phase der Freiheit atmete das Land zunächst auf. Mohammad Reza Pahlavi irrte hernach in einer Odyssee als Persona non grata mit seiner Familie von Staat zu Staat und starb am 27. Juli 1980 in einem ägyptischen Militärkrankenhaus an seinem Krebsleiden.

Da hatte die "Islamische Revolution" längst begonnen, ihre Kinder zu fressen - zügig drängten Kleriker in alle Regierungsämter, Chomeini festigte seine Macht und verwandelte Iran in eine religiöse Willkürdiktatur. Wie sein Vorgänger, der "König der Könige", und wie seine Nachfolger an der Spitze der nunmehr Islamischen Republik Iran sorgte er mit brutaler Unterdrückung von Oppositionellen dafür, dass Haftanstalten wie das berüchtigte Teheraner Evin-Gefängnis stets mit politischen Gefangenen gefüllt blieben.

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